mister-ede.de » Donezk http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Ukraine: Pufferzone statt „Anti-Terror-Einsatz“ und „Kampf gegen Faschisten“ http://www.mister-ede.de/politik/pufferzone-statt-kampfeinsatz/3086 http://www.mister-ede.de/politik/pufferzone-statt-kampfeinsatz/3086#comments Mon, 06 Oct 2014 07:39:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3086 Weiterlesen ]]> Auch wenn der Ukraine-Konflikt noch weit weg ist von einem Level, der Normalität ermöglicht, haben die jüngsten Entscheidungen der Konfliktparteien bislang zumindest das völlige Ausarten in einen offenen Krieg zwischen der Ukraine und Russland verhindert.
Nach dem Sturz Janukowytschs war zu befürchten, dass Russland alles daran setzen wird, um eine Anbindung der Ukraine an die EU zu verhindern. Spätestens nach der Abspaltung der Krim und der Aufnahme in russisches Staatsgebiet wurde dann auch deutlich, dass eine weitere EU-Annäherung der Ukraine zu heftigen Reaktionen Moskaus führen würde und damit die Einheit der Ukraine auf dem Spiel steht.
Dennoch unterzeichnete die ukrainische Interims-Führung um Jazenjuk im März, noch vor den Präsidentschaftswahlen, den ersten Teil des EU-Assoziierungsabkommen und versuchte den separatistischen Bewegungen, die sich ihrerseits auf einen „Kampf gegen die Faschisten in Kiew“ beriefen, mit einem „Anti-Terror-Einsatz“ zu begegnen. Um allerdings den Verlust genau jener Kontroller zu verhindern, welche die Kiewer Führung im Osten des Landes zu gewinnen versuchte, wurden die Separatisten von russischer Seite verstärkt unterstützt. In der Folge entwickelte sich eine kriegsartige Situation, in der in kurzer Zeit die Opferzahlen in die Höhe schnellten und die in einen offenen Krieg zwischen Russland und der Ukraine auszuarten drohte.

Das momentane Zwischenergebnis nach einer ersten Annäherung in Minsk zwischen den Konfliktparteien in Kiew, Donezk, Moskau, Brüssel und Washington ist nun eine kilometerlange Trenn- oder Frontlinie, die sich quer durch den Osten der Ukraine zieht. Sofern sich beide Seiten an die Verabredung halten, was zahlreiche Kämpfe in den vergangenen Tagen zweifelhaft erscheinen lassen, dann sollen die Konfliktparteien in nächster Zeit mit einer 30 Kilometer breiten Pufferzone auf Abstand gehalten werden, so dass dann hoffentlich zumindest das Blutvergießen ein Ende findet. Aber auch wenn ich begrüße, dass durch diese Vereinbarung wenigstens ein Weg eröffnet wird, um die humanitäre Situation zu stabilisieren und die Gewaltspirale zurückzudrehen, kann dieser Schritt nur helfen, den Konflikt vorerst einzufrieren, aber nicht ihn zu lösen.
Denn ebenso bedeutet diese Trennlinie, die de facto nicht nur den Süd-Osten des Landes von seinem Rest trennt, sondern auch die Machtbereiche von Brüssel und Moskau markiert, dass sich die Gegensätze zwischen den Konfliktparteien weiter manifestieren können. Auf der einen Seite ist Kiew, auf der anderen Seite ist Donezk und während sich der eine Teil der EU zuwendet, nähert sich der andere Teil an Russland an. Die momentane Trennlinie ist damit der Preis, den Kiew dafür zahlt, dass es mit EU-Assoziation und „Anti-Terror-Einsatz“, statt frühzeitiger Verhandlungsbereitschaft, auf Konfrontation und nicht auf Ausgleich setzte.

Aber selbst wenn die Konfliktparteien die Vereinbarungen nun umsetzen, muss allen Beteiligten klar sein, dass ein solcher Zustand nur ein Provisorium sein kann, das nicht dazu geeignet ist, dieser Region dauerhafte Stabilität zu verschaffen.
Weiterhin gilt, Kiew hat nur die Wahl zwischen Chaos und Verhandlungen, während Moskau durch ein Anziehen der Daumenschraube gegenüber Kiew vor allem sein internationales Ansehen aufs Spiel setzt, was kurzfristig nur ein vergleichsweise geringer Preis ist. Die Separatistin können daher mit Putin im Rücken weiterhin hoffen, dass ihnen Poroschenko in vielen Bereichen entgegenkommen muss, genauso wie auch Moskau dies selbst erwarten kann, z.B. beim Umgang mit der Krim oder bei Fragen der Altschulden oder des Gashandels. Scheitern die Verhandlungen oder werden die getroffenen Verabredungen nicht eingehalten, drohen weitere kämpferische Auseinandersetzung und ein Wiederkehren der Gewaltspirale und kommen die Verhandlungen zum erliegen droht eine chronische Krise, die die Ukraine auf Dauer zermürbt. Daher wird auch weiterhin nur eine Einigung der Konfliktparteien erlauben, diesen Konflikt nachhaltig zu lösen.


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Kiew hat die Wahl zwischen Chaos und Verhandlungen mit Russland (www.mister-ede.de – 14.04.2014)

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Hilfslieferungen aus Russland sind wünschenswert http://www.mister-ede.de/politik/hilfslieferungen-aus-russland/2969 http://www.mister-ede.de/politik/hilfslieferungen-aus-russland/2969#comments Tue, 12 Aug 2014 18:45:32 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2969 Weiterlesen ]]> Sofern es möglich ist, die Hilfslieferungen durch ukrainische Verantwortliche unter Aufsicht der OSZE an einem nördlichen Grenzübergang außerhalb des Krisengebietes, z.B. in Charkiw, zu kontrollieren, bevor sie nach Donezk oder Lugansk verbracht werden, sollte das Angebot unverzüglich angenommen werden. Bereits seit einigen Wochen berichten Medien, dass Donezk mit mehreren hunderttausend Einwohnern von der Außenwelt abgeschnitten ist. Wenn es eine Chance gibt, die humanitäre Katastrophe zu lindern, dann muss diese genutzt werden, auch wenn damit ein Zeitgewinn für die Separatisten in Kauf genommen wird.

Gleichwohl muss aber auch nach einer Kontrolle des Hilfskonvois klar sein, dass die Fahrzeuge zum Beispiel für eine schnelle Truppenbewegung oder für einen Abtransport von Material oder Soldaten in der Krisenregion genutzt werden könnten. Eventuell besteht aber die Möglichkeit, die Fahrzeuge nicht auf einmal in das Krisengebiet zu schicken, sondern über einen Korridor pendeln zu lassen. Dies könnte dann auch genutzt werden, um in anderer Richtung Flüchtlinge aus Donezk zu evakuieren.

Lässt sich Russland allerdings nicht auf die genannten Bedingungen für den Hilfskonvoi ein, wäre eine Ablehnung aus Kiew nachvollziehbar. Auch wenn Hilfslieferungen aus Russland wünschenswert sind, wird erst die Bereitschaft, die Hilfe mit der ukrainischen Führung zu koordinieren, zeigen, ob das Hilfsangebot von Mütterchen Russland tatsächlich von Humanismus oder doch von Zynismus geprägt ist. Letzteres wäre der Fall, wenn man die benötigte humanitäre Hilfe mit Verweis auf die völlig legitimen Forderungen einer souveränen Ukraine verweigern würde.

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Ukraine-Konflikt: Das Werk der Konfrontateure http://www.mister-ede.de/politik/das-werk-der-konfrontateure/2962 http://www.mister-ede.de/politik/das-werk-der-konfrontateure/2962#comments Tue, 12 Aug 2014 17:23:51 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2962 Weiterlesen ]]> Was sich in der Ukraine zurzeit abspielt, ist die logische Konsequenz einer Politik, die stets auf Konfrontation und nicht auf Ausgleich setzte. Alle Konfliktparteien wollten zu viel auf Kosten des Gegenübers und stehen nun doch mit leeren Händen da.

Die Nationalisten in der Ukraine wollten nach dem Sturz Janukowytschs ihre Ideologie zur ukrainischen Staatspolitik machen und müssen nun zusehen, wie die Ukraine sich über den selbst geschaffenen Spalt zerstört. Selbiges gilt für die pro-russischen Aktivisten, die statt mehr regionaler Autonomie gleich die Unabhängigkeit anstrebten und nun vor einem Scherbenhaufen stehen.
Russland, das alles daran gesetzt hat, den Einfluss auf die Ukraine nicht gänzlich zu verlieren, hat sich international isoliert und kann doch nur dem Schwinden seines Einflusses zusehen. Die USA wollten einen Handelspartner für ihre Fracking-Technologie und eine Sicherheitspartnerschaft, bekommen jetzt aber als Partner ein wirtschaftliches Entwicklungsland mit Sicherheitsrisiko. Ebenso wurde der Wunsch der EU, mit einer Partnerschaft zur Ukraine die wirtschaftlichen Beziehungen zur östlichen Nachbarschaft zu stärken, von der Realität eines Handelskriegs mit Russland abgelöst. Auch das zwischenzeitliche Ziel des Westens oder Kiews, mit Sanktionen die Abspaltung der Krim zu verhindern, hat lediglich die Spaltung zwischen den verschiedenen Konfliktparteien befördert.

Stets haben die beteiligten Akteure zu viel gewollt und damit nichts erreicht, das trifft auch auf den neu gewählte Präsident Poroschenko zu. Dieser suchte auf der einen Seite einen Ausgleich mit den Separatisten, auf der anderen Seite war er aber auch bemüht, den Forderungen der Hardliner in Kiew zu folgen. Zu hohe Vorbedingungen, zu wenige Zugeständnisse und ein zu zögerliches Zugehen auf die Separatisten haben dann auch dazu beigetragen, dass am Ende nicht der Ausgleich sondern die Konfrontation stand.
Bei so viel Starrsinn der Konfliktparteien verwundert es nicht, dass selbst der Abschuss von Flug MH 17 lediglich ein kurzes Bedauern auslöste und nicht zu einem Kurswechsel führte. Der Tod der 298 Insassen wird in diesem Konflikt damit lediglich eine Randnotiz bleiben.

Bereits jetzt sind weit über tausend Tote zu beklagen, die Infrastruktur ist geschädigt und zwischen einer halben Million und einer Million Menschen sind auf der Flucht. Wenn in den nächsten Tagen die ukrainische Armee Donezk erstürmt, wird die Gewaltspirale wohl ihren blutigen Höhepunkt erreichen. Selbst wenn Russland nicht militärisch eingreift, was ich trotz der Beteuerungen Putins für durchaus möglich halte, werden die bisherigen Opferzahlen noch einmal erheblich steigen.
Im Ergebnis werden dann aber tausende Tote, die Zerstörungen und die Flucht großer Bevölkerungsteile eine Rückkehr zu einem geordneten Leben in der Ostukraine vorerst verhindern. Daneben sind die Handelsbeziehungen zum wichtigsten ukrainischen Handelspartner, also zu Russland, eingefroren, was beim Gas in einem Vierteljahr sprichwörtlich zu verstehen ist.
Das Werk der Konfrontateure in Ost und West, in Kiew und Moskau, bei Separatisten und Nationalisten ist ein tiefer Spalt in Ost-Europa und eine Region, die droht zu einem zweiten Kosovo zu werden.


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