Die Konzentration wirtschaftlicher Macht

Die Konzentration von Vermögen hat zwei Aspekte. Zum einen wächst das Vermögen einer kleinen reichen Personengruppe wesentlich stärker als im Gesellschaftsdurchschnitt, zum anderen findet eine Konzentration von Unternehmensvermögen durch Zusammenschlüsse, Aufkäufe und Marktverdrängung statt.

Vermögenskonzentration führt zur Konzentration wirtschaftlicher Macht:

Die Folge beider Formen von Vermögenskonzentration ist ein Anwachsen der wirtschaftlichen Macht in immer weniger Händen. Wie ich in einem anderen Artikel beschrieben habe, führt eine Konzentration von Vermögen, unter anderem durch die verbesserte Verhandlungsposition, zu mehr Marktmacht und ermöglicht damit, den Druck auf Vertragspartner, ob nun Zulieferer, Angestellte, Kunden oder ganze Staaten, zu erhöhen oder z.B. durch vorübergehende Billigpreise Konkurrenten zu verdrängen.
Daneben können sich große Kapitalkonzentrationen, ob nun in privater oder unternehmerischer Hand, günstiger refinanzieren als Unternehmen oder Personen mit wenig Kapital. Auch hierdurch gewinnen solche Vermögensansammlungen zusätzlich an wirtschaftlicher Macht. Überdies kann bei großen Vermögen durch verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten, z.B. durch Kapitalgesellschaften, auch noch das Haftungsrisiko minimiert werden, wodurch es zu einer weiteren Besserstellung großer Vermögenskonzentrationen kommt.

Die Konzentration von Vermögen und die Auswirkungen (www.mister-ede.de – 26.11.2012)

Politische Einflussnahme durch wirtschaftliche Macht:

Neben der Möglichkeit, die wirtschaftliche Macht für Vorteile am Markt zu nutzen, können solche großen Kapitalkonzentrationen, also große Konzerne oder vermögende Einzelpersonen, allerdings auch versuchen, mit ihren Ressourcen politisch Einfluss zu nehmen. Dies kann dann z.B. durch eine politische Landschaftspflege mit Parteispenden oder Informationsständen auf Parteitagen geschehen oder z.B. durch gezielte Lobbyarbeit von Wirtschaftsverbänden und wirtschaftsnahen Organisationen. Ziel können unter anderem die Zulassung neuer Produktionsverfahren (Gen-Technik, Fracking), die Veränderung bestehender Rahmenbedingungen an Märkten (EEG, Leiharbeit, Privatisierungen) oder umgekehrt die Verhinderung von Veränderungen sein. Eine solche Einflussnahme ist zwar legitim, führt aber zu einer weiteren Verzerrung des Machtgefüges zu Gunsten großer Vermögenskonzentrationen, denn zusätzlich zu der sowieso schon verschlechterten Verhandlungsposition gegenüber solchen großen Kapitalkonzentrationen sind die politischen Entscheidungsträger damit auch einer wachsenden politischen Einflussnahme von dieser Seite ausgesetzt.
Alleine die DAX-Konzerne bündeln beispielsweise über 600 Milliarden Euro Eigenkapital, die von den 30 DAX-Vorständen verwaltet werden. Wenn aber mit solchen Summen im Rücken versucht wird, auf der einen Seite mit der Drohung von Abwanderung und Arbeitsplatzabbau und auf der anderen Seite mit Lobbyismus Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen, dann bleibt dies bedauerlicherweise nur selten ohne Erfolg. Zwar haben die politischen Entscheidungsträger noch immer die politische Macht in der Hand, durch die wachsende Konzentration von Vermögen und wirtschaftlicher Macht geraten sie allerdings zunehmend in eine Abhängigkeit von solchen großen Kapitalkonzentrationen oder, anders ausgedrückt, in Abhängigkeit von wirtschaftlichen Eliten.

Bürgerinteressen drohen von Wirtschaftsinteressen verdrängt zu werden:

Auch wenn es sich bei diesen Wirtschaftseliten nicht um eine einheitliche Gruppe handelt, verfolgen sie stets das Ziel der Gewinnmaximierung, dem höhere Steuern, höhere Löhne oder mehr Arbeitnehmerrechte regelmäßig entgegenstehen. Aber auch dort, wo sich die Interessen der unterschiedlichen Wirtschaftseliten gegenüberstehen, wie beim Kampf von Solarindustrie und Kohleindustrie um Anteile am Energiemarkt, kann eine Einflussnahme dieser wirtschaftlichen Eliten negative Auswirkungen auf politischen Entscheidungen haben.
Gelingt es z.B. sowohl der Solarindustrie als auch der Kohleindustrie durch Lobbyarbeit Belastungen bei der Reform des EEG zu verhindern, müssen die Bürger diese zusätzlichen Lasten tragen. Auf Dauer drohen daher durch die stärkere Konzentration von Vermögen bei politischen Entscheidungen nicht mehr Bürgerwille oder Gemeinwohl im Vordergrund zu stehen, sondern die Interessen einer wirtschaftlich mächtigen Elite.

Globalisierung verschärft die Entwicklung:

Allerdings ist diese Entwicklung nicht nur auf Deutschland beschränkt. Durch die globalen Märkte und die damit weiter wachsenden Großkonzerne und Global Player hat sich die Entwicklung zusätzlich verschärft. Gerade Weltkonzerne wie Goldman Sachs, Monsanto oder Google sind besonders gegenüber kleineren oder ärmeren Staaten in einer übermächtigen Position. Die Globalisierung, durch die auch Staaten wesentlich stärker in Konkurrenz zueinander stehen, verschafft damit besonders den global agierenden Vermögenskonzentrationen bzw. globalen Wirtschaftseliten eine noch einmal verbesserte Verhandlungsposition.

Systemisches Problem statt Weltverschwörung:

Die häufig unterschiedlichen Interessenslagen innerhalb der nationalen und globalen Wirtschaftseliten zeigen, dass die Konzentration von wirtschaftlicher Macht nicht durch ein koordiniertes Verhalten dieser Wirtschaftseliten hervorgerufen wird. Daher sind auch Weltverschwörungstheorien in diesem Zusammenhang ärgerlich und hinderlich, weil sie das tatsächlich vorhandene systemische Problem überdecken. Es braucht bei der Umweltverschmutzung niemanden, der gezielt die Umwelt zerstören will, und genauso muss auch niemand aktiv den Machtzuwachs der wirtschaftlichen Eliten vorantreiben. So wie die industrielle Produktion nebenbei die Umwelt belastet, führt auch das Gewinnstreben in einer Marktwirtschaft nebenbei unweigerlich zu einer Konzentration von Vermögen und damit zu einer Konzentration von wirtschaftlicher Macht.
Es besteht allerdings die Möglichkeit, durch die Festlegung eines Ordnungsrahmens solche systemischen Probleme zu begrenzen oder zu beseitigen. So können mit Hilfe marktfremder Instrumente, wie z.B. Abgasgrenzwerten oder zusätzlichen Umweltsteuern zur Verringerung der Umweltverschmutzung, unerwünschte Ergebnisse der Marktwirtschaft verhindert oder ausgeglichen werden. Ähnlich können auch durch die Ausgestaltung der Steuersysteme oder durch die Sicherung von fairem Wettbewerb, z.B. mit Kartellverboten, zu starke Kapitalkonzentrationen verhindert oder zumindest gebremst werden.

Auf globaler Ebene kommt allerdings erschwerend hinzu, dass die rahmensetzenden Organisationen vergleichsweise schwach sind. Während die nationalen Regierungen und Parlamente im jeweiligen Land den Ordnungsrahmen frei ausgestalten können, müssen UNO oder WTO vor allem den Kompromiss zwischen den verschiedenen Nationalstaaten suchen.
Damit stehen auf der einen Seite globale Wirtschaftseliten, die immer mehr Vermögen und damit Macht im Rücken haben, und auf der anderen Seite schwache globale politische Institution und je nach Land mal stärkerer und mal schwächere Regierungen, die zwischen Verhandlungsdruck und Einflussnahme stehen.

Fazit:

Insgesamt führt die Konzentration von Vermögen zu einem Anwachsen der wirtschaftlichen Macht der verschiedenen Wirtschaftseliten, die aus vermögenden Einzelpersonen und dem Spitzenpersonal großer Unternehmen bestehen. Neben verschiedenen nationalen Wirtschaftseliten gibt es auch internationale oder globale Wirtschaftseliten, wobei sich die Interessen dieser Eliten auch häufig gegenüberstehen können. Beispiele können z.B. die unterschiedlichen Interessen zwischen deutscher und amerikanischer Fleischindustrie beim Chlorhühnchen sein oder auch die unterschiedlichen Interessen zwischen deutschen Verlegern und globalen Internetkonzernen.
Durch diese unterschiedlichen Interessen zeigt sich auch, dass es sich bei dieser Entwicklung nicht um eine Art Weltverschwörung handelt, sondern um ein systemisches Problem. Vor allem der Mangel an Koordination und politischer Durchsetzungsfähigkeit auf globaler Ebene erleichtert in Zeiten der Globalisierung diese Entwicklung. Auf Dauer drohen damit durch die Vermögens- und Matchkonzentration Bürgerwille und Gemeinwohl ins Hintertreffen zu geraten.


Ähnliche Artikel:
Die Struktur unserer Wirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Die Wettbewerbsfähigkeit: Täuschung der Relation (www.mister-ede.de – 27.02.2014)

Diskussion:

4 Gedanken zu “Die Konzentration wirtschaftlicher Macht

  1. Stimmt! Auf die Umwandlung von ökonomischer Macht in politische hat auch schon Al Gore 2007 in seinem Buch “Angriff auf die Vernunft” verwiesen: Seiner Meinung nach dominierten die Interessen der Wirtschaft, die ihre ökonomische Macht gezielt in politische Macht ummünze. Al Gore schreibt: “Gier und Geld entscheiden in unserer heutigen Gesellschaft über die Macht im Staat, und wer sie gewinnt, missbraucht sie, um Wohlstand und Einfluss auf einen immer enger werdenden Kreis zu beschränken.”
    Vor ein paar Tagen ist zu dieser Thematik mein Buch “Kapital Macht Politik” erschienen, das sich ausführlich mit der Entmachtung der Demokratie durch das Kapital auseinander setzt. Ich argumentiere darin, dass sich Deutschland und andere westliche Demokratien unter dem Einfluss des großen Geldes in Plutokratien verwandeln, so wie das z.B. Francis Fukuyama oder Chrystia Freeland für die USA schon konstatiert haben. Und ich denke wie mister-ede, dass es sich dabei um ein systemisches Problem des Kapitalismus handelt und nicht um eine Verschwörung.

  2. Diese Analyse ist auch aus meiner Sicht als kleiner mittelständischer Unternehmer sachlich richtig. Die inhaltlichen “Väter der Sozialen Marktwirtschaft” haben genau diese Tendenz zur Machtkonzentration der Marktwirtschaft gesehen und deshalb Monopolgesetze zur Vermeidung dieser negativen Konzentrationsentwicklung vorgesehen. Im Laufe der Jahre und im Zuge der Schaffung eines europäischen Wirtschaftsraums und der zunehmenden Globalisierung geriet die Monopolgesetzgebung und insbesondere die praktische Anwendung Stück für Stück aus dem Blick der Politiker und große Einheiten wurden stattdessen sogar als global player herbeigewünscht……… bis das Kartenhaus dann 2008 in Verruf geriet. Die Grundidee der “Sozialen Marktwirtschaft” mit ihrer Orientierung an echter Konkurrenz und mittelständischen Unternehmen muss aus meiner Sicht wiederbelebt werden. Small and regional is beautiful and more democratic!

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