mister-ede.de » Steuerdumping https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 SPD braucht strategische, organisatorische, inhaltliche und personelle Erneuerung https://www.mister-ede.de/politik/spd-braucht-eine-erneuerung/8580 https://www.mister-ede.de/politik/spd-braucht-eine-erneuerung/8580#comments Sun, 19 Nov 2017 18:51:26 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8580 Weiterlesen ]]> Aller guten Dinge sind drei – aller schlechten leider auch. Nach der dritten Bundestagswahl in Folge mit einem SPD-Ergebnis weit unter der 30-Prozent-Marke muss sich die Sozialdemokratie nun grundlegend reformieren. Die älteste Partei Deutschlands muss die nächste Zeit nutzen, um sich strategisch, organisatorisch, inhaltlich und personell neu aufzustellen.

Strategisch:

Die gesellschaftliche Mitte ist eine Illusion – es gibt sie nicht! Vielmehr ist eine Gesellschaft eine Gesamtheit von Individuen, die sich bestenfalls als Milieus oder Gruppen zusammenfassen lassen. Anstelle einer Politik, die sich auf den Durchschnitt bezieht, z.B. auf eine Familie mit 1,6 Kindern oder auf einen 43,7 Jahre alten Arbeitnehmer mit 29.700 Euro Jahresgehalt, braucht es eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Bürgers.
Die SPD muss künftig politische Angebote machen, die der Lebenswirklichkeit der verschiedenen Gruppen und Milieus Rechnung tragen. Pflegende und Gepflegte, Homosexuelle, Menschen mit Migrationshintergrund, Erwerbsunfähige, Berufspendler oder Arbeitslose – um nur einige zu nennen – müssen sich gleichermaßen von der Sozialdemokratie vertreten fühlen. Alleinerziehende müssen sich von der Politik der SPD genauso angesprochen fühlen wie eine sechsköpfige Familie. Prekär Beschäftigte müssen sich in der Sozialdemokratie genauso aufgehoben fühlen wie die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter.
Basis für die Ausrichtung der SPD darf daher nicht länger ein fiktiver Durchschnitt sein, sondern muss die tatsächlich vorhandene Diversität sein. Denn unsere vielfältige Gesellschaft benötigt keine Politik für eine statistische Mitte, sondern eine Politik, die dieser Vielfalt am Ende auch gerecht wird.

Organisatorisch:

Die Digitalisierung hat unsere Gesellschaft grundlegend verändert, z.B. die Art und Weise der politischen Meinungs- und Willensbildung. Während das persönliche Gespräch immer stärker in den Hintergrund rückt, entstehen neue, digitale Räume des politischen Diskurses. Offline gilt, dass die SPD zu den Menschen hin muss – auf die Marktplätze, in die Vereine. Und dasselbe gilt online! Die SPD muss deshalb künftig für die Außenkommunikation viel stärker auf die von den Bürgern genutzten Plattformen im Netz gehen und darf dort nicht nur sein, sondern muss sich dort auch aktiv am politischen Diskurs beteiligen.
Daneben muss die SPD ihre Organisationsstruktur den Gegebenheiten unserer Zeit anpassen. Es braucht Netzangebote, die es ermöglichen, abseits traditioneller Parteistrukturen zielgerichtet über konkrete Themen zu diskutieren. Viele Bürger scheuen Parteien und auch viele Mitglieder wollen sich in ihrer Freizeit nicht damit beschäftigen, in welcher Farbe das Rathaus gestrichen werden soll, ob die Weihnachtsfeier im „Hirschen“ oder in der „Rose“ stattfindet oder ob man jetzt diese oder jene Kugelschreiber für den nächsten SPD-Stand organisiert. Sehr wohl aber interessieren sich zahlreiche Bürger und Mitglieder z.B. für Umweltschutzthemen, Migration, Friedenspolitik oder das Zusammenwachsen Europas.
Die SPD sollte daher nicht nur andere Plattformen bespielen, sondern dauerhaft eigene Netzpangebote für zeit- und ortsunabhängige Diskussionen entwickeln. Bürger können so aktiv in den Dialog eingebunden werden und losgelöst von Ortsvereinen von der SPD gezielt mit jenen Themen angesprochen werden, die sie besonders interessieren. Aber auch der Austausch unter den knapp 500.000 Mitgliedern kann gestärkt werden. Und wenn die Angebote entsprechend strukturiert und aufgebaut wären, könnten die Mitglieder darüber auch bei inhaltlichen Fragen am Entscheidungsprozess in der SPD mitwirken.

Inhaltlich:

Die SPD muss sich ein neues Grundsatzprogramm geben, das den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Es darf nicht länger zugelassen werden, dass Demokratie und Sozialstaat durch global agierende Großkonzerne ausgehöhlt werden. Vielmehr muss sich die SPD der Herausforderung stellen, die Globalisierung im Sinne von Demokratie und Sozialstaat zu gestalten. Dem Laissez-faire-Neoliberalismus der vergangenen Jahrzehnte muss daher endlich eine Absage erteilt werden und stattdessen müssen Wege zurück zur Sozialen Marktwirtschaft aufgezeigt werden. Anstelle von grenzenlosem Freihandel und nationalem Gegeneinander, braucht es Fairhandel und internationale Kooperation. Anstelle marktradikaler Deregulierung braucht es einen klaren ordnungspolitischen Rahmen. Denn nur eine Sozialdemokratie, die die Spaltung der Gesellschaft in Globalisierungsgewinner und Abgehängte verhindert, wird im 21. Jahrhundert noch eine Existenzberechtigung haben. Aus diesem Grund muss die SPD wieder zu der Partei werden, die dafür sorgt, dass nicht nur einige wenige vom technologischen Fortschritt und der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren, sondern die gesamte Gesellschaft.

Personell:

Wenn die Parteiführung eine grundlegende Reform der SPD glaubwürdig verkörpern will, darf sie sich bei diesem Erneuerungsprozess nicht ausnehmen. Anstelle ausgetretener Pfade braucht es neue Wege, anstelle des Verharrens im Gestern braucht es neue Ideen und anstelle von bestehenden Netzwerken braucht es einen frischen Wind. Statt Personalrochaden unter immer gleichen Köpfen durchzuführen, muss deshalb ein erkennbarer personeller Umbruch stattfinden.


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Warum die Europa-Debatte auf der Stelle tritt https://www.mister-ede.de/politik/stillstand-europa-debatte/8448 https://www.mister-ede.de/politik/stillstand-europa-debatte/8448#comments Sat, 10 Jun 2017 17:35:16 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8448 Weiterlesen ]]> Zurzeit steckt die EU in einer Vielzahl von Krisen. Doch anders als in der Vergangenheit ist die EU heutzutage häufig selbst Teil der Krisen und manchmal sogar der genaue Mittelpunkt. So ist z.B. die Eurokrise nicht von einer Naturkatastrophe oder sonstigen globalen Ereignissen verursacht worden, sondern eine hausgemachte Krise einer Währungsunion, die nach ihrer Einführung nicht von einer demokratischen politischen Union umrahmt wurde. Luxleaks und die vielen weiteren nationalen Steuerschlupflöcher machen dasselbe Problem, den mangelhaften ordnungspolitischen Rahmen, am Binnenmarkt sichtbar. Und auch bei der Flüchtlingskrise ist offensichtlich, dass es keine äußeren Kräfte, sondern alleine die EU und ihre Mitgliedsländer waren, die an der solidarischen Verteilung der Ankommenden gescheitert sind – und zwar nicht erst 2015, sondern schon ab 2012, als es nach dem Zusammenbruch Libyens darum ging, Italien beim Umgang mit seiner offenen Seegrenze zu unterstützen.

Die EU ist also immer häufiger selbst Teil des Problems und eine wesentliche Ursache dafür liegt in der fehlenden oder nicht ausreichenden europäischen Integration. Folgerichtig wird an vielen Baustellen der EU immer wieder der Ruf nach weiteren Integrationsschritten der EU laut. Um dem Steuerdumping zu begegnen, soll es eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung geben und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine europäische Arbeitslosenversicherung. Die Währungsunion soll endlich durch eine politische Union ergänzt werden und zur Bewältigung der Flüchtlingskrise soll es ein solidarisches europäisches Migrations- und Asylsystem geben. Die Außengrenzen sollen gemeinschaftlich geschützt und mit einer Verteidigungsunion soll die Abwehrfähigkeit aller EU-Länder verbessert werden. Doch trotz der klaren Forderungen nach mehr Kooperation, die quer durch das politische Spektrum der Pro-Europäer erhoben werden, hat sich bislang nichts geändert – und dafür gibt es Gründe.

Für viele der eigentlich notwendigen Integrationsschritte innerhalb der EU, z.B. der Entwicklung eines echten EU-Außengrenzschutzes, wäre die Einstimmigkeit der EU-Länder notwendig und oftmals sogar eine Änderung der EU-Verträge. Doch durch die Vielzahl nationaler Egoismen ist es inzwischen kaum noch möglich, diese notwendige Einstimmigkeit unter den 28, bald 27, EU-Ländern zu erreichen. So blockiert beispielsweise Deutschland alles, was auch nur im Verdacht stehen könnte, der deutschen Automobilindustrie zu schaden, während andere EU-Länder umgekehrt ihre wichtigen nationalen Unternehmen und Wirtschaftszweige schützen. Und auch bei der Steuergesetzgebung versucht jedes Land immer genau seine eigenen Schlupflöcher zu verteidigen. Die in der Versenkung verschwundene gemeinsame europäische Finanztransaktionssteuer ist ein Musterbeispiel hierfür.
Hinzukommen dann aber auch noch EU-Länder, vorneweg Ungarn und Polen, deren Regierungen den Status quo sowieso ganz gerne erhalten möchten, weil ihnen überhaupt nicht an einer starken EU-Ebene gelegen ist. An dieser Gruppe scheiterte beispielsweise ein erster Versuch, die Verantwortung für die EU-Außengrenzen an die EU zu übertragen, weil diese Länder nicht bereit waren, die Hoheit über den Grenzschutz an ihren eigenen EU-Außengrenzen aufzugeben. Und darüber hinaus gibt es dann sogar noch weitere EU-Länder, z.B. Dänemark, die sich die Möglichkeit zur Nichtteilnahme am Euro-Währungsverbund, an Schengen oder am Dublin-System vertraglich haben zusichern lassen.

Es ist daher extrem schwer, die Hürde der Einstimmigkeit für substanzielle Änderungen innerhalb der EU zu überwinden. Aus diesem Grund laufen auch die vielen Forderungen, z.B. nach einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung oder einer EU-Migrations- und Asylpolitik, kontinuierlich ins Leere. Dadurch ist es inzwischen kaum noch möglich, die EU durch eine tiefere Integration handlungsfähig zu machen und sie damit in die Lage zu versetzen, vom Teil des Problems wieder zum Teil der Lösung zu werden.
Neben den Rufen nach einer tieferen Integration muss daher künftig die Tatsache diskutiert werden, dass solche Vertiefungen nicht mehr mit allen EU-Ländern zusammen gegangen werden können. So schön z.B. Ulrike Guérots „Europäische Republik“ ist, hilft sie solange nicht weiter, bis die Frage beantwortet wurde, welche EU-Länder bei dieser Umgestaltung mitmachen und was das für jene EU-Länder bedeutet, in denen die Bevölkerung nicht zu diesem Schritt bereit ist. Hier setzt nun das „Konzept der Europäischen Föderation“ an, aber auch der frisch gewählte französische Präsident Macron beantwortet mit seinen Vorstellungen zur Reform der Eurozone und einer Weiterentwicklung zu einem Kern innerhalb der EU die Frage, welche EU-Länder an den Integrationsschritten beteiligt wären. Doch in der Öffentlichkeit fehlt es noch immer an einem breiten Diskurs dazu, während sich die Europa-Debatte weiterhin überwiegend in einer Dauerschleife zwischen der Forderung nach tieferer Integration und einer blockierten EU befindet.
Das Ziel muss daher sein, auf die Beantwortung der Frage hinzuarbeiten, mit welchen EU-Ländern eine tiefere Integration umgesetzt werden kann und soll. Denn zum einen hat die Zusammensetzung der Länder umgekehrt Einfluss darauf, in welchem Rahmen und in welcher Tiefe Integrationsschritte verwirklicht werden können und sollen. Und zum anderen wird damit die Europa-Debatte auf die tatsächliche Umsetzung einer tieferen Integration ausgerichtet, was hilfreich wäre, um der Debatte neuen Schwung zu geben und sie endlich wieder vorwärts zu bewegen.


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Mit Le Pen droht Europa ein Ende mit Schrecken, mit Macron ein Schrecken ohne Ende! https://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384 https://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384#comments Thu, 04 May 2017 19:34:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8384 Weiterlesen ]]> Es ist kein Geheimnis, dass Marine Le Pen für ein Ende der EU eintritt und zurück in den Nationalstaat will. Insofern bedarf es, was Le Pen anbelangt, keiner großen Erläuterungen. Gewinnt sie bei den französischen Stichwahlen um das Präsidentenamt am kommenden Sonntag, droht der EU, die nach dem Brexit bereits angezählt ist, das endgültige Scheitern. Doch auch mit Emmanuel Macron als nächstem Präsidenten Frankreichs sieht die Zukunft des europäischen Projektes alles andere als rosig aus.

Bereits in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister von 2014 – 2016 hat sich Macron als neoliberaler Ideologe entpuppt und auch in seinem jetzigen Wahlkampf hat er immer wieder erklärt, an dieser aktuellen EU der neoliberalen Ideologie festhalten zu wollen. Obwohl also die europäische Integration inzwischen zum Stillstand gekommen ist, sogar mit dem Brexit schon ein Zerfallsprozess eingesetzt hat, will Macron keine substanziellen Reformen am europäischen Projekt durchsetzen. Vielmehr beharrt er auf einem strikten „Weiter so“ und einem nochmals verstärkten gegenseitigen Wettbewerb der Nationalstaaten. Entsprechend wird Macron nach einem Wahlsieg dafür sorgen, dass sich Frankreich mit niedrigeren Steuern für Reiche und Vermögende, Lohn- und Sozialkürzungen sowie einem Abbau von Arbeitnehmerrechten einen Wettbewerbsvorteil innerhalb des EU-Binnenmarkts gegenüber den europäischen Partnern verschafft. Wenn aber künftig auch Frankreich kräftig an dieser Abwärtsspirale im Standortwettbewerb dreht, wird das erhebliche negative Auswirkungen für die restliche EU haben.

Deutschland wird in diesem Fall unter Druck geraten, den in den letzten Jahren begonnen Kurs der internen Aufwertung wieder zu verlassen, was insbesondere jenen Ländern schadet, die aufgrund der gemeinsamen Euro-Währung keine Abwertungsmöglichkeiten gegenüber Deutschland haben. Vor allem Italien, dessen Staatsfinanzen und Bankensystem bereits jetzt am Rande eines Kollaps stehen, würde durch die wachsende wirtschaftliche Konkurrenz aus Frankreich und Deutschland noch mehr in die Bredouille geraten. Aber auch der spanischen und portugiesischen Wirtschaft, die in den vergangenen zwei Jahren zumindest wieder einen leichten Aufwärtstrend verzeichnen konnte, droht damit der nächste schwere Schlag. Verzichten diese Länder auf ähnlich harte Einschnitte, wie Macron sie in Frankreich plant, werden bei ihnen Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizite steigen und die nächste Wirtschaftskrise in diesen Ländern wäre vorprogrammiert. Gehen sie allerdings denselben Weg wie Frankreich, droht die gesamte Eurozone in eine Rezessionsspirale zu geraten, wie wir sie bereits in der Folge der fatalen Austeritätspolitik erleben mussten.

Erneut werden die Leidtragenden dieser Entwicklung vor allem die normalen Bürger der EU-Länder sein – besonders innerhalb des Euro-Währungsraums. Entweder werden sie von steigender Arbeitslosigkeit betroffen sein oder von unsichereren Beschäftigungsverhältnissen, der Lockerung des Kündigungsschutzes und sinkenden Reallöhnen und Renten. Außerdem werden sie am stärksten unter dem Abbau des Sozialstaats, z.B. geringerem Kindergeld oder schlechterem Krankenversicherungsschutz, leiden.
Doch auch für die europäischen Einkommens- und Vermögenseliten könnte die Rechnung nicht aufgehen. Zwar werden sie von niedrigeren Steuern profitieren und ihre Unternehmen von geringeren Arbeitskosten und einem flexibleren Arbeitsmarkt. Doch ob diese Vorteile am Ende den Schaden einer von Macron ausgelösten europaweiten Rezession übersteigen, ist fraglich.

Klar ist hingegen, dass mit Macrons Wirtschaftspolitik eine wesentliche Grundlage des europäischen Einigungsprozesses zerstört wird, nämlich das Versprechen, gemeinsam in Europa den Wohlstand für alle Beteiligten zu mehren. Möglicherweise wird also gerade Macron, der im französischen Präsidentschaftswahlkampf als Fan dieser EU auftritt, ungewollt zu ihrem Totengräber. Insbesondere in jenen Ländern, in denen es bereits jetzt eine starke nationalistische Strömung gibt, könnte Macron mit seiner Politik des verschärften Standortwettbewerbs wie ein Brandbeschleuniger wirken.
Im schlimmsten Falle wäre dann zwar Le Pen in Frankreich verhindert worden, allerdings zum Preis, dass in anderen EU-Ländern die Nationalisten die Oberhand gewinnen. Aber selbst in Frankreich könnte es am Ende darauf hinauslaufen, dass Le Pen in fünf Jahren bei den nächsten Präsidentschaftswahlen von enttäuschten Macron-Wählern doch noch in den Élysée-Palast geschickt wird.

Insofern muss man zwar jedem, dem an einem europäischen Miteinander gelegen ist, abraten, Le Pen zu wählen und Europa damit den Todesstoß zu versetzen. Allerdings muss man auch Macron dringend davon abraten, seine angekündigte Politik tatsächlich zu verwirklichen und damit das Dahinsiechen Europas fortzusetzen.


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Macron steht für ein geeintes Europa, aber eines der neoliberalen Ideologie https://www.mister-ede.de/politik/macron-neoliberale-ideologie/8378 https://www.mister-ede.de/politik/macron-neoliberale-ideologie/8378#comments Sun, 30 Apr 2017 17:03:54 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8378 Weiterlesen ]]> Es ist natürlich nicht falsch, wenn Emmanuel Macron von vielen Medien als Europafreund bezeichnet wird. Denn im Gegensatz zu Marine Le Pen, die zurück in den Nationalstaat will, setzt Macron auf das europäische Miteinander. Doch worüber die Medien nicht berichten: Für welches Europa Macron eigentlich steht – ein Europa der neoliberalen Ideologie.

Als Wirtschaftsminister scheiterte Macron an der Bevölkerung

Von 2014 bis 2016 war Macron bereits für zwei Jahre französischer Wirtschaftsminister und trat in dieser Zeit für einen Abbau des Sozialstaats, für eine Begrenzung der Arbeitnehmerrechte, für Rentenkürzungen und deregulierte Märkte ein. In einem ersten Reformschritt wollte er dafür unter anderem die Arbeitszeit verlängern, die Zahl der Flächentarife massiv zurückfahren und den Kündigungsschutz aufweichen. Letztendlich scheiterte er allerdings mit seinen weitgehenden Vorschlägen nicht nur am Widerstand des linken Flügels der französischen Sozialisten, sondern vor allem am Widerstand der Bevölkerung. So gingen im Frühjahr 2016 an manchen Tagen weit über eine Million Franzosen im Rahmen der landesweiten Proteste von „Nuit debout“ gegen diese Reformen auf die Straße und im weiteren Verlauf kam es dann auch zu Generalstreiks und Straßenblockaden, die Frankreich lahmlegten.

Macrons Politik ist nicht sozialliberal, sondern kapitalliberal

Aber auch im jetzigen Wahlkampf betonte Macron immer wieder, dass er die französische Wirtschaft in Schwung bringen will, indem er die staatlichen und gewerkschaftlichen Institutionen schwächt und im Gegenzug dafür der Wirtschaft und dem Kapital weitgehende Freiheiten einräumt. Seine Politik ist also keinesfalls sozialliberal, wie das in einigen Medien behauptet wird, sondern durch und durch kapitalliberal.
Macron steht damit, wie kein Zweiter unter den angetretenen Präsidentschaftskandidaten, für die neoliberale Ideologie. Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht, das ist seine Philosophie. Der schwache Staat, der euphemistisch gerne als „schlank“ bezeichnet wird, ist sein Ziel. Für das Gemeinwesen, den sozialen Ausgleich und das Solidarprinzip wird es unter ihm als Präsidenten hingegen keinen Platz mehr in der französischen Politik geben.

Macron ist ein französischer Gerhard Schröder

Blickt man auf Macrons bisherige politische Arbeit und sein Wahlprogramm, wird deutlich, dass er ein Agenda-Politiker im Stile von Gerhard Schröder ist. Dieser hat in seiner Regierungszeit in Deutschland Vermögende und Einkommensstarke steuerlich massiv entlastet, die jahrzehntelang gut funktionierende staatliche Rente zugunsten der privaten Riester-Rente aufgeweicht, auf dem Arbeitsmarkt die tarifliche Beschäftigung durch Leih- und Zeitarbeit und geringfügige Beschäftigung ausgehöhlt und das soziale Sicherungssystem auf Hartz-IV eingeschmolzen. Was hierzulande seither Realität ist, droht nun auch der französischen Bevölkerung, wenn sich Macron am 7. Mai in der Stichwahl durchsetzt und zum Präsidenten gewählt wird.
Gerade für jene Franzosen, die mit Macron die Hoffnung auf ein besseres Leben verbinden, könnte es daher ein bitteres Erwachen geben. Es ist daher nicht ganz unwahrscheinlich, dass ein Sieg Macrons am Ende Le Pen als französische Präsidentin nicht verhindert, sondern lediglich ihren Amtsantritt um 5 Jahre nach hinten verschiebt.

Mit Macron droht dem europäischen Projekt eine fatale Entwicklung

Aber auch für das europäische Miteinander droht mit Macron eine fatale Entwicklung, weil seine europäische Agenda anstelle grundlegender Reformen ein schlichtes „Weiter so“ vorsieht. Trägt er damit allerdings in den kommenden Jahren zur Verfestigung der vorhandenen Struktur der EU im Sinne der neoliberalen Ideologie bei, sind erhebliche Kollateralschäden vorprogrammiert. Denn steigt mit Macron auch Frankreich voll in den gemeinwohlschädlichen Dumpingwettbewerb der EU-Staaten bei Steuern, Löhnen und Sozialleistungen ein, wird sich die Abwärtsspirale innerhalb der EU künftig noch wesentlich schneller drehen. Die Folgen würden die Bürger aller EU-Länder spüren und so könnten z.B. die italienische Movimento Cinque Stelle oder die österreichische FPÖ noch mehr an Zulauf gewinnen. Im schlimmsten Falle birgt also ein Sieg Macrons die Gefahr, dass in den nächsten Jahren in Österreich Heinz-Christian Strache und in Italien Beppe Grillo die Staatsführungen übernehmen.


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Rollback ins Nationale:

Eine Vielzahl nationalistischer Kräfte in Europa möchte die europäische Integration am liebsten auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen und den Kontinent wieder in Nationalstaaten aufspalten. Ihr Narrativ ist, dass sich der Nationalstaat in der Vergangenheit bewährt habe und auch heute besser als die gemeinschaftlichen europäischen Institutionen in der Lage sei, die Interessen der Bürger zu vertreten. Dabei spielt diesen Kräften zurzeit in die Hände, dass es die europäischen Institutionen bei zahlreichen Problemen tatsächlich nicht mehr schaffen, befriedigende Lösungen zu finden. So können die Nationalisten die für die Bevölkerungen der EU-Mitgliedsländer spürbaren und sichtbaren Schwachstellen der EU für ihre Erzählung nutzen, ohne den Beweis antreten zu müssen, dass die Nationalstaaten, wenn sie für sich alleine wären, diese Probleme wirklich besser lösen könnten.
Wichtige Vertreter dieser Hauptrichtung sind z.B. die britische UKIP, die vehement für den Brexit geworben hat, der französische Front National um die rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, die deutsche AfD, die österreichische FPÖ und die italienische Partei Movimento Cinque Stelle (Fünf-Sterne-Bewegung) um Beppe Grillo.

Status quo verteidigen:

Für ein Beibehalten der EU in ihrer jetzigen Form treten vor allem diejenigen ein, die zu den Gewinnern der bisherigen Ausgestaltung des europäischen Miteinanders gehören und deshalb wenig bis gar kein Interesse daran haben, etwas zu ändern. Hierzu gehören insbesondere die Eigentümer und Vertreter jener Unternehmen, die vom gemeinsamen Binnenmarkt und dem Wettbewerb der EU-Länder stark profitieren. Bleibt es bei der aktuellen Konstruktion, können sich deren Unternehmen weiterhin in manchen EU-Ländern das Steuerdumping, in anderen das Lohn- und Sozialdumping und in nochmals anderen EU-Ländern z.B. niedrige Umweltschutzauflagen zunutze machen. Hinzugesellen sich aber auch einige Betriebsräte und Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften, die weit weg sind von Fehlentwicklungen wie wachsendem Niedriglohnsektor und prekärer Beschäftigung und daher ebenfalls für den Erhalt der EU in ihrer bisherigen Struktur plädieren. Mit dem Status quo gut leben können außerdem Politiker wie Viktor Orbán, die keine tiefere Integration und schon gar keine gestärkten europäischen Institutionen möchten, deren Länder allerdings weiterhin vom Binnenmarkt und den EU-Fördergeldern profitieren sollen.
Zu diesen konservativen Kräften hinzuzählen muss man allerdings auch den parteilosen französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron, der sich in seinem Wahlkampf nicht für einen Umbau Europas stark gemacht hat, sondern für eine Agenda-Politik in Frankreich, wie sie Gerhard Schröder einst in Deutschland durchführte. Zum Kreis derer, die vor allem die jetzige EU erhalten und bestenfalls an einzelnen Stellschrauben moderat drehen wollen, gehören außerdem Wolfgang Schäuble, der anstelle tiefgreifender Reformen lediglich einen Euro-Aufseher zur Durchsetzung des Spardiktats in Südeuropa befürwortet, genauso wie der in Deutschland stark gehypte #PulseOfEurope, der zum Fahnenschwenken für die aktuelle EU aufruft, statt substanzielle Veränderungen an dieser EU einzufordern.

Europäische Integration neu denken:

Last but not least gibt es dann noch all jene, die das europäische Miteinander weiterentwickeln und die europäische Integration neu denken wollen. Allerdings sind die Anhänger dieser Strömung quer über das politische Spektrum verteilt, weshalb es innerhalb dieser Gruppe sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, wie ein Europa der Zukunft am Ende gestaltet sein sollte und wie ein Weg dorthin aussehen könnte. Trotz dieser Vielfalt lassen sich diese progressiven pro-europäischen Kräfte aber dennoch auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Sie erkennen die Strukturprobleme der jetzigen EU an, beispielsweise das Demokratiedefizit, und erachten es deshalb für das europäische Miteinander als unabdingbar, diese Konstruktionsfehler der EU durch grundlegende Reformen zu beseitigen.
Zu dieser Gruppe gehören zahlreiche Politiker von Linken und Grünen sowie einige der SPD und auch z.B. die EU-Parlamentarier Manfred Weber (CSU) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Hinzu kommen außerdem verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen, wie die Union Europäischer Föderalisten, die sich für ein föderales Europa einsetzt, oder die Bewegung DIEM25 um den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, die europaweit Dialoge für ein neues Europa durchführt. Aber auch die Wissenschaftlerin Ulrike Guérot, die ihre Vorstellung einer European Republic in ihrem Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“ niedergeschrieben hat und dieser Blog, der sich unter anderem für eine europäische Verfassung stark macht, sind zu dieser Gruppe progressiver Pro-Europäer zu zählen.


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CETA ist kein Weltuntergang, ein vorläufiger Stopp aber auch nicht https://www.mister-ede.de/politik/die-welt-wird-nicht-untergehen/5608 https://www.mister-ede.de/politik/die-welt-wird-nicht-untergehen/5608#comments Wed, 26 Oct 2016 09:44:09 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5608 Weiterlesen ]]> Die Kritik am Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada ist absolut berechtigt. Schon innerhalb der EU schaffen wir es nicht, den Rahmen für den EU-Binnenmarkt so zu gestalten, dass ein tatsächlich fairer Wettbewerb entsteht. Obwohl die EU mit ihrem Europäischen Parlament oder den öffentlichen europäischen Gerichten vergleichsweise gut auf eine demokratische und rechtsstaatliche Begleitung des EU-Binnenmarktes eingestellt ist, gelingt es beispielsweise nicht, das Steuerdumping einzelner EU-Länder zu beenden. Dass nun ein CETA-Abkommen, das auf solche demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen verzichtet, plötzlich leisten kann, woran selbst die EU scheitert, ist deshalb höchst unwahrscheinlich.

So wie allerdings der EU-Binnenmarkt, trotz all seiner Schwächen, nicht der Untergang Europas ist, wäre auch CETA kein Weltuntergang. Selbst wenn also die Wallonie ihren Widerstand gegen das Abkommen aufgibt, wird sich die Welt weiterdrehen.
Die bessere Option wäre aber natürlich, wenn die Wallonie die CETA-Verhandlungen vorerst auf Eis legen und damit den Weg für ein ernsthaftes Nachdenken über die Gestaltung der Wirtschafts- und Währungsunion frei machen würde. Gelänge es auf diese Weise, eine neue Rahmensetzung für den EU-Binnenmarkt zu finden, könnte später dann auch CETA abgeschlossen werden. Insofern ist aber auch ein vorläufiger Stopp von CETA sicher nicht das Ende der Welt.

Festzuhalten bleibt daher: Sollte CETA morgen von den Staats- und Regierungschefs der EU und Kanada unterzeichnet werden, wird der Weg hin zu einer gerechteren Wirtschaft in der EU oder einem faireren Welthandel schwerer, aber nicht unmöglich. Umgekehrt macht ein Stopp von CETA einen Weg dorthin zwar nicht schwerer, aber auch kein Stück leichter. So oder so wird es deshalb notwendig bleiben, für faire Bedingungen in Wirtschaft und Handel zu streiten – in Europa, in Kanada und weltweit.


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Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands https://www.mister-ede.de/politik/wettbewerbfaehigkeit-der-brd/2410 https://www.mister-ede.de/politik/wettbewerbfaehigkeit-der-brd/2410#comments Sun, 02 Mar 2014 14:03:11 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2410 Weiterlesen ]]> Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist ein häufig verwendeter Begriff bei wirtschaftlichen oder politischen Diskussionen und Debatten. Doch was sich genau dahinter verbirgt, bleibt meistens unbeleuchtet.

Bevor man sich näher mit der deutschen Wettbewerbsfähigkeit befassen kann, muss zunächst geklärt werden, um welchen Wettbewerb es sich genau handelt. Außerhalb der Wirtschaftspolitik könnte der Wettbewerb zum Beispiel Olympia heißen und entsprechend könnte die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei Olympia betrachtet werden. Als Wettbewerb kämen aber auch eigenständig jeweils die einzelnen Disziplinen bei Olympia in Betracht.
Genauso gibt es auch im wirtschaftlichen Bereich nicht diesen einen Wettbewerb. So lassen sich unter anderem der Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte unterscheiden. Entsprechend sind dann auch für die Wettbewerbsfähigkeit je nach betrachtetem Wettbewerb unterschiedliche Einflussfaktoren entscheidend.
Allerdings unabhängig vom jeweiligen Wettbewerb gilt für die Wettbewerbsfähigkeit immer, dass es sich hierbei um eine Relation handelt. Wie wettbewerbsfähig Deutschland bei Olympia ist, hängt also auch immer von der jeweiligen Stärke oder Wettbewerbsfähigkeit der anderen Nationen ab.

Glossar: Wettbewerbsfähigkeit (www.mister-ede.de)
Die Wettbewerbsfähigkeit: Täuschung der Relation (www.mister-ede.de – 27.02.2014)

Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte:

Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte wird in Deutschland zwar nicht so häufig betrachtet, aber das war nicht immer so und zukünftig wird dieser Wettbewerb auch wieder stärker in den Vordergrund rücken.
In der Vergangenheit war die Berliner Mauer ein Sinnbild für die verloren gegangene Attraktivität der DDR im Wettbewerb um die Menschen und damit die Arbeitskräfte, während umgekehrt die BRD schon in den 50er Jahren für Umsiedler aus der DDR und später dann für Gastarbeiter aus anderen Ländern attraktiv war.
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als politischer Stabilitätsanker und gut bezahlte Arbeitsplätze als wirtschaftlicher Stabilitätsanker waren meines Erachtens auch schon damals wesentliche Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit der BRD im Ringen um Arbeitskräfte. Aber auch in der Zukunft wird uns dieser Wettbewerb aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland wieder stärker beschäftigen. Doch gerade innerhalb der EU mit ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit wirft dieser Wettbewerb auch Fragen auf. Während Deutschland und einige andere Länder vom Zuzug qualifizierter Arbeitnehmer profitieren, leiden gleichzeitig Regionen in der EU auch unter dem Verlust jener Arbeitskräfte.

Der Wettbewerb um Kapitalanlagen:

Der Wettbewerb um das Kapital bestimmt zwar seit der Finanzkrise nicht mehr so stark die wirtschaftspolitische Diskussion, hat dies aber über viele Jahre gemacht. Die wesentlichen Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes in diesem Bereich sind die Ausprägung regulatorische Maßnahmen, die Stärke des Bankgeheimnisses, die Steuerlast auf anfallende Kapitalerträge und auch die Stabilität des Banken- und Währungssystems im jeweiligen Land.
Gerade kleinere Staaten innerhalb und außerhalb Europas haben in diesem Wettbewerb ein regelrechtes Geschäftsmodell entwickelt, um mit niedrigen Steuern und diversen rechtlichen Regelungen ihre Attraktivität für Kapitalanlagen zu erhöhen. Aber auch in Deutschland hat man unter anderem mit Deregulierung oder der Einführung der Abgeltungssteuer versucht, die Attraktivität des „Finanzplatzes Deutschland“ in diesem Wettbewerb zu stärken.
Ironischer Weise wird jetzt mit demselben Ziel genau das Gegenteil gemacht, da nach der Finanzkrise für die Attraktivität eines Finanzplatzes die Frage nach der Finanzstabilität eine deutlich größere Rolle spielt.

Der Wettbewerb um Unternehmen:

Betrachtet man den Wettbewerb der Staaten um Unternehmen und Unternehmensansiedlungen, dann handelt es sich auch hier nicht um einen einheitlichen Wettbewerb. So sind im Wettbewerb um den „Forschungsstandort Deutschland“ und im Wettbewerb um den „Produktionsstandort Deutschland“ unterschiedliche Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit ausschlaggebend.
Im produzierenden Bereich sind vor allem die Kostenfaktoren Energie, Lohn und Sozialabgaben sowie der Zugang zu Vorprodukten oder Rohstoffen und eventuelle Umwelt-, Sicherheits- oder Arbeitsschutzauflagen entscheidende Investitionskriterien. Auch die Entfernung zu den Absatzmärkten, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die Währung eines Landes und die Besteuerung spielen eine Rolle.
Für den Bereich der Forschung sind hingegen vor allem entsprechend hochqualifizierte Arbeitnehmer wichtig. Darüber hinaus spielen hier Fragen des Patentschutzes und die Kommunikationsinfrastruktur eine Rolle. Aber auch die Nähe zu anderen Forschungsinstitution kann ein Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes sein.
Es lassen sich aber je nach Unternehmen auch noch weitere Faktoren für die Attraktivität eines Standortes und damit für die Wettbewerbsfähigkeit einer Region finden. Für Familienunternehmen ist zum Beispiel die Besteuerung beim Übergang von einer auf die andere Generation ein Kriterium für die Wahl des Firmensitzes.
Daneben gibt es aber auch noch weitere Formen des wirtschaftlichen Wettbewerbs um den besten Standort für Unternehmen. So kann man auch im Bereich Tourismus, in der Landwirtschaft oder der Fischerei jeweils eigenständige Standortwettbewerbe finden. Zum Beispiel sind die Fangquoten für die Nordsee-Anrainer ein entscheidendes Kriterium für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes in der Fischerei. Ein anderes Beispiel ist die Absenkung der Mehrwertsteuer für das Hotel- und Gastgewerbe in Deutschland im Wettbewerb um mehr Touristen und Urlauber bzw. entsprechend mehr Fremdenverkehrsunternehmen.

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands:

Prägend ist hierzulande vor allem die Wettbewerbsfähigkeit als Produktions- und Forschungsstandort, sowie die Attraktivität für Kapitalanlagen und qualifizierte Arbeitskräfte. Allerdings unterscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit je nachdem welchen Wettbewerb man im Einzelnen betrachtet.
Durch die Lohnzurückhaltung der letzten Jahre und die Umgestaltung der Sozialsysteme, z.B. die Erhöhung des Renteneintrittsalters, ist Deutschland für das produzierende Gewerbe als Standort attraktiver geworden. Umgekehrt bedeutet dies sehr vereinfacht aber auch, dass andere Länder mit höherem Lohnniveau an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit verloren haben. Der Verzicht auf die Senkung der Lohnnebenkosten durch die neue Regierungskoalition und evtl. höhere Energiekosten durch die Energiewende könnten die Attraktivität aber belasten, genauso wie die Einführung eines Mindestlohns. Zusätzlich könnte aber auch die Lohnzurückhaltung in anderen Staaten relativ die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands belasten.
Bei Kapitalanlagen ist Deutschland durch die Entwicklungen der Finanzkrise deutlich attraktiver geworden. Dies zeigt auch wie sehr es bei der Wettbewerbsfähigkeit auf die jeweiligen Mitbewerber ankommt, denn nicht die Kapitalanlagen in Deutschland wurden sicherer, sondern die Anlagen in anderen Euro-Staaten wurden auf Grund der Finanzkrise unsicherer. Ähnliches gilt auch für den Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Nachdem der Arbeitsmarkt in den südeuropäischen Ländern an Attraktivität durch die Finanzkrise verloren hat, wurde Deutschland im Vergleich attraktiver.
Im Bereich der Forschung und Entwicklung muss man stark zwischen verschiedenen Bereichen unterscheiden. Während es zum Beispiel bei den regenerativen Energien ein forschungsfreundliches Umfeld gibt, ist die Forschung in Bereichen wie der Gentechnologie oder der Stammzellenforschung in Deutschland problematischer. Auch im Bereich der IT-Forschung und der Entwicklung von Netzlösungen kann sich Deutschland sicherlich besser aufstellen als bisher. Insgesamt ist Deutschland aber als Hochtechnologieland ein wettbewerbsfähiger Forschungsstandort, auch wenn dies nicht ausnahmslos für alle Bereiche gilt.
Daneben ist Deutschland auch in der Landwirtschaft wettbewerbsfähig. Zum einen hilft das gemäßigte Klima, zum anderen die hohe Arbeitsproduktivität. Daneben wird der „Agrarstandort Deutschland“ aber auch durch Landwirtschaftssubventionen in der Wettbewerbsfähigkeit gestützt.

Insgesamt ist Deutschland ein robustes Industrieland mit gutem Forschungs- und Produktionsstandort. Aber auch in anderen Bereichen wie dem Tourismus oder der Landwirtschaft kann Deutschland im Wettbewerb bestehen.

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Die Wettbewerbsfähigkeit: Täuschung der Relation https://www.mister-ede.de/wirtschaft/taeuschung-der-relation/2377 https://www.mister-ede.de/wirtschaft/taeuschung-der-relation/2377#comments Thu, 27 Feb 2014 18:46:17 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2377 Weiterlesen ]]> Wenn die Wettbewerbsfähigkeit betrachtet wird, gerät häufig in den Hintergrund, dass es sich hierbei um eine Relation handelt. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, Unternehmens oder auch Sportlers hängt von der jeweiligen Konkurrenz ab. Je stärker die Konkurrenten sind, desto schwächer ist die eigene Position.

Sehr gut lässt sich das an der Fußball-Bundesliga darstellen. Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der FC Bayern deutscher Fußballmeister wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Mannschaft den Titel holt. Die Wettbewerbsfähigkeit der anderen Mannschaften hängt also vom FC Bayern ab und umgekehrt. Ist ein anderes Team in der Liga besonders stark, dann sinkt auf die Meisterschaft bezogen deshalb auch die Wettbewerbsfähigkeit des FC Bayern.

Nicht anders verhält es sich im wirtschaftlichen Wettbewerb. Kann ein Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit steigern, so sinkt diese umgekehrt bei den Konkurrenten. Genauso ist dies bei Staaten. Die Lohnzurückhaltung in Deutschland macht den hiesigen Standort nicht nur wettbewerbsfähiger, sondern führt auch zu einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit in anderen Staaten. Auch die niedrigen Zinsen für deutsche Staatsanleihen hängen unter anderem mit diesem Effekt zusammen. Nachdem einige Euro-Staaten für Anleger nicht mehr so attraktiv sind, steigt im Verhältnis zu diesen Staaten die Attraktivität deutscher Anleihen.

Doch häufig wird genau dieser Zusammenhang bei der Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes oder Unternehmens nicht berücksichtigt. So wird die deutsche Lohndiskussion in aller Regel nicht mit Blick auf die übrigen Staaten geführt, genauso wie die Diskussion um den Finanzplatz Deutschland oder um höhere Umweltstandards.
Nachdem oftmals aber auch die konkurrierenden Staaten ähnliche agieren, entsteht dadurch für das einzelne Land nur die Täuschung einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Veranschaulichen lässt sich auch das wieder an einem Sportwettbewerb. Nimmt ein Fahrer bei der Tour de France Dopingmittel, so kann er sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Greifen aber auch andere Fahrer zu solchen Mitteln, dann schwindet der Wettbewerbsvorteil des Einzelnen und übrig bleiben lauter gedopte Radsportler. Für sich alleine genommen, glaubt zwar jeder Fahrer seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, doch in der Relation zu den anderen ebenfalls gedopten Fahrern verändert sich gar nichts.

Ähnlich verhält es sich im Wettbewerb der Staaten zum Beispiel bei der Diskussion um die Lohnentwicklung. Während jedes Land für sich betrachtet durch Sozialabbau oder Lohnzurückhaltung seine Wettbewerbsfähigkeit steigern kann, führt dies bei einer Betrachtung aller Länder zusammen am Ende nur zu einem weltweiten Lohnverfall für Arbeitskräfte, ohne dass sich an der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder etwas verändert.
Auch bei der Diskussion um Steuern auf Kapitalanlagen oder bei der Frage von Umwelt- oder Arbeitsschutzstandards erliegen wir immer wieder der Täuschung, die Wettbewerbsfähigkeit völlig unabhängig von anderen Staaten beeinflussen zu können.
Während es im ersten Augenblick verständlich erscheint, dass strengere Abgasnormen für Fahrzeuge oder höhere Energiekosten durch eine Verknappung der CO2-Zertifikate zu einem Rückgang der deutschen Wettbewerbsfähigkeit führen, lässt sich im Vergleich zu den anderen Staaten tatsächlich gar nicht sagen, in wie weit dies Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit hat. Verzichten gerade deshalb auch andere Staaten auf höhere Umweltstandards, dann kann dies sogar zu einem Rückgang der deutschen Wettbewerbsfähigkeit führen. Umgekehrt können Maßnahmen, die zu einer weiteren Einsparung von CO2 führen, auch andere Staaten unter Druck setzen, den Umweltschutz voranzutreiben.
Ein anderes Beispiel ist Fracking. Immer mehr Länder greifen auf diese Technik zurück, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte mit günstiger Energie zu steigern. Doch wenn immer mehr Länder diese Technik verwenden, dann schwindet auch wieder der Wettbewerbsvorteil.

Aber nicht nur wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit von Staaten geht, spielt dieser Effekt eine Rolle, sondern auch bei Unternehmen.
Betrachtet man ein einzelnes Unternehmen, welches bislang Arbeitnehmer unterhalb der neuen Mindestlohngrenze beschäftigt, dann verliert dieses zukünftig auf Grund der steigenden Löhne an Wettbewerbsfähigkeit. Sind aber auch Konkurrenten von höheren Lohnkosten betroffen, dann ändert sich an der Wettbewerbsfähigkeit für die jeweiligen Unternehmen nichts.
Das betrifft zum Beispiel das Gastgewerbe oder das Friseurhandwerk, bei denen sich die Konkurrenz ebenfalls in Deutschland befindet. Zwar kann sich der Markt insgesamt entweder durch höhere Preise negativ oder durch eine höhere Kaufkraft der Arbeitnehmer positiv entwickeln, auf die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen hat dies aber keinen Einfluss.

Unabhängig davon ob der Mindestlohn bei Unternehmen, die Umweltschutzstandards auf globalen Märkten oder die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Eurozone betrachtet wird, muss stets dieser Zusammenhang zwischen der Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens oder Staates und seiner jeweiligen Konkurrenz berücksichtigt werden.
Dann stellt sich auch die Frage, zu welchen Wechselwirkungen zum Beispiel die Lohnzurückhaltung der Krisenstaaten in der Finanzkrise oder der Verlust des Anlegervertrauens in einzelnen Euro-Staaten führen. Auch die Landwirtschaftssubventionen der Industriestaaten werfen dann die Frage auf, welchen Einfluss diese auf die Wettbewerbsfähigkeit der Entwicklungsländer in dem für sie wichtigen Markt haben.
Unterlässt man aber diese Betrachtung der Wettbewerbsfähigkeit als Relation, dann läuft man Gefahr, der Täuschung zu erliegen, die eigene Wettbewerbsfähigkeit völlig autark verändern zu können.

Glossar: Wettbewerbsfähigkeit (www.mister-ede.de)

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Glossar: Wettbewerbsfähigkeit https://www.mister-ede.de/glossar/wettbewerbsfaehigkeit/2362 https://www.mister-ede.de/glossar/wettbewerbsfaehigkeit/2362#comments Mon, 24 Feb 2014 18:38:56 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2362 Weiterlesen ]]> Die Wettbewerbsfähigkeit ist eine relative Eigenschaft eines Betrachtungsobjekts. Sie bezeichnet die Stärke des Betrachtungsobjekts, sich gegenüber den übrigen im Wettbewerb befindlichen Konkurrenten durchzusetzen.

Betrachtungsobjekte können einzelne Menschen, Unternehmen oder auch Sportvereine oder ganze Staaten sein. Wettbewerbe können zum Beispiel Wettkämpfe zwischen Sportlern, der marktwirtschaftliche Wettbewerb zwischen Unternehmen oder der gesellschaftliche Wettstreit unter den Staaten und Systemen sein.
Die Wettbewerbsfähigkeit eines Betrachtungsobjektes hängt hierbei im Wesentlichen vom jeweils betrachteten Wettbewerb ab. Ein guter Sprinter hat zum Beispiel nicht automatisch auch in einem Boxkampf, also einem anderen Wettbewerb, eine gute Chance.

Im Gegensatz zu einer absoluten Eigenschaft eines Betrachtungsobjektes, wie der Geschwindigkeit eines Läufers, hängt die Wettbewerbsfähigkeit als relative Eigenschaft auch wesentlich von den jeweiligen im Wettbewerb befindlichen Konkurrenten ab. Bei Unternehmen spricht man daher auch häufig von Konkurrenzfähigkeit.
Betrachtet man einen Sprintwettbewerb, dann hängen die Siegchancen des einen Läufers, also seine Wettbewerbsfähigkeit, nicht nur von der eigenen sondern auch von der Geschwindigkeit der anderen Läufer ab. Wird ein Betrachtungsobjekt, also ein Sportler, Unternehmen oder Staat, wettbewerbsfähiger, dann bedeutet dies umgekehrt immer, dass die jeweiligen Konkurrenten an Wettbewerbsfähigkeit verlieren müssen. Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der FC Bayern deutscher Fußballmeister wird, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Mannschaft den Wettbewerb gewinnt.
Hieraus ergibt sich auch, dass die Wettbewerbsfähigkeit aller im Wettbewerb befindlichen Objekte zusammen immer gleich groß ist. Unabhängig davon, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit in der Fußball-Bundesliga verteilt, haben alle 18 Vereine zusammengenommen immer die gleiche Fähigkeit am Ende eben genau einen Meister zu stellen. Wären alle Bundesligavereine bezogen auf die Meisterschaft gleich wettbewerbsfähig, dann würde die Wettbewerbsfähigkeit jedes Vereins genau 1/18 „Meister“ betragen.

Die Einflussfaktoren auf die Wettbewerbsfähigkeit sind je nach betrachtetem Wettbewerb unterschiedlich. Für die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens sind zum Beispiel Produktionskosten und Innovationskraft wesentliche Einflussfaktoren.
Bei der Wettbewerbsfähigkeit der Staaten spielen hingegen andere Faktoren eine Rolle. Hierbei kommt es auch darauf an, ob der Wettbewerb der Staaten um Arbeitskräfte, Touristen oder Unternehmen betrachtet wird. Eine hohe Attraktivität für Arbeitskräfte muss dabei nicht mit einer hohen Attraktivität für Unternehmen korrelieren. Und auch im Wettbewerb der Staaten um Unternehmen oder Unternehmensansiedlungen, kann die Attraktivität eines Landes je nach Zielsetzung der Unternehmen variieren. So kann für ein Unternehmen das eine Land als Produktionsstandort attraktiv sein, während ein anderes eine gute Infrastruktur für Forschung und Entwicklung bietet.

Weitere Beiträge zum Thema Wettbewerbsfähigkeit auf www.mister-ede.de

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Finanztransaktionssteuer ohne Casino Luxemburg https://www.mister-ede.de/politik/casino-luxemburg-sperrt-sich/1873 https://www.mister-ede.de/politik/casino-luxemburg-sperrt-sich/1873#comments Mon, 18 Feb 2013 06:55:36 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1873 Weiterlesen ]]> Wenn es um die Finanztransaktionssteuer geht, wird häufig auf die Briten geschaut, die sich gegen eine gemeinsame Steuer sperren. Völlig unbeachtet bleibt allerdings, dass mit Luxemburg auch ein  wichtiger Finanzplatz innerhalb der Eurozone außen vor bleibt [1].

Kein anderes Euro-Mitglied profitiert so vom geeinten Finanzraum, wie das Großherzogtum. Durch die niedrigen Steuersätze hat sich in Luxemburg eine riesige Finanzbranche entwickelt. Trägt in Deutschland, Frankreich oder Spanien die Finanz- und Versicherungswirtschaft mit Rund 5% zum BIP bei, so sind es in den Niederlanden rund 8% und in den Nicht-Euro-Ländern Schweiz und in Großbritannien rund 10%. In Luxemburg macht dieser Wirtschaftszweig allerdings fast 25% des gesamten BIP aus. Selbst in Zypern, das wegen seiner Banken in der Kritik steht, liegt der Anteil der Finanzbranche bei nur rund 8% [2]. Während im Schnitt der Euro-Länder pro Kopf etwa 1.300 Euro durch die Finanz- und Versicherungsbranche erwirtschaftet werden, sind es in Luxemburg fast 19.000 Euro pro Kopf [3].

Es ist unverfroren, dass sich Jean-Claude Juncker stets für die Rettung der Krisenländer und damit vor allem der Gläubigerbanken ausgesprochen hat [4] und nun Luxemburg, als ein Hauptprofiteur der Krisenintervention, nicht bereit ist die Finanztransaktionssteuer mitzutragen. Ein Beben im Bankensektor hätte auch den Finanzplatz Luxemburg getroffen. Sich jetzt raushalten, wenn es um die Begrenzung der Spekulation und die Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenkosten geht, ist meines Erachtens unanständig. Juncker sollte nicht so tun, als ob das Finanzzentrum Luxemburg nichts mit der europäischen Finanzkrise zu tun hat.

Aber nicht nur Gerechtigkeitsgründe machen eine Beteiligung Luxemburgs bei der Finanztransaktionssteuer notwendig. Bleibt das Großherzogtum weiter außen vor, wird sich auch das Ungleichgewicht zwischen den Handelsplätzen weiter zu Ungunsten derer verschieben, die versuchen gemeinsam eine verantwortungsvolle Finanzpolitik umzusetzen. Hierbei stellt sich dann die Frage, wie groß der Anteil des Finanzsektors in Luxemburg noch werden soll.

Ein gemeinsamer Währungsraum kann nur funktionieren, wenn nicht ein Land mit Dumpingsteuern versucht übermäßig Kapital aus den restlichen Ländern abzuschöpfen und damit auf Kosten der anderen zusätzliche Profite zu erwirtschaften. Die großen vier, also Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, sollten sich im Euroraum nicht von einem Zwergstaat mit 500.000 Einwohnern an der Nase herumführen lassen. Seinerseits sollte sich Luxemburg überlegen, ob es wirklich ratsam ist, den europäischen Zusammenhalt zugunsten eines Casinobetriebs zu opfern.


[1] Im Artikel auf sueddeutsche.de vom 13.02.2013 werden die 11 Länder aufgeführt, die die Finanztransaktionssteuer einführen wollen (Link zum Artikel auf www.sueddeutsche.de)

[2] Daten zum BIP von Eurostat (Link zur Datensammlung auf appsso.eurostat.ec.europa.eu)

[3] Ebenda, nur nach Pro-Kopf-Zahlen aufgeschlüsselt (Link zur Datensammlung auf appsso.eurostat.ec.europa.eu)

[4] Unter anderem in einem FAZ-Artikel vom 17.06.2011: “Jean-Claude Juncker drängt die Bundesregierung bei der Griechenlandrettung zur Eile” (Link zum Artikel auf www.faz.net)

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