mister-ede.de » Wahlergebnisse https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Vorläufige konsolidierte Sitzverteilung im Europaparlament 2019-2024 https://www.mister-ede.de/politik/sitzverteilung-europaparlament/8839 https://www.mister-ede.de/politik/sitzverteilung-europaparlament/8839#comments Wed, 29 May 2019 13:30:03 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8839 Weiterlesen ]]>

EVP (Konservative): 166 Sitze (22,1%)
S&D (Sozialdemokraten): 141 Sitze (18,8%)
ALDE&R (Liberale): 99 Sitze (13,2%)
Grüne/EFA: 69 Sitze (9,2%)
Rechtsaußen: 171 Sitze (22,8%)
Linksaußen: 40 Sitze (5,3%)
Fragwürdig: 43 Sitze (5,7%)
Sonstige: 22 Sitze (2,9%)

Erläuterung:

Die Konsolidierung bereinigt Fraktionen und Gruppen um jene Parteien, die zwar formal dieser Fraktion oder Gruppe angehören, politisch allerdings anderswo einzuordnen sind.

Zahlenbasis:

Hochrechnung des Europaparlaments vom 29.5.2019, 11:55 Uhr zur Sitzverteilung (https://europawahlergebnis.eu).

Zusammensetzung der konsolidierten Fraktionen und Gruppen:

EVP:

Die EVP setzt sich aus den Parteien der EVP-Fraktion (179) abzüglich der ungarischen Fidesz von Viktor Orbán (13) zusammen. Diese wird dem Rechtsaußen-Lager zugerechnet.

S&D:

Die S&D setzt sich aus den Parteien der S&D-Fraktion (153) abzüglich der rumänischen PSD (8) und der maltesischen Arbeiterpartei PL (4) zusammen. Beide Parteien sind in diverse Skandale verwickelt und sind als fragwürdig einzustufen.

ALDE&R:

Die ALDE&R setzt sich aus den Parteien der ALDE&R-Fraktion (105) abzüglich der tschechischen ANO2011 (6) zusammen. Auch sie gilt als fragwürdig, weil unter anderem von der EU gegen den Parteivorsitzenden, den aktuellen tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš, wegen Subventionsbetrugs ermittelt wird.

Grüne/EFA:

Keine Konsolidierung erforderlich.

Linksaußen:

Die Linksaußen-Gruppe setzt sich aus den Parteien der Linksfraktion GUE/NGL (38) zuzüglich der radikalkommunistischen KKE (2) aus Griechenland zusammen.

Fragwürdig:

Neben den bereits genannten Parteien ANO2011 (6), PSD (8) und PL (4) gehören hierzu die europakritische italienische Fünfsternebewegung M5S (14), eine christlich-konservative Koalition in den Niederlanden (2), die Neue Flämische Allianz aus Belgien (3), die verbliebenen Torries aus Großbritannien (4) und die Satirepartei von Martin Sonneborn aus Deutschland (2). Bei all diesen Parteien ist zumindest fraglich, ob sie zu einer sinnvollen und ordentlichen Europapolitik etwas beitragen wollen.

Rechtsaußen:

Diese Gruppe setzt sich aus nachfolgenden Parteien zusammen, die vom nationalpopulistischen Spektrum bis hin zu Hardcore-Rechtsradikalen reichen:
Brexit Party von Nigel Farage (Vereinigtes Königreich, 29 Sitze),
Lega Nord von Matteo Salvini (Italien, 28 Sitze),
PIS von Jaroslaw Kaczyński (Polen, 26 Sitze),
Rassemblement National von Marine Le Pen (Frankreich, 22 Sitze),
Fidesz von Viktor Orbán (Ungarn, 13 Sitze),
AfD (Deutschland, 11 Sitze),
Fratelli d’Italia (Italien, 5 Sitze),
Schwedendemokraten (Schweden, 3 Sitze),
Vox (Spanien, 3 Sitze),
FPÖ (Österreich, 3 Sitze),
FvD (Niederlande, 3 Sitze),
Vlaams Belang (Belgien, 3 Sitze),
Für Vaterland und Freiheit (Lettland, 2 Sitze),
Wahre Finnen (Finnland, 2 Sitze),
Freiheit und direkte Demokratie (Tschechien, 2 Sitze),
Sloboda a Solidarita (Slowakei, 2 Sitze),
Kotleba (Slowakei, 2 Sitze),
Bulgarische Nationale Bewegung (Bulgarien, 2 Sitze),
Goldene Morgenröte (Griechenland, 2 Sitze),
DUP (Nordirland, 1 Sitz),
Dänische Volkspartei (Dänemark, 1 Sitz),
Griechische Lösung (Griechenland, 1 Sitz),
Jobbik (Ungarn, 1 Sitz),
Menschliches Schild (Kroatien, 1 Sitz),
Koalition kroatischer Souveränisten (Kroatien, 1 Sitz),
OĽaNO (Tschechien, 1 Sitz),
EKRE (Estland, 1 Sitz)

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Bundestagswahl 2017: Der Sinkflug der etablierten Parteien hält an https://www.mister-ede.de/politik/sinkflug-etablierter-parteien/8536 https://www.mister-ede.de/politik/sinkflug-etablierter-parteien/8536#comments Sun, 01 Oct 2017 17:21:59 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8536 Weiterlesen ]]> Bei der Bundestagswahl am vergangen Sonntag gaben 46,97 Millionen der 61,68 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das bedeutet ein Plus von 2,66 Millionen Wähler im Vergleich zur letzten Bundestagswahl bzw. einen Anstieg der Wahlbeteiligung von 71,5% auf 76,2%. Doch trotz der höheren Wahlbeteiligung ging auch bei dieser Wahl die Zahl derjenigen Wähler zurück, die ihr Kreuz bei den etablierten Parteien, also CDU, CSU, SPD, FDP, Linke (früher PDS) und Grünen, gemacht haben.
Damit setzt sich der seit der Bundestagswahl 2009 bestehende Abwärtstrend weiter fort. Während die sechs etablierten Parteien zwischen 1990 und 2005 immer auf 73% – 76% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten kamen, sank dieser Wert bei der Bundestagswahl 2009 abrupt auf 65,6%. Vier Jahre später, bei der Bundestagswahl 2013, erreichten die etablierten Parteien zusammen dann nur noch 62,9% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten und dieses Mal lag der Wert mit 62,1% sogar noch einmal niedriger.

Besonders hart trifft der Wählerschwund die einst großen Volksparteien Union und SPD. Im Verhältnis zur Zahl der Wahlberechtigte kommen CDU und CSU zusammen auf nur noch 24,8% der Stimmen und die SPD sogar nur noch auf 15,5%. Während in den 90ern und zu Beginn der 2000er-Jahre regelmäßig sechs von zehn Wahlberechtigten ihre Stimme für eine der beiden Volksparteien abgaben, waren es somit bei der aktuellen Bundestagswahl nur noch vier von zehn Wahlberechtigten.
Gerade in Bezug auf die SPD bedeutet das, dass der Zusatz Volkspartei im Moment problemlos gestrichen werden kann. Nur noch jeden siebten Wahlberechtigten konnten die Sozialdemokraten dazu bewegen, zur Bundestagswahl zu gehen und auf dem Wahlzettel die SPD anzukreuzen. Zum Vergleich: Von 1990 bis 2005 konnte die SPD stets jeden dritten bis vierten Wahlberechtigten von einer Stimmabgabe für die SPD überzeugen und mit Willy Brandt zogen die Sozialdemokraten einst sogar fast die Hälfte aller Wahlberechtigten an die Wahlurne.

Für die Demokratie in Deutschland ist die Entwicklung der Volksparteien allerdings das nachrangige Problem. Wesentlich gefährlicher ist, dass es den etablierten und auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden Parteien nur noch knapp gelingt, über die absolute Mehrheit der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten zu kommen. Denn bleiben Wähler von der Wahlurne fern oder wählen Kleinparteien, die nicht in den Bundestag einziehen, stärkt das die rechten und demokratiefeindlichen Kräfte im Lande. Diese können dann mit deutlich weniger Stimmen in den Bundestag einziehen und erhalten dort auch noch wesentlich mehr Sitze. Das wiederum hat zur Folge, dass die etablierten Parteien zur Bildung von Koalitionen gezwungen sind, die sie eigentlich ablehnen oder die der programmatischen Ausrichtung der einzelnen Parteien zuwiderlaufen. So müssen nach der jetzigen Bundestagswahl CDU, CSU, FDP und Grüne zueinander finden oder es bliebe nur eine erneute Große Koalition möglich, die sowohl von der Union als auch von der SPD abgelehnt wird. Solche Koalitionen führen jedoch meist zu einem weiteren Verdruss der Wähler, weil sich die beteiligten Parteien entweder weit von ihren jeweiligen Wahlversprechen entfernen müssen, um zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen, oder sich gegenseitig blockieren und damit das Regierungshandeln zum erlahmen bringen. Bleiben dadurch aber Probleme ungelöst oder findet nur eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners statt, droht am Ende ein Teufelskreis, der die demokratischen Kräfte weiter schrumpfen lässt und den Feinden der Demokratie Tür und Tor öffnet. Österreich mit der immer stärker werdenden FPÖ sollte uns ein warnendes Beispiel sein.


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BTW 2017: Künftig 709 Abgeordnete im Bundestag – 400 Mio. Euro Mehrkosten durch verschleppte Wahlrechtsreform https://www.mister-ede.de/politik/btw2017-709-abgeordnete/8530 https://www.mister-ede.de/politik/btw2017-709-abgeordnete/8530#comments Mon, 25 Sep 2017 19:07:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8530 Weiterlesen ]]> Die Probleme des aktuellen Bundestagswahlrechts waren schon vor der Wahl 2013 bekannt. Durch föderale Ungleichgewichte und Überhangmandate kann der Bundestag theoretisch um ein Vielfaches anwachsen. Haben 2013 noch föderale Ungleichgewichte für ein Wachstum des Bundestages über seine vorgesehen Größe von 598 Sitzen hinaus auf 631 Sitze gesorgt, so waren es diesmal die klassischen Überhangmandate. In Bayern errang die CSU alle 46 Direktmandate, bekam aber mit 2,87 Mio. Zweitstimmen im bundesweiten Vergleich nur 6,17% der Stimmen und einen Anspruch auf lediglich 39 von 598 Sitzen. Schon dieser Überhang hätte den Bundestag inklusive Ausgleichsmandaten auf 700 Abgeordnete wachsen lassen. Noch mehr Überhangmandate (36 Stück) entfielen allerdings auf die CDU, die insgesamt 200 Sitze durch ihre Landesergebnisse garantiert bekam. Bundesweit hatte die CDU mit 26,76% der Zweitstimmen jedoch nur Anspruch auf 168 Sitze. Um diese Differenz auszugleichen, musste die Zahl der Sitze im Bundestag um 111 erhöht werden, bis der CDU ihre garantierten 200 Sitze zustanden und gleichzeitig der Zweitstimmenproporz zwischen den Parteien eingehalten wurde.

Insgesamt werden im kommenden Bundestag nunmehr 709 Abgeordnete ihren Dienst verrichten. Kalkuliert man die Kosten für die Bundestagsabgeordneten, ihre direkten Mitarbeiter, die Kostenerstattungen für Fraktionen, den Mehraufwand in der Bundestagsverwaltung, die Fahrbereitschaft und alles was sonst dazugehört mit rund 1.000.000 Euro je Abgeordnetem pro Jahr, so verursacht der Aufwuchs des Bundestages um 111 Abgeordnete in der nächsten Legislaturperiode Mehrkosten von 444 Mio. Euro.
Geld, das man sich hätte sparen können, wenn man schon vor der Bundestagswahl 2013 auf Experten gehört hätte. Aber auch nach der Wahl 2013 hatten die im Bundestag vertretenen Parteien genügend Zeit, um am Wahlsystem etwas zu ändern. Der aus dem Amt gehende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ermahnte die Abgeordneten mehrfach zu einer Wahlrechtsreform genau wegen dieser Gefahr eines anwachsenden Bundestages. Am Tag nach der Wahl müssen wir nun aber erst mal ernüchtert feststellen, dass uns die teure Schlafmützigkeit des vergangenen groß-koalitionären Parlamentes über 400 Mio Euro kosten wird.

Dabei könnte eine Lösung verhältnismäßig einfach aussehen. Eine Reduktion der Wahlkreise von 299 auf 250 hätte bei dieser Wahl ausgereicht, um die Abweichung von der Normalgröße des Bundestages deutlich zu verringern. Unproblematisch wäre es außerdem, künftig mit einer verminderten Sitzzahl bei der ersten Verteilung zu rechnen, also z.B. nur noch 400 der 598 Bundestagssitze zunächst fest auf Bundesländer und von dort auf die Landeslisten zu verteilen. Das Risiko eines ungewollten Anwachsens gibt es dann zwar immer noch, aber es ist schon wesentlich verringert. Zudem dürfte diese Regelung verfassungskonform sein, denn Gleichheitsprinzip und Schutz der Bundesländer werden gewahrt und die Bundestagswahl bleibt die gewohnte und lang erprobte personalisierte Verhältniswahl.


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Die Rache der GroKo: SPD steht nach NRW-Wahl vor einem Scherbenhaufen https://www.mister-ede.de/politik/die-rache-der-groko/8418 https://www.mister-ede.de/politik/die-rache-der-groko/8418#comments Sun, 14 May 2017 16:02:31 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8418 Weiterlesen ]]> Als die SPD-Führung um Sigmar Gabriel im Herbst 2013 für die Regierungskoalition mit der Union warb, versprach sie den Mitgliedern: „Diesmal wird alles anders, denn der Koalitionsvertrag trägt die klare Handschrift der SPD.“ Rund drei Viertel der Genossinnen und Genossen vertrauten diesen Worten und stimmten beim anschließenden Mitgliederentscheid für die Große Koalition. Einstein hätte dazu wohl gesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“
Anstatt die ungeliebte Rolle als Juniorpartner an der Seite der Merkel-Union den Grünen zu überlassen und mit der SPD auf der Bundesebene eine starke Opposition zu bilden oder gar mit der rot-rot-grünen Mehrheit im Bundestag eine SPD-geführte Regierung zu installieren, ging die Sozialdemokratie erneut jenen Weg, den sie auch nach der Bundestagswahl 2005 mit wenig Erfolg beschritten hatte.

Und so kam es, wie es kommen musste. Nach einem kurzen Hype rund um den Mitgliederentscheid sackte die SPD in der Wählergunst ab und wie bereits in der Regierungszeit von 2005 bis 2009 ging die SPD bei den anschließenden Landtagswahlen auf Talfahrt. Zwar konnten die Sozialdemokraten im Herbst 2014 in Sachsen noch 2,0% zulegen, allerdings nur von einer äußerst niedrigen Ausgangsbasis von 10,4%. Bereits zwei Wochen später verlor die SPD dann 1,1% der Wählerstimmen in Brandenburg und musste in Thüringen sogar ein Minus von 6,1% hinnehmen, was in beiden Bundesländern zu den historisch schlechtesten SPD-Ergebnissen führte. Auch 2015 setzte sich dieser Trend bei der Hamburger Bürgerschaftswahl mit -2,8% und dem Verlust der absoluten Mehrheit in der Hansestadt fort, bevor die Sozialdemokraten nach einem Minus von 5,8% ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg in Bremen einfuhren.
Einzige Ausnahme in dieser Reihe ist die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Frühjahr 2016. Doch auch dort gelang es der SPD, trotz einer herausragenden Ministerpräsidentin Malu Dreyer, lediglich, das Ergebnis der letzten Wahl zu halten (+0,5%). Allerdings mussten die Sozialdemokraten am gleichen Tag bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg (-10,4%) und Sachsen-Anhalt (-10,9%) herbe Niederlagen und in diesen beiden Bundesländern ebenfalls die schlechtesten SPD-Ergebnisse in der Geschichte einstecken. Im Herbst 2016 folgten dann weitere schwere Schlappen für die Sozialdemokraten mit -5,0% in Mecklenburg-Vorpommern und -6,7% in Berlin, was auch in der Hauptstadt das schlechteste SPD-Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik bedeutete.

Anfang 2017 schmiss dann Sigmar Gabriel, der drei Jahre zuvor die Große Koalition eingefädelt und den Mitgliedern als kommende Erfolgsgeschichte verkauft hatte, seinen Parteivorsitz hin und hievte stattdessen Martin Schulz in das höchste Parteiamt. Doch auch Schulz konnte bislang keine Ideen und Vorstellungen präsentieren, durch die es der SPD gelungen wäre, ihr Image als Juniorpartner der Merkel-Union abzustreifen. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es auch bei den nachfolgenden Landtagswahlen im Saarland (-1,0%) und in Schleswig-Holstein (-3,2%) zu weiteren Verlusten für die Sozialdemokraten kam.
Unvermindert setzte sich dieser Trend nun bei der heutigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mit einem deutlichen Minus von über 8% fort. Sollte das Endergebnis unter 32% bleiben, bedeutet das auch für NRW das schlechteste SPD-Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg. Dreieinhalb Jahre nachdem sich die SPD in die Große-Koalition begab, steht sie damit heute vor den Scherbenhaufen dieser strategischen Fehlentscheidung. Wie der so geschwächten SPD, die auf der Bundesebene weiterhin in ihrer Rolle als Koalitionspartner der Union feststeckt, bis zur Bundestagswahl im Herbst ein Neuanfangen gelingen soll, bleibt fraglich. Klar ist allerdings, ein „Weiter so“ ohne klare Haltung und konkrete Inhalte werden nicht reichen, um die Partei aus jenem GroKo-Grab zu ziehen, dass sie sich in den vergangen Jahren selbst geschaufelt hat.


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Frank-Walter Steinmeier (SPD) zum nächsten Bundespräsidenten gewählt https://www.mister-ede.de/politik/steinmeier-bundespraesidenten/8086 https://www.mister-ede.de/politik/steinmeier-bundespraesidenten/8086#comments Sun, 12 Feb 2017 13:37:54 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8086 Weiterlesen ]]> Frank-Walter Steinmeier (SPD) wurde in der heutigen Bundesversammlung zum kommenden Bundespräsidenten und damit zum neuen Staatsoberhaupt Deutschlands gewählt. Mit 931 Stimmen (73,89%) konnte sich Steinmeier schon im ersten Wahlgang gegen die anderen Kandidaten durchsetzen.

Zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik stellt damit die SPD den Bundespräsidenten. Der bisherige Außenminister Steinmeier, der auf Vorschlag des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel von der großen Koalition ins Rennen geschickt wurde, wird nun am 19. März die Amtsgeschäfte vom aktuellen Bundespräsidenten Joachim Gauck übernehmen und ins Schloss Bellevue einziehen. Seine reguläre Amtszeit endet dann nach fünf Jahren am 18. März 2022, sofern er in der nächsten Bundesversammlung nicht für eine zweite Amtszeit gewählt wird.


Wahlarchiv: Die Bundesversammlungen seit 1949 (www.mister-ede.de)

Wahlarchiv: Die deutschen Bundespräsidenten seit 1949 (www.mister-ede.de)


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Landtagswahl 2016 in MV: Etablierte Parteien weiter im Sinkflug https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-in-mv/5355 https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-in-mv/5355#comments Sat, 10 Sep 2016 08:27:12 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5355 Weiterlesen ]]> Bei der Wahl am vergangenen Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern hat sich der Abwärtstrend der etablierten Parteien, zu denen hier SPD, Union, Linke bzw. PDS, Grüne und FDP gezählt werden, fortgesetzt. Stimmten bei der Landtagswahl 2002 noch 67,6% der Wahlberechtigten in Mecklenburg-Vorpommern für etablierte Parteien, lag dieser Wert bei der Wahl 2006 nur noch bei 52,5% und 2011 bei 45,5%. Auch bei der aktuellen Landtagswahl 2016 ging es weiter bergab, so dass heuer nur noch 43,5% der Wahlberechtigten in Mecklenburg-Vorpommern für etablierte Parteien stimmten.

Deutlich wird damit, dass der Abwärtstrend der etablierten Parteien unabhängig von der AfD ist, die erst bei der letzten Landtagswahl antrat, und auch losgelöst von der Flüchtlingspolitik des vergangenen Jahres sein muss. Nachdem sich darüber hinaus ähnliche Ergebnisse für alle Bundesländer und auch für bundesweite Wahlen feststellen lassen, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Trend auf ein Versagen der politisch Verantwortlichen in Deutschland zurückzuführen ist. Möglicherweise wird eine schlechte Politik gemacht oder es sind Ideenlosigkeit, das Fehlen von Visionärem, der Mangel an Überzeugungsarbeit oder die Verweigerung des Dialogs mit Bürgern, die zu dieser wachsenden Entfremdung von Wählern und Gewählten führen. Man denke z.B. an die ungehörten Massenproteste im Zuge der Agenda-Reform. Vielleicht tragen aber auch Hochnäsigkeit, Selbstherrlichkeit oder die Unfähigkeit zu Selbstkritik zu diesem Vertrauensverlust bei.
Mit Gewissheit kann aber eben ausgeschlossen werden, dass die AfD für den Absturz der etablierten Parteien von 67,6% im Jahr 2002 auf 45,5% bei der Wahl 2011 verantwortlich ist. Wer einem das dennoch weismachen will, ist also entweder uninformiert oder auf der Suche nach einer Ausrede.

Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen in MV:
2002: 70,5%
2006: 59,1%
2011: 51,5%
2016: 61,6%

Stimmen für etablierte Parteien (Union, SPD, Linke/PDS, Grüne, FDP) in MV im Verhältnis zu Wahlberechtigten:
2002: 67,6%
2006: 52,5%
2011: 45,5%
2016: 43,5%


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Landtagswahlen 2016: Wahlanalyse zur FDP, AfD und Linken https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-analyse/4878 https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-analyse/4878#comments Tue, 15 Mar 2016 18:34:14 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4878 Weiterlesen ]]> FDP:

In Sachsen-Anhalt nicht dabei, für Schwarz-Grün-Gelb in Rheinland-Pfalz reicht es nicht und für Schwarz-Grün in Baden-Württemberg braucht es keine FDP. So bleibt nur eine Zusammenarbeit mit der SPD, z.B. bei einer Ampel-Koalition in BW, oder die Oppositionsrolle samt der Feststellung, dass die FDP auch weiterhin weniger Regierungsverantwortung zu tragen hat als die Linke.
Hinzu kommt für die FDP das Problem, dass bei einer Zusammenarbeit mit der SPD vermutlich ein Teil der Wählerschaft abwandern würde, während Grün-Schwarz in BW und Rot-Schwarz in RP deutlich machen würden, wie verzichtbar die FDP bleibt. Überdies ist die Opposition zurzeit vorwiegend von rechts (AfD) und zum Teil von links (Linke) bestimmt und die liberale Lücke haben die Grünen mittlerweile gut besetzt. Wer mag sich denn Brüderle als Frauenrechtler oder Dirk Niebel als Menschenrechtsaktivisten vorstellen? Und auch beim Thema Datenschutz haben die Grünen, z.B. mit Jan Philipp Albrecht, der FDP inzwischen den Rang abgelaufen. Wie also die FDP in dieser Parteienlandschaft künftig positionieren?

AfD:

Mit der FDP teilt die AfD, dass sie zwar in einigen Landesparlamenten vertreten, gleichzeitig aber weit entfernt von etwaigen Regierungsämtern ist. Allerdings muss festgestellt werden, dass die AfD bei gleichbleibendem Stimmungsbild wohl mühelos ein zweistelliges Ergebnis bei einer kommenden Bundestagswahl erreichen würde. So hat sie mittlerweile eben nicht nur ein paar ostdeutsche Landesparlamente erobert, sondern auch Sitze im Europaparlament gewonnen, den Einzug in die Bürgerschaften zweier Stadtstaaten und nun auch den Einzug in die Parlamente zweier westdeutscher Flächenländer geschafft.
Obwohl sich die AfD erwartungsgemäß im Frühjahr 2015 zerlegt hatte und trotz der damals schon steigenden Flüchtlingszahlen nur eine Randerscheinung darstellte, konnte sie seit dem Sommer wieder massiv an Zulauf gewinnen. Hierfür mitverantwortlich dürfte das tatsächlich vorhandene Chaos in der Flüchtlingspolitik sein, aber vermutlich auch eine schlechte Kommunikation der Bundesregierung, z.B. des Innenministers, und der öffentliche Zank zwischen CDU und CSU. Entsprechend gehe ich aber davon aus, dass die Zustimmung zur Flüchtlingspolitik wieder zurückgewonnen werden kann, sofern sich Erfolge einstellen, z.B. durch eine gelingende Integration oder die Rückkehr zu geordneten Abläufen. Gleichwohl befürchte ich, dass das AfD-Ergebnis daneben auch durch weitere Themen getragen wird, z.B. der Ablehnung von „denen da oben“, also der „Mainstream-Presse“ und den „Einheitsparteien“, oder Intoleranz gegenüber Muslimen oder Homosexuellen. Diese Wahlmotivation könnte somit auch nach einer Bewältigung der Flüchtlingskrise erhalten bleiben.

Linke:

Die Linke muss erneut feststellen, dass sie außerhalb großer Städte, dem Saarland und Ostdeutschland nur selten den Einzug in die Parlamente schafft. Dennoch ist die Linke weiterhin dabei, sich als gesamtdeutsche Kraft mit einem Wählerpotential von geschätzt 7% – 12% im Bundesdurchschnitt zu etablieren. Ähnlich wie die FDP hat sie jedoch das Problem einer eingeschränkten Partnerauswahl bei der Koalitionsbildung, was bei einem Nichteinzug der Grünen in Sachsen-Anhalt zu ernsthaften Problemen geführt hätte. Eine Regierungskoalition ohne die AfD wäre dort dann nämlich nur noch unter Beteiligung von CDU und der Linken möglich gewesen.
Erschrecken muss die Linke daher nicht nur das eigene Abschneiden in Sachsen-Anhalt, sondern auch, dass SPD und Grüne zurzeit deutlich Wähler verlieren (zusammen -4% in BW, -10% in RP, und -13% in ST) und damit Regierungsbeteiligungen, anders als nach der Wahl in Thüringen erhofft, wieder in weite Ferne rücken. Hinzu kommt, dass die Linke jene von der Politik enttäuschten Bürger, die sie vor 3 oder 4 Jahren noch an sich binden konnte, zurzeit an die AfD verliert, die aus Sicht dieser Wähler ein besseres Angebot zur Protestwahl ist.

Eine Wahlanalyse zum Ergebnis von CDU, SPD und Grünen gibt es als Satire in Versform hier: Analyse der Landtagwahlergebnisse vom 13. März 2016 (www.mister-ede.de – 13.03.2016)

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https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-analyse/4878/feed 2
Analyse der Landtagswahlergebnisse vom 13. März 2016 https://www.mister-ede.de/politik/analyse-ltw-ergebnisse-2016/4873 https://www.mister-ede.de/politik/analyse-ltw-ergebnisse-2016/4873#comments Sun, 13 Mar 2016 16:06:46 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4873 Weiterlesen ]]> CDU:

Unschön vor den Landtagswahlen,
waren hohe Flüchtlingszahlen.

Man glaubte einfach nicht daran,
dass Merkel da was ändern kann.

So suchten voller Ignoranz
die Kandidaten die Distanz.

Merkel allerdings war schneller
und der Himmel wurde heller.

Unschön bei den Landtagswahlen,
die nicht so hohen Flüchtlingszahlen.

SPD:

Zur SPD gibt’s nur zu sagen,
man kann sie bald zu Grabe tragen.

Die Grünen:

Es grünt so grün, wenn schwarze Blüten blühen.

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https://www.mister-ede.de/politik/analyse-ltw-ergebnisse-2016/4873/feed 0
linked: Überblick und Einblick in die Fraktionen des Europaparlaments 2014 https://www.mister-ede.de/politik/fraktionen-des-ep-2014/2746 https://www.mister-ede.de/politik/fraktionen-des-ep-2014/2746#comments Sat, 12 Jul 2014 09:12:19 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2746 Weiterlesen ]]> Eine sehr gute Übersicht über die künftige Fraktionseinteilung im Europäischen Parlament liefert „Der (europäische) Föderalist“. In drei Artikeln werden die Fraktionen der großen Volksparteien (EVP und S&D) sowie die kleineren Fraktionen der Liberalen (ALDE), Grünen und Linken (GUE/NGL) als auch die Fraktionen des rechten Spektrums (EKR und EFDD) ausführlich beschrieben. Ebenso geht der Artikel auf die fraktionslosen Abgebordneten der ehemaligen EAF-Fraktion und anderer Parteien ein.

Der Autor Manuel Müller stellt dabei zum einen das Abschneiden der einzelnen Fraktionen und zum anderen die Veränderung der Fraktionen durch Neueintritte und Übertritte von Parteien oder Abgeordneten nach der Wahl dar. Neben der Zusammensetzung der künftigen Fraktionen geht Müller dabei auch auf die Ausrichtung einzelner Parteien innerhalb der Fraktionen ein, erläutert deren Unterschiede und zeigt Gemeinsamkeiten.
Insgesamt bieten die drei Artikel damit einen sehr guten Überblick über und Einblick in die einzelnen Fraktionen des künftigen Europaparlaments.

Artikel vom 01.07.2014 von Manuel Müller auf foederalist.blogspot.de – Die Fraktionen im neuen Europäischen Parlament (1): EVP und S&D

Artikel vom 04.07.2014 von Manuel Müller auf foederalist.blogspot.de – Die Fraktionen im neuen Europäischen Parlament (2): ALDE, Grüne/EFA und GUE/NGL

Artikel vom 10.07.2014 von Manuel Müller auf foederalist.blogspot.de – Die Fraktionen im neuen Europäischen Parlament (3): ECR, EFDD und Fraktionslose

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Nach der Europawahl: EU im Zangengriff der Kritiker und Gegner https://www.mister-ede.de/politik/eu-im-zangengriff-der-gegner/2666 https://www.mister-ede.de/politik/eu-im-zangengriff-der-gegner/2666#comments Wed, 25 Jun 2014 08:49:55 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2666 Weiterlesen ]]> Die aktuelle Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes erinnert ein wenig an den Reichstag der Weimarer Republik zum Ende der 20er Jahre. Ökonomische Probleme und soziale Spannungen führten damals zu einer breiten Ablehnung der noch jungen Demokratie und zu Wahlerfolgen jener Parteien, die sich gegen die Republik aussprachen. Ähnlich wie damals die Verteidiger der Weimarer Republik im Reichstag zwischen den linken und rechten Lagern der Demokratiefeinde eingeengt wurden, werden auch heute die etablierten Parteien im Europaparlament durch die EU-Gegner von links- und rechts-außen in die Zange genommen. Erneut sitzen mit beachtlicher Stärke genau jene im Parlament, die es am liebsten abschaffen wollen.
Zwar ist die Ausgangslage eine andere, da die EU im Gegensatz zur Weimarer Republik zum einen kein Nationalstaat ist und zum anderen eine weitaus höhere Akzeptanz in der Bevölkerung hatte und noch immer hat, allerdings droht nun der EU, dass sie nach dem gleichen Muster von innenheraus bekämpft wird wie damals die Weimarer Republik.

Auf insgesamt 154 von 751 Sitzen kommen die verschiedenen konservativen EU-Kritiker und Gegner, von Cameron und der AfD über UKIP und Orbán bis zu Geert Wilders, FPÖ und Le Pen. Dazu kommen die linken EU-Kritiker, von der griechischen KKE oder Syriza bis zur deutschen Linken, mit weiteren 55 Sitzen. Im Europaparlament sind damit 209 EU-Kritiker und Gegner vertreten, was einem Sitzanteil von 27,8% entspricht.

27,8% gegen die europäische Idee (www.mister-ede.de – 19.06.2014)

Im Vergleich dazu kommen die übrigen Fraktionen von der europäischen Volkspartei (203 Sitze) über Sozialdemokraten (191 Sitze) und Liberale (65 Sitze) bis zu den Grünen (54 Sitze) nur auf 513 Sitze, also auf gerade einmal 68,3%.Damit werden es diese Fraktionen künftig äußerst schwer haben, überhaupt eine Politik zu gestalten, die von genügend Abgeordneten mitgetragen wird.

Europawahlergebnis 2014: Sitzverteilung und Fraktionen (www.mister-ede.de – 14.06.2014)

Erschwerte Kompromissfindung:

Konnten die vier Parteienfamilien (ohne Fidesz-Partei) 2009 bei 596 von 766 Sitzen auch einen Kompromiss ausarbeiten, dem bis zu 212 Abgeordnete aus diesen vier Parteienfamilien nicht zustimmten, dürfen jetzt nur noch 137 Abgeordnete fehlen, um die absolute Mehrheit von 376 Stimmen auch gegen die im Parlament vertretenen EU-Kritiker zu erreichen. Während die Abgeordneten dieser Fraktionen bislang vor allem die Wahl hatten, entweder selbst am Kompromiss mitzuarbeiten oder zuzusehen wie die übrigen Abgeordneten ohne sie einen Kompromiss ausarbeiten, können die Abgeordneten nun ihre Zustimmung von wesentlich mehr Forderungen abhängig machen.
Besonders deutlich wird dies bei den beiden großen Parteienfamilien EVP und Sozialdemokraten, die zusammen nur noch auf 394 Sitze kommen. Bei einem gemeinsamen Vorhaben müssen nun entweder die Abgeordneten dieser Parteien aus allen Ländern zustimmen, wodurch der Einfluss der einzelnen Delegationen z.B. aus Deutschland oder Frankreich erheblich steigt, oder weitere Parteienfamilien, die im Gegenzug für die Zustimmung dann ebenso eigene Punkte in einen Kompromiss einbringen wollen, müssen mit ins Boot genommen werden. Umso mehr Gruppen aber an einer Kompromisssuche beteiligt sind und je größer der Druck ist, den die einzelne Gruppe ausüben kann, desto schwerer wird am Ende die Kompromissfindung, was dann häufig zu einer Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner führt.

Neben dem erhöhten Drohpotenzial der einzelnen pro-europäischen Abgeordneten und Gruppen, kommt erschwerend bei der Kompromissfindung hinzu, dass auch abgesehen von grundlegenden Strukturreformen, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Europaparlaments fallen, substanzielle Entscheidungen, z.B. bei der Finanzmarktregulierung, anstehen. Bislang hat die parteiübergreifende Zusammenarbeit mit wechselnden Mehrheiten im Europaparlament zwar gut funktioniert, allerdings hing dies im Wesentlichen damit zusammen, dass das Parlament bisher eben gerade keine Regierung mit einheitlicher Regierungspolitik tragen musste.
Auch wenn es sicherlich weiterhin möglich sein wird, im Europäischen Parlament in wechselnden Konstellationen einzelne Gesetzte zu verabschieden oder kleinere Vorhaben umzusetzen, dürften gerade bei so weitreichenden Entscheidungen wie bei der Bankenaufsicht, die teilweise tiefen ideologischen Gräben zwischen Liberalen, Grünen, Sozialdemokraten und Volkspartei als weiteres Hindernis bei der Kompromisssuche hinzu kommen. Zumal daneben auch die politischen Spektren innerhalb der europäischen Parteienfamilien, z.B. der EVP, wesentlich breiter sind als bei den Parteien der jeweiligen Länder, z.B. der CDU.

Der Einigungsdruck wird zwar bei jeder Verschärfung der Krise steigen, aber auch wenn ich es nicht für ausgeschlossen halte, habe ich zumindest erhebliche Zweifel, dass es in den kommenden vier Jahren gelingen wird, bei diesem äußerst breiten politischen Spektrum in wichtigen politischen Fragen Kompromisse zu finden, die von fast allen mitgetragen werden und dann auch noch eine Wirkung haben.
Neben dieser erschwerten Kompromissfindung droht aber auch an anderer Stelle durch die neue Zusammensetzung des Europaparlaments Ungemach, denn dort, wo sich die EU-Befürworter zu einer gemeinsamen Linie durchringen, liefern sie womöglich die Steilvorlage für die Populisten gleich mit.

Außenwirkung Einheitspartei:

Es wird schwer den Bürgern zu vermitteln, welche unterschiedlichen Auffassungen, Positionen und Interessen im Europaparlament aufeinandertreffen, wenn am Ende immer wieder der Konsens aller pro-europäischen Kräfte stehen muss, damit im Europaparlament überhaupt eine Mehrheit gegen die EU-Kritiker zustande kommt. Obwohl ein erheblicher Aufwand erforderlich sein wird, um die verschiedenen Positionen der EU-Befürworter unter einen Hut zu bekommen, dürfte in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die Auseinandersetzung auf dem Weg zum Kompromiss, sondern der am Ende stehende Konsens die wesentliche Rolle spielen.
An diesem Angriffspunkt werden dann auch wieder die Populisten ansetzen und versuchen diesen Eindruck für sich zu nutzen. So sind auch jene Stimmen der EU-Gegner nicht verwunderlich, die schon direkt am Wahlabend davon sprachen, dass sich nun die „Einheitspartei“ auf einen Kommissionspräsidenten einigen wird.
Daneben besteht für die EU-Befürworter im Parlament die Gefahr, über die schwierige Kompromisssuche den Dialog mit der Bevölkerung zu vernachlässigen. Gerade bei so einem wenig beachteten Thema wie der Europapolitik könnte dadurch aber die Deutungshoheit über die Europapolitik an die EU-Gegner verloren gehen.

Gefahr bei nationalen Wahlen:

Trotz der Folgen des Europawahlergebnisses für das Europäische Parlament sehe ich weiterhin die größte Bedrohung für die Europäische Idee in der Entwicklung in einzelnen Mitgliedsstaaten. Der legitime Wunsch in Teilen der britischen Bevölkerung, aus der EU auszutreten, sollte genauso beunruhigen wie die Entwicklung Ungarns, das sich z.B. bei der Pressefreiheit immer weiter vom europäischen Wertekanon entfernt.
Vor allem hat die Wahl aber gezeigt, dass besonders in den diversen Krisenstaaten inklusive Frankreich weiterhin die akute Gefahr besteht, dass auch bei nationalen Wahlen die Parteien am linken und rechten Rand eine beachtliche Stärke erreichen könnten. Und auch für eine noch so pro-europäische Regierung gilt in einer Demokratie am Ende, dass sie eben nicht davor sicher ist, bei der nächsten Wahl durch eine anti-europäischen Regierung ersetzt zu werden.
Sollte es aber tatsächlich soweit kommen, dass z.B. Großbritannien durch ein Referendum die EU verlässt oder Griechenland vielleicht in Folge eines Euro-Austrittes auch gleich die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beendet, dann könnte dies auch eine fatale Signalwirkung für die übrigen EU-Mitgliedsländer haben und überdies die EU-Gegner auf ihrem Weg bestärken. Daneben würde dies auch der weltweiten Reputation der EU einen schweren Schlag versetzen und man müsste sich in einem solchen Fall fragen, was für eine Existenzberechtigung ein Integrationsprojekt ohne integrative Wirkung überhaupt noch hat.

Fazit:

Die größte Bedrohung für das Weiterbestehen der EU geht weiterhin von einzelnen Mitgliedsstaaten und nicht vom Europäischen Parlament aus, was aber im Wesentlichen daran liegt, dass das Europaparlament eben nur beschränkte Einflussmöglichkeiten hat.
In einigen Mitgliedsstaaten besteht die akute Gefahr, dass sich die Bevölkerungen von der europäischen Idee verabschieden und durch ein Referendum oder durch die Wahl einer Regierung von EU-Gegnern einen Austritt umsetzen.
Die erschwerte Kompromissfindung nach der Europawahl 2014, eine gelähmte Politik sowie eine mögliche negative Außenwirkung als „Einheitspartei“ könnten dabei die Ablehnung der EU zusätzlich verstärken.
Die große Gefahr für die europäische Idee ist daher nicht, dass linke und rechte EU-Kritiker und Gegner, die außer in der Ablehnung der EU sowieso nirgends einig sind, im Europäischen Parlament die Auflösung der EU beschließen, sondern dass durch eine Lähmung der europäischen Politik in den nächsten vier Jahren, die wesentlichen Probleme ungelöst bleiben und damit die Ablehnung der EU weiter steigt.

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