mister-ede.de » Freiheit https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Nachgefragt: Brief an das Europäische Informations-Zentrum Niedersachsen https://www.mister-ede.de/politik/brief-an-das-eiz-niedersachsen/5506 https://www.mister-ede.de/politik/brief-an-das-eiz-niedersachsen/5506#comments Fri, 07 Oct 2016 19:19:55 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5506 Weiterlesen ]]> Liebes Europäisches Informations-Zentrum Niedersachsen,

eigentlich bin ich überzeugter Europäer, also der festen Überzeugung, dass wir in Europa gemeinsam wesentlich mehr erreichen können als im nationalstaatlichen Kleinklein. Mittlerweile bin ich jedoch so unglaublich enttäuscht von der EU und vieler ihrer Akteure, dass sogar ich bei einer Volksabstimmung nahe daran wäre, für eine Auflösung der EU zu stimmen. Daher habe ich Ihre „10 guten Gründe für die EU“ [1] zum Anlass genommen, um mal meine Sichtweise darzulegen.

1.) In der Schweiz gibt es auch keinen Krieg – ganz ohne EU.
2.) Die 28 EU-Länder sind nicht wegen der EU der stärkste Wirtschaftsraum, sondern die EU ist es wegen der 28 Länder. Und die bleiben auch der stärkste Wirtschaftsraum ganz ohne die EU.
3.) Bei dem Verfehlen von Klimazielen, der Feinstaubbelastung in Städten, der Nitratverschmutzung des Grundwassers oder dem Abgasskandal ist es doch eine ziemlich gewagte These, dass die EU sich für unsere Umwelt einsetzt.
4.) Die Binnennachfrage ist in Deutschland seit Jahren zu schwach und das Wirtschaftswachstum krankt insbesondere in der Eurozone kräftig. Das sagen zumindest die Zahlen des IWF.
5.) Das stimmt natürlich mit den Freiheiten. Wo können Künstler freier schaffen als in Ungarn oder Journalisten besser als in Polen. Und erst der Minderheitenschutz z.B. der Roma in Rumänien. Ironie angekommen?
6.) Ich bezweifle, dass ein Arbeitsloser, egal ob jugendlich in Südeuropa oder 58-jährig in Deutschland, wirklich den Eindruck hat, die EU unterstützt Menschen vor Ort.
7.) Wenn Muslime z.B. in der Slowakei keinen Flüchtlingsschutz erhalten, wie verträgt sich das mit dem individuellen Recht auf die freie Religionswahl?
8.) Und wie grandios die EU unsere Rechte schützt. Kein europäischer Geheimdienst würde sich je trauen, Bürger gegen Recht und Gesetz auszuschnüffeln. Und fragen Sie mal einen Flüchtling, wie leicht er seinen in der GFK festgelegten Anspruch auf Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen geltend machen kann. Ich hoffe auch diese Ironie ist angekommen.
9.) Die Liberalisierung des Schienenverkehrs oder der Postdienstleistungen hat zu einem steigenden Angebot und einem Kostenrückgang in Ballungszentren geführt, allerdings auch zu einem Angebotsrückgang und Kostenanstieg in den ländlichen Regionen. Hierdurch wurde die Landflucht verstärkt.
10.) Unsere europäische Eine-Frau-Armee Federica Mogherini soll Europa verteidigen? Ich bin dann doch froh, dass das die NATO macht.

Natürlich bin ich auch weiterhin absolut dafür, dass wir in Europa zusammenarbeiten, aber so wie die EU organisiert ist, funktioniert es offensichtlich hinten und vorne nicht. Wir sollten in Europa an einem Strang ziehen, aber wir sollten schon schauen, dass er nicht um unseren eigenen Hals oder um den Hals anderer Menschen liegt, wenn man z.B. an die bisher 3.000 Toten im Jahr 2016 an den Außengrenzen des ach so tollen „stärksten Wirtschaftsraums der Welt“ denkt. Jeder vernünftige Mensch bekommt da doch das Grausen.

Dabei will ich ja gar nicht übermäßig viel. Die EU muss nicht die Arbeitslosigkeit komplett beseitigen, aber sie sollte eben zumindest nicht so schlecht funktionieren, dass die Arbeitslosigkeit noch zusätzlich steigt. Sie muss auch nicht alle Menschen der Welt retten, aber sie muss zumindest die GFK einhalten, z.B. an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Und auch mit Regierungen, die über die Stränge schlagen wollen, kann ich mich abfinden, wenn schlussendlich effektiv gewährleistet ist, dass trotzdem die Grundrechte und die demokratische und rechtsstaatliche Verfasstheit der einzelnen EU-Länder gewahrt bleiben. Aber genau diese Dinge funktionieren absolut nicht und ich kann eben auch nicht erkennen, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird.

Daher meine Frage an Sie vom Europäischen Informationszentrum, die Sie ja sozusagen professionelle Europäer sind: Warum sollte ich diese EU, die nicht funktioniert und die unfähig ist, ihre Konstruktionsfehler zu beseitigen, eigentlich noch wollen? Oder woraus sollte ich Hoffnung schöpfen, dass sich doch noch etwas zum Besseren ändert? Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mir darauf eine Antwort geben könnten.


Ähnliche Artikel:
Nachgefragt: Die EU und die humanitäre Katastrophe an den EU-Außengrenzen (www.mister-ede.de – 06.09.2016)

Die Widersprüche der europäischen Flüchtlingspolitik (www.mister-ede.de – 04.02.2016)

Statistik zur Entwicklung des realen BIP der Euro-Länder 2008-2014 (www.mister-ede.de – 19.04.2015)


[1] „Warum die EU wichtig ist: 10 gute Gründe“ des EIZ-Niedersachsen (Link zur Auflistung auf www.eiz-niedersachsen.de)

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Freiheit ist… https://www.mister-ede.de/kultur/freiheit-ist/3268 https://www.mister-ede.de/kultur/freiheit-ist/3268#comments Tue, 16 Dec 2014 17:35:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3268 Weiterlesen ]]> überbewertet. Freiheit ist das Fehlen von Grenzen – nicht mehr, nicht weniger. Freiheit ist nicht Chance, Freiheit ist nicht Möglichkeit. Freiheit ist nur ein unendlicher Raum für Chancen und Möglichkeiten. Aber Freiheit kann auch ein kalter, leerer Raum sein. Ein Vogel ist frei, doch mit gestutztem Flügel fliegt er nicht. Freiheit ohne Chancen, ohne Möglichkeiten ist nutzlos, ist wertlos.

…Selbsttäuschung. Freie Menschen denken frei, handeln frei, entscheiden frei. Wo beginnt Sozialisierung, wo beginnt Erfahrung, wo beginnen wir zu denken, zu handeln, zu entscheiden? Sklaven unserer eigenen Begrenztheit. Freiheit als Fata Morgana in einer Wüste voller äußerer und innerer Zwänge. Selbsttäuschung statt Selbstbestimmung.

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Europia https://www.mister-ede.de/politik/europia/1992 https://www.mister-ede.de/politik/europia/1992#comments Sun, 05 May 2013 14:00:34 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1992 Weiterlesen ]]> Ich sehe einen Kontinent, auf dem die Menschen gemeinsam an einer friedlichen Zukunft arbeiten. Einen Kontinent auf dem die Menschen frei und selbstbestimmt eine Gesellschaft bilden. Eine Gesellschaft die sich nach außen nicht vom Rest der Welt abgrenzt, sondern gemeinsam mit allen Menschen dieser Welt die Verantwortung für ein friedliches Leben auf der Erde wahrnimmt. Eine Gesellschaft die sich der Verantwortung für Natur und Lebensgrundlagen bewusst ist, damit nicht heutige Verschmutzung und Verschwendung zu künftiger Zerstörung und Mangel führen.

Ich sehe eine Gesellschaft, in der das staatliche Handeln gebunden an die Rechtsstaatlichkeit von den Menschen durch demokratische Entscheidungen gelenkt wird. Eine Gesellschaft, die ein Seil der Regeln zwischen den Grundpfeilern von Selbstbestimmung und Solidarverantwortung spannt und damit individuelle Freiheit und das Wohl der Gemeinschaft verbindet.

Ich sehe eine Gesellschaft, die sich nach innen nicht durch Ausgrenzung und Aufspaltung, sondern durch Zusammenführen und Integration auszeichnet. Eine Gemeinschaft des Miteinanders und des Respekts. Eine Gemeinschaft in der die kulturelle Individualität ein verbindendes Merkmal ist und in der Unterschied und Anderssein nicht ins Abseits sondern in die Mitte führen.

Ich sehe eine Gesellschaft, in der die Menschen nicht nur gleiche Rechte sondern auch vergleichbare Chancen haben, egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe, welche Religion, Nationalität oder Sprache sie haben. Eine Gesellschaft, in der nicht Vermögen und Abstammung für die Möglichkeiten im Leben wichtiger sind als persönliche Qualifikation und Anstrengung. Ein Bildungswesen, das jeden fördert, und ein Gesundheitswesen, von dem keiner ausgeschlossen wird.

Ich sehe eine Gesellschaft, in der nicht Kapital und Märkte, sondern Menschen und Zusammenleben im Mittelpunkt stehen. Eine Gesellschaft in der das individuelle Erfolgsstreben und die wirtschaftliche Konkurrenz so in einen Rahmen eingebunden sind, dass sie dem Gemeinwohl dienen und damit nicht den Grundgedanken des Wirtschaftens ad absurdum führen.

Ich sehe eine Gesellschaft, in der nicht maximaler Konsum, sondern das Schonen von Ressourcen und Umwelt im Vordergrund steht. Eine Strom- und Wärmeerzeugung, für die weder Kohle, Gas, Öl noch Uran benötigt wird, ein Transportwesen, welches ohne Verbrennungsmotoren auskommt, und ein Recyclingsystem, welches die Wiedernutzung vieler Rohstoffe ermöglicht.

Ich sehe eine Gesellschaft, in der das Wissen als Schatz und Forschung als Schatzsuche betrachtet wird und Antrieb der gesellschaftlichen Entwicklung ist. Menschen die nach Erkenntnisgewinn streben, Fragen stellen und Antworten suchen. Eine Gesellschaft, die dabei offen ist für Neues, aber deshalb nicht blind vor möglichen Gefahren wird.

Ich sehe eine Gesellschaft, die geistige Freiheit und körperliche Mobilität durch eine perfekte Infrastruktur unterstützt. Ein Transport- und Kommunikationswesen, das nicht ökonomischem Gewinnstreben dient, sondern einen schnellen und ökologischen Austausch von Gütern und Informationen ermöglicht und das Verbinden von Menschen aller Regionen und Schichten zum Ziel hat.

Ich sehe eine Gesellschaft, die sich aktiv vernetzt und die Möglichkeiten des Internets für das Streben nach Information, Wissen und Erkenntnis nutzt. Ein Kommunikationsnetz, das alle Menschen anbindet und nicht nur in Ballungszentren perfekt ausgebaut ist. Eine Öffentlichkeit, die über die räumlichen Grenzen hinweg zusammenwächst und damit den Dialog ermöglicht. Einen Kontinent, der im Geiste zusammenwächst.

Ich sehe eine Gesellschaft, die sich aktiv verbindet und körperlicher Mobilität für jeden ermöglicht. Eine Gesellschaft, die Reisen als Entdecken versteht und dem Unbekannten mit Neugierde begegnet. Menschen in ländlichen Regionen, die perfekt an Städte angebunden sind und Städte die miteinander perfekt vernetzt sind. Ein Kontinent, der auch physisch zusammenwächst.

Ich sehe einen Kontinent, auf dem die Menschen gemeinsam an einer friedlichen Zukunft arbeiten. Europia.

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Die Freiheit des Unmündigen https://www.mister-ede.de/politik/freiheit-des-unmundigen/1256 https://www.mister-ede.de/politik/freiheit-des-unmundigen/1256#comments Wed, 22 Aug 2012 16:29:41 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1256 Weiterlesen ]]> Mit diesem Aufsatz will ich darlegen, in welch vielfältiger Form Unmündigkeit in unserer Gesellschaft vorkommt und welche Auswirkung dies auf die Umsetzung der Selbstbestimmung als Grundsatz unserer Gesellschaft hat. Wo lassen sich Grenzen für die Umsetzung der Selbstbestimmung aufzeigen? Wo kann man eine Fremdbestimmung sinnvoll vermeiden?

Selbstbestimmung als Grundsatz:

In unserer heutigen Gesellschaft leben wir nach dem Gebot der Selbstbestimmung und freien Entfaltung. In Beziehung zu anderen Menschen soll das Handeln jedes einzelnen nur dann eingeschränkt werden, wenn es die Rechte eines anderen berührt. In Beziehung der Menschen zum Staat soll das Handeln frei von staatlicher Kontrolle sein und eine Einschränkung dieser Freiheit nur nach allgemeinen Gesetzen zulässig sein. Überdies müssen diese Einschränkungen zweckmäßig und geboten sein und der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Die deutschen Gesetze spiegeln dies im Zivilrecht (Beziehung der Menschen untereinander) z.B. durch die Vertragsautonomie wider und im öffentlichen Recht (Beziehung von Menschen zum Staat) z.B. durch den Schutz der freien Entfaltung. So entwickelt sich ein Geflecht aus Rechten, die jeder Mensch wahrnehmen kann, bzw. Pflichten die jedem obliegen.
Betrachtet man das öffentliche Recht dann gelten hier einige Schutzvorschriften schon während der Schwangerschaft, wie z.B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit für das Ungeborene. Das Zivilrecht verwendet den Begriff der „Rechtsfähigkeit“, welche dann mit der Geburt einsetzt. Man sieht hieran schon, dass die Rechtsfähigkeit nicht verlangt, die eigenen Rechte und Pflichten selbst wahrnehmen zu können.
Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, sind z.B. Kinder bis zu einem Alter von 7 Jahren nicht deliktsfähig, also für verursachte Schäden nicht haftbar zu machen. Im Strafrecht tritt die Straffähigkeit noch später, nämlich erst ab dem Alter von 14 Jahren, in Kraft. Die Geschäftsfähigkeit erlangt man sogar erst mit 18 Jahren. Weitere Altersbeschränkungen sind unter anderem im Wahlrecht, bei der Religionsmündigkeit oder bei der Fahrerlaubnis zu finden.

Fremdbestimmte Selbstbestimmung:

Solange ein Mensch nun aber nicht über sich selbst bestimmen kann, muss er in vielen Bereichen des Lebens vertreten werden um seine Rechte wahrzunehmen. Während bei Neugeborenen die Eltern als Erziehungsberechtigte die Vertretung übernehmen, gibt es auch den umgekehrten Fall, dass Kinder für Eltern, die z.B. erkrankt sind, die Vertretung übernehmen. Desweiteren gibt es auch zahlreiche staatliche Stellen, wie z.B. staatlich bestellte Betreuer in Kinder- oder Altersheimen oder in Einrichtungen für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen. Es ist sicherlich keine kleine Gruppe, die in Deutschland lebt und bevormundet ist.

Durch diese Konstellation entsteht dann aber eine ganz neue Problematik für die Selbstbestimmung, welche in der Abhängigkeit des Mündels vom Vormund begründet ist, und zwar in allen Bereichen. Häufig kann z.B. bei Demenzkranken, Betrunken oder Säuglingen gar kein Wille festgestellt werden. Folglich ist hier dann auch keine Selbstbestimmung möglich. Ein vorhandener Wille kann aber auch falsch interpretiert oder nicht erkannt werden, so dass die Selbstbestimmung ebenfalls nicht umgesetzt wird. Ferner muss der Vormund Entscheidungen mit seinem objektiven Blick treffen und damit bisweilen bewusst die Selbstbestimmung verhindern. Beispielhaft kann das die Entscheidung über den Aufenthaltsort sein, wenn ein älterer Mensch eigentlich gerne zu Hause bleiben würde, aber in ein Altersheim umsiedeln muss. Bei Kindern kann dies beispielsweise der ungewünschte, aber notwendige Zahnarztbesuch sein.
Besonders tragisch sind sicherlich auch Situation in denen ein Mensch im Koma liegt, und der Wille bei Entscheidungen um Leben und Tod erahnt werden muss. Hier gibt es dann nicht einmal einen objektiven Anhaltspunkt für diesen Willen bei einer Entscheidung mit immenser Tragweite.

Neben der Problematik der Willensbildung und Willensübermittlung gibt es das Problem, dass der Vormund bei alters- oder krankheitsbedingter Vormundschaft meist fremdbestimmt ist. So kommt ein Vertrauensverhältnis oft schwerer zu Stande, als bei einem selbstbestimmten Vormund oder bei Eltern-Kind Beziehungen. Aber natürlich kann sich auch das Vertrauensverhältnis zwischen Mündel und selbstbestimmten Vormund nachträglich verschlechtern. Anders als beim Streit um das Taschengeld in der Grundschule, können bei alter- und krankheitsbedingter Vormundschaft auch ernsthafte Konflikte im finanziellen Bereich entstehen.

Fremdbestimmte Willensbildung:

Zwar können Kinder sich die Eltern nicht heraussuchen, aber hier spielt die Fremdbestimmung des Vormundes meistens (zumindest bis zur Pubertät) keine so große Rolle. In diesem Fall ergibt sich das Problem aus der Willensbildung an und für sich.
Selbstbestimmung erfordert einen eigenständigen Willen, der sich wiederum aus den Erfahrungen, die ein Mensch in Form von Gefühl und Wahrnehmungen sammelt, ableitet. Es ist offensichtlich, dass ein Kind, das sich in einer gewissen Sozialisierung befindet, auch nur aus dieser heraus Erfahrungen sammeln kann. So wird in aller Regel der Wille der Eltern mit dem des Kindes mehr oder weniger übereinstimmen und sich erst mit zunehmender Erfahrung des Kindes eigenständig entwickeln. So geschieht dies zuerst auch bei Alltagsdingen wie Essen, Schlafenszeiten oder Lieblingsspielsachen, weil hiermit sehr direkte Erfahrungen verbunden sind. Betrachtet man den Sonntagsausflug, dann wird dies einem 2-jährigen Kind noch relativ egal sein. Bei einem 9-jährigen Kind sieht das anders aus, weil das Kind gewisse Erfahrungen damit verbinden kann.
Zusätzlich kommen dann auch Eindrücke aus Kindergarten oder der Schule hinzu, so dass sich ein eigenständiger Wille auch außerhalb der bekannten Sozialisierung entwickelt.

Neben der häufigen Willensidentität zwischen Eltern und Kindern sollte auch auf die leichte Beeinflussung des Willens, gerade in der Kindererziehung, hingewiesen werden. Gerade der Mangel an Erfahrung führt dazu, dass ein Kind noch sehr leicht beeinflussbar ist. Dies spielt in manchen Scheidungsfällen vor Gericht eine Rolle, da hier ebenfalls versucht wird auch den Kindeswillen im Sinne der Selbstbestimmung zu berücksichtigen.

Ab wann nun ein Mensch aber einen wirklich eigenen Willen hat, hängt von den individuellen Umständen ab. Objektiv lässt sich die Frage sowieso nicht beantworten, weil erstens jeder auch nur einen Teilausschnitt an Erfahrung kennt, nämlich die eigenen, und man zweitens noch nicht in die Köpfe anderer Menschen schauen kann.

Schutz der Selbstbestimmung:

Wenn der Schutz bzw. die Förderung der Selbstbestimmung das Ziel ist, so lassen sich verschiedene Möglichkeiten nutzen. Zum Beispiel kann dort, wo jemand schon geschäftsfähig war, mit einer Vorsorgevollmacht für mehr Sicherheit, z.B. bei der Wahl des Vormundes, gesorgt werden. Dieser kann dann frei, z.B. aus dem Kreis der Familie, bestimmt werden.
Ferner gibt es die Möglichkeit, für den Fall einer Krankheit oder Unfalls, den Willen, wie der medizinische Umgang sein soll, mit einer Patientenverfügung festzuhalten. Sowohl die Patientenverfügung, als auch die Vorsorgevollmacht sind formell recht unkompliziert zu erstellen.

Information und Vorlagen des Bundesjustizministerium zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht (www.bmj.de)

Wenn hingegen kein eigener Wille festgestellt werden kann, oder wie bei Säuglingen nicht vorlag, dann wird es schwierig die Selbstbestimmung umzusetzen. Hier stellt sich die Frage, wie hier die Schutzrechte der Selbstbestimmung umgesetzt werden sollen.
Durch die Erhöhung der Freiheiten des Vormundes entsteht in der Regel kein Vorteil für die Selbstbestimmung. Aber auch ein staatlich verordneter Eingriff kann verständlicherweise hier keine Vorteile für die Selbstbestimmung bringen.

Solange sich also kein eigener Wille erkennen lässt, wird die Selbstbestimmung am stärksten geschützt, wenn der Schutzauftrag kollidierend von mehreren konkurrierenden Interessensvertretern wahrgenommen wird. Bei Kindern wird dies durch die elterliche Fürsorge auf der einen Seite und der staatlichen Fürsorge (Jugendschutz) auf der anderen Seite gewährleistet.
Dies ist auch im Grundgesetz explizit in Art. 6 Abs. II so vorgesehen. „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

Hingegen ist gerade bei alters- oder krankheitsbedingter Unmündigkeit oft nur eine einzelne betreuende Institution zuständig. Sind Kinder vorhanden, übernehmen diese oftmals selbst die Aufgabe der Betreuung, sind diese nicht vorhanden bleibt nur der staatliche Betreuer. Hierdurch ergibt sich ein wesentlich stärkeres Problemfeld, nämlich das von Ausführung und Kontrolle in einer Hand.

Im gesamten Problemfeld zwischen Mündel und Vormund sehe ich deshalb die größten Probleme im Gesundheits- und Pflegebereich. Im Bereich der Kinder müssen die individuellen Rechte der Kinder an der Schnittstelle zwischen der elterlichen und staatlichen Fürsorge gefunden werden.
Hierbei muss z.B. in Fragen der Religionszugehörigkeit, der Sozialentwicklung oder des Gesundheitsschutzes eine Abwägung der Schutzansprüche vorgenommen werden. Dürfen Eltern die Kinder hier vor dem staatlichen Eingriff schützen oder müssen die Kinder vor den Eltern beschützt werden? Diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern muss individuell nach objektiven Maßstäben abgewogen werden.
Den Ansatz von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung betrachte ich als richtigen Schritt bei der nicht anfänglichen Unmündigkeit.

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