mister-ede.de » Rezessionsspirale http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Mit Le Pen droht Europa ein Ende mit Schrecken, mit Macron ein Schrecken ohne Ende! http://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384 http://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384#comments Thu, 04 May 2017 19:34:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8384 Weiterlesen ]]> Es ist kein Geheimnis, dass Marine Le Pen für ein Ende der EU eintritt und zurück in den Nationalstaat will. Insofern bedarf es, was Le Pen anbelangt, keiner großen Erläuterungen. Gewinnt sie bei den französischen Stichwahlen um das Präsidentenamt am kommenden Sonntag, droht der EU, die nach dem Brexit bereits angezählt ist, das endgültige Scheitern. Doch auch mit Emmanuel Macron als nächstem Präsidenten Frankreichs sieht die Zukunft des europäischen Projektes alles andere als rosig aus.

Bereits in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister von 2014 – 2016 hat sich Macron als neoliberaler Ideologe entpuppt und auch in seinem jetzigen Wahlkampf hat er immer wieder erklärt, an dieser aktuellen EU der neoliberalen Ideologie festhalten zu wollen. Obwohl also die europäische Integration inzwischen zum Stillstand gekommen ist, sogar mit dem Brexit schon ein Zerfallsprozess eingesetzt hat, will Macron keine substanziellen Reformen am europäischen Projekt durchsetzen. Vielmehr beharrt er auf einem strikten „Weiter so“ und einem nochmals verstärkten gegenseitigen Wettbewerb der Nationalstaaten. Entsprechend wird Macron nach einem Wahlsieg dafür sorgen, dass sich Frankreich mit niedrigeren Steuern für Reiche und Vermögende, Lohn- und Sozialkürzungen sowie einem Abbau von Arbeitnehmerrechten einen Wettbewerbsvorteil innerhalb des EU-Binnenmarkts gegenüber den europäischen Partnern verschafft. Wenn aber künftig auch Frankreich kräftig an dieser Abwärtsspirale im Standortwettbewerb dreht, wird das erhebliche negative Auswirkungen für die restliche EU haben.

Deutschland wird in diesem Fall unter Druck geraten, den in den letzten Jahren begonnen Kurs der internen Aufwertung wieder zu verlassen, was insbesondere jenen Ländern schadet, die aufgrund der gemeinsamen Euro-Währung keine Abwertungsmöglichkeiten gegenüber Deutschland haben. Vor allem Italien, dessen Staatsfinanzen und Bankensystem bereits jetzt am Rande eines Kollaps stehen, würde durch die wachsende wirtschaftliche Konkurrenz aus Frankreich und Deutschland noch mehr in die Bredouille geraten. Aber auch der spanischen und portugiesischen Wirtschaft, die in den vergangenen zwei Jahren zumindest wieder einen leichten Aufwärtstrend verzeichnen konnte, droht damit der nächste schwere Schlag. Verzichten diese Länder auf ähnlich harte Einschnitte, wie Macron sie in Frankreich plant, werden bei ihnen Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizite steigen und die nächste Wirtschaftskrise in diesen Ländern wäre vorprogrammiert. Gehen sie allerdings denselben Weg wie Frankreich, droht die gesamte Eurozone in eine Rezessionsspirale zu geraten, wie wir sie bereits in der Folge der fatalen Austeritätspolitik erleben mussten.

Erneut werden die Leidtragenden dieser Entwicklung vor allem die normalen Bürger der EU-Länder sein – besonders innerhalb des Euro-Währungsraums. Entweder werden sie von steigender Arbeitslosigkeit betroffen sein oder von unsichereren Beschäftigungsverhältnissen, der Lockerung des Kündigungsschutzes und sinkenden Reallöhnen und Renten. Außerdem werden sie am stärksten unter dem Abbau des Sozialstaats, z.B. geringerem Kindergeld oder schlechterem Krankenversicherungsschutz, leiden.
Doch auch für die europäischen Einkommens- und Vermögenseliten könnte die Rechnung nicht aufgehen. Zwar werden sie von niedrigeren Steuern profitieren und ihre Unternehmen von geringeren Arbeitskosten und einem flexibleren Arbeitsmarkt. Doch ob diese Vorteile am Ende den Schaden einer von Macron ausgelösten europaweiten Rezession übersteigen, ist fraglich.

Klar ist hingegen, dass mit Macrons Wirtschaftspolitik eine wesentliche Grundlage des europäischen Einigungsprozesses zerstört wird, nämlich das Versprechen, gemeinsam in Europa den Wohlstand für alle Beteiligten zu mehren. Möglicherweise wird also gerade Macron, der im französischen Präsidentschaftswahlkampf als Fan dieser EU auftritt, ungewollt zu ihrem Totengräber. Insbesondere in jenen Ländern, in denen es bereits jetzt eine starke nationalistische Strömung gibt, könnte Macron mit seiner Politik des verschärften Standortwettbewerbs wie ein Brandbeschleuniger wirken.
Im schlimmsten Falle wäre dann zwar Le Pen in Frankreich verhindert worden, allerdings zum Preis, dass in anderen EU-Ländern die Nationalisten die Oberhand gewinnen. Aber selbst in Frankreich könnte es am Ende darauf hinauslaufen, dass Le Pen in fünf Jahren bei den nächsten Präsidentschaftswahlen von enttäuschten Macron-Wählern doch noch in den Élysée-Palast geschickt wird.

Insofern muss man zwar jedem, dem an einem europäischen Miteinander gelegen ist, abraten, Le Pen zu wählen und Europa damit den Todesstoß zu versetzen. Allerdings muss man auch Macron dringend davon abraten, seine angekündigte Politik tatsächlich zu verwirklichen und damit das Dahinsiechen Europas fortzusetzen.


Ähnliche Artikel:
Der fatale Mechanismus der Austeritätspolitik in der Eurokrise (www.mister-ede.de – 06.02.2015)

Macron steht für ein geeintes Europa, aber eines der neoliberalen Ideologie (www.mister-ede.de – 30.04.2017)

Nach der Europawahl: EU im Zangengriff der Kritiker und Gegner (www.mister-ede.de – 25.06.2014)

]]>
http://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384/feed 0
Das unbeirrte und alternativlose „Weiter so!“ in der Eurokrise http://www.mister-ede.de/politik/das-weiter-so-in-der-eurokrise/3663 http://www.mister-ede.de/politik/das-weiter-so-in-der-eurokrise/3663#comments Thu, 12 Feb 2015 11:03:36 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3663 Weiterlesen ]]> Seit Beginn der Eurokrise ist klar, dass eine Reformpolitik für die Eurozone nicht alleine auf die Probleme in den Krisenstaaten fokussiert sein darf, sondern auch die Fehlentwicklungen in den finanz- und wettbewerbsstarken Euro-Staaten in den Blick nehmen muss. Dennoch werden auch heute noch, nachdem 2014 die populistischen Ränder schon gestärkt aus der Europawahl hervorgingen und seit Januar in Griechenland ein Regierungschef einer Linksaußen-Partei im Amt ist, fast ausschließlich die Anpassungsmöglichkeiten in den Krisenstaaten betrachtet. Anstatt die schwache Binnennachfrage und die Importdefizite Deutschlands zu thematisieren und darauf aufbauend Maßnahmen für eine Steigerung der Reallöhne hierzulande zu ergreifen, wird, entsprechend der einseitigen Betrachtung der Krise, weiterhin nur auf eine Kürzungs- und Sparpolitik in den finanz- und wettbewerbsschwachen Staaten der Eurozone gesetzt. Obwohl sich mittlerweile mehr als deutlich gezeigt hat, dass diese Form des Austeritätswettlaufs ein wenig erfolgversprechendes Konzept für die Rettung der Eurozone ist und nicht zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, sondern in eine Rezessionsspirale und zu politischen Verwerfungen führt, gilt diese offensichtlich gescheiterte Politik im Kanzleramt noch immer als alternativlos.

Auch die Probleme der Währungsunion selbst, also das Fehlen an- und ausgleichender Mechanismen, wie gemeinsame Budgets der Euro-Staaten oder Konvergenzanreize, spielen in der aktuellen politischen Debatte, die sich im Wesentlichen um die Frage eines Schuldenschnitts in Griechenland dreht, kaum eine Rolle. Anstatt über den zum Teil ungesunden Steuerwettbewerb in der Eurozone zu sprechen oder darüber, dass z.B. Frankreich und Italien bereits eine Finanztransaktionssteuer eingeführt haben, nicht jedoch das vorbildliche Deutschland, das sich auf diese Weise wieder einen Wettbewerbsvorteil sichert, werden Anpassungsmöglichkeiten weiterhin ausschließlich in den Krisenstaaten gesucht. Und so heißt die Parole auch im Hinblick auf die Probleme der Gemeinschaftswährung offensichtlich nur „weiter so wie bisher!“

Aber auch wenn es um größere Wachstumspakete geht, bleiben die Regierungen der finanzstärkeren Euro-Staaten, allen voran die deutsche Bundesregierung, stur bei ihrer ablehnenden Haltung. Versucht jedoch weiterhin über die Hälfte der Eurozone ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen zu steigern und Haushaltsdefizite durch Ausgabensenkungen abzubauen und wird nach wie vor die hierdurch wegfallende Wirtschaftleistung nicht angemessen kompensiert, werden auch in den nächsten Jahren Stagnation und Rezession die Eurozone dominieren, insbesondere wenn Frankreich und Italien künftig ihre Sparbemühungen nochmals verstärken. Doch anstatt jetzt endlich die auch nach Jahren der Austeritätspolitik desolate Haushalts- und Schuldenlage in vielen Euro-Staaten, die Massenarbeitslosigkeit in Griechenland und Spanien, die immer noch hohe Arbeitslosenquote in Portugal und Irland oder die steigende Arbeitslosigkeit in Frankreich zum Anlass zu nehmen, um über andere Auswege aus dieser Krisensituation nachzudenken, wird weiter an der bisherigen Austeritätslogik festgehalten.
Und so bleibt auch manch richtiger Ansatz weitestgehend ohne Unterstützung, wenn er dieser Logik eben nicht entspricht, wie das von EU-Kommissionschef Juncker vorgeschlagene Investitionspaket. Gerade einmal 20 Milliarden Euro, was im Vergleich zu rund 50 Milliarden Euro jährlichen EU-Landwirtschaftssubventionen wie ein Witz klingt, bekam Juncker für sein Konjunkturprogramm zusammen und das anscheinend zum Teil sogar nur durch die Einbeziehung von Mitteln aus anderen schon vorhandenen Fördertöpfen. Daher darf zumindest angezweifelt werden, dass es dieses halbherzige EU-Projekt mit seiner bescheidenen Mittelausstattung tatsächlich vermag, die Folgen der flächendeckenden und einseitigen Austeritätspolitik in der Eurozone wirksam abzufedern.

Insgesamt bleiben damit weiterhin die Konstruktionsfehler der Währungsunion unbeachtet genauso wie die fatalen ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen des bisherigen Spar- und Kürzungskurses. Beibehalten wird nach aktuellem Stand aber auch die falsche Konzentration der Rettungspolitik auf die Fehlentwicklungen der Krisenstaaten. Und so ist, obwohl die Austeritätspolitik die Eurokrise bislang erkennbar nicht lösen konnte, der Kurs der Bundesregierung in der Eurokrise ein unbeirrtes und alternativloses „Weiter so!“


Ähnliche Artikel:
Der fatale Mechanismus der Austeritätspolitik in der Eurokrise (www.mister-ede.de – 06.02.2015)

Eine Bilanz nach fünf Jahren Euro-Rettungspolitik (www.mister-ede.de – 15.10.2013)

Europawahlergebnis 2014: Sitzverteilung und Fraktionen (www.mister-ede.de – 14.06.2014)

Die zwei Krisen der Finanzkrise (www.mister-ede.de – 21.01.2015)

]]>
http://www.mister-ede.de/politik/das-weiter-so-in-der-eurokrise/3663/feed 1
linked: Die griechische Perspektive auf die Finanzkrise http://www.mister-ede.de/politik/die-griechische-perspektive/3638 http://www.mister-ede.de/politik/die-griechische-perspektive/3638#comments Sun, 08 Feb 2015 10:27:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3638 Weiterlesen ]]> Am vergangenen Donnerstag zeigte der WDR die Dokumentation „AGORÁ – Von der Demokratie zum Markt“, die sich mit der Finanzkrise und ihren Folgen für Griechenland auseinandersetzt. Die gut erzählte 90-minütige Dokumentation geht auf die unterschiedlichen Bestandteile der Finanzkrise von der Rettung der Banken über die Eurokrise bis zur Troika und zur Rettungspolitik ein und verknüpft diese mit den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Griechenland. Dabei werden weder die Fehler, die vor der Krise gemacht wurden, noch das Regierungsversagen der großen griechischen Parteien in der Finanzkrise ausgespart, aber auch nicht die Folgen der dann durchgeführten Austeritätspolitik.
Anhand der Geschichte einzelner Personen zeigt die Dokumentation anschaulich die Auswirkungen der Krise auf das Leben der Menschen und wie sich das gesellschaftliche Klima in Griechenland verändert hat. Aber auch mit zahlreichen Beispielen, z.B. dem Erstarken der Goldenen Morgenröte, gibt der Film einen Eindruck von der wachsenden Radikalisierung und dem Auseinanderfallen der griechischen Gesellschaft in Folge der Krise.

Link zur Dokumentation auf www.youtube.com

]]>
http://www.mister-ede.de/politik/die-griechische-perspektive/3638/feed 0
Der fatale Mechanismus der Austeritätspolitik in der Eurokrise http://www.mister-ede.de/politik/mechanismus-der-austeritaet/3622 http://www.mister-ede.de/politik/mechanismus-der-austeritaet/3622#comments Fri, 06 Feb 2015 12:17:20 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3622 Weiterlesen ]]> Als sich nach der Banken- und Finanzmarktkrise die Eurokrise entwickelte und sowohl Liquiditätsprobleme entstanden als auch die Auseinanderentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone offensichtlich wurde, reagierten die politischen Akteure der Euro-Staaten 2009 mit einem fatalen Austeritätskurs. Dieser Kurs beschränkte sich dabei allerdings nicht nur auf Irland und Griechenland, die im Gegenzug für Hilfskredite verschiedene Auflagen erfüllen mussten, sondern sollte genauso z.B. in Spanien, das zunächst keine Finanzhilfen benötigte, umgesetzt werden oder auch z.B. in Frankreich, an dessen Spitze damals noch Sarkozy stand.

Wieso diese Austeritätspolitik?

Die unterschiedliche Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit, die durch das Fehlen einer koordinierten Wirtschaftspolitik in der Eurozone begünstigt war, hat erheblich zur Eurokrise beigetragen. Es war daher durchaus ein richtiger Ansatz, auf eine Wiederannäherung der Wettbewerbsfähigkeit hinzuwirken. Nachdem aber in einer Währungsunion nicht geldpolitisch reagiert werden kann, also z.B. eine Lohnsenkung durch eine Abwertung der Währung ausgeschlossen ist, kann nur eine realwirtschaftliche Angleichung stattfinden. Weil jedoch eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität nicht eben mal von einer Regierung durchgesetzt werden kann und auch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch Strukturreformen meistens eher langsam gelingt, bleibt im Wesentlichen nur noch die Annäherung der Lohnkosten. Hierfür gibt es allerdings zwei Möglichkeiten, zum einen den Weg über steigende Löhne in den wettbewerbsstarken Euro-Staaten und zum anderen den Weg über sinkende Löhne, oder auch niedrigere Sozialabgaben, in den wettbewerbsschwachen Ländern der Eurozone.

Aus verschiedenen Gründen, in Deutschland z.B. unter anderem wegen einer sehr ausgeprägten Angst vor einem schwachen Euro, wurde die zweite Variante der Lohnkostenannäherung gewählt, also die Anpassung der Lohnkosten in den Euro-Staaten mit schwacher Wettbewerbsfähigkeit. Zu dieser Entscheidung beigetragen haben dürfte aber auch ein neoliberaler Zeitgeist, nach dessen Logik sich im Wettbewerb stets der Verlierer am Gewinner orientieren muss, selbst wenn dieser nur mit Hilfe unfairer Mittel gewonnen hat. Diese Denkweise führt dazu, dass die fatalen Kürzungen geradezu als alternativlos erscheinen und gar nicht erst nach Lohn-, Steuer- oder Sozialdumping der wettbewerbsfähigeren Staaten gefragt wird. Genauso wird nach diesem Ansatz das starke Auseinanderlaufen der Zinsen in der Eurozone nicht als Problem der Währungsunion erkannt, sondern als üblicher Marktprozess, auf den die Verlierer mit strikter Haushaltsdisziplin zu reagieren haben. Und so führten der Wunsch nach einem starken Euro und der neoliberale Zeitgeist auf direktem Weg zur alternativlosen Austeritätspolitik.

Der fatale Mechanismus der Austeritätspolitik:

Geht man davon aus, dass die wettbewerbsstarken Euro-Staaten das Maß sind, nach dem sich der Rest zu richten hat, und Anpassungen zu einem großen Teil nur über den Lohn möglich sind, dann müssen folgerichtig in den Krisenstaaten die Lohnkosten gesenkt werden. Auch eine Reduktion der Sozialabgaben, z.B. durch Leistungskürzungen bei der Rente oder im Gesundheitswesen, ist nach dieser Logik sinnvoll. Daneben müssen mit derselben Begründung aber auch die Staatsausgaben zurückgefahren werden, damit sich die Haushaltsdefizite reduzieren und die Bonität, bzw. die Wettbewerbsfähigkeit an den Finanzmärkten, gesteigert wird.

Das Fatale hieran: Gehen Unternehmen davon aus, dass im nächsten Jahr quer durch die Bevölkerung weniger Einkommen für den Konsum zur Verfügung steht, werden diese versuchen, sich auf eine Rückgang des Umsatzes einzustellen, z.B. durch das Verschieben von Investitionen, durch Entlassungen oder Lohnkürzungen. Besonders fatal war deshalb auch, dass die Austeritätspolitik gleichzeitig in zahlreichen Ländern der Eurozone umgesetzt wurde, wodurch auch wesentliche Märkte außerhalb des jeweils betrachteten Krisenlands für die dort ansässigen Unternehmen weggebrochen sind und somit keine Kompensation möglich war.
Nachdem die Krisenstaaten sowieso schon durch die vorausgegangene Bankenkrise eine schwere Rezession erlebt hatten und zahlreiche Unternehmen unterausgelastet waren, wurde mit der Austeritätspolitik, die keinerlei Wachstums- oder Investitionsimpulse setzte, schlussendlich jede Perspektive auf eine einigermaßen zügige Erholung vernichtet. Anstelle der Aussicht auf zusätzliche Exporte, dominierte die Angst vor weiteren Umsatzrückgängen und statt zu einer Belebung der Wirtschaften der Krisenstaaten aufgrund niedrigerer Lohnkosten, führte der Austeritätskurs zu einem Einbruch der Binnennachfrage wegen gesunkener Einkommen.

Die Folgen der Austeritäspolitik:

Die Folge des fatalen Mechanismus, der durch die Austeritätspolitik ausgelöst wurde, war nicht die angestrebte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, sondern eine massive Rezessionsspirale in den Krisenstaaten. Steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne, Renten und Sozialleistungen führten zu einem Nachfrageeinbruch und niedrigeren Preisen, was beides weitere Umsatz- und Gewinnrückgänge nach sich zog, die wieder zu Stellenabbau, Unternehmenspleiten und weiter sinkenden Einkommen führten.
Während allerdings Preise und Wirtschaftsleistung der Krisenländer einbrachen, blieb der Nominalwert der Schulden sowohl bei normalen Bürgern, die einen Kreditvertrag haben, als auch bei Unternehmen oder den Staaten erhalten. Zusätzlich zur sowieso schon schweren Rezession musste daher auch ein relativ zur Wirtschaftsleistung steigendes Gewicht dieser Schuldenlast verkraftet werden, auch wenn dies durch einen Rückgang des Zinsniveaus durch die EZB-Politik für den Moment weitestgehend ausgeglichen wird.

Die Fehler der Austeritätspolitik:

Es wird immer wieder die Parallele zu Deutschland und den Hartz-IV-Reformen gezogen, allerdings ist dieser Vergleich nicht ganz treffend. Zwar hatte Deutschland zum Teil nur minimal steigende Nominallöhne vorzuweisen, allerdings ist eben auch eine kleine Nominallohnsteigerung noch kein Rückgang. Es war ein Fehler dies bei der Austeritätspolitik nicht ausreichend zu berücksichtigen und am Ende hat es maßgeblich zu der Problematik der Rezessionsspiralen in diesen Ländern beigetragen.
Ein weiterer Fehler war es, die Wechselwirkungen der Wettbewerbsfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Nachdem es sich hier um eine Relation zu anderen Ländern handelt, können nicht alle Volkswirtschaften gleichzeitig wettbewerbsfähiger werden. Deutschland hatte also Anfang des Jahrtausends den Vorteil, dass die Lohnzurückhaltung auch tatsächlich dann zu einer deutlichen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führte. Wenn heute allerdings in zahlreichen Krisenstaaten gleichzeitig versucht wird, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, fällt dieser Effekt natürlich deutlich geringer aus, weil z.B. Portugal durch eine Lohnzurückhaltung nichts gegenüber Spanien gewinnen kann, das ja ebenfalls diesen Kurs fährt.
Ein dritter Fehler war es, keinerlei Investitions- oder Wachstumsimpulse zu setzen, um eine Rezessionsspirale zu verhindern. Wenn die Binnennachfrage erkennbar wegbricht und auch die wesentlichen Exportmärkte bei EU-Nachbarn schrumpfen, dann sollte das der Zeitpunkt sein, an dem über staatliche Intervention nachgedacht wird. Mit Verweis auf das Spar- und Kürzungsprogramm wurde dies allerdings unterlassen, wodurch sich die ökonomische Krise in Ländern wie z.B. Spanien oder Portugal voll entfalten konnte.


Ähnliche Artikel:
Die Wettbewerbsfähigkeit: Täuschung der Relation (www.mister-ede.de – 27.02.2014)

Eine Bilanz nach fünf Jahren Euro-Rettungspolitik (www.mister-ede.de – 15.10.2013)

Die zwei Krisen der Finanzkrise (www.mister-ede.de – 21.01.2015)


Mehr zum Thema Eurokrise auf www.mister-ede.de

Mehr zum Thema Bankenkrise auf www.mister-ede.de

]]>
http://www.mister-ede.de/politik/mechanismus-der-austeritaet/3622/feed 0