mister-ede.de » Nahostkonflikt https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Der Umgang des WDR mit dem Film „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ https://www.mister-ede.de/medien/auserwaehlt-und-ausgegrenzt/8460 https://www.mister-ede.de/medien/auserwaehlt-und-ausgegrenzt/8460#comments Sun, 25 Jun 2017 15:05:34 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8460 Weiterlesen ]]> Am Ende der Bemühungen des WDR standen die Ausstrahlung des in die Schlagzeilen gekommenen Films im Hauptprogramm der ARD, dazu begleitende Diskussionsrunden, ein breites Netzangebot mit ergänzenden Informationen und vor allem ein intensiver gesellschaftlicher Diskurs – ein Ergebnis, das sich also durchaus sehen lassen kann. Ziel dieses Artikels soll aber nicht die Beurteilung des Ergebnisses sein, sondern vielmehr die Bewertung der einzelnen vom WDR getroffenen Entscheidungen.

Der Auftrag:

Der Mehrheit der Bevölkerung ist bewusst, dass es in Deutschland und Europa noch immer einen weitverbreiteten Antisemitismus gibt. Welche Formen dieser annimmt, welche Gruppen ihn prägen und wie er in der Gesellschaft wirkt, ist hingegen den meisten Menschen, mich eingeschlossen, weit weniger bekannt. Die Entscheidung des WDR, zu diesem Thema eine Dokumentation in Auftrag zu geben, war deshalb absolut richtig.

Das Zögern:

Wer allerdings den Film diese Woche gesehen hat, musste feststellen, dass es sich nicht um eine Reportage zum Antisemitismus in Europa, sondern hauptsächlich um einen pro-israelischen Propagandastreifen zum Nahostkonflikt handelte. Es war daher aus zwei Gründen völlig richtig vom WDR, den Film in dieser Form nicht auszustrahlen.
Bestellt man in einem Restaurant ein Rumpsteak und bekommt ein Fischfilet, dann hat man das gute Recht, das nicht zu akzeptieren, selbst wenn das Fischfilet geschmacklich hervorragend ist. Und dasselbe gilt, wenn der WDR etwas ganz anderes geliefert bekommt, als er in Auftrag gegeben hat.
Daneben darf man im Restaurant aber auch ein Essen zurückgehen lassen, das völlig versalzen ist. Und weil die Dokumentation eine ganze Reihe von Fehlern und handwerklichen Schwächen aufweist, war es auch aus diesem Grund richtig, den Film so nicht dem Fernsehpublikum zu präsentieren.

Die Ausstrahlung:

Nachdem eine öffentliche Diskussion entbrannte und die Bild-Zeitung den Film illegal verbreitete, war es dennoch richtig, ihn der interessierten Öffentlichkeit im ARD-Hauptprogramm zugänglich zu machen. So wurde Transparenz hergestellt und auf diese Weise konnte sich dann jeder selbst von Qualität und Inhalt des Films überzeugen, ohne auf Informationen aus zweiter Hand oder widerrechtliche Netz-Angebote angewiesen zu sein.

Die Umrahmung:

Genauso richtig war es aber auch, den Film mit zusätzlichen Diskussionsrunden und weiterführenden Informationen angemessen zu umrahmen. Ansonsten wären einige der handwerklichen Mängel und fragwürdigen Einschätzungen des Films selbst für informierte Zuschauer schlicht nicht erkennbar gewesen.

Die defensive Strategie:

Dass der WDR mit der Ausstrahlung wartete und nicht schon zuvor in die Offensive gegangen ist, war aber ebenfalls richtig. So hatten die Autoren der Dokumentation eine faire Chance, Veränderungen vorzunehmen, und der WDR trägt damit auch keine Schuld an dieser unnötigen Eskalation. Ferner konnte der WDR so das fehlende Niveau der Bild-Zeitung offenbaren, die den Film nicht nur missbräuchlich nutzte, sondern auch auf eine adäquate Aufbereitung verzichtete und damit ihre Zuschauer bewusst dumm gehalten und vielleicht sogar in die Irre geführt hat.

Das Ergebnis:

Insgesamt hat der WDR durch seinen zunächst zurückhaltenden, dann aber äußerst transparenten Umgang mit dem Film ein hervorragendes Krisenmanagement bewiesen. Mit all den Ergänzungen wurde für den Zuschauer letztendlich sogar ein hoher Informationswert geschaffen. Für die Glaubwürdigkeit des Senders, aber auch für die öffentliche Debatte, war dies auf jeden Fall ein Zugewinn.
Einziger Wermutstropfen an der Sache ist, dass dem Kampf gegen Antisemitismus mit dem Film ein Bärendienst erwiesen wurde. Denn Antisemiten werden nun darauf zeigen und sagen „Schau, so verdrehen die jüdischen Weltverschwörer die Fakten.“ Klar ist allerdings, dass dies nicht die Schuld des WDR ist, sondern der Filmemacher und all jener, die die Situation zusätzlich eskaliert haben, wie z.B. die Bild-Zeitung.


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