mister-ede.de » SPD http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Das gebrochene Schulversprechen: Warum es kam, wie es kommen musste! http://www.mister-ede.de/politik/gebrochene-schulversprechen/9131 http://www.mister-ede.de/politik/gebrochene-schulversprechen/9131#comments Sun, 20 Dec 2020 13:39:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=9131 Weiterlesen ]]> Ich kann mich noch gut an den medienwirksamen Bildungsgipfel im August und das vollmundige Versprechen der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und der CDU-Bildungsministerin Anja Karliczek erinnern, flächendeckende Schulschließungen wegen Corona künftig zu verhindern [1]. Heute wissen wir, es waren nur leere Worte.
Dabei kann man wirklich nicht sagen, dass seit dem Sommer nichts unternommen worden wäre, um genau dieses Ziel auch zu erreichen – im Gegenteil! Man hat planmäßig und zielgerichtet wissenschaftliche Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen an Schulen [2] ignoriert oder fehlinterpretiert, um ja keine Schulschließungen zu riskieren. Man hat den Anstieg der Neuinfektionen so lange verharmlost und schöngeredet, wie es nur eben ging. Und man hat die Kritiker dieses Vorgehens als faktenresistente Egoisten verunglimpft, denen die Bildung der Kinder schlicht egal sei.

Doch nun sieht man, es war genau umgekehrt! Leuten wie mir ging es darum, an Schulen langfristig ein verlässliches, gutes und sicheres Bildungsangebot trotz Corona zu gewährleisten. Die Konzepte dafür gab es ja schon seit Mai: Raumluftreiniger wo Präsenz nötig ist (z.B. in KiTa und Grundschule), Hybrid- und Fernunterricht in höheren Klassenstufen (so wie es auch an Uni und FH läuft) und breitflächige Testung sobald Infektionsfälle an einer Schule auftreten. Doch genau solche sinnvollen Maßnahmen wurden von Union und SPD eben gerade nicht angepackt, geschweige denn umgesetzt!

Heute kann man daher konstatieren, dass es wohl eher Saskia Esken und Anja Karliczek sind, denen die Bildung der Kinder geschmeidig am Arsch vorbeigeht. Vermutlich ging es den beiden Frauen nur um Selbstdarstellung mit einem Versprechen, von dem sie wohl irrtümlich glaubten, es ohne große Anstrengungen halten zu können – also so, wie wenn ich Ihnen heute hoch und heilig verspreche, dass ich bis Juni für höhere Temperaturen in Deutschland sorge.
Doch genau mit diesem leichtfertigen Schulversprechen von Esken und Karliczek nahm das Elend seinen Lauf. Corona entwickelte sich nämlich doch eher so, wie es Wissenschaftler und Experten für Herbst und Winter prognostiziert haben und nicht so, wie es die beiden Laien-Wahrsagerinnen erhofft haben. Nur zurückrudern ging für die zwei Spitzenpolitikerinnen nun nicht mehr, ohne damit gleichzeitig einzugestehen, auf voller Linie versagt zu haben. Und so haben Esken und Karliczek einfach Däumchen drehend abgewartet, während die Zahlen der Infizierten, der Erkrankten, der Intensivpatienten und zuletzt dann auch der Toten Tag für Tag anstiegen. Oder haben Sie in den vergangenen Wochen nochmal etwas Substanzielles von den beiden zum Thema „sichere Bildung“ gehört?

Mit diesem unverantwortlichen Zuwarten haben Esken und Karliczek aber nicht nur Ihr Versprechen gebrochen, weil wir nun wieder alles andere als verlässliche, gute und sichere Bildung haben, nein, sie haben damit auch verhindert, dass das Infektionsgeschehen im Herbst klein gehalten wurde. Was sollen denn auch Kontaktbeschränkungen bringen, wenn zeitgleich 13, 14 Millionen Menschen fünfmal die Woche zur Corona-Party ins Klassenzimmer gepfercht werden?
Wären durch die zuvor beschriebenen Maßnahmen nur 25% der Infektionen unter den U20-Jährigen verhindert worden, hätten wir rechnerisch alleine dadurch heute 70 – 80% weniger Neuinfektionen und tausende Menschen wäre nicht an Covid19 gestorben.

Klar, man kann das so nicht rechnen, weil die Geschichte dann anders verlaufen wäre. Klar, es waren nicht Esken und Karliczek alleine, sondern auch 14! Kultus- und Bildungsminister, die diesen Wahnsinn vor Ort auch bei höchsten Inzidenzen noch exekutiert haben. Und klar, wenn die Inzidenz umgekehrt sehr niedrig ist, wie das in Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern lange der Fall war, gibt es mehr Spielräume, die man prioritär für die Bildung einsetzen kann.
Im Gesamtblick komme ich aber dennoch zu dem Schluss, dass Esken und Karliczek die Hauptverantwortung für die jetzige Schulsituation tragen und mindestens mitverantwortlich dafür sind, dass das Infektionsgeschehen und damit auch die Todeszahlen in den letzten 8 Wochen in Deutschland durch die Decke geschossen sind. Sie hatten zwar keine direkte Entscheidungskompetenz für Schulen, aber sie sind maßgeblich dafür verantwortlich, eine offene Debatte über die Gefahren an Schulen und Einschränkungen des Schulbetriebs verhindert zu haben.

Frau Esken (SPD) und Frau Karliczek (CDU), übernehmen Sie die politische Verantwortung und treten Sie zurück!


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[1] Vorwärts-Artikel vom 14.8.2020 zum „Bildungsgipfel“

[2] Drosten: „Wir werden Probleme kriegen mit der unbeschränkten Schulöffnung“ (RND, 21.9.2020)

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Mitglieder und Themen entscheiden – Vorschlag für neue Struktur und Urwahl des SPD-Vorstands http://www.mister-ede.de/politik/neue-struktur-urwahlen-spd/8845 http://www.mister-ede.de/politik/neue-struktur-urwahlen-spd/8845#comments Wed, 12 Jun 2019 20:17:20 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8845 Weiterlesen ]]> Beweggrund für den Vorschlag:

Der Vorschlag sieht über Veränderungen beim Wahlverfahren hinaus eine grundlegende Veränderung der Struktur des SPD-Parteivorstands vor. Anstatt vieler Stellvertreter und Beisitzer ohne konkreten organisatorischen oder thematischen Bereich, schlage ich eine zumindest teilweise Zuordnung zu einzelnen Aufgaben und Themenfeldern vor. Einen Europabeauftragten kennt unsere Satzung bereits. Warum also nicht auch einen Umweltbeauftragten, Wirtschaftsbeauftragten, Sozialbeauftragten, Arbeitnehmerbeauftragten, Pflegebeauftragten, Digitalbeauftragten usw.? Es geht dabei um eine engere Verknüpfung von Personen und Themen in unserer Partei – nach innen wie nach außen. Und es geht um einen grundsätzlichen Wandel hin zu einer strukturierteren Arbeit, inhaltlich und programmatisch, aber auch organisatorisch.

Daneben befasst sich der Vorschlag mit dem Wahlverfahren. Hintergrund ist, dass ich Absprachen bei der Besetzung von Vorständen auf Parteitagen in einem gewissen Maße zwar für nötig halte, z.B. damit Regionen oder Themen nicht gänzlich ohne Repräsentation bleiben oder eben auch weiterhin ein fachlich geeigneter Schatzmeister gefunden wird. Auf der anderen Seite bin ich aber insbesondere bei Spitzenämtern gegen jede Form von Absprachen, weil ich überzeugt bin, dass eine breite Legitimierung im transparenten Prozess einer Urwahl wesentlich besser geeignet ist, um zu guten Ergebnissen zu kommen, als die berühmte Kungelei im Hinterzimmer, womöglich sogar noch mit einem Kuhhandel – man einigt sich auf den Parteivorsitz und wer leer ausgeht bekommt zum Ausgleich ein schönes Pöstchen.

Der Vorschlag:

Bislang besteht der Parteivorstand aus Vorsitz, sechs Stellvertreterinnen und Stellvertretern sowie weiteren rund 40 Personen (Generalsekretär, Europabeauftragter, Schatzmeister und jede Menge Beisitzer). Ich schlage deshalb eine grundsätzliche Neuordnung mit stärkerer Aufgaben und Themenfokussierung vor.

A) Die Struktur:

Engerer Parteivorstand (Parteipräsidium):
(2) Eine Vorsitzende und ein Vorsitzender
(2) Eine Stellvertreterin und ein Stellvertreter
(1) Generalsekretär/in
(1) Schatzmeister/in
(1) Themenkoordinator/in (Koordination der Arbeit der Themenbeauftragten)
(1) Mitgliederbeauftragte/r (Verbesserung und Kontrolle des Mitgliederservice. Anregungen liefern, wie man Mitglieder ansprechen kann, die inaktiv sind usw.)
(1) Onlinebeauftragte/r (Zuständig für die Onlinestrategie, intern wie extern)
(1) Europabeauftragte/r (Europäisches Netzwerk, SPE, Europaparlament etc.)
(1) Beauftragte/r für Internationales (Internationales Netzwerk, Progressive Allianz, UN usw.)
(X) Weitere Mitglieder optional aus erweitertem Vorstand
(Parteipräsidium insgesamt 11+X)

Erweiterter Parteivorstand:
(10) Zehn Themenbeauftragte. Diese sollen die thematische Arbeit in der Partei betreuen und koordinieren. Beim Thema Klima könnte das z.B. jemand sein, der im Umweltausschuss sitzt.
(25) Fünfundzwanzig Beisitzer/innen
(Parteivorstand insgesamt 46)

Vom Parteitag zu wählen:
(1) Generalsekretär/in (auf Vorschlag der beiden Vorsitzenden)
(1) Schatzmeister/in
(1) Themenkoordinator/in
(1) Mitgliederbeauftragte/r
(1) Onlinebeauftragte/r
(1) Europabeauftragte/r
(1) Beauftragte/r für Internationales
(10) Beisitzer/innen
(insgesamt 17)

Per Urwahl zu wählen:
(2) Die beiden Parteivorsitzenden
(2) Stellvertreterin und Stellvertreter
(10) Zehn Themenbeauftragten
(15) Fünfzehn Beisitzer/innen
(insgesamt 29)

Erwartung an die neue Struktur:

Die Themenorientierung würde, das zumindest ist meine Erwartung, die Partei bei der zielorientierten Arbeit unterstützen und damit auch inhaltlich wieder stärken. Daneben würde es eine Urwahl erlauben, die Mitglieder wieder direkt anzusprechen, mit Personen und eben auch Sachthemen.

B) Das Verfahren:

Grundstruktur:
Es werden zwei parallele Wahlen in zwei Wahlgängen durchgeführt, zum einen eine Wahl von Vorsitz, Stellvertretung sowie fünf Beisitzerinnen und Beisitzern. Zum anderen eine Wahl von zehn Themenbeauftragten und zehn Beisitzerinnen und Beisitzer.

Kandidatur:

Um zu kandidieren, braucht es die Unterstützung einer festzulegenden Anzahl an Ortsvereinen (z.B. ein OV bei Themenbeauftragten und drei OV bei Vorsitz). Bei Vorsitzenden dürfen Ortsvereine maximal eine Kandidatin und einen Kandidaten, bei Themenbeauftragten jeweils nur eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorschlagen.

Erste Wahlphase:

Jedes Mitglied hat beim Vorsitz vier Stimmen und bei den Themenbeauftragten jeweils zwei Stimmen. Bei der Wahl zum Vorsitz stehen die beiden Kandidatinnen und die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in einer zweiten Wahlphase zur Wahl. Die ihnen nachfolgenden jeweils fünf stimmenstärksten Kandidatinnen und Kandidaten stehen in einer zweiten Wahlphase als Beisitzer bzw. Beisitzerin zur Wahl.
Bei den Themenbeauftragten stehen in einer zweiten Wahlphase diejenige Kandidatin und derjenige Kandidat mit den meisten Stimmen zur Wahl.

Erläuterung:

Bis hierhin ist nur eine Satzungsänderung für die neue Zusammensetzung des Vorstands nötig und zur Klarheit wäre natürlich eine satzungsmäßige Regelung des Befragungsverfahrens sinnvoll.
Eine Änderung des Parteiengesetzes ist noch nicht notwendig, da es in der ersten Wahlphase noch unerheblich ist, ob es eine bindende Urwahl oder eine unverbindliche Mitgliederbefragung ist. Soll es nur eine Mitgliederbefragung sein, findet die zweite Wahlphase auf dem Parteitag statt. Nur im anderen Fall würden die Mitglieder erneut und dann endgültig entscheiden, wofür eine Ergänzung im Parteiengesetz notwendig wäre.

Zweite Wahlphase:

Die Wahlberechtigten (Parteitagsmitglieder oder eben alle Mitglieder) haben jeweils eine Stimme für eine Kandidatin und einen Kandidaten zum Parteivorsitz. Die jeweils Stimmenstärksten sind in den Parteivorsitz gewählt, die beiden anderen als Stellvertreter.
Aus den jeweils nachfolgenden fünf stimmenstärksten Kandidatinnen und Kandidaten aus der ersten Wahlphase werden fünf weitere Beisitzer und Beisitzerinnen gewählt, darunter mindestens zwei Frauen und zwei Männer. Die Wahlberechtigten haben hier fünf Stimmen.
Bei den Themenbeauftragten haben die Wahlberechtigten eine Stimme. Der oder die Stimmenstärkste ist gewählt. Die verbliebenen Kandidatinnen und Kandidaten werden Beisitzer.

Erwartung an das neue Verfahren:

Mit der Urwahl werden die Partizipationsmöglichkeiten für Mitglieder gestärkt und durch den Wahlkampf die Partei insgesamt belebt. Auch die Parität ist durch das Verfahren bestens gewahrt. Sowohl Vorsitz als auch Stellvertretung ist paritätisch besetzt und bei den Themenbeauftragten ist das jeweils andere Geschlecht als Beisitzer oder Beisitzerin ebenfalls im Vorstand vertreten. Unter den 29 per Urwahl gewählten Vorstandsmitgliedern wären also mindestens 14 Frauen und 14 Männer. Der Parteitag beschlösse über weitere 17 Vorstandsmitglieder, insbesondere in den Bereichen, in denen es um Organisatorisches geht wie Finanzen, Europanetzwerk oder Mitgliederverwaltung.

C) Vorschlag für eine Ergänzung des Parteiengesetzes:

Gesetz zur Stärkung der innerparteilichen Partizipation (Urwahl-Gesetz)

Dem Parteiengesetz (PartG) wird in § 11 ein neuer Absatz 5 hinzugefügt:
§ 11 Abs. 5:
Parteien können durch Satzung festlegen, dass abweichend von § 9 Abs. 4 einzelne oder alle Vorstandsmitglieder außerhalb eines Parteitags von den Mitgliedern in einer Urwahl gewählt werden können. Dezentrale, postalische und elektronische Abstimmungsformen müssen vor Manipulationen sicher sein. Die Stimmabgabe muss barrierefrei möglich sein. Das Verfahren ist notarieller zu beaufsichtigen und die ordnungsgemäße Durchführung notariell zu beurkunden.


Text als PDF: Mitglieder und Themen entscheiden – Vorschlag für neue Struktur und Urwahl des SPD-Vorstands


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Was spricht für eine Kenia-Koalition ohne Beteiligung der CSU? http://www.mister-ede.de/politik/vorteile-einer-kenia-koalition/8596 http://www.mister-ede.de/politik/vorteile-einer-kenia-koalition/8596#comments Mon, 27 Nov 2017 19:53:33 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8596 Weiterlesen ]]> Nachdem die Jamaika-Sondierungen gescheitert sind, die Sozialdemokraten die Große Koalition weiterhin mehrheitlich ablehnen, Union und FDP nicht mit den Linken und niemand mit der AfD koalieren will, bleibt eigentlich nur eine rechnerisch mögliche Konstellation für eine stabile Regierung übrig: Ein Bündnis aus CDU (200 Sitze), SPD (153 Sitze) und Grünen (67 Sitze).

Diese sogenannte Kenia-Koalition wäre zwar aus der Not geboren, hätte aber dennoch einige Vorteile zu bieten. Mit der CSU würde genau jene Partei aus der Großen Koalition ausscheiden, die in den letzten vier Jahren mit Abstand am meisten genervt und bei der vergangenen Bundestagswahl mit Abstand am stärksten verloren hat. Die Partei um Horst Seehofer, die 2015 jener Bundesregierung, an der sie selbst beteiligt war, Rechtsbruch vorgeworfen hatte, würde künftig durch die Grünen ersetzt, die ihrerseits bereits jetzt über den Bundesrat an vielen Gesetzesvorhaben mitwirken.
Anders als bei einer Koalition aus Union, SPD und Grünen, bei der die Grünen nur das fünfte Rad am Wagen wären, käme es in einer solchen Dreierkombination ohne die CSU tatsächlich auf alle drei beteiligten Parteien an. Neben einer stabilen Mehrheit im Bundestag (420 von 709 Sitzen) hätte die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen aber auch eine eigene Mehrheit im Bundesrat (37 von 69 Stimmen). Während ein Jamaika-Bündnis oder die Große Koalition aus Union und SPD im Bundesrat auf weitere Partner angewiesen wären, könnten die drei Kenia-Parteien selbst bei Zustimmungsgesetzen auf eine Beteiligung von FDP, Linken und CSU verzichten. Zum einen würde dadurch das Regieren erleichtert, zum anderen könnte eine Kenia-Koalition so auch größere Reformprojekte anpacken.

Es ist außerdem keine Neuigkeit, dass CDU und SPD bzw. SPD und Grüne durchaus in der Lage sind, in Koalitionen vernünftig zusammenzuarbeiten. In Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein haben inzwischen aber auch CDU und Grüne bewiesen, dass sie gemeinsam regieren können. Und schon jetzt besteht in Sachsen-Anhalt ein solches Kenia-Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Wieso also sollte eine Koalition dieser drei Parteien nicht genauso auf der Bundesebene funktionieren?
Was die politischen Inhalte von CDU, SPD und Grünen anbelangt, gibt es immerhin einige Schnittmengen, z.B. das klare Bekenntnis zum Recht auf Asyl oder die Ablehnung einer fixen Obergrenze. Alle drei Parteien stehen außerdem klar zum europäischen Projekt, denken über moderate Steuersenkungen nach und sprechen sich für weitere Anstrengungen zur Reduktion von CO2-Emissionen in den nächsten Jahren aus. Natürlich müssten in all diesen Bereichen erst noch tragfähige Kompromisse gefunden werden, aber zumindest eine Basis für zielführende Diskussionen gäbe es damit schon einmal. Beim Thema Maut oder bei Seehofers Obergrenze sah das in der letzten Legislaturperiode ja leider etwas anders aus.

Was hätten die Grünen von einer Kenia-Koalition?

Die Grünen hätten die Möglichkeit, ihre Ideen für ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Deutschland als vollwertiger Teil einer Koalition in die Regierung einzubringen. Sie wären kein fünftes Rad am Wagen und könnten die deutsche Politik nicht nur über Landesregierungen mit grüner Beteiligung im Bundesrat aktiv mitgestalten, sondern künftig auch im Bundestag.

Was hätte die SPD von einer Kenia-Koalition?

Die SPD könnte ihr Versprechen halten und müsste sich nicht in eine GroKo begeben, um Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung zu verhindern. Außerdem wäre die SPD in einem solchen Dreierbündnis mit der CDU fast auf Augenhöhe und der Zank innerhalb der Union würde dann auch nicht länger die Regierungsarbeit belasten.

Was hätte die CDU von einer Kenia-Koalition?

Die CDU könnte trotz eines der schlechtesten Wahlergebnisse ihrer Geschichte die Regierung stellen und Angela Merkel wäre als Bundeskanzlerin sogar wieder fester im Sattel als sie das zeitweise in der Großen Koalition war. Auch stünde der Streit zwischen CDU und CSU nicht mehr ganz so sehr im Fokus der Öffentlichkeit und könnte in den nächsten Monaten leise geschlichtet werden. Außerdem hätte die CDU mit SPD und Grünen zwei Partner, mit denen sie zurzeit in acht Landesparlamenten vertrauensvoll und erfolgreich zusammenarbeitet.

Was hätte die CSU von einer Kenia-Koalition?

Die CSU könnte sich in den nächsten Monaten ganz ihren internen Machtkämpfen widmen. Außerdem hätte eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen den Vorteil, dass sich die CSU nicht für eine Regierungsbeteiligung verbiegen muss und die Merkelsche Flüchtlingspolitik weiterhin konsequent ablehnen kann. Nach Seehofers Logik müsste eine solche klare Haltung die CSU bei der Bayernwahl 2018 stärken und die AfD klein halten.
Auf jeden Fall könnte die CSU glaubhaft erklären, wenn sie bei der Bundestagswahl stark genug geworden wäre, würde in Berlin eine andere Flüchtlingspolitik gemacht werden. Kürzer und allgemeiner formuliert heißt das: Wer in Bayern AfD wählt, macht im Bund Kenia möglich.

Was hätten Deutschland und seine Bürger von einer Kenia-Koalition?

Deutschland hätte eine vollwertige Regierung, die eine solide und zukunftsorientierte Politik machen würde. Neuwahlen oder Experimente mit Minderheitsregierungen blieben den Bürgern erspart. Und gerade wenn es um die notwendigen Reformen des europäischen Projektes geht, wäre Deutschland mit einer Kenia-Koalition, die im Bundestag und im Bundesrat eine Mehrheit hat, voll handlungsfähig.


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Übersehen wird allerdings, dass es trotzdem durchaus noch eine Koalitionsmöglichkeit für drei Parteien im Bundestag gibt – nämlich für CDU (200 Sitze), SPD (153 Sitze) und die Grünen (67 Sitze). So dürften die inhaltlichen Schnittmengen dieser drei Parteien größer sein als die Schnittmengen bei Jamaika. Außerdem hätten die alleine von CDU, SPD und Grünen regierten Bundesländer im Bundesrat eine Mehrheit von 37 zu 32 Stimmen, was ein weiterer Vorteil gegenüber dem bisher angedachten Bündnis ist. Auch hat die SPD zwar eine Große Koalition mit CDU und CSU ausgeschlossen, nicht jedoch eine Koalition mit CDU und Grünen.
Ohne die CSU hätten CDU und Grüne wohl deutlich weniger Probleme zu einem Koalitionsvertrag zu kommen. Außerdem müsste sich die CDU nicht länger den Zank mit der CSU antun und Angela Merkel wäre als Bundeskanzlerin wieder fest im Sattel. Dafür hätten Grüne und SPD zusammen mehr Sitze im Bundestag als die CDU, was die Bauchschmerzen bezüglich einer solchen Koalition in diesen beiden Parteien reduzieren dürfte. Aber selbst die CSU könnte in diesem Fall profitieren. Stimmt Seehofers Logik, dann müsste die CSU mit ihrer konsequenten Haltung in der Flüchtlingsfrage bei der nächsten Landtagswahl der AfD kräftig Stimmen abgraben. Lediglich die FDP hätte mal wieder gezeigt, wie unnütz diese Partei mit ihrem Egoismus ist.


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SPD braucht strategische, organisatorische, inhaltliche und personelle Erneuerung http://www.mister-ede.de/politik/spd-braucht-eine-erneuerung/8580 http://www.mister-ede.de/politik/spd-braucht-eine-erneuerung/8580#comments Sun, 19 Nov 2017 18:51:26 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8580 Weiterlesen ]]> Aller guten Dinge sind drei – aller schlechten leider auch. Nach der dritten Bundestagswahl in Folge mit einem SPD-Ergebnis weit unter der 30-Prozent-Marke muss sich die Sozialdemokratie nun grundlegend reformieren. Die älteste Partei Deutschlands muss die nächste Zeit nutzen, um sich strategisch, organisatorisch, inhaltlich und personell neu aufzustellen.

Strategisch:

Die gesellschaftliche Mitte ist eine Illusion – es gibt sie nicht! Vielmehr ist eine Gesellschaft eine Gesamtheit von Individuen, die sich bestenfalls als Milieus oder Gruppen zusammenfassen lassen. Anstelle einer Politik, die sich auf den Durchschnitt bezieht, z.B. auf eine Familie mit 1,6 Kindern oder auf einen 43,7 Jahre alten Arbeitnehmer mit 29.700 Euro Jahresgehalt, braucht es eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Bürgers.
Die SPD muss künftig politische Angebote machen, die der Lebenswirklichkeit der verschiedenen Gruppen und Milieus Rechnung tragen. Pflegende und Gepflegte, Homosexuelle, Menschen mit Migrationshintergrund, Erwerbsunfähige, Berufspendler oder Arbeitslose – um nur einige zu nennen – müssen sich gleichermaßen von der Sozialdemokratie vertreten fühlen. Alleinerziehende müssen sich von der Politik der SPD genauso angesprochen fühlen wie eine sechsköpfige Familie. Prekär Beschäftigte müssen sich in der Sozialdemokratie genauso aufgehoben fühlen wie die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter.
Basis für die Ausrichtung der SPD darf daher nicht länger ein fiktiver Durchschnitt sein, sondern muss die tatsächlich vorhandene Diversität sein. Denn unsere vielfältige Gesellschaft benötigt keine Politik für eine statistische Mitte, sondern eine Politik, die dieser Vielfalt am Ende auch gerecht wird.

Organisatorisch:

Die Digitalisierung hat unsere Gesellschaft grundlegend verändert, z.B. die Art und Weise der politischen Meinungs- und Willensbildung. Während das persönliche Gespräch immer stärker in den Hintergrund rückt, entstehen neue, digitale Räume des politischen Diskurses. Offline gilt, dass die SPD zu den Menschen hin muss – auf die Marktplätze, in die Vereine. Und dasselbe gilt online! Die SPD muss deshalb künftig für die Außenkommunikation viel stärker auf die von den Bürgern genutzten Plattformen im Netz gehen und darf dort nicht nur sein, sondern muss sich dort auch aktiv am politischen Diskurs beteiligen.
Daneben muss die SPD ihre Organisationsstruktur den Gegebenheiten unserer Zeit anpassen. Es braucht Netzangebote, die es ermöglichen, abseits traditioneller Parteistrukturen zielgerichtet über konkrete Themen zu diskutieren. Viele Bürger scheuen Parteien und auch viele Mitglieder wollen sich in ihrer Freizeit nicht damit beschäftigen, in welcher Farbe das Rathaus gestrichen werden soll, ob die Weihnachtsfeier im „Hirschen“ oder in der „Rose“ stattfindet oder ob man jetzt diese oder jene Kugelschreiber für den nächsten SPD-Stand organisiert. Sehr wohl aber interessieren sich zahlreiche Bürger und Mitglieder z.B. für Umweltschutzthemen, Migration, Friedenspolitik oder das Zusammenwachsen Europas.
Die SPD sollte daher nicht nur andere Plattformen bespielen, sondern dauerhaft eigene Netzpangebote für zeit- und ortsunabhängige Diskussionen entwickeln. Bürger können so aktiv in den Dialog eingebunden werden und losgelöst von Ortsvereinen von der SPD gezielt mit jenen Themen angesprochen werden, die sie besonders interessieren. Aber auch der Austausch unter den knapp 500.000 Mitgliedern kann gestärkt werden. Und wenn die Angebote entsprechend strukturiert und aufgebaut wären, könnten die Mitglieder darüber auch bei inhaltlichen Fragen am Entscheidungsprozess in der SPD mitwirken.

Inhaltlich:

Die SPD muss sich ein neues Grundsatzprogramm geben, das den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Es darf nicht länger zugelassen werden, dass Demokratie und Sozialstaat durch global agierende Großkonzerne ausgehöhlt werden. Vielmehr muss sich die SPD der Herausforderung stellen, die Globalisierung im Sinne von Demokratie und Sozialstaat zu gestalten. Dem Laissez-faire-Neoliberalismus der vergangenen Jahrzehnte muss daher endlich eine Absage erteilt werden und stattdessen müssen Wege zurück zur Sozialen Marktwirtschaft aufgezeigt werden. Anstelle von grenzenlosem Freihandel und nationalem Gegeneinander, braucht es Fairhandel und internationale Kooperation. Anstelle marktradikaler Deregulierung braucht es einen klaren ordnungspolitischen Rahmen. Denn nur eine Sozialdemokratie, die die Spaltung der Gesellschaft in Globalisierungsgewinner und Abgehängte verhindert, wird im 21. Jahrhundert noch eine Existenzberechtigung haben. Aus diesem Grund muss die SPD wieder zu der Partei werden, die dafür sorgt, dass nicht nur einige wenige vom technologischen Fortschritt und der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren, sondern die gesamte Gesellschaft.

Personell:

Wenn die Parteiführung eine grundlegende Reform der SPD glaubwürdig verkörpern will, darf sie sich bei diesem Erneuerungsprozess nicht ausnehmen. Anstelle ausgetretener Pfade braucht es neue Wege, anstelle des Verharrens im Gestern braucht es neue Ideen und anstelle von bestehenden Netzwerken braucht es einen frischen Wind. Statt Personalrochaden unter immer gleichen Köpfen durchzuführen, muss deshalb ein erkennbarer personeller Umbruch stattfinden.


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Bundestagswahl 2017: Der Sinkflug der etablierten Parteien hält an http://www.mister-ede.de/politik/sinkflug-etablierter-parteien/8536 http://www.mister-ede.de/politik/sinkflug-etablierter-parteien/8536#comments Sun, 01 Oct 2017 17:21:59 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8536 Weiterlesen ]]> Bei der Bundestagswahl am vergangen Sonntag gaben 46,97 Millionen der 61,68 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das bedeutet ein Plus von 2,66 Millionen Wähler im Vergleich zur letzten Bundestagswahl bzw. einen Anstieg der Wahlbeteiligung von 71,5% auf 76,2%. Doch trotz der höheren Wahlbeteiligung ging auch bei dieser Wahl die Zahl derjenigen Wähler zurück, die ihr Kreuz bei den etablierten Parteien, also CDU, CSU, SPD, FDP, Linke (früher PDS) und Grünen, gemacht haben.
Damit setzt sich der seit der Bundestagswahl 2009 bestehende Abwärtstrend weiter fort. Während die sechs etablierten Parteien zwischen 1990 und 2005 immer auf 73% – 76% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten kamen, sank dieser Wert bei der Bundestagswahl 2009 abrupt auf 65,6%. Vier Jahre später, bei der Bundestagswahl 2013, erreichten die etablierten Parteien zusammen dann nur noch 62,9% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten und dieses Mal lag der Wert mit 62,1% sogar noch einmal niedriger.

Besonders hart trifft der Wählerschwund die einst großen Volksparteien Union und SPD. Im Verhältnis zur Zahl der Wahlberechtigte kommen CDU und CSU zusammen auf nur noch 24,8% der Stimmen und die SPD sogar nur noch auf 15,5%. Während in den 90ern und zu Beginn der 2000er-Jahre regelmäßig sechs von zehn Wahlberechtigten ihre Stimme für eine der beiden Volksparteien abgaben, waren es somit bei der aktuellen Bundestagswahl nur noch vier von zehn Wahlberechtigten.
Gerade in Bezug auf die SPD bedeutet das, dass der Zusatz Volkspartei im Moment problemlos gestrichen werden kann. Nur noch jeden siebten Wahlberechtigten konnten die Sozialdemokraten dazu bewegen, zur Bundestagswahl zu gehen und auf dem Wahlzettel die SPD anzukreuzen. Zum Vergleich: Von 1990 bis 2005 konnte die SPD stets jeden dritten bis vierten Wahlberechtigten von einer Stimmabgabe für die SPD überzeugen und mit Willy Brandt zogen die Sozialdemokraten einst sogar fast die Hälfte aller Wahlberechtigten an die Wahlurne.

Für die Demokratie in Deutschland ist die Entwicklung der Volksparteien allerdings das nachrangige Problem. Wesentlich gefährlicher ist, dass es den etablierten und auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden Parteien nur noch knapp gelingt, über die absolute Mehrheit der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten zu kommen. Denn bleiben Wähler von der Wahlurne fern oder wählen Kleinparteien, die nicht in den Bundestag einziehen, stärkt das die rechten und demokratiefeindlichen Kräfte im Lande. Diese können dann mit deutlich weniger Stimmen in den Bundestag einziehen und erhalten dort auch noch wesentlich mehr Sitze. Das wiederum hat zur Folge, dass die etablierten Parteien zur Bildung von Koalitionen gezwungen sind, die sie eigentlich ablehnen oder die der programmatischen Ausrichtung der einzelnen Parteien zuwiderlaufen. So müssen nach der jetzigen Bundestagswahl CDU, CSU, FDP und Grüne zueinander finden oder es bliebe nur eine erneute Große Koalition möglich, die sowohl von der Union als auch von der SPD abgelehnt wird. Solche Koalitionen führen jedoch meist zu einem weiteren Verdruss der Wähler, weil sich die beteiligten Parteien entweder weit von ihren jeweiligen Wahlversprechen entfernen müssen, um zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen, oder sich gegenseitig blockieren und damit das Regierungshandeln zum erlahmen bringen. Bleiben dadurch aber Probleme ungelöst oder findet nur eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners statt, droht am Ende ein Teufelskreis, der die demokratischen Kräfte weiter schrumpfen lässt und den Feinden der Demokratie Tür und Tor öffnet. Österreich mit der immer stärker werdenden FPÖ sollte uns ein warnendes Beispiel sein.


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Die Rache der GroKo: SPD steht nach NRW-Wahl vor einem Scherbenhaufen http://www.mister-ede.de/politik/die-rache-der-groko/8418 http://www.mister-ede.de/politik/die-rache-der-groko/8418#comments Sun, 14 May 2017 16:02:31 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8418 Weiterlesen ]]> Als die SPD-Führung um Sigmar Gabriel im Herbst 2013 für die Regierungskoalition mit der Union warb, versprach sie den Mitgliedern: „Diesmal wird alles anders, denn der Koalitionsvertrag trägt die klare Handschrift der SPD.“ Rund drei Viertel der Genossinnen und Genossen vertrauten diesen Worten und stimmten beim anschließenden Mitgliederentscheid für die Große Koalition. Einstein hätte dazu wohl gesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“
Anstatt die ungeliebte Rolle als Juniorpartner an der Seite der Merkel-Union den Grünen zu überlassen und mit der SPD auf der Bundesebene eine starke Opposition zu bilden oder gar mit der rot-rot-grünen Mehrheit im Bundestag eine SPD-geführte Regierung zu installieren, ging die Sozialdemokratie erneut jenen Weg, den sie auch nach der Bundestagswahl 2005 mit wenig Erfolg beschritten hatte.

Und so kam es, wie es kommen musste. Nach einem kurzen Hype rund um den Mitgliederentscheid sackte die SPD in der Wählergunst ab und wie bereits in der Regierungszeit von 2005 bis 2009 ging die SPD bei den anschließenden Landtagswahlen auf Talfahrt. Zwar konnten die Sozialdemokraten im Herbst 2014 in Sachsen noch 2,0% zulegen, allerdings nur von einer äußerst niedrigen Ausgangsbasis von 10,4%. Bereits zwei Wochen später verlor die SPD dann 1,1% der Wählerstimmen in Brandenburg und musste in Thüringen sogar ein Minus von 6,1% hinnehmen, was in beiden Bundesländern zu den historisch schlechtesten SPD-Ergebnissen führte. Auch 2015 setzte sich dieser Trend bei der Hamburger Bürgerschaftswahl mit -2,8% und dem Verlust der absoluten Mehrheit in der Hansestadt fort, bevor die Sozialdemokraten nach einem Minus von 5,8% ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg in Bremen einfuhren.
Einzige Ausnahme in dieser Reihe ist die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Frühjahr 2016. Doch auch dort gelang es der SPD, trotz einer herausragenden Ministerpräsidentin Malu Dreyer, lediglich, das Ergebnis der letzten Wahl zu halten (+0,5%). Allerdings mussten die Sozialdemokraten am gleichen Tag bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg (-10,4%) und Sachsen-Anhalt (-10,9%) herbe Niederlagen und in diesen beiden Bundesländern ebenfalls die schlechtesten SPD-Ergebnisse in der Geschichte einstecken. Im Herbst 2016 folgten dann weitere schwere Schlappen für die Sozialdemokraten mit -5,0% in Mecklenburg-Vorpommern und -6,7% in Berlin, was auch in der Hauptstadt das schlechteste SPD-Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik bedeutete.

Anfang 2017 schmiss dann Sigmar Gabriel, der drei Jahre zuvor die Große Koalition eingefädelt und den Mitgliedern als kommende Erfolgsgeschichte verkauft hatte, seinen Parteivorsitz hin und hievte stattdessen Martin Schulz in das höchste Parteiamt. Doch auch Schulz konnte bislang keine Ideen und Vorstellungen präsentieren, durch die es der SPD gelungen wäre, ihr Image als Juniorpartner der Merkel-Union abzustreifen. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es auch bei den nachfolgenden Landtagswahlen im Saarland (-1,0%) und in Schleswig-Holstein (-3,2%) zu weiteren Verlusten für die Sozialdemokraten kam.
Unvermindert setzte sich dieser Trend nun bei der heutigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mit einem deutlichen Minus von über 8% fort. Sollte das Endergebnis unter 32% bleiben, bedeutet das auch für NRW das schlechteste SPD-Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg. Dreieinhalb Jahre nachdem sich die SPD in die Große-Koalition begab, steht sie damit heute vor den Scherbenhaufen dieser strategischen Fehlentscheidung. Wie der so geschwächten SPD, die auf der Bundesebene weiterhin in ihrer Rolle als Koalitionspartner der Union feststeckt, bis zur Bundestagswahl im Herbst ein Neuanfangen gelingen soll, bleibt fraglich. Klar ist allerdings, ein „Weiter so“ ohne klare Haltung und konkrete Inhalte werden nicht reichen, um die Partei aus jenem GroKo-Grab zu ziehen, dass sie sich in den vergangen Jahren selbst geschaufelt hat.


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Die drei Hauptströmungen der Europa-Debatte http://www.mister-ede.de/politik/stroemungen-europa-debatte/8343 http://www.mister-ede.de/politik/stroemungen-europa-debatte/8343#comments Fri, 21 Apr 2017 17:04:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8343 Weiterlesen ]]> Eurokrise, Flüchtlingskrise, Brexit – all das hat dafür gesorgt, dass es heute in der Öffentlichkeit so viel Aufmerksamkeit für das europäische Projekt gibt wie nie zuvor. Geprägt wird die Debatte dabei von drei Hauptströmungen, die im Folgenden näher betrachtet werden:

Rollback ins Nationale:

Eine Vielzahl nationalistischer Kräfte in Europa möchte die europäische Integration am liebsten auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen und den Kontinent wieder in Nationalstaaten aufspalten. Ihr Narrativ ist, dass sich der Nationalstaat in der Vergangenheit bewährt habe und auch heute besser als die gemeinschaftlichen europäischen Institutionen in der Lage sei, die Interessen der Bürger zu vertreten. Dabei spielt diesen Kräften zurzeit in die Hände, dass es die europäischen Institutionen bei zahlreichen Problemen tatsächlich nicht mehr schaffen, befriedigende Lösungen zu finden. So können die Nationalisten die für die Bevölkerungen der EU-Mitgliedsländer spürbaren und sichtbaren Schwachstellen der EU für ihre Erzählung nutzen, ohne den Beweis antreten zu müssen, dass die Nationalstaaten, wenn sie für sich alleine wären, diese Probleme wirklich besser lösen könnten.
Wichtige Vertreter dieser Hauptrichtung sind z.B. die britische UKIP, die vehement für den Brexit geworben hat, der französische Front National um die rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, die deutsche AfD, die österreichische FPÖ und die italienische Partei Movimento Cinque Stelle (Fünf-Sterne-Bewegung) um Beppe Grillo.

Status quo verteidigen:

Für ein Beibehalten der EU in ihrer jetzigen Form treten vor allem diejenigen ein, die zu den Gewinnern der bisherigen Ausgestaltung des europäischen Miteinanders gehören und deshalb wenig bis gar kein Interesse daran haben, etwas zu ändern. Hierzu gehören insbesondere die Eigentümer und Vertreter jener Unternehmen, die vom gemeinsamen Binnenmarkt und dem Wettbewerb der EU-Länder stark profitieren. Bleibt es bei der aktuellen Konstruktion, können sich deren Unternehmen weiterhin in manchen EU-Ländern das Steuerdumping, in anderen das Lohn- und Sozialdumping und in nochmals anderen EU-Ländern z.B. niedrige Umweltschutzauflagen zunutze machen. Hinzugesellen sich aber auch einige Betriebsräte und Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften, die weit weg sind von Fehlentwicklungen wie wachsendem Niedriglohnsektor und prekärer Beschäftigung und daher ebenfalls für den Erhalt der EU in ihrer bisherigen Struktur plädieren. Mit dem Status quo gut leben können außerdem Politiker wie Viktor Orbán, die keine tiefere Integration und schon gar keine gestärkten europäischen Institutionen möchten, deren Länder allerdings weiterhin vom Binnenmarkt und den EU-Fördergeldern profitieren sollen.
Zu diesen konservativen Kräften hinzuzählen muss man allerdings auch den parteilosen französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron, der sich in seinem Wahlkampf nicht für einen Umbau Europas stark gemacht hat, sondern für eine Agenda-Politik in Frankreich, wie sie Gerhard Schröder einst in Deutschland durchführte. Zum Kreis derer, die vor allem die jetzige EU erhalten und bestenfalls an einzelnen Stellschrauben moderat drehen wollen, gehören außerdem Wolfgang Schäuble, der anstelle tiefgreifender Reformen lediglich einen Euro-Aufseher zur Durchsetzung des Spardiktats in Südeuropa befürwortet, genauso wie der in Deutschland stark gehypte #PulseOfEurope, der zum Fahnenschwenken für die aktuelle EU aufruft, statt substanzielle Veränderungen an dieser EU einzufordern.

Europäische Integration neu denken:

Last but not least gibt es dann noch all jene, die das europäische Miteinander weiterentwickeln und die europäische Integration neu denken wollen. Allerdings sind die Anhänger dieser Strömung quer über das politische Spektrum verteilt, weshalb es innerhalb dieser Gruppe sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, wie ein Europa der Zukunft am Ende gestaltet sein sollte und wie ein Weg dorthin aussehen könnte. Trotz dieser Vielfalt lassen sich diese progressiven pro-europäischen Kräfte aber dennoch auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Sie erkennen die Strukturprobleme der jetzigen EU an, beispielsweise das Demokratiedefizit, und erachten es deshalb für das europäische Miteinander als unabdingbar, diese Konstruktionsfehler der EU durch grundlegende Reformen zu beseitigen.
Zu dieser Gruppe gehören zahlreiche Politiker von Linken und Grünen sowie einige der SPD und auch z.B. die EU-Parlamentarier Manfred Weber (CSU) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Hinzu kommen außerdem verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen, wie die Union Europäischer Föderalisten, die sich für ein föderales Europa einsetzt, oder die Bewegung DIEM25 um den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, die europaweit Dialoge für ein neues Europa durchführt. Aber auch die Wissenschaftlerin Ulrike Guérot, die ihre Vorstellung einer European Republic in ihrem Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“ niedergeschrieben hat und dieser Blog, der sich unter anderem für eine europäische Verfassung stark macht, sind zu dieser Gruppe progressiver Pro-Europäer zu zählen.


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Frank-Walter Steinmeier (SPD) zum nächsten Bundespräsidenten gewählt http://www.mister-ede.de/politik/steinmeier-bundespraesidenten/8086 http://www.mister-ede.de/politik/steinmeier-bundespraesidenten/8086#comments Sun, 12 Feb 2017 13:37:54 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8086 Weiterlesen ]]> Frank-Walter Steinmeier (SPD) wurde in der heutigen Bundesversammlung zum kommenden Bundespräsidenten und damit zum neuen Staatsoberhaupt Deutschlands gewählt. Mit 931 Stimmen (73,89%) konnte sich Steinmeier schon im ersten Wahlgang gegen die anderen Kandidaten durchsetzen.

Zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik stellt damit die SPD den Bundespräsidenten. Der bisherige Außenminister Steinmeier, der auf Vorschlag des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel von der großen Koalition ins Rennen geschickt wurde, wird nun am 19. März die Amtsgeschäfte vom aktuellen Bundespräsidenten Joachim Gauck übernehmen und ins Schloss Bellevue einziehen. Seine reguläre Amtszeit endet dann nach fünf Jahren am 18. März 2022, sofern er in der nächsten Bundesversammlung nicht für eine zweite Amtszeit gewählt wird.


Wahlarchiv: Die Bundesversammlungen seit 1949 (www.mister-ede.de)

Wahlarchiv: Die deutschen Bundespräsidenten seit 1949 (www.mister-ede.de)


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Die Kür der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2017 http://www.mister-ede.de/politik/kuer-der-spitzenkandidaten/6129 http://www.mister-ede.de/politik/kuer-der-spitzenkandidaten/6129#comments Tue, 24 Jan 2017 17:27:14 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=6129 Weiterlesen ]]> CDU:
Mutti so lieb, Mutti so nett,
ach wenn ich Dich, meine Merkel nicht hätt‘.

SPD:
Mit Sturzgeburt, ganz abgehetzt,
wird Gabriel durch Schulz ersetzt.

Die Linke:
Wir lieben Spannung, Streit und auch Knatsch,
darum das Duo Wagenknecht / Bartsch.

Die Grünen:
Die Basis entscheidet, das wollen wir hier.
Nun sind’s Göring-Eckardt und Cem Özdemir.

FDP:
Mit Brüderle ging die Partei einst unter.
Jetzt macht sie Lindner vielleicht wieder munter.

AfD:
Ein Ü-Ei würd‘ ich denen zutrau’n –
innen ganz hohl und außen schön braun.


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