Bundestagswahl 2017: Der Sinkflug der etablierten Parteien hält an
Bei der Bundestagswahl am vergangen Sonntag gaben 46,97 Millionen der 61,68 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das bedeutet ein Plus von 2,66 Millionen Wähler im Vergleich zur letzten Bundestagswahl bzw. einen Anstieg der Wahlbeteiligung von 71,5% auf 76,2%. Doch trotz der höheren Wahlbeteiligung ging auch bei dieser Wahl die Zahl derjenigen Wähler zurück, die ihr Kreuz bei den etablierten Parteien, also CDU, CSU, SPD, FDP, Linke (früher PDS) und Grünen, gemacht haben.
Damit setzt sich der seit der Bundestagswahl 2009 bestehende Abwärtstrend weiter fort. Während die sechs etablierten Parteien zwischen 1990 und 2005 immer auf 73% – 76% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten kamen, sank dieser Wert bei der Bundestagswahl 2009 abrupt auf 65,6%. Vier Jahre später, bei der Bundestagswahl 2013, erreichten die etablierten Parteien zusammen dann nur noch 62,9% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten und dieses Mal lag der Wert mit 62,1% sogar noch einmal niedriger.
Besonders hart trifft der Wählerschwund die einst großen Volksparteien Union und SPD. Im Verhältnis zur Zahl der Wahlberechtigte kommen CDU und CSU zusammen auf nur noch 24,8% der Stimmen und die SPD sogar nur noch auf 15,5%. Während in den 90ern und zu Beginn der 2000er-Jahre regelmäßig sechs von zehn Wahlberechtigten ihre Stimme für eine der beiden Volksparteien abgaben, waren es somit bei der aktuellen Bundestagswahl nur noch vier von zehn Wahlberechtigten.
Gerade in Bezug auf die SPD bedeutet das, dass der Zusatz Volkspartei im Moment problemlos gestrichen werden kann. Nur noch jeden siebten Wahlberechtigten konnten die Sozialdemokraten dazu bewegen, zur Bundestagswahl zu gehen und auf dem Wahlzettel die SPD anzukreuzen. Zum Vergleich: Von 1990 bis 2005 konnte die SPD stets jeden dritten bis vierten Wahlberechtigten von einer Stimmabgabe für die SPD überzeugen und mit Willy Brandt zogen die Sozialdemokraten einst sogar fast die Hälfte aller Wahlberechtigten an die Wahlurne.
Für die Demokratie in Deutschland ist die Entwicklung der Volksparteien allerdings das nachrangige Problem. Wesentlich gefährlicher ist, dass es den etablierten und auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden Parteien nur noch knapp gelingt, über die absolute Mehrheit der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten zu kommen. Denn bleiben Wähler von der Wahlurne fern oder wählen Kleinparteien, die nicht in den Bundestag einziehen, stärkt das die rechten und demokratiefeindlichen Kräfte im Lande. Diese können dann mit deutlich weniger Stimmen in den Bundestag einziehen und erhalten dort auch noch wesentlich mehr Sitze. Das wiederum hat zur Folge, dass die etablierten Parteien zur Bildung von Koalitionen gezwungen sind, die sie eigentlich ablehnen oder die der programmatischen Ausrichtung der einzelnen Parteien zuwiderlaufen. So müssen nach der jetzigen Bundestagswahl CDU, CSU, FDP und Grüne zueinander finden oder es bliebe nur eine erneute Große Koalition möglich, die sowohl von der Union als auch von der SPD abgelehnt wird. Solche Koalitionen führen jedoch meist zu einem weiteren Verdruss der Wähler, weil sich die beteiligten Parteien entweder weit von ihren jeweiligen Wahlversprechen entfernen müssen, um zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen, oder sich gegenseitig blockieren und damit das Regierungshandeln zum erlahmen bringen. Bleiben dadurch aber Probleme ungelöst oder findet nur eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners statt, droht am Ende ein Teufelskreis, der die demokratischen Kräfte weiter schrumpfen lässt und den Feinden der Demokratie Tür und Tor öffnet. Österreich mit der immer stärker werdenden FPÖ sollte uns ein warnendes Beispiel sein.
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