Doppelverdiener werden bei der Sozialversicherung benachteiligt

Ein großer Teil unseres Sozialsystems wird durch die Lohnnebenkosten finanziert. Wie durch das Steuersystem können sich auch durch die Sozialabgaben Anreize verschieben oder es kann zu Ungerechtigkeiten kommen. Betrachtet man Arbeitnehmer mit Gehältern oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen, so können diese zum einen durch private Krankenversicherungen aus dem Solidarmodell aussteigen, oder werden durch die Beitragsbemessungsgrenzen finanziell bessergestellt.

Auch auf der Arbeitgeberseite wirkt diese Ungleichbehandlung hoher Einkommen. So ist es für den Arbeitgeber billiger einem Mitarbeiter das Bruttogehalt von 70.000 auf 80.000 Euro im Jahr zu erhöhen, als von 30.000 auf 40.000 Euro. Bei unterschiedlichen Einkommensmodellen in der Ehe, kommt dieser Effekt ebenfalls zum Tragen. Auf Allein- oder Doppelverdiener-Haushalte bezogen bedeutet dies nämlich, dass es bei einem Haushaltseinkommen von 80.000 Euro finanziell geschickter ist, wenn es sich um einen Alleinverdiener handelt, der dann über die Beitragsbemessungsgrenzen kommt, als um einen Doppelverdiener-Haushalt mit zwei Einkommen unterhalb dieser Grenze.

Aber nicht nur dies wirkt nachteilig für das Doppelverdiener-Modell. Auch durch die Ausgestaltung der Krankenversicherung als Familienversicherung und gleichzeitig der Minijobs mit niedrigeren Sozialabgaben, werden die Anreize hin zu einem Alleinverdiener-Modell verzerrt. Der Hauptverdiener hängt sich mit Überstunden für den sozialabgabenfreien Zusatzverdienst über den Beitragsbemessungsgrenzen rein, während der andere Ehepartner einen sozialabgabenreduzierten Minijob macht. Zu guter Letzt lässt sich dann noch die Einkommenssteuer durch das Ehegattensplitting, das die steuerliche Benachteiligung von Alleinverdiener-Ehen ausschaltet, reduzieren. Zwar halte ich das Ehegattensplitting und die damit verbundenen Entscheidungsfreiheit der Familien für richtig, aber man muss schon feststellen, dass es als Sahnehäubchen obendrauf deutlich zeigt, welches Familienmodell durch gesetzliche Regelungen gefördert wird, und welches benachteiligt.

Anstelle einer Abschaffung des Ehegattensplittings, halte ich aber eine Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen für den besseren Weg. Wenn das Ehegattensplitting eine steuerliche Gleichstellung fördert, egal welches Einkommensmodell die Familien wählen, dann sollten einfach auch die Beitragsbemessungsgrenzen so gestaltet werden, dass sie kein Einkommensmodell bevorzugen.

Bei einer gemeinsamen Veranlagung der Einkommen sollten daher die Beitragsbemessungsgrenzen aufaddiert werden. Bei einem Alleinverdiener-Ehepaar würde der Hauptverdiener dann erst ab rund 100.000 Euro über diese Grenze kommen. Da es Ehepaaren freigestellt ist, ob sie das Einkommen trennen oder zusammennehmen, tritt hier auch keine Benachteiligung gegenüber Alleinlebenden auf, denn im Zweifel kann zu Individualbesteuerung und individuellen Sozialabgaben gewechselt werden.

Damit würde dann eine Familie nicht nur unabhängig von der Einkommensverteilung Steuern zahlen, sondern auch unabhängig davon in die Sozialversicherung einzahlen. In diesem Zusammenhang könnten aber auch z.B. Rentenansprüche gesplittet werden, so dass in einer Ehe ein gewisser Versorgungsanspruch des nichtverdienenden Ehepartners dauerhaft sichergestellt ist.

Insgesamt würde mit einer solchen Regelung für die Beitragsbemessungsgrenzen meines Erachtens dem verfassungsmäßigen Grundsatz „Ehe und Familien zu schützen“ am besten Rechnung getragen werden, weil alle Familienformen gleichbehandelt werden. Die Entscheidung wer was zum Familieneinkommen beisteuert, wird dann nicht durch Steuergesetze beeinflusst, aber eben auch nicht durch Beitragsbemessungsgrenzen und unterschiedliche Sozialbeiträge.

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