mister-ede.de » CIA https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Die „westliche Provokation“ in der Ukraine https://www.mister-ede.de/politik/ukraine-westliche-provokation/3175 https://www.mister-ede.de/politik/ukraine-westliche-provokation/3175#comments Tue, 11 Nov 2014 16:57:36 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3175 Weiterlesen ]]> Der Ukraine-Konflikt kennzeichnet sich unter anderem dadurch, dass es zu jedem Ereignis mindestens zwei Sichtweisen gibt. Dies trifft allerdings nicht nur auf die Geschehnisse auf der Krim-Halbinsel und im Osten der Ukraine zu, sondern auch schon auf den Auslöser des Konflikts, also den Umsturz in Kiew. Während aus westlicher Sicht das ukrainische Volk seinen autokratischen Herrscher in die Wüste schickte, waren nach russischer Lesart maßgeblich „westliche Provokateure“ für den Umsturz in Kiew verantwortlich.

Und tatsächlich haben die Regierungen in der EU und den USA, bzw. die demokratischen Parteien, Stiftungen und Vereine dieser Länder, auch in vielfältiger Weise dazu beigetragen, dass das Stimmungsbild in der Ukraine so war, wie es war. Die westliche Medienaufmerksamkeit bei der Fußball-Europameisterschaft 2012, die Unterstützung der ukrainischen Opposition durch politische Organisationen aus dem Ausland oder der Druck auf Janukowytsch, z.B. im Bezug auf Frau Tymoschenko, sind Beispiele für diesen Einfluss. Ebenso wurde die Ukraine auch bei den jahrelangen Verhandlungen zu einer näheren Anbindung an die EU immer wieder zu mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ermahnt. All das zielte natürlich auf eine gesellschaftliche Veränderung im Sinne der westlichen Vorstellung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ab. Aus russischer Sicht, wie auch aus Sicht einer jeden anderen Staatsführung, die eine solche Ordnung ablehnt, z.B. in China, ist dies natürlich eine Provokation.
Aus meiner Sicht handelt es sich hingegen bei dieser Form von Aufklärung und Unterstützung um die nachhaltigste und friedlichste Form, mit der gesellschaftliche Veränderungen erreicht werden können. Es wäre weder ratsam noch würde es unserer Verantwortung gerecht werden, wenn wir auf die Unterstützung demokratischer Bestrebungen in diesen Ländern verzichten würden, nur weil es für solche autokratischen Regime eine Provokation ist. Insoweit ist die russische Sichtweise in diesem Punkt zwar nachvollziehbar, aber bleibt erst mal abzulehnen.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob damit die Geschichte zu Ende erzählt ist. Auch wenn die jetzige Informationslage nur Vermutungen zulässt, will ich ein paar Punkte nennen, die mich an der bisherigen Erzählung ein wenig stutzen lassen.
So wurde auch in westlichen Medien von Geldströmen berichtet, die mit einer Unterstützung für politische Bildung in der Ukraine nur schwer zu erklären sind [1]. Die Aussage von Nuland ist, soweit ich weiß, nicht dementiert worden und aus meiner Sicht deutet dies zwei Dinge an. Über die Verbreitung liberaler Werte hinaus scheint es Interessen zu geben, ob nun geostrategischer oder ökonomischer Natur, die aus Sicht der Handelnden dieses besondere finanzielle Engagement rechtfertigen. Daneben deuten diese Summen darauf hin, dass das Geld für mehr als nur die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements eingesetzt wurde. Zumindest ist bei solchen Summen theoretisch viel denkbar, bis hin zur Bezahlung „inoffizieller Mitarbeiter“, die das Land durchsetzen.
Ein zweiter Punkt, der mich stutzen lässt, ist die Tatsache, dass es genau in jenem Moment zum Umsturz in der Ukraine kam, der für Putin, der bekanntermaßen ein Interesse am Machterhalt Janukowytschs hatte, wohl der ungeschickteste Zeitpunkt in den letzten Jahren war, nämlich während Russland die Olympischen Winterspiele zu Gast hatte. Der Auslöser für die rasante Entwicklung im Februar waren wohl letztendlich die Schüsse und Toten auf dem Maidan, ohne die mit großer Wahrscheinlichkeit die Geschichte anders verlaufen wäre. Bis heute scheint mir nicht geklärt [2], was die damalige Eskalation in genau diesem Moment auslöste, weshalb ich es zumindest für möglich halte, dass sich im Nachhinein die russische Lesart als realitätsnäher erweisen könnte als und lieb ist.

Auch weitere Punkte lassen meines Erachtens die Frage gerechtfertigt erscheinen, ob der Einfluss aus dem Westen nicht vielleicht doch größer war als das bislang bekannt ist. Wieso wurden manche nationalistischen Strömungen innerhalb der Protestbewegung so lange Zeit ausgeblendet? Wieso reagierte die westliche Wertegemeinschaft in Bezug auf die Ukraine ausnahmsweise so schnell und entschlossen? Immerhin dauerte es keine Woche bis die Interimsführung für den Westen hoffähig war und auch der IWF brauchte keine lange Prüfung für sein Hilfsprogramm. Wenn man das mit der Trägheit bei einer Vielzahl anderer Krisen vergleicht, ist das zumindest ungewöhnlich. Auch andere Entscheidung, z.B. in Bezug auf die Gas-Wirtschaft in der Ukraine, sind für die doch außergewöhnliche Situation sehr zügig getroffen worden.

Würde es sich allerdings bewahrheiten, dass der Westen doch mehr Einfluss genommen hat, als das bislang bekannt ist, müssten auch insgesamt die Geschehnisse rund um den Umsturz neu bewertet werden. Während es bislang abzulehnen ist, den westlichen Einfluss als „Provokation“ zu bezeichnen, hätte in diesem Fall die russische Lesart von der „westlichen Provokation“ dann durchaus eine Berechtigung.


Weitere Artikel zum Thema Ukraine-Konflikt auf www.mister-ede.de


[1] Beitrag des ARD-Magazins Monitor vom 13.03.2014 (Link zum Beitrag auf www.wdr.de)

[2] Beitrag des ARD-Magazins Monitor vom 10.04.2014(Link zum Beitrag auf www.wdr.de)

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Westliche und russische Lesart des Ukraine-Konflikts https://www.mister-ede.de/politik/lesarten-des-ukraine-konflikts/3096 https://www.mister-ede.de/politik/lesarten-des-ukraine-konflikts/3096#comments Thu, 09 Oct 2014 18:55:53 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3096 Weiterlesen ]]> Unterschiedliche Sichtweisen sind das Wesen eines Konfliktes. Es ist daher nicht verwunderlich, dass auch im Ukraine-Konflikt regelmäßig zwei Lesarten zu ein und demselben Ereignis vorhanden sind. Um sich bei einem Streitfall einen ersten Eindruck zu verschaffen, werden vor Gericht zunächst beide Seiten angehört, die dann jeweils ihre Sichtweise darlegen. Genau dies möchte ich mit diesem Beitrag auf den Ukraine-Konflikt übertragen.

Westliche Lesart:

Nach westlicher Lesart hat in der Ukraine mit Janukowytsch ein autokratischer Herrscher regiert, der den Staat im Wesentlichen für seinen Machtausbau und persönlichen Profit nutzte. Das Volk, das sich durch eine EU-Assoziation eine Verbesserung der Situation erhoffte, ging auf die Straße, nachdem das Abkommen gescheitert war. Während sich im Februar Janukowytsch politisch Raum verschaffen wollte, indem er nach langen Protesten einen Rücktritt für den Herbst 2014 anbot, versuchte er gleichzeitig, die Demonstranten auf dem Maidan mit aller Gewalt kleinzubekommen. Es fielen Schüsse und es gab Tote. In der Folge wurde Janukowytsch sprichwörtlich aus dem Amt gejagt. Unter dem Eindruck der Gewalt wählte das Parlament eine Interimsführung, die versuchte, die Ordnung im Land wiederherzustellen.
Allerdings annektierte Russland in der Folge die Krim, um den Einfluss auf diese Region zu behalten. Daneben wurden von Russland aus auch Kämpfer in die Ostukraine entsendet, die dann dort eine Abspaltung durch Separatisten initiieren sollten. Mit einem Anti-Terror-Einsatz versuchte die Kiewer Führung die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen, war aber der militärischen Übermacht der aus Russland gesteuerten Kämpfer nicht gewachsen. In Minsk konnte man sich im vergangenen Monat nun vorläufig auf eine Waffenruhe einigen.

Russische Lesart:

Nach russischer Lesart hat hingegen der Westen aus wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen mit Hilfe von Provokateuren und rechten Kräften einen Umsturz in der Ukraine bewirkt und im Anschluss eine neue Interimsführung eingesetzt. Gestützt wurde diese nicht durch das Volk, sondern nur durch die westlichen Mächte, von der EU über die USA bis zur NATO, die damit ihre eigenen Interessen in der Ukraine verfolgten. Nach der Machtübernahme ging die Interimsführung dann aktiv gegen alles Russische in der Ukraine vor. Sie wollte die russische Sprache verbieten, missachtete das Autonomierecht der Krim-Region und ging außenpolitisch auf Konfrontationskurs zur Russland.
Um einen Unterdrückung der russischstämmigen Bevölkerung oder gar einen Genozid zu verhindern, aber auch um hochrangige russische Interessen zu schützen, hat Russland die Stabilität auf der Krim gesichert und dort entsprechend dem Wunsch der Bevölkerungsmehrheit die Loslösung von der Ukraine unterstützt. Obwohl die OSZE als Wahlbeobachter eingeladen war, sperrte sich der Westen gegen dieses Vorgehen, verurteilte und sanktionierte Russland. Nachdem die neuen Machthaber überdies begannen im Osten der Ukraine mit Gewalt gegen all jene vorzugehen, die sich nicht dem aufgezwungenen Regime in Kiew unterordnen wollten, war es die Pflicht von Russland, diejenigen zu unterstützen, die sich gegen den faschistischen Umsturz in Kiew zur Wehr setzten.
Die Kämpfe wurden immer brutaler und während die Regierung in Kiew billigend das Feuer auf die eigene Bevölkerung in Kauf nahm, schickte Russland Hilfskonvois um die notleidenden Menschen zu versorgen. In Minsk konnte man sich im vergangenen Monat nun vorläufig auf eine Waffenruhe einigen.

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Ukraine-Konflikt: Das Werk der Konfrontateure https://www.mister-ede.de/politik/das-werk-der-konfrontateure/2962 https://www.mister-ede.de/politik/das-werk-der-konfrontateure/2962#comments Tue, 12 Aug 2014 17:23:51 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2962 Weiterlesen ]]> Was sich in der Ukraine zurzeit abspielt, ist die logische Konsequenz einer Politik, die stets auf Konfrontation und nicht auf Ausgleich setzte. Alle Konfliktparteien wollten zu viel auf Kosten des Gegenübers und stehen nun doch mit leeren Händen da.

Die Nationalisten in der Ukraine wollten nach dem Sturz Janukowytschs ihre Ideologie zur ukrainischen Staatspolitik machen und müssen nun zusehen, wie die Ukraine sich über den selbst geschaffenen Spalt zerstört. Selbiges gilt für die pro-russischen Aktivisten, die statt mehr regionaler Autonomie gleich die Unabhängigkeit anstrebten und nun vor einem Scherbenhaufen stehen.
Russland, das alles daran gesetzt hat, den Einfluss auf die Ukraine nicht gänzlich zu verlieren, hat sich international isoliert und kann doch nur dem Schwinden seines Einflusses zusehen. Die USA wollten einen Handelspartner für ihre Fracking-Technologie und eine Sicherheitspartnerschaft, bekommen jetzt aber als Partner ein wirtschaftliches Entwicklungsland mit Sicherheitsrisiko. Ebenso wurde der Wunsch der EU, mit einer Partnerschaft zur Ukraine die wirtschaftlichen Beziehungen zur östlichen Nachbarschaft zu stärken, von der Realität eines Handelskriegs mit Russland abgelöst. Auch das zwischenzeitliche Ziel des Westens oder Kiews, mit Sanktionen die Abspaltung der Krim zu verhindern, hat lediglich die Spaltung zwischen den verschiedenen Konfliktparteien befördert.

Stets haben die beteiligten Akteure zu viel gewollt und damit nichts erreicht, das trifft auch auf den neu gewählte Präsident Poroschenko zu. Dieser suchte auf der einen Seite einen Ausgleich mit den Separatisten, auf der anderen Seite war er aber auch bemüht, den Forderungen der Hardliner in Kiew zu folgen. Zu hohe Vorbedingungen, zu wenige Zugeständnisse und ein zu zögerliches Zugehen auf die Separatisten haben dann auch dazu beigetragen, dass am Ende nicht der Ausgleich sondern die Konfrontation stand.
Bei so viel Starrsinn der Konfliktparteien verwundert es nicht, dass selbst der Abschuss von Flug MH 17 lediglich ein kurzes Bedauern auslöste und nicht zu einem Kurswechsel führte. Der Tod der 298 Insassen wird in diesem Konflikt damit lediglich eine Randnotiz bleiben.

Bereits jetzt sind weit über tausend Tote zu beklagen, die Infrastruktur ist geschädigt und zwischen einer halben Million und einer Million Menschen sind auf der Flucht. Wenn in den nächsten Tagen die ukrainische Armee Donezk erstürmt, wird die Gewaltspirale wohl ihren blutigen Höhepunkt erreichen. Selbst wenn Russland nicht militärisch eingreift, was ich trotz der Beteuerungen Putins für durchaus möglich halte, werden die bisherigen Opferzahlen noch einmal erheblich steigen.
Im Ergebnis werden dann aber tausende Tote, die Zerstörungen und die Flucht großer Bevölkerungsteile eine Rückkehr zu einem geordneten Leben in der Ostukraine vorerst verhindern. Daneben sind die Handelsbeziehungen zum wichtigsten ukrainischen Handelspartner, also zu Russland, eingefroren, was beim Gas in einem Vierteljahr sprichwörtlich zu verstehen ist.
Das Werk der Konfrontateure in Ost und West, in Kiew und Moskau, bei Separatisten und Nationalisten ist ein tiefer Spalt in Ost-Europa und eine Region, die droht zu einem zweiten Kosovo zu werden.


Ähnliche Artikel:
Die absehbaren Folgen der Eskalation in der Ukraine (www.mister-ede.de – 07.07.2014)

Kiew hat die Wahl zwischen Chaos und Verhandlungen mit Russland (www.mister-ede.de – 14.04.2014)

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Die Schuldfrage in der Ukraine-Krise https://www.mister-ede.de/politik/schuldfrage-der-ukraine-krise/2461 https://www.mister-ede.de/politik/schuldfrage-der-ukraine-krise/2461#comments Sat, 22 Mar 2014 10:47:37 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2461 Weiterlesen ]]> Wenn man sich die Medienberichterstattung der vergangenen Wochen anschaut, so gewinnt man den Eindruck, als habe Vladimir Putin die krisenhafte Situation in der Ukraine höchstpersönlich und vor allem alleine zu verantworten. Schaut man sich die Tatsachen aber genauer an, dann erkennt man, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen zu dieser Eskalation geführt hat. Die Frage nach der Schuldverteilung ist aus meiner Sicht daher nicht ganz so leicht zu beantworten, wie das im ersten Moment scheinen mag.

Oligarchie, Korruption und mangelnde Rechtsstaatlichkeit:

Dass die Ukraine nie wirklich auf die Beine gekommen ist, hängt im Wesentlichen mit der post-sowjetischen Oligarchie, sowie der Korruption und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit zusammen. Dafür einen konkreten Schuldigen zu finden, dürfte zwar schwer werden, man kann jedoch davon ausgehen, dass der „Westen“ nicht für das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verantwortlich zu machen ist. Allerdings schon bei der Korruption bin ich mir nicht mehr ganz so sicher.

Außenpolitischer Druck von Russland und EU:

Die Lage in der Ukraine verschärfte sich 2005 deutlich nach der orangenen Revolution auf Grund des gewachsenen außenpolitischen Drucks auf die Ukraine. Auf der einen Seite war die EU, die von der Ukraine viel forderte, sie aber nicht sonderlich unterstützte, und auf der anderen Seite stand Russland, das zum Beispiel die Abhängigkeit vom russischen Gas als Druckmittel gegen die Ukraine einsetzte, um eine weitere Westanbindung zu verhindern. Und auch wenn die europäischen Forderungen nach Rechtsstaatlichkeit oder demokratischen Prozessen legitim sind, so hat neben Russland eben auch die EU dazu beigetragen, dass sich die Ukraine zwischen beiden Seiten aufrieb. Eine größere Verantwortung sehe ich in diesem Zusammenhang aber dennoch bei der russischen Verhinderungspolitik als bei der europäischen Forderungspolitik.

Proteste auf dem Maidan:

Nachdem 2010 mit Janukowytsch in der Ukraine wieder ein Präsident an die Macht kam, der sich enger an Russland anband, gab es für Putin entsprechend auch keinen Grund, einen Umsturz herbeizuführen.
Zwar hat erneut der Druck Russlands zu den Protesten auf dem Maidan geführt, weil Janukowytsch zu einer Aufgabe des Assoziierungsabkommens und einem stärkeren Ostkurs gezwungen wurde, allerdings wäre es Russland wohl recht gewesen, wenn sich die Proteste des vergangenen Jahres einfach wieder beruhigt hätten. Umgekehrt hatte aber der „Westen“ ein Interesse an einem Westkurs der Ukraine und so wurde die ukrainische Opposition unterstützt. Anders ausgedrückt hat es in der Ukraine schon vorher gebrannt und sowohl Russland mit dem Druck auf Janukowytsch als auch der „Westen“ mit der Unterstützung der Opposition haben dann noch Benzin ins Feuer gegossen.

Machtwechsel in Kiew:

Das Anwachsen der Proteste hat dazu geführt, dass eine Reaktion der ukrainischen Regierung notwendig wurde. Mit Zugeständnissen an die Demonstranten, sowie der Ankündigung von vorgezogenen Neuwahlen sollte eine weitere Eskalation verhindert werden und sowohl Janukowytsch als auch Russland hatten die Hoffnung, dass sich dadurch ein Machtwechsel in Kiew verhindern lässt.
Dass nur Stunden nach der vermeintlichen Einigung, sich die Situation in der Ukraine durch die Absetzung und Flucht von Janukowytsch dramatisch veränderte, war somit absolut nicht im Sinne Russlands. Auf den Umsturz bezogen hat Putin aus dem eigenen Interesse heraus versucht, die Lage zu entschärfen, daher kann man ihm am Umsturz selbst sicherlich keine Schuld geben.

Die Folgen des Umsturzes:

Durch den Umsturz ist der Konflikt in der Ukraine dann weiter eskaliert. Eine Folge des Umsturzes war so zum Beispiel die Regierungsbeteiligung der nationalistischen Swoboda Partei und genauso ist auch die aufgeheizte Situation in der Ost-Ukraine eine Folge des Umsturzes in Kiew. Auch die russische Intervention mit anschließender Annexion auf der Krim, kann als eine Folge des Umsturzes betrachtet werden, so wie auch die daraus resultierenden Sanktionen gegen Russland.

Die Schuldfrage:

Müsste ich die Schuldverteilung einschätzen, würde ich die größte Verantwortung bei der ukrainischen Führung um Janukowytsch suchen. Diese hat zum Biespiel durch die Wahlmanipulationen von 2012 und diversen weiteren innenpolitischen Entscheidungen die Lage in der Ukraine maßgeblich verschuldet. Ihren Anteil würde ich vielleicht bei 55% sehen.
Daneben hat der Druck Russlands auf die Ukraine im vergangenen Jahrzehnt, und auch direkt im Vorfeld der Proteste zu dieser Eskalation beigetragen. Die Schuld an der Eskalation würde ich hier vielleicht bei 25% ansiedeln. Etwas niedriger sehe ich noch die Schuld des „Westens“, der die Opposition in der Ukraine aktiv unterstützte und damit ebenfalls den Konflikt in der Ukraine anheizte. Dem „Westen würde ich vielleicht 20% der Schuld zuweisen.
Zieht man die Folgen des Umsturzes mit ein, dann haben an der weiteren Eskalation der Lage auch die nationalistischen Oppositionskräfte, die nun mit in der Regierung sitzen, eine Mitschuld. Auch durch die Annexion der Krim hat Russland zu einer weiteren Verschärfung beigetragen, genauso wie die EU mit ihren Reaktionen. Sowohl die schnelle Anerkennung der neuen Regierung, trotz der widrigen Umstände der Machterlangung, als auch das Verhalten in Bezug auf Russlands Vorgehen auf der Krim, haben den Konflikt weiter eskaliert.

Gegenseitige Schuldzuweisungen:

Aus meiner Sicht macht es nun aber wenig Sinn, sich in der jetzigen Situation gegenseitig die Schuld zuzuweisen. Beide Seiten sollten eingestehen, dass sie keine weiße Weste haben und sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, die Gegenseite trage die volle Verantwortung an der Eskalation.
Wenn Grinin, der russische Botschafter in Deutschland, sagt, dass Russland nichts für den Umsturz kann, dann stimmt das, unterschlägt aber gleichzeitig, dass Russland durch seinen Druck auf die Ukraine sehr wohl zu den Protesten auf dem Maidan beigetragen hat.
Und wenn Merkel die russische Einmischung auf der Krim verurteilt, sollte man sie fragen, wieso sie nicht im gleichen Atemzug auch die amerikanischen Einmischungen auf dem Maidan durch die Unterstützung der Oppositionskräfte kritisiert.
Es wäre meines Erachtens an der Zeit, endlich die Phase der Schuldzuweisungen zu überwinden und die Frage in den Mittelpunkt rücken, wie mit der jetzt vorliegenden Situation umgegangen wird.


Eine ausführlichere Darstellung der Entwicklungen in der Ukraine und mögliche Lösungsansätze der Konfliktsituation habe ich in einem anderen Artikel beschrieben:
Der Konflikt in der Ukraine (www.mister-ede.de – 20.03.2014)

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