mister-ede.de » Serbien https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Berechtigte und unberechtigte Kritik an Ungarns Flüchtlingspolitik https://www.mister-ede.de/politik/kritik-an-ungarns-politik/4340 https://www.mister-ede.de/politik/kritik-an-ungarns-politik/4340#comments Tue, 08 Sep 2015 17:34:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4340 Weiterlesen ]]> Die Regierung in Budapest betreibt eine radikale Abschreckungspolitik und kümmert sich nur unzureichend um Flüchtlinge. Dazu kommt, dass Viktor Orbán die Situation in der letzten Woche anscheinend bewusst eskalieren ließ, um auf Kosten von Flüchtlingen bei seiner Wählerschaft zu punkten und künftige Flüchtlinge vom Land fernzuhalten. Auch die EU wurde auf diese Weise unter Druck gesetzt, entweder Ungarn zu helfen oder das Land von einem Teil seiner Last zu befreien, wie es durch die Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland am Wochenende dann auch geschehen ist.

Eine andere Wahrheit ist aber auch, dass Ungarn zu einem großen Teil nur die Folgen jener Probleme ausbadet, welche die EU insgesamt nicht gelöst bekommt. So ist es z.B. das Versagen der Europäischen Union und nicht die Schuld Orbáns, dass der Westbalkan noch immer das Armenhaus Europas ist.
Die Entwicklung dieser Region ist schon seit Jahren suboptimal und die logische Konsequenz daraus ist, dass immer mehr Menschen vom Balkan die Möglichkeiten der Visafreiheit nutzen und ihr Glück in anderen Ländern suchen – und sei es nur mit einem aussichtlosen Asylantrag. Erschwerend kommt für Ungarn in den letzten Jahren hinzu, dass Italien oder Frankreich als Zielregionen nicht mehr so attraktiv sind, weshalb vermehrt der Weg der Menschen nach Ungarn bzw. über Ungarn z.B. nach Österreich oder Deutschland führt. Wenn also Orbán einen deutlichen Anstieg der Migration beklagt, so ist dies vor allem das Ergebnis einer erfolglosen Balkan-Politik der EU, was dann zu manch populistischer Reaktion im Land der Magyaren führte.

Aber auch wenn man den Balkan außen vor lässt und nur auf Flüchtlinge aus anderen Weltregionen, z.B. Syrien, schaut, dann bricht ja nicht zuerst Ungarn die europäischen Regeln, sondern z.B. Griechenland. Theoretisch dürfte nach den Regeln des Dublin-Abkommens in Ungarn überhaupt kein nicht registrierter Flüchtling aus Syrien ankommen. Wenn also Dublin funktionieren würde, hätte Ungarn kaum einen Asylberechtigten, weil die meisten Antragsteller wieder abgeschoben werden könnten, z.B. nach Griechenland. Entsprechend abwegig ist es daher aber auch, jetzt von Ungarn mit seinen 9,9 Mio. Einwohnern zu verlangen, dass es das europäische Chaos alleine ausbadet und, wie das von der Bundesregierung gefordert wird, alle Flüchtlinge registriert, um später ein Asylverfahren durchzuführen und ihnen dann in Ungarn Asyl zu gewähren.

Bedenkt man außerdem, dass im Verhältnis zur Einwohnerzahl in Ungarn trotz der Dublin-Regeln im ersten Halbjahr 2015 doppelt so viele Asylanträge gestellt wurden wie in Deutschland, so wirkt manche Kritik an Orbán ziemlich deplatziert. Und so hat wohl auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nicht geahnt, dass er seine Frage vom 1.9., warum Ungarn die Flüchtlinge plötzlich unkontrolliert weiter ziehen lässt [1], nicht mal eine Woche später selbst beantworten kann, nachdem auch das bayerische Registrierungssystem aufgrund der großen Menge an Flüchtlingen zusammengebrochen ist. Insofern besteht Ungarn aber auch völlig zu Recht darauf, dass die EU entweder Griechenland zur Einhaltung der Regeln bewegt oder Ungarn in dieser Situation zumindest entlastet.


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[1] Interview im ZDF Morgenmagazin mit Joachim Herrmann (Link zum Beitrag auf www.heute.de)

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Flüchtlinge in der EU: Deutschland ist akut gefordert https://www.mister-ede.de/politik/deutschland-ist-akut-gefordert/4334 https://www.mister-ede.de/politik/deutschland-ist-akut-gefordert/4334#comments Sat, 05 Sep 2015 17:55:45 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4334 Weiterlesen ]]> Es ist an Deutschland, den gordischen Knoten in der europäischen Flüchtlingspolitik zu durchschlagen, um so die Bewältigung der aktuellen Migrationsbewegung zu ermöglichen. Die gestrige Entscheidung, in Zusammenarbeit mit Österreich zunächst einige tausend Flüchtlinge von Ungarn zu übernehmen, ist hierzu ein erster Schritt, der allerdings nur für zwei, drei Tage Entlastung schaffen wird. Zwar wird Ungarn in den nächsten Tagen beginnen, seine EU-Außengrenze zu Serbien mit Soldaten zu sichern, das allerdings hat keinerlei Auswirkung auf die Gesamtsituation. Entweder die Flüchtlinge schaffen es dennoch über diese Grenze, weichen auf andere Routen aus, z.B. über die EU-Staaten Rumänien oder Kroatien, oder sie stranden in Serbien.
Um in den nächsten Tagen und Wochen eine Rückkehr zu einem einigermaßen geordneten Verfahren zu bewerkstelligen, wird es daher eine Kraftanstrengung Deutschlands benötigen, die nochmals deutlich über das bisher geleistete hinausgehen muss.

Türkei einbinden:

Vordringlichste Aufgabe sollte es sein, die EU-Außengrenzen zur Türkei hin abzusichern. Hierzu sollte der Türkei bzw. der UN finanziell, materiell und personell geholfen werden, um die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei zu gewährleisten. Für die Gruppe der syrischen Flüchtlinge sollten legale Wege zur Asylsuche in der EU eingerichtet werden, um den Druck auf die Außengrenze zu nehmen. Daneben könnte der Türkei für die Grenzsicherung ein fester Betrag von z.B. 50 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden und zusätzlich zum 31.12.2015 eine Zahlung von 1 Mrd. Euro zugesichert werden, die sich je illegal über die Türkei eingereister Person um 10.000 Euro reduziert. Reisen bis Ende des Jahres mehr als 100.000 Flüchtlinge auf illegalem Weg über die Türkei ein, so muss die Milliarde nicht bezahlt werden, sind es weniger, wurde der Zustrom erfolgreich eingedämmt.

Hilfe bei der Sicherung der Außengrenze:

Bei einem Tagessatz von 100 Euro können für 1 Mio. Euro 10.000 Soldaten einen Tag lang eingesetzt werden. Deutschland sollte den Ländern Bulgarien und Griechenland 100 Mio. Euro zur akuten Sicherung der Grenze für die nächsten 100 Tage zur Verfügung stellen und zusätzlich Personal und Material zur Unterstützung anbieten. Daneben sollte geprüft werden, ob Ungarn, Kroatien oder Slowenien Hilfe bei der Grenzsicherung benötigen.

EU-Aufnahmelager:

Es müssen umgehend in Griechenland und Bulgarien EU-Aufnahmelager zur Versorgung und Registrierung von Flüchtlingen geschaffen werden und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Hierzu sollte die Hilfe des UNHCR und europäischer Rotkreuz-Organisationen erbeten werden. Auch in Italien sollten so schnell wie möglich von der EU und Italien EU-Aufnahmelager eingerichtet werden. Deutschland sollte bei der Einrichtung der EU-Aufnahmelager als treibende Kraft vorangehen und zum Aufbau und Betrieb bis zu 1 Mrd. Euro Finanzhilfen bis Ende des Jahres zur Verfügung stellen und auch Personal und Material anbieten.

Balkan-Route abarbeiten:

Nur wenn es gelingt, die Durchlässigkeit der Außengrenzen hin zur Türkei deutlich zu minimieren und jene, die neu ankommen, in Griechenland oder auch Bulgarien in ein geordnetes Verfahren zu bringen, kann das Flüchtlingsaufkommen auf der Balkan-Route abgearbeitet werden. Gelingt dies nicht, wird jede neu geschaffene Kapazität binnen kürzester Zeit ausgeschöpft sein ohne eine Verbesserung der Lage zu bewirken.

Um den Flüchtlingen auf der Balkan-Route möglichst zügig zu helfen, sollten Serbien und Mazedonien bei der Versorgung der Flüchtlinge finanziell unterstützt werden. Gleichzeitig sollte Deutschland ein Kontingent einrichten um weitere 50.000 Flüchtlinge aufzunehmen und andere Länder ebenfalls bitten ein Kontingent zur Verfügung zu stellen um insgesamt auf 100.000 Plätze zu kommen. Um einen Platz für dieses Kontingent zu erhalten, sollten die Flüchtlinge in Griechenland an der Grenze zu Mazedonien ein einzurichtendes Notlager aufsuchen müssen. Auf diese Weise besteht für Flüchtlinge kein Anreiz mehr, sich auf die Balkan-Route zu begeben und auch Flüchtlinge die sich schon in Mazedonien oder Serbien befinden, könnten so zur Umkehr bewogen werden. Gleichzeitig würde dies ermöglichen, den Aufbau eines ordentlichen Verfahrens mit EU-Aufnahmelagern in Griechenland voranzutreiben. In der akuten Situation wäre wohl zunächst sinnvoll, mit dem Transport nicht registrierter Flüchtlinge nach Deutschland zu starten, bevor dann in ein paar Wochen die Möglichkeit vorhanden sein sollte, zumindest die Registrierung vor Ort durchzuführen.

Hierauf aufbauend könnte irgendwann auch das gesamte Asylverfahren vor Ort durchgeführt werden. Hierzu sollte Deutschland schon jetzt nach Partnern für ein Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit in der EU suchen, mit denen dann eine gemeinsame Asylbehörde mit einheitlichen Asylverfahren und anschließender Verteilung der Asylberechtigten auf diese Partnerländer eingerichtet wird. Ankommenden Flüchtlingen könnte dann in diesem EU-Auffanglager die Möglichkeit gegeben werden, entweder Asyl in Griechenland zu beantragen oder das gemeinsame Asylverfahren z.B. von Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien und Schweden zu durchlaufen, um Asyl in diesen Ländern zu suchen. Es wäre ein deutlicher Schritt hin zu einer echten gemeinsamen EU-Asylpolitik, der sich andere EU-Länder anschließen könnten und die man dann auch z.B. auf Italien ausdehnen könnte.


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Gedanken zu einer Europäisierung der Asylpolitik in der EU (www.mister-ede.de – 25.08.2015)

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Zur Kritik am ungarischen Grenzzaun zu Serbien https://www.mister-ede.de/politik/kritik-am-grenzzaun-in-ungarn/4320 https://www.mister-ede.de/politik/kritik-am-grenzzaun-in-ungarn/4320#comments Fri, 04 Sep 2015 19:53:44 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4320 Weiterlesen ]]> Häufig wird der Grenzzaun von Ungarn zu Serbien mit Verweis auf die offenen Grenzen in Europa kritisiert. Tatsächlich handelt es sich hier aber um eine EU-Außengrenze, die von Ungarn nicht anders geschützt wird wie von Spanien die Grenze zu Marokko. Wer von Ungarn die Abschaffung des Zaunes zu Serbien fordert, muss also auch von Spanien die Abschaffung seiner Grenzanlagen z.B. in Melilla verlangen, wenn er nicht mit zweierlei Maß messen will.

Daneben wird der Grenzzaun auch häufiger als Art neuer Eiserner Vorhang bezeichnet, was ein historisch höchst zweifelhafter Vergleich ist. Der Eiserne Vorhang hat die dahinter lebenden Menschen eingesperrt und niemand durfte ausreisen. Der heutige Grenzzaun ist hingegen ein legitimes Mittel zur Sicherung der Landesgrenzen.
Es ist ja ein großer Unterschied, ob jemanden in ein Haus eingeschlossen wird oder ob jemand beim Verlassen seines Hauses die Türe hinter sich abschließt, damit niemand anderes hineinkommt.

Man kann die ungarische Regierung in vielen Punkten auch scharf kritisieren. Was aber den Grenzzaun anbelangt, so ist diese Kritik verfehlt und lenkt davon ab, dass die europäische Balkan-Politik seit Jahren kaum Früchte trägt. Der Grenzzaun ist natürlich Ausdruck einer rechts-populistischen Abschottungspolitik, aber auch mindestens genauso sehr ist er das Ergebnis einer erfolglosen EU-Politik.


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