mister-ede.de » Judikative https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Polen, quo vadis? https://www.mister-ede.de/politik/polen-quo-vadis/4741 https://www.mister-ede.de/politik/polen-quo-vadis/4741#comments Sun, 31 Jan 2016 20:46:42 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4741 Weiterlesen ]]> Vor einem Vierteljahr hat sich die Bevölkerung Polens bei den Parlamentswahlen mehrheitlich für eine streng nationalkonservative Partei, die PiS um Jaroslaw Kaczyński, entschieden. Nachdem bereits im Frühjahr 2015 der Nationalkonservative Andrzey Duda zum polnischen Präsidenten gewählt wurde, ist damit nun auch die Regierung Polens fest in der Hand der PiS, die überdies auch in der zweiten Kammer des Landes, dem Senat, die Mehrheit stellt.
Welche Folgen diese politische Veränderung für Polen hat, konnte man dann auch schon kurz nach der Regierungsübernahme sehen, als neue Mediengesetze erlassen wurden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Sinne der Nationalisten ausgemistet und mit dem Rauswurf kritischer Journalisten auf Parteilinie gebracht wurde. Seitdem jagt eine bedenkliche Entscheidung die nächste, zuletzt beispielsweise die Entmachtung der unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft und die Übertragung ihrer Aufgaben an den von der PiS gestellten Justizminister [1]. Nun könnte man einwenden, dass solche Gesetze in einem Rechtsstaat vom Verfassungsgericht überprüft werden können, doch auch hier wurde die PiS bereits aktiv und hat das Gericht zum einen umbesetzt und zum anderen bis zur Arbeitsunfähigkeit reformiert [2].

Nach Ungarn ist damit ein zweites Land auf einem Kurs, der sich nur schwer mit den freiheitlich-demokratischen Vorstellungen der EU vereinbaren lässt. Zwar vermag ich nicht abzuschätzen, welche der beiden Regierungen dabei weiter über die Grenzen des Vertretbaren hinausgeht oder künftig noch hinausgehen will, allerdings ist in Bezug auf Polen besonders die Geschwindigkeit besorgniserregend, mit der das Land den Boden europäischer Werte verlässt. Die EU, aber auch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, müssen daher im Interesse dieser europäischen Werte dringend dafür sorgen, dass Polen künftig genau zwei Optionen hat: Sich entweder an geltendes europäisches Recht zu halten oder von der EU suspendiert zu werden.
Nur wenn das absolut klar ist und auch konsequent umgesetzt wird, dürfte es eine Chance geben, dass sich die Nationalkonservativen in Polen zusammenreißen. Denn ob die Mehrheit der Polen noch immer so begeistert vom Kurs ihrer Regierung wäre, wenn als Konsequenz Milliarden an EU-Fördergeldern wegfallen und der Ausschluss aus der EU droht, halte ich für fraglich.
Sollte sich die EU jedoch als Papiertiger entpuppen, werden nicht nur die Nationalisten in Polen diese Schwäche zu nutzen wissen und das Wertefundament der EU untergraben. Auch deshalb dürfen Einschränkungen der Grundrechte, der unabhängigen Justiz oder der Medien- und Pressefreiheit in Polen keinesfalls toleriert werden.

Zwar bliebe auch bei einem solch konsequenten Vorgehen der EU abzuwarten, ob die polnische Regierung dann auf einen Kurs entlang der Grenze des Zulässigen einschwenkt oder weiter mit klaren Rechtsbrüchen die offene Konfrontation sucht, aber zumindest wäre deutlich, dass die EU ihre Werte und Grundsätze verteidigt. Regierung und Bevölkerung Polens müssten sich entsprechend darauf einstellen, dass das Land bei weiteren Verstößen gegen europäische Normen eben auf eine Mitgliedschaft in der EU verzichten muss.


[1] Tagesschau Artikel vom 29.01.2016 zur Justizreform in Polen (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[2] Artikel auf Spiegel-Online vom 23.12.2015 zu den Reformen des Verfassungsgerichts (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

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Glossar: Gewaltenteilung https://www.mister-ede.de/politik/gewaltenteilung/4078 https://www.mister-ede.de/politik/gewaltenteilung/4078#comments Sat, 01 Aug 2015 08:00:24 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4078 Weiterlesen ]]> Die Gewaltenteilung ist ein Konzept der Staatsgestaltung, nach welchem die Staatsgewalt auf unterschiedliche Staatsorgane verteilt wird, um einen Machtmissbrauch zu verhindern. Durch die Aufteilung wird einer Machtkonzentration bei einzelnen Personen oder Gremien vorgebeugt und ein System gegenseitiger Kontrolle ermöglicht. Die heute übliche Aufteilung der Staatsgewalt in Exekutive (ausführende Gewalt / Regierung), Legislative (gesetzgebende Gewalt / Parlament) und Judikative (Recht sprechende Gewalt / Gerichte) geht dabei auf Werke von Locke und Montesquieu im 17. und 18. Jahrhundert zurück.

Die Ausgestaltung der Gewaltenteilung in den demokratischen Staaten ist allerdings höchst unterschiedlich. So können Richter von der Bevölkerung gewählt oder von Regierungen ernannt sein, die Regierungen selbst können direkt oder indirekt gewählt werden und Staatsoberhäupter können Königinnen und Könige oder gewählte Repräsentanten sein.
Dazu kommen auch noch unterschiedliche Varianten der Machtteilung innerhalb der einzelnen Gewalten, z.B. durch eine Aufteilung der Staatsgewalt in Bund und Bundesländer mit jeweils eigenen Zuständigkeiten.


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Gewaltenteilung und Demokratie in Deutschland und der EU (www.mister-ede.de – 12.09.2012)

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Glossar: Judikative (Recht sprechende Gewalt / Gerichte) https://www.mister-ede.de/politik/judikative/4085 https://www.mister-ede.de/politik/judikative/4085#comments Sat, 01 Aug 2015 08:00:16 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4085 Weiterlesen ]]> Die Judikative ist die Recht sprechende Gewalt eines Staates. Die Staatsorgane, welche in einem Rechtsstaat für diese Gewalt zuständig sind, werden als Gerichte bezeichnet.

Im Rahmen des Konzepts der Gewaltenteilung wird die Judikative getrennt von der gesetzgebenden Gewalt (Legislative) und der ausführenden Gewalt (Exekutive) wahrgenommen. Sie ist für die Rechtsprechung im Namen des Staates (Volkes) und die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des staatlichen Handelns zuständig.
Organisatorisch kann die Judikative hierzu zwar in unterschiedliche Ebenen unterteilt werden, aufgrund des Gleichheitssatzes innerhalb eines Rechtsstaates muss jedoch immer gelten, dass das höherrangige Recht das niedere Recht bricht bzw. Urteile der unteren Ebene durch eine höhere Ebene aufgehoben werden können. Wäre dem nicht so und würde z.B. in Deutschland das Landesrecht das Bundesrecht brechen bzw. wären die Landesverfassungen dem Grundgesetz der BRD übergeordnet, dann wäre Deutschland kein Bundesstaat, sondern ein Staatenbund. Das heißt allerdings nicht, dass in jedem Bundesland alle Regelungen gleich sein müssen, es heißt nur, dass sich alle Regelungen am GG und damit dem Verfassungsrecht des Bundes messen lassen müssen.

Für die Ausgestaltung der Judikative gibt es auch in Rechtsstaaten zahlreiche Möglichkeiten, jedoch muss stets eine weitestgehende Unabhängigkeit von den anderen staatlichen Gewalten gewährleistet sein. Neben dem Wahl- und Ernennungsverfahren können sich die Zusammensetzung der Gerichte, die Beteiligung von Bürgern, z.B. als Schöffen oder in den USA als Jury, oder Verfahrensformen unterscheiden.

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Gewaltenteilung und Demokratie in Deutschland und der EU (www.mister-ede.de – 12.09.2012)

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Gewaltenteilung und Demokratie in Deutschland und der EU https://www.mister-ede.de/politik/demokratische-legitimation-eu/1264 https://www.mister-ede.de/politik/demokratische-legitimation-eu/1264#comments Wed, 12 Sep 2012 17:24:48 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1264 Weiterlesen ]]> In den letzten Wochen und Monaten standen die Souveränität von Staaten und die demokratische Legitimation von Parlamenten und Regierungen im Rahmen der Eurokrise im Fokus. Hierbei stellt sich die Frage, wie viel Souveränität die Nationalstaaten abgeben sollen und dürfen, aber auch wie dies demokratisch legitimiert werden kann.
Um dies zu beantworten, muss man sich etwas intensiver mit der Gestaltung von Staatswesen im Allgemeinen beschäftigen. Um einem Machtmissbrauch vorzubeugen hat es sich über Jahrhunderte als zweckmäßig erwiesen, eine Trennung von gesetzgebender Gewalt (Legislative), ausführender Gewalt (Exekutive) und rechtsprechender Gewalt (Judikative) zu etablieren. Wie genau die Trennung ausgestaltet wird, ist aber in den demokratischen Nationalstaaten der Welt ganz unterschiedlich. In Deutschland muss zum Beispiel die föderale Struktur berücksichtigt werden. Insgesamt gibt es hier keine „richtigen“ und „falschen“ Ausgestaltungen sondern nur unterschiedliche Abwägungen.

Rechtsprechung (Judikative):

Betrachtet man die Rechtsprechung, dann werden in einigen Staaten der Welt die Richter oder ein Teil der Richterschafft gewählt. Durch die Direktwahl der Richter, sind diese natürlich sehr unabhängig von den anderen Machtorganen, wie der Regierung. Dafür kann sich aber eine Abhängigkeit von den Wählern ergeben. In den EU-Mitgliedsstaaten und auch auf europäischer Ebene werden die Richter durch die Regierungen ins Amt gebracht. Exemplarisch kann hier Herr Müller genannt werden, der selbst Ministerpräsident des Saarlandes war und nun Verfassungsrichter ist. Durch Regelungen, wie die Ernennung auf Lebenszeit, soll dann in Deutschland wiederum die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Gewalt gesichert werden.
Schon dies zeigt, dass sich für die unterschiedlichen Ausgestaltungen jeweils Vor- und Nachteile finden lassen.

Ausführende Gewalt (Exekutive):

Betrachtet man die Exekutive, also die ausführenden Gewalt, dann stellt man schnell fest, dass man hier nicht um eine Delegation der Aufgaben herum kommt. Ähnlich wie bei der Rechtsprechung müssten sonst immer alle Bürger anwesend sein, um dann gleichzeitig zu handeln oder ein Urteil zu fällen.
Aber auch hier gibt es bei der Legitimation große Unterschiede in den einzelnen Nationalstaaten. Während in Frankreich die Regierung direkt vom Bürger bei den Präsidentschaftswahlen gewählt wird, ist in Deutschland der Bundestag derjenige, der über die Bundesregierung entscheidet. Auch in den Bundesländern werden die einzelnen Regierungen von den jeweiligen Landesparlamenten gewählt. Während so in Deutschland der Kanzler bzw. Ministerpräsident seine Stärke aus dem Rückhalt im Parlament gewinnt, bezieht der französische Regierungschef, der durch den direkt gewählten Präsidenten ernannt wird, seine Stärke aus der höheren demokratischen Legitimation des Präsidenten und dessen zusätzlichen Kompetenzen. So hat in Frankreich der Präsident z.B. die Kompetenz zur Auflösung der Nationalversammlung.

Gesetzgebung (Legislative):

Als letztes verbleibt die Legislative, also die gesetzgebende Gewalt. Diese ist in allen demokratischen Ländern als Parlament ausgestaltet. Je nachdem wie der Nationalstaat aufgebaut ist, gibt es aber unterschiedliche parlamentarische Bestandteile. In Deutschland ist sowohl der Bundestag, als auch der Bundesrat mit der Gesetzgebung betraut. Hierbei wird der Bundestag, so wie die Landesparlamente, direkt von der Bevölkerung gewählt, wohingegen der Bundesrat durch die Regierungen der einzelnen Bundesländer besetzt wird.

Demokratie und Gewaltenteilung in Deutschland:

Betrachtet man Deutschland im Gesamten, dann wird das Trennungsgebot an manchen Stellen unterlaufen, z.B. weil die Parlamente (Legislative) die Regierungen (Exekutive) wählen. Auch der Bundespräsident wird über die Bundesversammlung fast direkt von den Parlamenten gewählt. Selbst die Richter werden am Ende von den parlamentarisch gewählten Regierungen ins Amt gebracht. In Deutschland sind die Parlamente also mit weitreichender Macht ausgestattet, weshalb eine hohe Anforderung an die demokratische Legitimation unserer Parlamente gestellt wird. So muss z.B. die Gleichwertigkeit der Stimme gewährleistet werden. In den Grenzen der Machbarkeit, muss jede Stimme einen gleichwertigen Einfluss auf den Wahlausgang haben, weshalb die Anzahl der Bundestagsabgeordneten aus den einzelnen Bundesländern an die Einwohnerzahl geknüpft wird. Zwar haben nicht alle Wahlkreise die gleiche Anzahl an Wählern, aber auch diese sind zumindest im Rahmen des Möglichen angenähert.
Dort wo die Regierung direkt und nicht über die Parlamente gewählt wird, kann durchaus die Anforderung an die Wahl der Legislative geringer ausfallen. Außerdem gibt es Nationalstaaten wie Großbritannien, die in ihrem Wahlrecht, welches auf ein Zweiparteiensystem ausgelegt ist, andere Schwerpunkte setzen.
In Deutschland hingegen wird durch die Aufteilung der Legislative in Bundestag und Bundesrat die Mitbestimmung der einzelnen Landesteile im Gesetzgebungsverfahren besonders gestärkt. Zurzeit haben wir ja auch genau diese Situation, dass schwarz-gelb im Bundesrat keine Mehrheit mehr hat, und daher keine wichtigen Gesetze ohne die Opposition beschließen kann. In Frankreich müssten für eine ähnliche Konstellation das Parlament und die Regierung aus unterschiedlichen politischen Lagern kommen. Etwas was in Deutschland so gar nicht möglich ist.

Demokratie und Gewaltenteilung in der EU:

Wenn man nun Europa betrachtet, dann gibt es neben den europäischen Gerichten die für die Rechtsprechung zuständig sind, vier Institutionen, welche für die Gesetzgebung (Legislative) und die Umsetzung der Gesetze (Exekutive) verantwortlich sind.

Europäischer Rat:

Im „europäischen Rat“ treffen sich die Staats- und Regierungschefs um die groben Ziele der europäischen Politik aus Sicht der Regierungen vorzugeben. Eine direkte demokratische Legitimation dieser Institution gibt es nicht, allerdings sind die einzelnen Regierungsvertreter in den jeweiligen Nationalstaaten selbst schon gewählt worden. In diesem „europäischen Rat“ hat jedes Land genau eine Stimme. Die Beschlüsse sind aber nur Absichtserklärungen, weil der europäische Rat keine Gesetzgebungskompetenz hat und auch die Regierungschefs ihrerseits, zum Teil gar keine Gesetzgebungskompetenz in den eigenen Ländern haben. Allerdings können die Beschlüsse von den Regierungen in den Nationalstaaten selbst in die nationale Gesetzgebung eingebracht werden, oder die Regierungen beteiligen sich über den „Rat der europäischen Union“ an der europäischen Gesetzgebung.

Rat der europäischen Union:

Neben dem „europäischen Rat“ gibt es den „Rat der europäischen Union“. Er ist die Hauptvertretung der Mitgliedsländer und ist gut mit dem Bundesrat vergleichbar. Anders als im „europäischen Rat“ hat nicht mehr jedes Land genau eine Stimme, sondern es findet eine Gewichtung statt. Durch diese Gewichtung werden die unterschiedlichen Einwohnerzahlen der einzelnen Mitgliedsländer berücksichtigt, auch wenn es kein proportionaler Wert ist. Ähnlich, wie das Saarland im Bundesrat überproportional viele Stimmen hat, ist auch das kleine Luxemburg im „Rat der Europäischen Union“ bevorzugt. Es gibt aber noch eine Reihe Sondervorschriften, die bei den verschiedenen Gesetzgebungsverfahren angewendet werden müssen.
Ebenfalls mit dem Bundesrat vergleichbar ist die indirekte Legitimation, welche darauf beruht, dass lediglich die einzelnen Regierungen der Bundesländer bzw. Nationalstaaten gewählt wurden und nicht der Rat im Ganzen. Ebenfalls ähnlich ist die gesetzgeberische Funktion dieses Rates. Anders als der „europäische Rat“ wirkt der „Rat der europäischen Union“ bei der europäischen Gesetzgebung mit.

Europäisches Parlament:

Das Europäische Parlament ist das von den EU-Bürgern direkt gewählte Parlament. Obwohl das Parlament direkt gewählt ist, wird anders als beim Bundestag die Gleichwertigkeit der Stimme nicht erreicht. Während die Anzahl der Abgeordneten des Bundestages nach der Einwohnerstärke auf die Bundesländer verteilt wird, haben die Nationalstaaten einen Sitzanspruch, der nicht mit der Einwohnerzahlt korreliert. Ferner hat das europäische Parlament nicht so weitreichende Kompetenzen wie der Bundestag. So fehlt es z.B. am Initiativrecht um Gesetze zur Abstimmung einzubringen.

Europäische Kommission:

Die europäische Kommission ist zwar in der Hauptsache ein Exekutiv-Organ, welches die notwendigen Geschäfte der EU betreibt, hat aber auch entscheidende legislative Funktionen. Somit ist die europäische Kommission aus meiner Sicht das stärkste Organ der EU.
Sie wird in einem Verfahren aus Vorschlag und Bestätigung zwischen dem europäischen Rat und dem europäischen Parlament gewählt. Hierbei entsendet jedes Land einen Vertreter, so dass es regelmäßig immer einen Kommissar aus z.B. Deutschland in Brüssel gibt. Zurzeit ist dies Günther Oettinger, der von der deutschen Regierung vorgeschlagen wurde.

Wenn man versucht diese Regelungen auf Deutschland zu übertragen, dann würde dies bedeuten, dass nicht mehr der Bundestag alleine, sondern nur zusammen mit der Regierung neue Gesetze beschließen kann. Gleichzeitig würde die Regierung aber auch nicht mehr nur vom Bundestag, sondern von den Ministerpräsidenten der Bundesländer bestimmt. Aus jedem Bundesland würde dann jemand kommen, der, wie Oettinger, auf speziellen Vorschlag nach Berlin ginge.
So etwas würde in Deutschland natürlich die politische Macht sehr stark auf die Landesregierungen lenken, welche die Regierung in Berlin dann direkt mitgestalten könnten. Außerdem hätte der Bundestag nur noch einen geringen Einfluss, weil er Gesetze der Regierung nur noch absegnen kann, aber keine eigenständigen Gesetze mehr einbringen könnte.

Deutschland und die EU:

Aus den dargestellten Unterschieden folgt, dass die verschiedenen Organe der EU und der Bundesrepublik nur bedingt vergleichbar sind. So hat z.B. das europäische Parlament nicht dieselbe demokratische Legitimation, wie der Bundestag. Bis auf wenige Punkte, wie die 5%-Hürde, wird bei der Bundestagswahl das Wahlergebnis in einem korrekten Verhältnis abgebildet, während im europäischen Parlament einzelnen Mitgliedsstaaten über- und andere unterrepräsentiert werden. Außerdem ist das europäische Parlament mit nur relativ geringen Machtbefugnissen ausgestattet.

Auch der Vergleich zwischen der Bundesregierung und der europäischen Kommission hinkt. Während die Kommission relativ große Befugnisse im Gesetzgebungsverfahren hat, ist die Bundesregierung in vielen Punkten auf Bundestag und Bundesrat angewiesen. Lediglich in engen, vom Parlament vorher festgelegten Grenzen kann die Bundesregierung eigene Rechtsvorschriften erlassen.

Wenn man nun versucht darzustellen, dass sich die Bundesländer zu Deutschland in etwa so verhalten, wie die EU-Mitgliedsstaaten zur Europäischen Union, dann trifft auch dies nur entfernt zu.
Während die Bundesregierung eigenständig über den Bundestag gewählt wird, ist die Zusammensetzung der europäischen Kommission im Wesentlichen das Ergebnis von Entscheidungen der nationalen Regierungen. Der Einfluss der Landesregierungen auf die Bundespolitik ist daher wesentlich geringer, als der Einfluss der nationalen Regierungen auf die Europapolitik.

Innerhalb Europas lässt sich damit auch eine Verschiebung der Macht von den gewählten Parlamenten hin zur Regierung feststellen. Während in Deutschland das wichtigste Organ im Staatsgebilde der Bundestag ist, hat auf europäischer Ebene die europäische Kommission die weitreichendsten Befugnisse. Anders als der Bundestag, der ja direkt gewählt wird, hat die Kommission aber nur eine sehr indirekte demokratische Legitimation.
Für Deutschland besteht damit die Gefahr, dass durch eine Ausweitung der europäischen Aufgaben, die Bundesregierung über die europäische Kommission zusätzliche Kompetenzen erhält, während der direkt gewählte Bundestag dann eine geringe Machtfülle hätte.

Das Subsidiaritätsprinzip:

Neben der reinen Frage der Legitimation muss auch die Frage geklärt sein, welche inhaltliche Zuständigkeit besteht. Betrachtet man nur Deutschland, so wird zwischen den Bundesländern und Deutschland eine Aufteilung gemacht, die hauptsächlich darauf abzielt, nur dies bundeseinheitlich zu regeln, was sinnvoller- oder notwendigerweise dort geregelt werden muss.
Betrachtet man aber die Inhalte genauer, so kann man meistens für beide Varianten Vor- und Nachteile finden. So ist es sicherlich ein Vorteil, wenn die Bundesländer ihre Bildungspolitik individuell gestalten können, und so auf die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort eingehen. Es wäre aber sicher auch ein Vorteil, wenn die Bildungssysteme und Lerninhalte einheitlich wären, damit Wohnortwechsel nicht zu Nachteilen bei der Schulausbildung führen.

Auch auf europäischer Ebene lassen sich zwar Inhalte definieren, die nur von den Mitgliedsstaaten individuell gelöst werden sollen, und Inhalte die eine gemeinsame Politik benötigen, aber hier tritt dasselbe Problem auf. Für eine Vereinheitlichung des Finanzwesens spricht die verbesserte Kontrolle der Bankinstitute, für eine nationalstaatliche Lösung sprechen die unterschiedlichen Gegebenheiten in den Mitgliedsstaaten. Sparkassen und Genossenschaftsbanken spielen z.B. nicht in allen Mitgliedsländern eine solche Rolle wie in Deutschland.

Die Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten und der EU:

Bislang haben die Nationalstaaten noch weitreichende eigene Regelungsbefugnisse. Die europäischen Regelungsbefugnisse zielen hauptsächliche auf eine Harmonisierung der Wirtschafts- und Wettbewerbsregeln ab. Vor allem der freie Marktzugang ist ein häufiges Thema, aber auch europaweiter Verbraucherschutz.
Diese Zielsetzung führt auch gelegentlich zu recht bizarren Ergebnissen. So drängt die EU in den Mitgliedsländern auf einen freien Kommunikationsmarkt, weshalb die Kommunikationsanbieter z.B. Voice-Over-IP-Techniken nicht verhindern dürfen, allerdings für den flächendeckenden Ausbau des Internets und damit den Zugang für die Bürger sind wieder die Nationalstaaten verantwortlich. Erst durch die beschlossenen Wachstumspakete stehen hierfür nun europäische Fördergelder in größerer Menge zur Verfügung.

Durch diese Enge der Aufgabenstellung innerhalb der EU, wird natürlich der Einfluss der EU deutlich reduziert. Für die europäische Kommission bedeutet dies, dass sie zwar auf dem europäischen Feld sehr wichtig ist, aber ihr Feld nicht ganz so groß ist, wie das der Bundesregierung, bzw. des Bundestages.
Zwar wird bei der Gesetzgebung immer darauf verwiesen, dass viele Gesetze aus Brüssel kommen, aber das Gewicht dieser Gesetze ist oftmals nicht so groß.

Übertragung von mehr Souveränität an die EU:

Nachdem ich nun dargestellt habe, wie die einzelnen Ebenen (Land, Bund, EU) zusammenwirken und die staatliche Gewalt (Legislative, Exekutive, Judikative) in den verschiedenen Ebenen aufgeteilt ist, kann sich jeder selbst ein Bild darüber machen, unter welchen Bedingungen er oder sie wie viel Aufgaben an die EU übertragen würde. Es sollte hierbei aber stets bedacht werden, dass eben die verschiedenen Mitgliedsstaaten ein teils völlig unterschiedliches Staatswesen haben.

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Merkel, Medien und Macht https://www.mister-ede.de/politik/merkel-medien-und-macht/525 https://www.mister-ede.de/politik/merkel-medien-und-macht/525#comments Thu, 15 Mar 2012 19:30:37 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=525 Weiterlesen ]]> Gestern, am 14.03.2012, hat das ARD-Medienmagazin ZAPP über die Einflussnahme der Politik auf die öffentlich-rechtliche Medien berichtet. Ich freue mich, dass das Thema nicht aus der Öffentlichkeit verschwindet, aber ich sehe das Problem doch noch etwas großflächiger. Das Prinzip der Gewaltenteilung wird ja von Merkel und der Koalition fast überhaupt nicht gewahrt. Nicht nur die Einflüsse auf die 4. Gewalt der Medien, sondern eben auch die Wahl von Müller zum Verfassungswächter, sind solche Einflüsse.

Geeint geteilt: Merkels Interpretation der Gewaltenteilung (www.mister-ede.de – 11.02.2012)

Stellen wir uns vor, Frau Merkel (Die CDU-Mehrheit im Bundestag) macht ein Gesetz, dass hart an der Verfassung kratzt. Soll Wilhelm das in den Medien zum Thema machen oder soll Müller das Gesetz beim Bundesverfassungsgericht kippen? Auch Wulff hätte keine wirkliche Kontraposition mehr bezogen, daher kann man nur glücklich sein, dass aus welchen Gründen auch immer, der Präsident nicht mehr von Merkels Gnaden ist.

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Geeint geteilt: Merkels Interpretation der Gewaltenteilung https://www.mister-ede.de/politik/merkels-gewaltenteilung/347 https://www.mister-ede.de/politik/merkels-gewaltenteilung/347#comments Sat, 11 Feb 2012 12:43:17 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=347 Weiterlesen ]]> Die Gewaltenteilung soll dazu dienen, dass sich die unterschiedlichen Organe des Staates gegenseitig kontrollieren. Frau Merkel hat aber anscheinend eine eigene Interpretation gefunden. Es ist schon etwas länger her als Nikolaus Brender, Intendant des ZDF, keine Vertragsverlängerung erhielt. Für den Wechsel an der Spitze des Zweiten soll vor allem die CDU verantwortlich gewesen sein. Im Jahr 2010 wechselte dann der Regierungssprecher der schwarz-gelben Koalition, Ulrich Wilhelm, als Intendant zum Bayerischen Rundfunk. Im Gegenzug durfte Steffen Seibert von den Heute-Nachrichten des ZDF ins Kanzleramt wechseln.
Nachdem bei Brender und Wilhelm die Positionierung gelungen war, sollte das Ganze wohl beim MDR wiederholt werden. Zum Intendanten sollte Bernd Hilder gewählt werden. Hilder arbeitete als Chefredakteur für verschiedene Zeitungen die im Madsack-Verlag erschienen sind. Das ist im Übrigen derselbe Verlag, der das Kochbuch veröffentlichte, wegen dem Olaf Glaeseker, Ex-Sprecher von Wulff, in die Kritik geraten war.
Als Krönung der Personalbesetzungen wurde im letzten Jahr Peter Müller (CDU) zum Verfassungsrichter ernannt. Er soll nun über die Rechtmäßigkeit von Gesetzen wachen, welche zurzeit von Parteikollegen verabschiedet werden.

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