Polen, quo vadis?

Vor einem Vierteljahr hat sich die Bevölkerung Polens bei den Parlamentswahlen mehrheitlich für eine streng nationalkonservative Partei, die PiS um Jaroslaw Kaczyński, entschieden. Nachdem bereits im Frühjahr 2015 der Nationalkonservative Andrzey Duda zum polnischen Präsidenten gewählt wurde, ist damit nun auch die Regierung Polens fest in der Hand der PiS, die überdies auch in der zweiten Kammer des Landes, dem Senat, die Mehrheit stellt.
Welche Folgen diese politische Veränderung für Polen hat, konnte man dann auch schon kurz nach der Regierungsübernahme sehen, als neue Mediengesetze erlassen wurden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Sinne der Nationalisten ausgemistet und mit dem Rauswurf kritischer Journalisten auf Parteilinie gebracht wurde. Seitdem jagt eine bedenkliche Entscheidung die nächste, zuletzt beispielsweise die Entmachtung der unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft und die Übertragung ihrer Aufgaben an den von der PiS gestellten Justizminister [1]. Nun könnte man einwenden, dass solche Gesetze in einem Rechtsstaat vom Verfassungsgericht überprüft werden können, doch auch hier wurde die PiS bereits aktiv und hat das Gericht zum einen umbesetzt und zum anderen bis zur Arbeitsunfähigkeit reformiert [2].

Nach Ungarn ist damit ein zweites Land auf einem Kurs, der sich nur schwer mit den freiheitlich-demokratischen Vorstellungen der EU vereinbaren lässt. Zwar vermag ich nicht abzuschätzen, welche der beiden Regierungen dabei weiter über die Grenzen des Vertretbaren hinausgeht oder künftig noch hinausgehen will, allerdings ist in Bezug auf Polen besonders die Geschwindigkeit besorgniserregend, mit der das Land den Boden europäischer Werte verlässt. Die EU, aber auch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, müssen daher im Interesse dieser europäischen Werte dringend dafür sorgen, dass Polen künftig genau zwei Optionen hat: Sich entweder an geltendes europäisches Recht zu halten oder von der EU suspendiert zu werden.
Nur wenn das absolut klar ist und auch konsequent umgesetzt wird, dürfte es eine Chance geben, dass sich die Nationalkonservativen in Polen zusammenreißen. Denn ob die Mehrheit der Polen noch immer so begeistert vom Kurs ihrer Regierung wäre, wenn als Konsequenz Milliarden an EU-Fördergeldern wegfallen und der Ausschluss aus der EU droht, halte ich für fraglich.
Sollte sich die EU jedoch als Papiertiger entpuppen, werden nicht nur die Nationalisten in Polen diese Schwäche zu nutzen wissen und das Wertefundament der EU untergraben. Auch deshalb dürfen Einschränkungen der Grundrechte, der unabhängigen Justiz oder der Medien- und Pressefreiheit in Polen keinesfalls toleriert werden.

Zwar bliebe auch bei einem solch konsequenten Vorgehen der EU abzuwarten, ob die polnische Regierung dann auf einen Kurs entlang der Grenze des Zulässigen einschwenkt oder weiter mit klaren Rechtsbrüchen die offene Konfrontation sucht, aber zumindest wäre deutlich, dass die EU ihre Werte und Grundsätze verteidigt. Regierung und Bevölkerung Polens müssten sich entsprechend darauf einstellen, dass das Land bei weiteren Verstößen gegen europäische Normen eben auf eine Mitgliedschaft in der EU verzichten muss.


[1] Tagesschau Artikel vom 29.01.2016 zur Justizreform in Polen (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[2] Artikel auf Spiegel-Online vom 23.12.2015 zu den Reformen des Verfassungsgerichts (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

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