Persilschein für Fußballvereine

Gestern hat das DFB-Sportgericht in erster Instanz über den Protest von Berlin gegen die Wertung des Relegationsspiels in Düsseldorf entschieden. Nach dem Willen des Gerichtes, soll das Spiel ganz normal gewertet werden, weil nach Auffassung des Richters das Spiel ordentlich durchgeführt wurde. Aus meiner Sicht ist dies ein Freifahrtsschein für die Vereine, weiterhin mit laschen Kontrollen und ohne wirksame Stadionverbote die Sicherheit in Stadien zu vernachlässigen.

Die Probleme mit Bengalos und ähnlichem traten nicht zum ersten Mal und treten auch nicht nur vereinzelt auf. Fast jedes Wochenende gibt es Ausschreitungen. Mal ist es Rostock gegen Pauli, mal ist es Leipzig gegen Dresden und mal ist es Frankfurt gegen Offenbach. Jetzt kann man den Vereinen wahrlich nicht vorwerfen, was Hooligans außerhalb des Stadions machen. Aber für die Sicherheit im Stadion müssen die Vereine schon sorgen. Und gerade hier ist festzustellen, dass mittlerweile bengalische Feuer nicht nur bei solchen „besonderen“ Spielen, sondern zunehmend allgemein, immer und überall eingesetzt werden.
Allerdings verstecken sich die Vereine hier immer hinter der Verantwortung jedes Einzelnen. Ich will ganz klar sagen, dass für die Verstöße zwar jeder Einzelne und nicht der Verein verantwortlich ist, aber der Vereine ist dafür verantwortlich, es denjenigen möglichst schwer zu machen gegen die Regeln zu verstoßen.

Wenn ich betrachte wie sich die Ordner in Düsseldorf vor dem Platzsturm verhalten haben, dann stellt sich die Frage was hier der Begriff “Ordner” bedeuten soll. Genauso muss die Frage gestellt werden, wie hunderte Bengalos, egal ob von Berlinern oder Düsseldorfern, dort ins Stadion kommen konnten. Es waren ja nicht nur zwei oder drei sondern eine Vielzahl.
Auch auf den Auswärtsblock bezogen, verstehe ich nicht, wieso der Heimverein hier weniger verantwortlich sein soll. Man bekommt bei solchen Fußballdiskussionen immer ein wenig das Gefühl, als sei der Auswärtsblock nicht Teil des Stadions. Auch hier muss sich ein Heimverein fragen lassen, wie er diesen Bereich sicher gestaltet.
Diese Kritik richtet sich aber nicht nur gegen Düsseldorf, sondern insgesamt gegen die Verantwortlichen der Profiligen. Wenn so große Menschenmengen in einem Stadion erwartet werden, dann muss der Gastgeber damit verantwortungsvoll umgehen.
Wenn es um Sicherheitsfragen geht, dann klingt für mich die Aussage „es ist ja noch mal gut gegangen“ genauso absurd, wie die Aussage „es wird schon gut gehen“. Werden Mängel und Probleme offensichtlich, dann müssen diese analysiert und behoben werden, und dürfen nicht einfach ausgeblendet werden.

Noch in einem weiteren Punkt werfe ich den Vereinen Versagen vor. Es wird immer von Stadionverboten gesprochen, aber alleine schon mein Wissen, dass es zu keiner Ausweiskontrolle kommt, zeigt mir, dass die Vereine gar nicht gewillt sind, in diesem Bereich etwas zu machen.
Meines Erachtens haben die Vereine und die jeweiligen Verantwortlichen in den Vereinen, keine Lust sich in diesem Punkte gegen Teile der eigenen Fan-Lager zu richten. Und wenn man betrachtet wie viele tausende Bengalos in der letzten Saison in den oberen 3 Ligen abgefackelt wurden, ist auch klar, dass hier selten Konsequenzen für die Akteure folgen. Von massiven Stadionverboten war zumindest nichts zu sehen, zu hören oder zu lesen.

Ich empfinde dieses Urteil daher als Persilschein für die Verantwortlichen der Stadien, also für die Heimvereine. Für die Probleme im Auswärtsblock ist der Heimverein nach dieser Darstellung sowieso nicht verantwortlich, und für die Probleme durch eigene Fans ist die Gesellschaft verantwortlich. Außerdem sehe ich das Urteil als Freifahrtschein für Vereine, die letztendliche Verantwortung an die Polizei abzugeben. Für die Sicherheit im Stadion sollte aber eigentlich der Verein selbst zuständig sein. Wenn Düsseldorf dieses wichtige Spiel wiederholen müsste, wäre dies ein deutlicher Hinweis an die Führungen der Vereine gewesen, endlich wieder Verantwortung für ihre Stadien zu übernehmen. Nur durch einen gewissen Druck auf die Vereine, wird sich die Sicherheit erhöhen, nicht aber nur durch das bloße Abweisen von Verantwortung durch Vereine oder durch den DFB.

Jetzt ist es falsch sich ein Urteil zu wünschen, wenn es die Rechtslage nicht hergibt. Aber wie leicht man das Recht beugen kann zeigt folgendes Beispiel. Es wäre zwar nicht sportlich, wohl aber geschickt gewesen, wenn Berlin einfach einen Spieler mit der Begründung ausgewechselt hätte, dass der Spieler Angst hat, nachdem er durch einen Fan auf dem Feld attackiert wurde. Dann hätte der Richter, bzw. der Schiedsrichter ganz anders agieren müssen.
Die Auffassung des Richters, der bei der Beurteilung des Spiels damit der Darstellung von Stark folgte teile ich nicht. Aus meiner Sicht kann man nämlich nicht mehr von einer ordentlichen Fußballpartie sprechen, wenn kurz zuvor tausende Fans auf den Rasen stürmten und das jederzeit nochmals passieren kann. Klar ist aus Sicht der Polizei ein Spielabbruch nicht wünschenswert, aber man kann nicht begründen, dass keine Sicherheitsbedenken bestanden, nur weil es für die Polizei immer noch sicherer war weiterzuspielen als abzubrechen. Auch die hypothetische Frage, „was bei einem Elfmeter für Berlin losgewesen wäre“ und die damit implizierte Befürchtung ist meines Erachtens nicht von der Hand zu weisen. Wenn wir davon ausgehen, dass Fußballer neben dem Spiel auch noch Pfiffe, Fangesänge und ähnliches wahrnehmen, dann darf man durchaus zweifeln, dass die Spieler völlig unbeeindruckt durch die Aktion waren.
Ich glaube ein anderes Urteil wäre bei einer unterschiedlichen Wertung der Aussagen möglich. Ein Wiederholungsspiel wäre aber ein klares Zeichen an die Vereine gewesen, die Sicherheit bei den eigenen Heimspielen zu erhöhen.

Diskussion:

Ein Gedanke zu “Persilschein für Fußballvereine

  1. Mit dem Persilschein ist gemeint, dass sich durch das Urteil die Vereine jetzt reingewaschen haben. Es ist nie etwas verkehrt gewesen.

    Mit dem Freifahrtschein ist die Zukunft gemeint, in der dann auch keine Änderungen nötig sind.

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