mister-ede.de » Elite https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Elitenversagen live: Erfahrungsbericht zu einem misslungenen Brexit-Vortrag https://www.mister-ede.de/gesellschaft/elitenversagen-live-erfahrung/5976 https://www.mister-ede.de/gesellschaft/elitenversagen-live-erfahrung/5976#comments Fri, 06 Jan 2017 18:25:51 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5976 Weiterlesen ]]> Es war der Donnerstagmorgen des 10.11.2016, als ich gespannt auf den Vortrag mit anschließender Diskussion zum Thema „Brexit-Referendum: Ursachen und mögliche Folgen“ wartete. Ich hoffte vom Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Siegen, Dr. Hannes Rösler, Neues zu erfahren und freute mich auf eine weitere Perspektive und die Möglichkeit, in der anschließenden Diskussion die Frage zu stellen, ob die Überschrift nicht schon einer Fehlannahme unterliege. Schließlich hat ja fast die Hälfte der am Referendum teilnehmenden Briten für einen Verbleib in der EU votiert, weshalb man bei ihnen ja nicht nach Ursachen suchen braucht. Vielmehr hätte man mit Hinblick auf die Ursachen also fragen müssen, warum im anderen Teil der Bevölkerung die „Leave“-Option als besser empfunden wurde.

Doch leider kam es erst gar nicht soweit, denn der Vortrag befasste sich fast ausschließlich mit der Geschichte und der Entwicklung des Rechts in Großbritannien. Einem Schüler hätte man für ein solches Referat wohl eine 6 mit dem Hinweis „Thema komplett verfehlt“ gegeben. Und so zog sich der mit unsinnigen Anekdoten, z.B. zum Fanshop eines britischen Gerichts, und zu meinem Erstaunen auch mit ziemlich schrägen Darstellungen durchsetzte Vortrag des Professors von der Magna Carta über die Kolonialgeschichte bis zum Zerfall des Commonwealth. Hingegen fiel kein Wort zum massiven Eliteversagen, kein Wort zu Cameron, kein Wort zu den Konstruktionsfehlern der EU, kein Wort zur Spaltung zwischen Arm und Reich oder zur neoliberalen Deindustrialisierungspolitik im Großbritannien der 80er- und 90er-Jahre.

Wer also Elitenversagen mal live erleben wollte, war bei diesem Vortrag auf jeden Fall richtig, wer sich aber für die Ursachen des Brexits interessierte, war hier definitiv falsch. Meine entsprechende Nachfrage gegen Ende des Vortrags, übrigens die einzige, trotz angekündigter Diskussion, empfand der Professor dann wohl auch als Majestätsbeleidigung. Dabei wollte ich nur wissen, ob er ernsthaft glaubt, dass das, was er uns da jetzt erzählt hat, irgendwas mit dem Brexit-Votum zu tun hat. Auf meine Ergänzung, dass GB auch keine 11 Mrd. zur EU beiträgt, sondern nur rund 4 Milliarden Euro, bezweifelte er einfach meine Zahlen. Diese kann man zwar bei der Bundeszentrale für politische Bildung nachlesen, aber ein Professor fällt halt lieber auf Zahlen der Brexiteers herein, bevor er vor Publikum seine Ahnungslosigkeit eingesteht. Auf seinen Vorschlag, ich solle doch einfach selbst einen Vortrag halten und er würde Fragen stellen, habe ich gleich nachmittags per Mail geantwortet – gehört habe ich seitdem aber nichts mehr von ihm…


Ergänzung vom 05.02.2017: Auf Grund eines Einmaleffektes, wie die Wirtschaftswoche im Sommer 2016 schrieb, lag der Nettobeitrag Großbritanniens 2015 bei 11,5 Mrd. Euro. (Link zur Auflistung der Nettozahler 2015 auf www.wiwo.de)


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Die alten Politikeliten haben ausgedient https://www.mister-ede.de/politik/politikeliten-haben-ausgedient/5871 https://www.mister-ede.de/politik/politikeliten-haben-ausgedient/5871#comments Fri, 16 Dec 2016 16:33:56 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5871 Weiterlesen ]]> Das Jahr 2016 hat nochmal bestätigt, was sich davor schon mehr als deutlich abzeichnete – die alten Politikeliten haben ausgedient. Nachdem sie die westlichen Demokratien jahrelang anführten, werden die Clintons und Camerons dieser Welt nun reihenweise abgestraft. Mit einer verfehlten Politik haben diese alten Eliten die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben und während sie selbst auf der Wohlfühlseite der Profiteure standen, fühlen sich nennenswerte Teile des Volkes von diesem Establishment regelrecht verraten.

Deshalb hat vor zwei Jahren in Griechenland nicht Syriza gewonnen, sondern vor allem das bisherige Establishment verloren. Genauso haben sich in Spanien die Wähler nicht Podemos und Ciudadanos zugewendet, sondern vor allem von den zum Teil korrupten spanischen Eliten abgewendet. Und auch in den USA hat nicht Donald Trump gesiegt, sondern vor allem Hillary Clinton, das Aushängeschild der US-amerikanischen Politikelite, eine deftige Klatsche einstecken müssen. Ebenso wurde in Österreich das Establishment bei der Präsidentschaftswahl regelrecht weggefegt und in die Stichwahl kamen der grüne Kandidat van der Bellen und der nationalistische Hofer. Vermutlich war der Einzug van der Bellens sogar eine glückliche Fügung, denn ein SPÖ- oder ein ÖVP-Kandidat hätten die Stichwahl gegen den FPÖ-Mann Hofer wahrscheinlich krachend verloren. Und auch die AfD in Deutschland überzeugt ja ihre Wählerschaft nicht mit guten und fundierten Argumenten, sondern vor allem mit dem ewigen Mantra „Merkel muss weg!“

Sehr deutlich wird die Ablehnung der herrschenden Eliten auch bei Volksabstimmungen, bei denen sich Wähler gegen das Establishment stellen können, ohne dabei gleich für eine populistische Partei stimmen zu müssen. Entsprechend war der Brexit nicht das Ergebnis einer gelungen Überzeugungsarbeit der Brexiteers, sondern vielmehr eine rote Karte, mit der zum einen David Cameron und zum anderen die EU-Eliten vom Platz gestellt wurden. Ähnliches gilt auch für die Volksabstimmung in den Niederlanden bezüglich des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine oder das von Matteo Renzi angesetzte Verfassungsreferendum in Italien.
Was sich also bei Wahlen und Volksentscheiden in Europa und den USA zeigt, ist weniger Ausdruck eines Rechts- oder Linksrucks, sondern vor allem ein klares Votum gegen diese Elite, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine Politik gemacht hat, die das Auseinanderdriften der Gesellschaft beförderte. Insofern gilt eben einfach, was schon Abraham Lincoln feststellte, „man kann nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen.“


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Das weltweite bürgerlich-konservative Witzfigurenkabinett https://www.mister-ede.de/politik/das-witzfigurenkabinett/5565 https://www.mister-ede.de/politik/das-witzfigurenkabinett/5565#comments Thu, 13 Oct 2016 19:19:00 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5565 Weiterlesen ]]> Bei aller Kritik an Angela Merkel muss man eines schon festhalten, im Vergleich zu den weltweiten bürgerlich-konservativen Pendants wirkt die in der DDR aufgewachsene Physikerin und heutige CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin fast wie eine Heilige. Schon bei der bayerischen Unions-Schwester CSU und den Ausfällen des dortigen Vorsitzenden Horst Seehofer bekommt man erste Zweifel am bürgerlichen Lager, allerdings knapp dahinter wird es dann richtig schräg.
Da hebelt Viktor Orbán mit seiner Fidesz, der ungarischen Schwesterpartei der Merkel-Union, munter den Flüchtlingsschutz und die Pressefreiheit aus und bei den spanischen Bürgerlichen um Mariano Rajoy ist gefühlt die halbe Partei in Korruptions- und Veruntreuungsskandale verwickelt. Dass Rajoy nun schon zum 5. Mal innerhalb eines Jahres erfolglos versucht hat, Ministerpräsident seines Landes zu werden, und damit nunmehr seit einem Jahr die Regierungsbildung in Spanien blockiert, ist da nur noch das I-Tüpfelchen. Wofür die Spanier allerdings noch eine ganze Partei benötigen, haben die französischen Bürgerlichen einfach ihren Nicolas Sarkozy, der mit einem Bein im Elysée-Palast und mit dem anderen im Gefängnis steht – und bei so kurzen Beinen muss das echt wehtun. Getoppt wird das alles aber von der italienischen Unions-Schwester, der Forza Italia mit Bunga-Bunga-Präsident Silvio Berlusconi an der Spitze, der es bei der Zahl der gegen ihn laufenden Gerichtsprozessen locker mit der Deutschen Bank aufnehmen kann.
Ergänzt wird dieses bürgerliche Witzfigurenkabinett außerdem von den Konservativen in Großbritannien, die zwar keine Schwesterpartei der Union sind, mit David Cameron und Boris Johnson aber mindestens ebenbürtige Clowns aufbieten können. Und auch die aktuelle britische Premierministerin May wirkt ja trotz ihres sommerlichen Namens eher wie tiefste Eiszeit. Man kann allerdings auch über den großen Teich schauen und findet in den USA mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gleich den nächsten Knallfrosch eines Lagers, das sich selbst als „bürgerlich-konservativ“ bezeichnet.

Mal ernsthaft: Wer Trump, Sarkozy und Berlusconi an der Spitze seiner Bewegung stehen hat, braucht sich doch über Marine Le Pen, Beppe Grillo, Nigel Farage oder Trixi Storch nicht wundern. Die weltweite Krise des Bürgerlich-Konservativen ist deshalb vor allem eines – selbstverschuldet von einem grotesken Witzfigurenkabinett.


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Die Machtungleichgewichte in der Eurozone https://www.mister-ede.de/politik/machtverteilung-der-eurozone/1152 https://www.mister-ede.de/politik/machtverteilung-der-eurozone/1152#comments Wed, 20 Jun 2012 07:47:10 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1152 Weiterlesen ]]> In einem Artikel über die Struktur der Wirtschaft habe ich gekennzeichnet, welche grundlegenden Funktionen und Probleme unsere soziale Marktwirtschaft hat. Unteranderem spielt die Verteilung von Macht eine entscheidende Rolle für die Verteilung des Nutzens bzw. Wohlstands.

Die Struktur unserer Wirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Macht und Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Betrachtet man die Machtverteilung in Griechenland, so kann man von einer starken Elite sprechen und einer relativ schwachen breiten Masse. Dieses Machtungleichgewicht lähmt sicherlich die griechische Entwicklung. Der Abbau von Steuervorteilen bei der Elite ist schwierig, wenn diese selbst an den Schalthebeln sitzt.
Aber auch die Machtverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten führt zu Problemen. Die Geldgeber stellen Forderungen welche die Nehmerländer erfüllen müssen. Durch die Ungleichverteilung der Macht müssen diese den Forderungen nachkommen, egal ob die Forderungen sinnvoll sind oder nicht.

So wurden durch den EFSF hauptsächlich die Banken gerettet. Zwar ist das auch für das Finanzsystem wichtig, aber aus meiner Sicht ist ein wesentlicher Grund für diese Rettung, dass es ein massives Machtungleichgewicht zwischen griechischem oder spanischem Volk und der deutschen oder französischen Elite gibt. Hätten Griechenland und Spanien eine Mehrheit bei EU-Entscheidungen, wären die Rettungsmaßnahmen wohl anders ausgefallen. Im Moment könnte man auch auf die Idee kommen, dass bislang eigentlich niemand gerettet wurde, sondern sich nur einige selbst bedient haben.

Nachdem aber ein Machtungleichgewicht nur dann schädlich ist, wenn es ausgenutzt wird, habe ich die Hoffnung, dass sich dieses Problem durch die französische Wahlentscheidung verringert hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hollande bereit ist, ganze Völker zu Gunsten von privaten Unternehmen auf der Strecke zu lassen. Und auch die Wahlentscheidungen bei den Landtagswahlen in Deutschland haben die Regierung Merkel wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Selbst wenn sich nichts an der grundsätzlichen Wirtschaftslage geändert hat, so hoffe ich doch, dass ein Machtmissbrauch der Starken nun nicht mehr stattfinden kann. Die Mentalität, nur Hilfe zu leisten wenn man direkt selbst davon profitiert, halte ich seit spätestens seit diesem Wahlsonntag in Frankreich für abgewählt. Es bleibt aber abzuwarten, wie sich die Regierung Merkel mit diesen Veränderungen in der politischen Machtkonstellation arrangieren wird.


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