mister-ede.de » Eurokrise http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Euro-Finanzminister haben durch Draghis Geldpolitik 150 – 200 Mrd. Euro mehr in der Kasse http://www.mister-ede.de/politik/geldpolitik-entlastet-haushalt/8546 http://www.mister-ede.de/politik/geldpolitik-entlastet-haushalt/8546#comments Sat, 21 Oct 2017 17:20:47 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8546 Weiterlesen ]]> Nach eigenen Berechnungen auf Basis von Eurostat-Daten werden die Haushalte der Euro-Länder durch die EZB-Politik des billigen Geldes um etwa 150 – 200 Mrd. Euro pro Jahr entlastet. Dies ergibt sich aus dem Vergleich der Schulden- und Zinslastquoten im Jahr 2016 mit denen der Jahre vor der Finanz- und Eurokrise.
So lag der Schuldenstand der 19 Euro-Länder im Jahr 2004 bei 68,4% des BIP und die Zinslast betrug 3% des BIP. Bis zum Jahr 2016 wuchsen die Schulden der Euro-Länder allerdings auf 89,2% des BIP, weshalb bei gleichem Zinsniveau wie im Jahr 2004 eine Zinslast von 3,9% des BIP zu erwarten gewesen wäre. Tatsächlich mussten die Mitgliedsländer der Eurozone im Jahr 2016 jedoch nur eine Zinslast von 2,2% des BIP tragen, was einer Ersparnis von rund 1,7% des BIP bzw. 180 Mrd. Euro entspricht. Wählt man 2005 oder 2006 als Vergleichsjahr, so liegt die jährliche Ersparnis bei rund 160 Mrd. Euro, im Vergleich zu 2007 bei rund 190 Mrd. Euro und im Vergleich zu 2008 bei rund 170 Mrd. Euro.

Durch die Leitzinssenkung der EZB Ende 2008 von 4% auf 1% und später dann sogar auf 0% sowie das Kaufprogramm der EZB für Staatsanleihen der Euroländer, genannt „quantitative easing“, wurden die Staatshaushalte in der Eurozone über die Jahre der Finanz- und Eurokrise massiv beim Schuldendienst entlastet. Neben den Staaten profitieren aber auch alle anderen Kreditnehmer, z.B. Unternehmen oder Häuslebauer, vom deutlich niedrigeren Zinsniveau. Umgekehrt leiden allerdings die Kreditgeber, z.B. private Rentenversicherer oder der ganz normale Sparer, unter den gesunkenen Renditen.

Für den deutschen Staatshaushalt errechnet sich für das Jahr 2016 im Vergleich zu 2007 eine Zinsersparnis von 35 – 40 Mrd. Euro verteilt auf Bund, Länder und Kommunen. Die gute Haushaltslage in vielen Bundesländern und im Bund ist damit vor allem auf die Geldpolitik der EZB zurückzuführen. Daneben profitiert der Fiskus aber auch von der wiederbelebten Konjunktur, die jedoch ebenfalls maßgeblich durch die EZB-Politik des billigen Geldes getragen wird. Entsprechend ist die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland viel mehr Mario Draghi geschuldet als der Arbeit der Bundesregierung, die in den letzten Jahren kaum etwas für eine positive konjunkturelle Entwicklung in Deutschland unternommen hat. Umso unverständlicher ist es daher, dass hierzulande häufig auf den EZB-Chef Draghi geschimpft wird, während im gleichen Atemzug die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gelobt wird.
Eine Dauerlösung kann die aktuelle Niedrigzinspolitik der EZB allerdings nicht sein, weshalb es dringend erforderlich wäre, die entstandenen Spielräume endlich zu nutzen, um durch Infrastrukturmaßnahmen und Investitionen in Bildung und Qualifikation die Wirtschaft in Deutschland und der Eurozone anzukurbeln.

Anmerkung: Nachdem der Schuldenstand eine Bestandsgröße zum Ende eines Jahres ist, während sich die Zinslast auf den Zeitraum vom 1.1. bis zum 31.12. eines Jahres bezieht, handelt es sich bei der errechneten Ersparnis nur um einen groben Wert. Außerdem sind die Daten von Eurostat gerundet, was ebenfalls zu Lasten der Genauigkeit geht. Aus diesem Grund wird in diesem Text für die Zinsersparnis keine genaue Zahl, sondern nur ein Korridor (150 – 200 Mrd. Euro für die Eurozone bzw. 35 – 40 Mrd. Euro für Deutschland) angegeben.

Entwicklung der Schulden und Zinsen in der Eurozone:


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Warum die Europa-Debatte auf der Stelle tritt http://www.mister-ede.de/politik/stillstand-europa-debatte/8448 http://www.mister-ede.de/politik/stillstand-europa-debatte/8448#comments Sat, 10 Jun 2017 17:35:16 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8448 Weiterlesen ]]> Zurzeit steckt die EU in einer Vielzahl von Krisen. Doch anders als in der Vergangenheit ist die EU heutzutage häufig selbst Teil der Krisen und manchmal sogar der genaue Mittelpunkt. So ist z.B. die Eurokrise nicht von einer Naturkatastrophe oder sonstigen globalen Ereignissen verursacht worden, sondern eine hausgemachte Krise einer Währungsunion, die nach ihrer Einführung nicht von einer demokratischen politischen Union umrahmt wurde. Luxleaks und die vielen weiteren nationalen Steuerschlupflöcher machen dasselbe Problem, den mangelhaften ordnungspolitischen Rahmen, am Binnenmarkt sichtbar. Und auch bei der Flüchtlingskrise ist offensichtlich, dass es keine äußeren Kräfte, sondern alleine die EU und ihre Mitgliedsländer waren, die an der solidarischen Verteilung der Ankommenden gescheitert sind – und zwar nicht erst 2015, sondern schon ab 2012, als es nach dem Zusammenbruch Libyens darum ging, Italien beim Umgang mit seiner offenen Seegrenze zu unterstützen.

Die EU ist also immer häufiger selbst Teil des Problems und eine wesentliche Ursache dafür liegt in der fehlenden oder nicht ausreichenden europäischen Integration. Folgerichtig wird an vielen Baustellen der EU immer wieder der Ruf nach weiteren Integrationsschritten der EU laut. Um dem Steuerdumping zu begegnen, soll es eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung geben und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine europäische Arbeitslosenversicherung. Die Währungsunion soll endlich durch eine politische Union ergänzt werden und zur Bewältigung der Flüchtlingskrise soll es ein solidarisches europäisches Migrations- und Asylsystem geben. Die Außengrenzen sollen gemeinschaftlich geschützt und mit einer Verteidigungsunion soll die Abwehrfähigkeit aller EU-Länder verbessert werden. Doch trotz der klaren Forderungen nach mehr Kooperation, die quer durch das politische Spektrum der Pro-Europäer erhoben werden, hat sich bislang nichts geändert – und dafür gibt es Gründe.

Für viele der eigentlich notwendigen Integrationsschritte innerhalb der EU, z.B. der Entwicklung eines echten EU-Außengrenzschutzes, wäre die Einstimmigkeit der EU-Länder notwendig und oftmals sogar eine Änderung der EU-Verträge. Doch durch die Vielzahl nationaler Egoismen ist es inzwischen kaum noch möglich, diese notwendige Einstimmigkeit unter den 28, bald 27, EU-Ländern zu erreichen. So blockiert beispielsweise Deutschland alles, was auch nur im Verdacht stehen könnte, der deutschen Automobilindustrie zu schaden, während andere EU-Länder umgekehrt ihre wichtigen nationalen Unternehmen und Wirtschaftszweige schützen. Und auch bei der Steuergesetzgebung versucht jedes Land immer genau seine eigenen Schlupflöcher zu verteidigen. Die in der Versenkung verschwundene gemeinsame europäische Finanztransaktionssteuer ist ein Musterbeispiel hierfür.
Hinzukommen dann aber auch noch EU-Länder, vorneweg Ungarn und Polen, deren Regierungen den Status quo sowieso ganz gerne erhalten möchten, weil ihnen überhaupt nicht an einer starken EU-Ebene gelegen ist. An dieser Gruppe scheiterte beispielsweise ein erster Versuch, die Verantwortung für die EU-Außengrenzen an die EU zu übertragen, weil diese Länder nicht bereit waren, die Hoheit über den Grenzschutz an ihren eigenen EU-Außengrenzen aufzugeben. Und darüber hinaus gibt es dann sogar noch weitere EU-Länder, z.B. Dänemark, die sich die Möglichkeit zur Nichtteilnahme am Euro-Währungsverbund, an Schengen oder am Dublin-System vertraglich haben zusichern lassen.

Es ist daher extrem schwer, die Hürde der Einstimmigkeit für substanzielle Änderungen innerhalb der EU zu überwinden. Aus diesem Grund laufen auch die vielen Forderungen, z.B. nach einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung oder einer EU-Migrations- und Asylpolitik, kontinuierlich ins Leere. Dadurch ist es inzwischen kaum noch möglich, die EU durch eine tiefere Integration handlungsfähig zu machen und sie damit in die Lage zu versetzen, vom Teil des Problems wieder zum Teil der Lösung zu werden.
Neben den Rufen nach einer tieferen Integration muss daher künftig die Tatsache diskutiert werden, dass solche Vertiefungen nicht mehr mit allen EU-Ländern zusammen gegangen werden können. So schön z.B. Ulrike Guérots „Europäische Republik“ ist, hilft sie solange nicht weiter, bis die Frage beantwortet wurde, welche EU-Länder bei dieser Umgestaltung mitmachen und was das für jene EU-Länder bedeutet, in denen die Bevölkerung nicht zu diesem Schritt bereit ist. Hier setzt nun das „Konzept der Europäischen Föderation“ an, aber auch der frisch gewählte französische Präsident Macron beantwortet mit seinen Vorstellungen zur Reform der Eurozone und einer Weiterentwicklung zu einem Kern innerhalb der EU die Frage, welche EU-Länder an den Integrationsschritten beteiligt wären. Doch in der Öffentlichkeit fehlt es noch immer an einem breiten Diskurs dazu, während sich die Europa-Debatte weiterhin überwiegend in einer Dauerschleife zwischen der Forderung nach tieferer Integration und einer blockierten EU befindet.
Das Ziel muss daher sein, auf die Beantwortung der Frage hinzuarbeiten, mit welchen EU-Ländern eine tiefere Integration umgesetzt werden kann und soll. Denn zum einen hat die Zusammensetzung der Länder umgekehrt Einfluss darauf, in welchem Rahmen und in welcher Tiefe Integrationsschritte verwirklicht werden können und sollen. Und zum anderen wird damit die Europa-Debatte auf die tatsächliche Umsetzung einer tieferen Integration ausgerichtet, was hilfreich wäre, um der Debatte neuen Schwung zu geben und sie endlich wieder vorwärts zu bewegen.


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Der Niedergang des europäischen Projekts http://www.mister-ede.de/politik/der-niedergang-der-eu/8432 http://www.mister-ede.de/politik/der-niedergang-der-eu/8432#comments Wed, 31 May 2017 15:28:38 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8432 Weiterlesen ]]> Als um die Jahrtausendwende der Euro eingeführt wurde und 2004 die große Ost-Erweiterung der EU stattfand, wähnten sich weite Teile der EU-Bürgerschaft in einem goldenen Zeitalter von Frieden und Wohlstand in Europa angekommen. Der Ost-West-Konflikt gehörte der Vergangenheit an, die europäische Integration schien unumkehrbar und der Glaube an eine Zukunft im europäischen Miteinander war unerschütterlich. Keine zwei Jahre später zeigte sich jedoch, dass das europäische Projekt eher auf Sand gebaut ist, denn in Stein gemeißelt.

Und so kam es, wie es kommen musste. 2006 scheiterte der Versuch, der EU eine Verfassung zu geben, und die europäische Integration kam zum Stillstand. Als nächstes crashte 2009 das europäische Bankenwesen und mit ihm zahlreiche Euro-Länder. Die einstige wirtschaftliche Prosperität in Europa gehört seitdem der Vergangenheit an und im Hinblick auf das Wohlstandsversprechen der europäischen Idee wurde die Eurozone zu einem Krisengebiet.
Von 2012 bis heute starben dann rund 20.000 Menschen, darunter zahlreiche Kriegsflüchtlinge, an den EU-Außengrenzen und mit ihnen der Mythos von der europäischen Wertegemeinschaft, die der Würde des Menschen und den Menschenrechten verpflichtet ist. Ab 2013 wurde dann Italien bei der Versorgung von Flüchtlingen von den europäischen Partnern im Stich gelassen und jeder konnte sehen, dass auch die bis dahin viel beschworene europäische Solidargemeinschaft nichts weiter ist als eine hohle Phrase. Danach löste 2015 das schon lange zuvor gescheiterte Dublin-System eine tiefe politische Krise in Europa aus und mit dem Bau von Grenzzäunen zwischen EU-Ländern wurde die völlige Handlungsunfähigkeit der Europäischen Union offenkundig.
Letztendlich mündete der Niedergang der EU dann im Jahr 2016 in der Entscheidung der Briten, das europäische Projekt zu beenden und die britische Politik künftig wieder vollständig im Rahmen ihres Nationalstaats zu organisieren.

So steht die EU-Bürgerschaft heute vor einer desintegrierenden europäischen Integration, vor einer wertlosen Wertegemeinschaft, vor einer unwirtschaftlichen Wirtschaftsgemeinschaft, vor einer unsolidarischen Solidargemeinschaft und vor einer EU, in der das nationale Handeln die gemeinschaftliche Handlungsunfähigkeit ersetzt. Sahen sich viele EU-Bürger vor zehn Jahren noch auf dem Weg in eine europäische Oase des Glücks, hat sich dieses Ziel in den letzten Jahren immer mehr als Fata Morgana entpuppt. Vom europäischen Projekt ist somit nichts geblieben, außer der bitteren Erkenntnis, sich viel zu lange von einem schönen Schein blenden haben zu lassen.


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Mit Le Pen droht Europa ein Ende mit Schrecken, mit Macron ein Schrecken ohne Ende! http://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384 http://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384#comments Thu, 04 May 2017 19:34:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8384 Weiterlesen ]]> Es ist kein Geheimnis, dass Marine Le Pen für ein Ende der EU eintritt und zurück in den Nationalstaat will. Insofern bedarf es, was Le Pen anbelangt, keiner großen Erläuterungen. Gewinnt sie bei den französischen Stichwahlen um das Präsidentenamt am kommenden Sonntag, droht der EU, die nach dem Brexit bereits angezählt ist, das endgültige Scheitern. Doch auch mit Emmanuel Macron als nächstem Präsidenten Frankreichs sieht die Zukunft des europäischen Projektes alles andere als rosig aus.

Bereits in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister von 2014 – 2016 hat sich Macron als neoliberaler Ideologe entpuppt und auch in seinem jetzigen Wahlkampf hat er immer wieder erklärt, an dieser aktuellen EU der neoliberalen Ideologie festhalten zu wollen. Obwohl also die europäische Integration inzwischen zum Stillstand gekommen ist, sogar mit dem Brexit schon ein Zerfallsprozess eingesetzt hat, will Macron keine substanziellen Reformen am europäischen Projekt durchsetzen. Vielmehr beharrt er auf einem strikten „Weiter so“ und einem nochmals verstärkten gegenseitigen Wettbewerb der Nationalstaaten. Entsprechend wird Macron nach einem Wahlsieg dafür sorgen, dass sich Frankreich mit niedrigeren Steuern für Reiche und Vermögende, Lohn- und Sozialkürzungen sowie einem Abbau von Arbeitnehmerrechten einen Wettbewerbsvorteil innerhalb des EU-Binnenmarkts gegenüber den europäischen Partnern verschafft. Wenn aber künftig auch Frankreich kräftig an dieser Abwärtsspirale im Standortwettbewerb dreht, wird das erhebliche negative Auswirkungen für die restliche EU haben.

Deutschland wird in diesem Fall unter Druck geraten, den in den letzten Jahren begonnen Kurs der internen Aufwertung wieder zu verlassen, was insbesondere jenen Ländern schadet, die aufgrund der gemeinsamen Euro-Währung keine Abwertungsmöglichkeiten gegenüber Deutschland haben. Vor allem Italien, dessen Staatsfinanzen und Bankensystem bereits jetzt am Rande eines Kollaps stehen, würde durch die wachsende wirtschaftliche Konkurrenz aus Frankreich und Deutschland noch mehr in die Bredouille geraten. Aber auch der spanischen und portugiesischen Wirtschaft, die in den vergangenen zwei Jahren zumindest wieder einen leichten Aufwärtstrend verzeichnen konnte, droht damit der nächste schwere Schlag. Verzichten diese Länder auf ähnlich harte Einschnitte, wie Macron sie in Frankreich plant, werden bei ihnen Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizite steigen und die nächste Wirtschaftskrise in diesen Ländern wäre vorprogrammiert. Gehen sie allerdings denselben Weg wie Frankreich, droht die gesamte Eurozone in eine Rezessionsspirale zu geraten, wie wir sie bereits in der Folge der fatalen Austeritätspolitik erleben mussten.

Erneut werden die Leidtragenden dieser Entwicklung vor allem die normalen Bürger der EU-Länder sein – besonders innerhalb des Euro-Währungsraums. Entweder werden sie von steigender Arbeitslosigkeit betroffen sein oder von unsichereren Beschäftigungsverhältnissen, der Lockerung des Kündigungsschutzes und sinkenden Reallöhnen und Renten. Außerdem werden sie am stärksten unter dem Abbau des Sozialstaats, z.B. geringerem Kindergeld oder schlechterem Krankenversicherungsschutz, leiden.
Doch auch für die europäischen Einkommens- und Vermögenseliten könnte die Rechnung nicht aufgehen. Zwar werden sie von niedrigeren Steuern profitieren und ihre Unternehmen von geringeren Arbeitskosten und einem flexibleren Arbeitsmarkt. Doch ob diese Vorteile am Ende den Schaden einer von Macron ausgelösten europaweiten Rezession übersteigen, ist fraglich.

Klar ist hingegen, dass mit Macrons Wirtschaftspolitik eine wesentliche Grundlage des europäischen Einigungsprozesses zerstört wird, nämlich das Versprechen, gemeinsam in Europa den Wohlstand für alle Beteiligten zu mehren. Möglicherweise wird also gerade Macron, der im französischen Präsidentschaftswahlkampf als Fan dieser EU auftritt, ungewollt zu ihrem Totengräber. Insbesondere in jenen Ländern, in denen es bereits jetzt eine starke nationalistische Strömung gibt, könnte Macron mit seiner Politik des verschärften Standortwettbewerbs wie ein Brandbeschleuniger wirken.
Im schlimmsten Falle wäre dann zwar Le Pen in Frankreich verhindert worden, allerdings zum Preis, dass in anderen EU-Ländern die Nationalisten die Oberhand gewinnen. Aber selbst in Frankreich könnte es am Ende darauf hinauslaufen, dass Le Pen in fünf Jahren bei den nächsten Präsidentschaftswahlen von enttäuschten Macron-Wählern doch noch in den Élysée-Palast geschickt wird.

Insofern muss man zwar jedem, dem an einem europäischen Miteinander gelegen ist, abraten, Le Pen zu wählen und Europa damit den Todesstoß zu versetzen. Allerdings muss man auch Macron dringend davon abraten, seine angekündigte Politik tatsächlich zu verwirklichen und damit das Dahinsiechen Europas fortzusetzen.


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Die drei Hauptströmungen der Europa-Debatte http://www.mister-ede.de/politik/stroemungen-europa-debatte/8343 http://www.mister-ede.de/politik/stroemungen-europa-debatte/8343#comments Fri, 21 Apr 2017 17:04:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8343 Weiterlesen ]]> Eurokrise, Flüchtlingskrise, Brexit – all das hat dafür gesorgt, dass es heute in der Öffentlichkeit so viel Aufmerksamkeit für das europäische Projekt gibt wie nie zuvor. Geprägt wird die Debatte dabei von drei Hauptströmungen, die im Folgenden näher betrachtet werden:

Rollback ins Nationale:

Eine Vielzahl nationalistischer Kräfte in Europa möchte die europäische Integration am liebsten auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen und den Kontinent wieder in Nationalstaaten aufspalten. Ihr Narrativ ist, dass sich der Nationalstaat in der Vergangenheit bewährt habe und auch heute besser als die gemeinschaftlichen europäischen Institutionen in der Lage sei, die Interessen der Bürger zu vertreten. Dabei spielt diesen Kräften zurzeit in die Hände, dass es die europäischen Institutionen bei zahlreichen Problemen tatsächlich nicht mehr schaffen, befriedigende Lösungen zu finden. So können die Nationalisten die für die Bevölkerungen der EU-Mitgliedsländer spürbaren und sichtbaren Schwachstellen der EU für ihre Erzählung nutzen, ohne den Beweis antreten zu müssen, dass die Nationalstaaten, wenn sie für sich alleine wären, diese Probleme wirklich besser lösen könnten.
Wichtige Vertreter dieser Hauptrichtung sind z.B. die britische UKIP, die vehement für den Brexit geworben hat, der französische Front National um die rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, die deutsche AfD, die österreichische FPÖ und die italienische Partei Movimento Cinque Stelle (Fünf-Sterne-Bewegung) um Beppe Grillo.

Status quo verteidigen:

Für ein Beibehalten der EU in ihrer jetzigen Form treten vor allem diejenigen ein, die zu den Gewinnern der bisherigen Ausgestaltung des europäischen Miteinanders gehören und deshalb wenig bis gar kein Interesse daran haben, etwas zu ändern. Hierzu gehören insbesondere die Eigentümer und Vertreter jener Unternehmen, die vom gemeinsamen Binnenmarkt und dem Wettbewerb der EU-Länder stark profitieren. Bleibt es bei der aktuellen Konstruktion, können sich deren Unternehmen weiterhin in manchen EU-Ländern das Steuerdumping, in anderen das Lohn- und Sozialdumping und in nochmals anderen EU-Ländern z.B. niedrige Umweltschutzauflagen zunutze machen. Hinzugesellen sich aber auch einige Betriebsräte und Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften, die weit weg sind von Fehlentwicklungen wie wachsendem Niedriglohnsektor und prekärer Beschäftigung und daher ebenfalls für den Erhalt der EU in ihrer bisherigen Struktur plädieren. Mit dem Status quo gut leben können außerdem Politiker wie Viktor Orbán, die keine tiefere Integration und schon gar keine gestärkten europäischen Institutionen möchten, deren Länder allerdings weiterhin vom Binnenmarkt und den EU-Fördergeldern profitieren sollen.
Zu diesen konservativen Kräften hinzuzählen muss man allerdings auch den parteilosen französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron, der sich in seinem Wahlkampf nicht für einen Umbau Europas stark gemacht hat, sondern für eine Agenda-Politik in Frankreich, wie sie Gerhard Schröder einst in Deutschland durchführte. Zum Kreis derer, die vor allem die jetzige EU erhalten und bestenfalls an einzelnen Stellschrauben moderat drehen wollen, gehören außerdem Wolfgang Schäuble, der anstelle tiefgreifender Reformen lediglich einen Euro-Aufseher zur Durchsetzung des Spardiktats in Südeuropa befürwortet, genauso wie der in Deutschland stark gehypte #PulseOfEurope, der zum Fahnenschwenken für die aktuelle EU aufruft, statt substanzielle Veränderungen an dieser EU einzufordern.

Europäische Integration neu denken:

Last but not least gibt es dann noch all jene, die das europäische Miteinander weiterentwickeln und die europäische Integration neu denken wollen. Allerdings sind die Anhänger dieser Strömung quer über das politische Spektrum verteilt, weshalb es innerhalb dieser Gruppe sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, wie ein Europa der Zukunft am Ende gestaltet sein sollte und wie ein Weg dorthin aussehen könnte. Trotz dieser Vielfalt lassen sich diese progressiven pro-europäischen Kräfte aber dennoch auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Sie erkennen die Strukturprobleme der jetzigen EU an, beispielsweise das Demokratiedefizit, und erachten es deshalb für das europäische Miteinander als unabdingbar, diese Konstruktionsfehler der EU durch grundlegende Reformen zu beseitigen.
Zu dieser Gruppe gehören zahlreiche Politiker von Linken und Grünen sowie einige der SPD und auch z.B. die EU-Parlamentarier Manfred Weber (CSU) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Hinzu kommen außerdem verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen, wie die Union Europäischer Föderalisten, die sich für ein föderales Europa einsetzt, oder die Bewegung DIEM25 um den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, die europaweit Dialoge für ein neues Europa durchführt. Aber auch die Wissenschaftlerin Ulrike Guérot, die ihre Vorstellung einer European Republic in ihrem Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“ niedergeschrieben hat und dieser Blog, der sich unter anderem für eine europäische Verfassung stark macht, sind zu dieser Gruppe progressiver Pro-Europäer zu zählen.


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Warum der Fraport-Deal für Griechenland gut ist http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fraport-deal-mit-griechenland/5941 http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fraport-deal-mit-griechenland/5941#comments Wed, 04 Jan 2017 20:08:22 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5941 Weiterlesen ]]> Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass bei der Griechenland-„Rettung“ viele Fehler gemacht wurden. Vor allem der Kürzungs- und Sparzwang hat die Krise in Griechenland eher verschlimmert als gelöst. Gleichwohl gab es unter den vielen Maßnahmen auch einzelne, die durchaus positiv zu bewerten sind. Genau hierzu gehört die Vergabe der Betriebsrechte für 14 griechische Flughäfen an die Frankfurter Fraport AG, die u.a. Betreiber des Frankfurter Flughafens ist.

Anders als das bisweilen behauptet wird, handelt es sich dabei nämlich nicht um einen Ausverkauf Griechenlands, sondern lediglich um die Einräumung eines mehrjährigen Nutzungsrechts. Griechenland bleibt somit weiterhin alleiniger Eigentümer seiner Infrastruktur und nach Ablauf des Vertrages können die Betriebsrechte erneut vergeben werden und zwar auch an irgendeinen anderen Betreiber. Außerdem muss Fraport neben dem Kaufpreis jährliche Nutzungsgebühren zahlen und Griechenland an den erwirtschafteten Gewinnen beteiligen. Überdies muss die Fraport AG viele weitere Auflagen erfüllen und z.B. regelmäßig in die griechischen Flughäfen investieren.
Insgesamt handelt es sich daher keineswegs um einen Mega-Deal zugunsten von Fraport, sondern um ein für Griechenland durchaus faires Geschäft. Genauso sehen das anscheinend auch die Anleger, weshalb der Kurs der Fraport-Aktie zurzeit 5% niedriger ist als bei Vertragsschluss Ende 2015. Möglicherweise musste sogar die deutsche Politik erst Druck auf den mehrheitlich im Staatsbesitz befindlichen deutschen Flughafenbetreiber ausüben, damit dieser überhaupt auf das Geschäft eingeht, obwohl es sich eben nicht gerade um eine Goldgrube handelt. Immerhin konnte so zumindest das Signal ausgesendet werden, dass die von Wolfgang Schäuble maßgeblich mitgestaltete Griechenland-„Rettung“ allmählich vorangeht.

Der wirkliche Vorteil dieses Deals ist aber ein anderer und zwar, dass Fraport ein halbstaatliches deutsches Infrastrukturunternehmen mit einem hochprofitablen Frankfurter Flughafen als Sicherheit im Rücken ist. So geben am Ende dieselben Kreditgeber dasselbe Geld für dieselbe Investition, z.B. in eine neue Gepäcksortieranlage auf einem griechischen Flughafen. Nur, über Fraport fallen dafür vielleicht Zinsen in Höhe von 1% an, während ein griechischer Flughafenbetreiber im Moment gar keine Kredite bekäme oder lediglich zu deutlich schlechteren Konditionen. Und wer könnte den Anlegern zurzeit verdenken, dass sie das Gefühl haben, bei Fraport in Frankfurt ist das Geld sicher und bei Hellas-Himmelfahrt auf Mykonos möglicherweise nicht?
Was für einen Vorteil hätte es also für Griechenland, die Einheimischen, den Tourismus oder die lokale Wirtschaft gehabt, wenn weiterhin das Geld für notwendige Reparaturen oder sinnvolle Investitionen für die griechischen Flughäfen gefehlt hätte, weil es zuvor schon von hohen Zinsen aufgefressen worden wäre? Das wäre unproduktiv gewesen, hätte null Perspektiven geschaffen und lediglich jenen genutzt, die die hohen Zinsen kassiert hätten, z.B. der Deutschen Bank.

Wenn jetzt hingegen Fraport für die 1,5 Mrd. Euro Kaufpreis plus Investitionen nur 20 Millionen Euro Zinsen zahlen muss und sich Griechenland dafür Zinskosten in Höhe von vielleicht 60 Millionen Euro spart, sinken schonmal die Finanzierungskosten für die 14 Flughäfen um 40 Millionen Euro bzw. grob 2 Euro pro Passagier. Und durch die mit dem Fraport-Deal entstandene Möglichkeit wieder zu investieren, lassen sich vielleicht auch noch Passagierzahlen steigern, zusätzliche Umsätze generieren oder Betriebskosten senken.
Die befristete Vergabe der Betriebsrechte für die Flughäfen an Fraport hat für Griechenland also durchaus große Vorteile. Es wäre deshalb falsch, diesen Deal zu verdammen, nur weil die Austeritätspolitik, die Griechenland aufgezwungen wird, ein riesiger Quatsch ist.


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Deutschland und die Niederlande: Weltversorger mit Licht und Schatten http://www.mister-ede.de/politik/weltversorger-licht-schatten/5789 http://www.mister-ede.de/politik/weltversorger-licht-schatten/5789#comments Tue, 29 Nov 2016 15:31:39 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5789 Weiterlesen ]]> 2,5 Billionen Euro, 2.500 Milliarden Euro, 2.500.000 Millionen Euro oder 2.500.000.000.000 Euro, das ist die Summe an Gütern und Kapital, die von der deutschen und der niederländischen Volkswirtschaft von 2004 bis 2015 der Welt zur Verfügung gestellt wurde und 2016 werden weitere grob 300 Milliarden Euro hinzukommen. In den letzten 12 Jahren wurden somit von beiden Ländern an die restliche Welt Waren und Dienstleistungen im Wert von 2,50 Billionen Euro mehr exportiert als importiert (Exportüberschuss) und gleichzeitig wurde Kapital in Höhe von 2,35 Bio. Euro ausgeführt (Saldo der Kapitalbilanz).

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger in Zahlen (www.mister-ede.de – 18.11.2016)

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger und ihre Sonnenseiten (www.mister-ede.de – 21.11.2016)

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger und ihre Schattenseiten (www.mister-ede.de – 21.11.2016)

Mit der Einführung des Euro als gemeinsame Währung von nunmehr 19 EU-Ländern wurde den Wirtschaftspolitikern der Eurozone ein völlig neues Spielfeld eröffnet, auf dem sich insbesondere Deutschland geschickt bewegte – zumindest für sich alleine betrachtet.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Währungen der heutigen Euroländer im System schwankender Wechselkurse im Außenvergleich langfristig neutral, weil sich die Tauschverhältnisse und damit der Wert des Geldes an die realen Gegebenheiten anpassten. So führte die auch schon in D-Mark-Zeiten vorhandene Lohnzurückhalten regelmäßig zu einem erstarken der DM gegenüber anderen Währungen, wodurch die Arbeitnehmer selbst mit geringen Lohnsteigerungen einen realen Zugewinn an Kaufkraft verbuchen konnten. Umgekehrt führten die hohen Lohnsteigerungen, z.B. in Italien, zu einem Wertverfall der italienischen Lira, weshalb den dortigen Arbeitnehmern trotz steigender Gehälter nur ein geringer Kaufkraftgewinn blieb.
Durch die Fixierung der Wechselkurse im Rahmen der Euroeinführung wurde dieser Mechanismus allerdings abgeschafft und die unterschiedlichen Lohnentwicklungen innerhalb des Euroraums führten fortan zu einer Divergenz der Wettbewerbsfähigkeit. Anders als in DM-Zeiten hatte die Lohnzurückhaltung nun einen erheblichen Zugewinn an Wettbewerbsfähigkeit der in Deutschland tätigen Unternehmen zur Folge. Im Umkehrschluss bedeutete dies allerdings für die Arbeitnehmer in Deutschland, dass sie jetzt auch einen tatsächlichen Verlust der Kaufkraft hinnehmen mussten, weil es keine Kompensation mehr durch eine erstarkende D-Mark gab.

In Deutschland und in den mit der deutschen Volkswirtschaft eng verflochtenen Niederlanden konnte also die Standortattraktivität für Unternehmen durch die sinkenden Lohnstückkosten und andere Maßnahmen, z.B. der Befreiung der Exportindustrie von den Kosten der Energiewende, gesteigert werden. Auf die Beschäftigungssituation in der Exportwirtschaft wirkte sich dies in beiden Ländern entsprechend vorteilhaft aus. Die sinkenden Reallöhne und die steigenden Steuern und Abgaben für die Arbeitnehmer führten allerdings in anderer Richtung, trotz deutlich wachsender Beschäftigungsquote, zu einer äußerst schwachen Binnennachfrage. Im Ergebnis weiteten sich hierdurch in Deutschland und den Niederlanden die Güterexporte wesentlich stärker aus als die Güterimporte, sodass sich über die letzten Jahre ein erheblicher Außenhandelsüberschuss bei diesen beiden Ländern aufbaute.
Während gerade für Deutschland, das Anfang des Jahrtausends noch unter einer hohen Arbeitslosigkeit litt, der mit dieser Wirtschaftspolitik einhergehende Beschäftigungszuwachs positiv zu bewerten ist, haben die geringen Lohnsteigerungen für Deutschland negative Auswirkungen. Zusätzlich muss hierbei berücksichtigt werden, dass sich die Vorteile und die Nachteile dieser Entwicklung auf verschiedenen Gruppen innerhalb der Gesellschaft unterschiedlich auswirken. Während ein Vertriebsleiter bei Daimler oder ein Ingenieur eines mittelständischen Weltmarktführers von dieser Exportorientierung der Wirtschaftspolitik ganz klar profitiert, sieht die Bilanz für Leiharbeiter, Werkvertragler, Hartz IV-Bezieher oder Rentner deutlich schlechter aus. Die konsequente Förderung der Exportindustrie hat in Deutschland damit zwar die gesellschaftlichen Konflikte, die aus der hohen Arbeitslosigkeit resultierten, entschärft, gleichzeitig aber auch eine neuerliche Spaltung der Gesellschaft befördert. Die Beispiele von Angestellten, die für die exakt gleiche Tätigkeit in ein und demselben Unternehmen unterschiedlich bezahlt werden, sind hinlänglich bekannt.

Daneben haben die Divergenzen bei der Wettbewerbsfähigkeit auch auf die übrigen Euro-Länder erhebliche Auswirkungen. So ging genau die Wettbewerbsfähigkeit, die in Deutschland nicht nur mit einem Vorsprung an Knowhow, sondern eben auch durch die Lockerung des Arbeitnehmerschutzes und mithilfe von Lohnzurückhaltung gewonnen wurde, bei den europäischen Nachbarn verloren. Gerade in jenen Wirtschaftsbereichen, in denen der Kostendruck hoch ist, z.B. bei der Fleischproduktion, fand deshalb eine Verlagerung der Produktion in das kostengünstigere Deutschland statt, sodass in anderen Ländern des Euroraums, z.B. in Belgien, eine Abwanderung von Arbeitsplätzen zu beklagen war.
Insgesamt betrachtet, ist allerdings die Eurozone auf diese Weise gegenüber anderen Weltregionen spürbar wettbewerbsfähiger geworden. Das macht sich beispielsweise beim Außenbeitrag der Euroländer bemerkbar, der von 91 Mrd. Euro im Jahr 2008 auf inzwischen 478 Mrd. Euro im Jahr 2015 angewachsen ist. Insbesondere während der Finanzkrise hat dies wesentlich dazu beigetragen, dass der Euro, trotz der großen Probleme in Teilen der Eurozone, relativ stabil gehalten werden konnte. Nachdem Deutschland und die Niederlande darüber hinaus durch die Bereitstellung von Kapital zur Stabilisierung der schwächelnden Euroländer beigetragen haben, konnte die Eurokrise beispielsweise in Spanien abgemildert werden. Und auch das Wiederanziehen der Wirtschaft in der Eurozone ist natürlich nicht zuletzt auf die starken und wettbewerbsfähigen Unternehmen in Deutschland und den Niederlanden zurückzuführen.

Was aber für die Eurozone einen Zugewinn an Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, stellt umgekehrt einen Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit von Ländern außerhalb der Eurozone dar und zwar innerhalb der EU genauso wie in Afrika oder in Asien. Somit ist auch die lahmende Weltwirtschaft, insbesondere der Wirtschaftsabschwung in China, zum Teil eine Folge der stark exportorientierten Wirtschaftspolitik Deutschlands und der Niederlande. Nicht umsonst fordert deshalb der Internationale Währungsfonds (IWF) von diesen beiden Ländern ein Umdenken bezüglich der enormen Exportüberschüsse, die genauso als Importdefizite verstanden werden können.
Nachdem aber Deutschland und die Niederlande im Vergleich z.B. zu China oder Russland einen deutlich höheren Umweltschutz vorweisen können und auch, trotz des deutschen Niedriglohnsektors, noch immer wesentlich bessere Arbeitsbedingungen gewährleisten, ist diese Entwicklung nicht ausschließlich negativ zu sehen. Im Gegenteil ist es sogar ein ziemlich gutes Zeichen, dass sich Deutschland und die Niederlande mit ihren hohen Standards am Weltmarkt bzw. im globalen Standortwettbewerb durchsetzen können.
Ebenso hat diese Entwicklung in Bezug auf den Welthandel ihre positiven Seiten. Zumindest gerät bei Handelsverträgen zwischen der EU und Schwellen- oder Entwicklungsländern die Frage nach Menschenrechten oder nach den wirtschaftlichen Perspektiven der jeweiligen Handelspartner nicht gänzlich aus dem Blick. Außerdem agieren die meisten europäischen Unternehmen, im Vergleich z.B. zum Auftreten chinesischer Investoren, durchaus verantwortungsvoll.

Ja, Deutschland und die Niederlande haben sich zu Weltversorgern entwickelt. Es wäre aber falsch, dies als riesigen Erfolg zu feiern oder als absolute Fehlentwicklung zu verurteilen. Vielmehr ist die Bilanz dieser Entwicklung durchwachsen und es gibt Licht und Schatten. Ziel einer guten und zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik muss es deshalb sein, auf der einen Seite die Exportstärke zu bewahren und auf der anderen Seite das große Ganze mehr in den Blick zu nehmen und z.B. für eine höhere Binnennachfrage zu sorgen.


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Anstatt also jedem der knapp 100 Mio. Bürger in Deutschland und den Niederlanden vom Säugling bis zum Greis, z.B. ein Auto im Wert von rund 25.000 Euro vor die Tür zu stellen, wurden diese Waren und Dienstleistungen exportiert. Im Gegenzug entstanden dafür Forderungen gegenüber anderen Volkswirtschaften, wie z.B. Griechenland, Spanien oder den USA, bzw. es wurde Auslandsvermögen aufgebaut, z.B. Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien erworben. Müssen in der Zukunft allerdings Teile dieser Forderungen oder sonstigen Vermögenswerte abgeschrieben werden, wurden die exportierten Waren von der deutschen bzw. niederländischen Volkswirtschaft einfach verschenkt.
Aber auch wenn diese Forderungen und Vermögenswerte am Ende tatsächlich bestehen bleiben, ist der Preis hoch, der für dieses Weltversorgungsstreben vor allem von der deutschen Bevölkerung bezahlt werden muss. Erst durch Steuergeschenke für Unternehmen und mit Lohn- und Sozialdumping und der Einschränkung der Arbeitnehmerrechte wurde diese Region über die letzten Jahre zu der Werkbank Europas, die sie heute ist. Damit bekommt der normale Bürger heute weniger Lohn als ihm eigentlich zusteht und dafür muss er auch noch höhere Steuern und Abgaben zahlen, um z.B. die Steuerbefreiung für Erben großer Unternehmen auszugleichen.
Aber auch beim Strom muss der Bürger in Deutschland inzwischen tiefer in die Tasche greifen, weil die Exportindustrie gezielt subventioniert wird. So können sich die mittleren und großen Unternehmen dank der geförderten Wind- und Solarenergie über niedrigste Preise am Strommarkt für ihre Produktion freuen, während die normalen Verbraucher genau diesen Wind- und Solarstrom über jene EEG-Umlage bezahlen müssen, von der die Exportunternehmen befreit sind.

Das Weltversorgungsstreben von Deutschland und den Niederlanden wirft seine Schatten allerdings weit über die Region Mitteleuropas hinaus. Nachdem die Wettbewerbsverzerrung, die durch das deutsche Lohndumping entstand, innerhalb der Gemeinschaftswährung nicht mehr durch Währungsabwertungen ausgeglichen werden konnte, wurden die mit dem Exportweltmeister konkurrierenden Euro-Länder in den letzten 10 – 15 Jahren geradezu aus dem Wettbewerb gedrängt. Auf diese Weise sind die im Euro-Währungsraum mit Deutschland und den Niederlanden verbundenen Euro-Länder in eine regelrechte Abwärtsspirale geraten. Die sinkende Wettbewerbsfähigkeit löste eine steigende Arbeitslosigkeit und wachsende Sozialkosten aus, die wiederum zu einer Erhöhung von Sozialabgaben und Steuern und damit zu einer weiter sinkenden Wettbewerbsfähigkeit führten.
Hinzu kommt seit der Finanzkrise auch noch eine Kapitalflucht aus den Krisenländern, weil zahlreiche Finanzanleger ihre Gelder einfach in andere Länder abgezogen haben, vor allem eben auch nach Deutschland oder in die Niederlande. Manche Euroländer, z.B. Portugal, konnten deshalb nicht mehr genügend Kredite zu akzeptablen Konditionen am Markt aufnehmen und mussten deshalb von anderen Ländern bzw. den europäischen Steuerzahlern gestützt werden.

Umgekehrt trägt der negative Kapitalsaldo der übrigen Eurozone von über 1,1 Billionen Euro zu einem schwächeren Wechselkurs des Euro beispielsweise gegenüber dem britischen Pfund oder dem US-Dollar bei. Hierdurch wird die Wettbewerbsfähigkeit noch weiter zugunsten der europäischen Werkbank in Deutschland und den Niederlanden manipuliert. Dies führt dazu, dass die Rolle der beiden Länder als Weltversorger ihre Schatten nicht nur auf den Euro-Währungsraum und Europa wirft, sondern auch weit darüber hinaus. So hängen beispielsweise deutsche Milch in Afrika, die dann dortige Produzenten aus dem Markt wirft, oder das künftige Bayer-Monsanto-Gensaatgut, das die Welt beglücken soll, ebenfalls eng mit der Rolle Deutschlands und den Niederlanden als Exportriesen zusammen.

Ja, wir sind Weltversorger. Allerdings ist der Preis hierzulande ein Niedriglohnsektor, ein massiver Sozialabbau sowie Steuergeschenke und Subventionen für die Exportwirtschaft. Daneben hat dieses Weltversorgungsstreben auch in anderen europäischen Ländern Arbeitslosigkeit und Armut befördert und hat auch außerhalb Europas negative Folgen, z.B. in Afrika. Bedenkt man außerdem, dass Deutschland und die Niederlande nicht zu viele Waren exportieren, sondern einfach nur zu wenige importieren – also keinen Exportüberschuss haben, sondern ein Importdefizit – liegt die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser wirtschaftspolitischen Ausrichtung auf der Hand. Dies gilt natürlich umso mehr, wenn gleichzeitig die hiesige Infrastruktur stellenweise auf Verschleiß gefahren wird und gut und gerne einige hundert Milliarden Euro in die Instandhaltung und den Ausbau investiert werden könnten.


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Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger in Zahlen (www.mister-ede.de – 18.11.2016)

Von dieser Exportstärke der Volkswirtschaften profitieren in Deutschland und den Niederlanden zahlreiche Menschen. Dies gilt für die Aktionäre oder Eigentümer exportorientierter Unternehmen genauso wie für die Mitarbeiter eines mittelständischen Weltmarktführers, für einen Kioskbesitzer vor einem großen Chemiewerk oder für all jene, die Güter und Dienstleistungen an diese Beschäftigten verkaufen können. Somit trägt der Exportboom der beiden Länder maßgeblich zu einer steigenden Beschäftigungsquote und dem Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland und den Niederlanden bei.
Neben den Beschäftigten profitiert aber auch die Allgemeinheit, beispielsweise in Deutschland über Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen, durch die Steuerzahlungen und Sozialabgaben der starken Exportindustrie. Diese Einnahmen sind ein Grund dafür, warum Deutschland ohne Steuererhöhungen in den letzten Jahren zusätzliche Ausgaben z.B. für Bildung und Infrastruktur tätigen konnte und gleichzeitig dennoch eine solide Haushaltspolitik ohne Neuverschuldung möglich war.

Zusätzlich tragen Deutschland und die Niederlande mit ihrer enormen Exportstärke wesentlich zur Linderung der Symptome der Eurokrise in den Krisenländern bei. Mit einem Kapitaltransfer von 1,1 Bio. Euro in den Jahren 2004 – 2015 zugunsten der defizitären Länder der Eurozone und durch den Ausgleich der immensen Löcher im Außenhandel von z.B. Griechenland konnte der Euro als Währung über die Finanzkrise hinweg stabil gehalten werden. Auf diese Weise war und ist es für die Krisenländer möglich, benötigte Güter, z.B. Öl, Maschinen oder Medizin, am Weltmarkt mit einem harten Euro zu erwerben und diesen Warenbezug zum Teil sogar über Kredite zu finanzieren. Ohne die starken Volkswirtschaften von Deutschland und den Niederlanden und der gemeinsamen Euro-Währung wäre dies undenkbar gewesen, sodass z.B. das Platzen der Immobilienblase in Spanien deutlich größere Verwerfungen ausgelöst hätte, als wir das im Zuge der Eurokrise erlebt haben.
Desweiteren erlaubt es die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland und den Niederlanden, z.B. jungen Portugiesen eine Ausbildung anzubieten oder schon ausgebildeten Spaniern einen Arbeitsplatz zu verschaffen. Auch die stabilen Absatzmärkte der beiden mitteleuropäischen Länder für Waren und Dienstleistungen aus Südeuropa helfen den verschiedensten Unternehmen der Krisenländer und den dortigen Werktätigen. Genauso ist der stetige Tourismus, der aus Deutschland und den Niederlanden z.B. nach Griechenland kommt, eine feste Größe für die Volkswirtschaften der schwächelnden Euro-Länder.

Aber auch über den Euroraum und die EU hinaus wirkt die Strahlkraft der starken Exportwirtschaft Deutschlands und der Niederlande und ist ein Gewinn für viele Menschen. Die Rücküberweisungen der hier lebenden und arbeitenden Ausländer helfen deren Familien und ihren Heimatländern ungemein. Durch die gute Wirtschaftslage ist es außerdem möglich, beispielsweise die Entwicklungshilfe für Afrika auszubauen oder die UN und ihre Programme, z.B. das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, die Weltgesundheitsorganisation WHO oder das Welternährungsprogramm, mit mehr Finanzmitteln auszustatten.
Überdies bringt die Exportstärke Deutschlands und der Niederlande die beiden Länder in eine hervorgehobene Position, die es ihnen erlaubt, neben Gütern auch ihre Werte zu exportieren, z.B. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Presse- und Meinungsfreiheit oder Menschenrechte. So kann insbesondere Deutschland bei internationalen Verhandlungen sein Gewicht in die Waagschale werfen und ein entscheidendes Wort mitreden, wenn es z.B. um die Atomverhandlungen mit dem Iran geht oder um Sanktionen gegen Russland.

Ja, wir sind Weltversorger und das trägt zum Wohlstand in Deutschland und den Niederlanden bei. Diese wirtschaftliche Stärke hilft aber genauso auch der Eurozone und den Krisenländern, um wieder auf die Beine zu kommen. Auch in vielen anderen Teilen der Welt profitieren die Menschen z.B. durch die Überweisungen von Familienangehörigen, die in Deutschland beschäftigt sind. Außerdem erlaubt die florierende Wirtschaft vor allem Deutschland, seine Wertvorstellungen in die Welt zu tragen und als leuchtendes Beispiel dafür zu dienen, dass Freiheit, Rechtssicherheit und Demokratie Wohlstand schaffen.


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Hinzu kommt zu dieser Entwicklung das deutsche Lohn- und Sozialdumping seit der Jahrtausendwende, durch das die Produktionskosten in Deutschland gesenkt und gleichzeitige die Binnennachfrage niedrig gehalten wurde. Dies hat zu erheblichen Exportüberschüssen bzw. Importdefiziten von knapp 2 Billionen Euro seit 2004 geführt, zu denen in diesem Jahr weitere grob 200 Mrd. Euro dazukommen werden. Deutschland wird also von Anfang 2004 bis Ende 2016 über 2 Billionen Euro mehr an Waren und Dienstleistungen in die übrige Welt exportiert haben als von dort importiert – und für das Kapital gilt übrigens dasselbe. Hierbei hilft Deutschland auch noch, dass der Euro wegen der anderen kränkelnden Wirtschaften im Euroraum relativ schwach ist und deutsche Unternehmen so die Exportpreise niedrig halten können – ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Den deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dürfte es zumindest freuen, dass auf der einen Seite die Zinskosten des Bundes, aber auch des Staates insgesamt, auf ein historisches Tief zurückgegangen sind und auf der anderen Seite die Steuereinnahmen dank des Exportgeschäfts kräftig um 12,4% von 551,8 Mrd. Euro im Jahr 2012 auf 620,3 Mrd. Euro im Jahr 2015 gestiegen sind. Und auch bis zum Sommer 2016 hat sich dieser Trend fortgesetzt, so dass das Steueraufkommen in Deutschland um weitere 5,6% [1] gegenüber dem Vorjahreszeitraum angestiegen ist.
Werden diese Spielräume nun allerdings nicht genutzt, um die Binnennachfrage hierzulande zu stärken, werden die entstandenen Spielräume vermutlich wieder durch ein kollabierendes Euro-Land aufgezehrt. Auch wenn in Deutschland zurzeit Arbeitsplätze entstehen und die Steuereinnahmen sprudeln, ist deshalb zu bezweifeln, dass es auf lange Sicht sinnvoll ist, immer wieder Länder erst gnadenlos nieder zu konkurrieren und dann zu retten.


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[1] Bericht des Bundesfinanzministeriums zu den Steuereinnahmen 1. HJ 2016 (Link zur PDF auf www.bundesfinanzministerium.de)

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