mister-ede.de » Kapitalbilanz https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Deutschland und die Niederlande: Weltversorger mit Licht und Schatten https://www.mister-ede.de/politik/weltversorger-licht-schatten/5789 https://www.mister-ede.de/politik/weltversorger-licht-schatten/5789#comments Tue, 29 Nov 2016 15:31:39 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5789 Weiterlesen ]]> 2,5 Billionen Euro, 2.500 Milliarden Euro, 2.500.000 Millionen Euro oder 2.500.000.000.000 Euro, das ist die Summe an Gütern und Kapital, die von der deutschen und der niederländischen Volkswirtschaft von 2004 bis 2015 der Welt zur Verfügung gestellt wurde und 2016 werden weitere grob 300 Milliarden Euro hinzukommen. In den letzten 12 Jahren wurden somit von beiden Ländern an die restliche Welt Waren und Dienstleistungen im Wert von 2,50 Billionen Euro mehr exportiert als importiert (Exportüberschuss) und gleichzeitig wurde Kapital in Höhe von 2,35 Bio. Euro ausgeführt (Saldo der Kapitalbilanz).

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger in Zahlen (www.mister-ede.de – 18.11.2016)

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger und ihre Sonnenseiten (www.mister-ede.de – 21.11.2016)

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger und ihre Schattenseiten (www.mister-ede.de – 21.11.2016)

Mit der Einführung des Euro als gemeinsame Währung von nunmehr 19 EU-Ländern wurde den Wirtschaftspolitikern der Eurozone ein völlig neues Spielfeld eröffnet, auf dem sich insbesondere Deutschland geschickt bewegte – zumindest für sich alleine betrachtet.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Währungen der heutigen Euroländer im System schwankender Wechselkurse im Außenvergleich langfristig neutral, weil sich die Tauschverhältnisse und damit der Wert des Geldes an die realen Gegebenheiten anpassten. So führte die auch schon in D-Mark-Zeiten vorhandene Lohnzurückhalten regelmäßig zu einem erstarken der DM gegenüber anderen Währungen, wodurch die Arbeitnehmer selbst mit geringen Lohnsteigerungen einen realen Zugewinn an Kaufkraft verbuchen konnten. Umgekehrt führten die hohen Lohnsteigerungen, z.B. in Italien, zu einem Wertverfall der italienischen Lira, weshalb den dortigen Arbeitnehmern trotz steigender Gehälter nur ein geringer Kaufkraftgewinn blieb.
Durch die Fixierung der Wechselkurse im Rahmen der Euroeinführung wurde dieser Mechanismus allerdings abgeschafft und die unterschiedlichen Lohnentwicklungen innerhalb des Euroraums führten fortan zu einer Divergenz der Wettbewerbsfähigkeit. Anders als in DM-Zeiten hatte die Lohnzurückhaltung nun einen erheblichen Zugewinn an Wettbewerbsfähigkeit der in Deutschland tätigen Unternehmen zur Folge. Im Umkehrschluss bedeutete dies allerdings für die Arbeitnehmer in Deutschland, dass sie jetzt auch einen tatsächlichen Verlust der Kaufkraft hinnehmen mussten, weil es keine Kompensation mehr durch eine erstarkende D-Mark gab.

In Deutschland und in den mit der deutschen Volkswirtschaft eng verflochtenen Niederlanden konnte also die Standortattraktivität für Unternehmen durch die sinkenden Lohnstückkosten und andere Maßnahmen, z.B. der Befreiung der Exportindustrie von den Kosten der Energiewende, gesteigert werden. Auf die Beschäftigungssituation in der Exportwirtschaft wirkte sich dies in beiden Ländern entsprechend vorteilhaft aus. Die sinkenden Reallöhne und die steigenden Steuern und Abgaben für die Arbeitnehmer führten allerdings in anderer Richtung, trotz deutlich wachsender Beschäftigungsquote, zu einer äußerst schwachen Binnennachfrage. Im Ergebnis weiteten sich hierdurch in Deutschland und den Niederlanden die Güterexporte wesentlich stärker aus als die Güterimporte, sodass sich über die letzten Jahre ein erheblicher Außenhandelsüberschuss bei diesen beiden Ländern aufbaute.
Während gerade für Deutschland, das Anfang des Jahrtausends noch unter einer hohen Arbeitslosigkeit litt, der mit dieser Wirtschaftspolitik einhergehende Beschäftigungszuwachs positiv zu bewerten ist, haben die geringen Lohnsteigerungen für Deutschland negative Auswirkungen. Zusätzlich muss hierbei berücksichtigt werden, dass sich die Vorteile und die Nachteile dieser Entwicklung auf verschiedenen Gruppen innerhalb der Gesellschaft unterschiedlich auswirken. Während ein Vertriebsleiter bei Daimler oder ein Ingenieur eines mittelständischen Weltmarktführers von dieser Exportorientierung der Wirtschaftspolitik ganz klar profitiert, sieht die Bilanz für Leiharbeiter, Werkvertragler, Hartz IV-Bezieher oder Rentner deutlich schlechter aus. Die konsequente Förderung der Exportindustrie hat in Deutschland damit zwar die gesellschaftlichen Konflikte, die aus der hohen Arbeitslosigkeit resultierten, entschärft, gleichzeitig aber auch eine neuerliche Spaltung der Gesellschaft befördert. Die Beispiele von Angestellten, die für die exakt gleiche Tätigkeit in ein und demselben Unternehmen unterschiedlich bezahlt werden, sind hinlänglich bekannt.

Daneben haben die Divergenzen bei der Wettbewerbsfähigkeit auch auf die übrigen Euro-Länder erhebliche Auswirkungen. So ging genau die Wettbewerbsfähigkeit, die in Deutschland nicht nur mit einem Vorsprung an Knowhow, sondern eben auch durch die Lockerung des Arbeitnehmerschutzes und mithilfe von Lohnzurückhaltung gewonnen wurde, bei den europäischen Nachbarn verloren. Gerade in jenen Wirtschaftsbereichen, in denen der Kostendruck hoch ist, z.B. bei der Fleischproduktion, fand deshalb eine Verlagerung der Produktion in das kostengünstigere Deutschland statt, sodass in anderen Ländern des Euroraums, z.B. in Belgien, eine Abwanderung von Arbeitsplätzen zu beklagen war.
Insgesamt betrachtet, ist allerdings die Eurozone auf diese Weise gegenüber anderen Weltregionen spürbar wettbewerbsfähiger geworden. Das macht sich beispielsweise beim Außenbeitrag der Euroländer bemerkbar, der von 91 Mrd. Euro im Jahr 2008 auf inzwischen 478 Mrd. Euro im Jahr 2015 angewachsen ist. Insbesondere während der Finanzkrise hat dies wesentlich dazu beigetragen, dass der Euro, trotz der großen Probleme in Teilen der Eurozone, relativ stabil gehalten werden konnte. Nachdem Deutschland und die Niederlande darüber hinaus durch die Bereitstellung von Kapital zur Stabilisierung der schwächelnden Euroländer beigetragen haben, konnte die Eurokrise beispielsweise in Spanien abgemildert werden. Und auch das Wiederanziehen der Wirtschaft in der Eurozone ist natürlich nicht zuletzt auf die starken und wettbewerbsfähigen Unternehmen in Deutschland und den Niederlanden zurückzuführen.

Was aber für die Eurozone einen Zugewinn an Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, stellt umgekehrt einen Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit von Ländern außerhalb der Eurozone dar und zwar innerhalb der EU genauso wie in Afrika oder in Asien. Somit ist auch die lahmende Weltwirtschaft, insbesondere der Wirtschaftsabschwung in China, zum Teil eine Folge der stark exportorientierten Wirtschaftspolitik Deutschlands und der Niederlande. Nicht umsonst fordert deshalb der Internationale Währungsfonds (IWF) von diesen beiden Ländern ein Umdenken bezüglich der enormen Exportüberschüsse, die genauso als Importdefizite verstanden werden können.
Nachdem aber Deutschland und die Niederlande im Vergleich z.B. zu China oder Russland einen deutlich höheren Umweltschutz vorweisen können und auch, trotz des deutschen Niedriglohnsektors, noch immer wesentlich bessere Arbeitsbedingungen gewährleisten, ist diese Entwicklung nicht ausschließlich negativ zu sehen. Im Gegenteil ist es sogar ein ziemlich gutes Zeichen, dass sich Deutschland und die Niederlande mit ihren hohen Standards am Weltmarkt bzw. im globalen Standortwettbewerb durchsetzen können.
Ebenso hat diese Entwicklung in Bezug auf den Welthandel ihre positiven Seiten. Zumindest gerät bei Handelsverträgen zwischen der EU und Schwellen- oder Entwicklungsländern die Frage nach Menschenrechten oder nach den wirtschaftlichen Perspektiven der jeweiligen Handelspartner nicht gänzlich aus dem Blick. Außerdem agieren die meisten europäischen Unternehmen, im Vergleich z.B. zum Auftreten chinesischer Investoren, durchaus verantwortungsvoll.

Ja, Deutschland und die Niederlande haben sich zu Weltversorgern entwickelt. Es wäre aber falsch, dies als riesigen Erfolg zu feiern oder als absolute Fehlentwicklung zu verurteilen. Vielmehr ist die Bilanz dieser Entwicklung durchwachsen und es gibt Licht und Schatten. Ziel einer guten und zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik muss es deshalb sein, auf der einen Seite die Exportstärke zu bewahren und auf der anderen Seite das große Ganze mehr in den Blick zu nehmen und z.B. für eine höhere Binnennachfrage zu sorgen.


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Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger und ihre Schattenseiten https://www.mister-ede.de/politik/weltversorger-schattenseiten/5728 https://www.mister-ede.de/politik/weltversorger-schattenseiten/5728#comments Mon, 21 Nov 2016 17:43:17 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5728 Weiterlesen ]]> 2,5 Billionen Euro, 2.500 Milliarden Euro, 2.500.000 Millionen Euro oder 2.500.000.000.000 Euro, das ist die Summe an Gütern und Kapital, die von der deutschen und der niederländischen Volkswirtschaft von 2004 bis 2015 der Welt zur Verfügung gestellt wurde und 2016 werden weitere grob 300 Milliarden Euro hinzu kommen. In den letzten 12 Jahren wurden somit von beiden Ländern an die restliche Welt Waren und Dienstleistungen im Wert von 2,50 Billionen Euro mehr exportiert als importiert (Exportüberschuss) und gleichzeitig wurde Kapital in Höhe von 2,35 Bio. Euro ausgeführt (Saldo der Kapitalbilanz).

Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger in Zahlen (www.mister-ede.de – 18.11.2016)

Anstatt also jedem der knapp 100 Mio. Bürger in Deutschland und den Niederlanden vom Säugling bis zum Greis, z.B. ein Auto im Wert von rund 25.000 Euro vor die Tür zu stellen, wurden diese Waren und Dienstleistungen exportiert. Im Gegenzug entstanden dafür Forderungen gegenüber anderen Volkswirtschaften, wie z.B. Griechenland, Spanien oder den USA, bzw. es wurde Auslandsvermögen aufgebaut, z.B. Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien erworben. Müssen in der Zukunft allerdings Teile dieser Forderungen oder sonstigen Vermögenswerte abgeschrieben werden, wurden die exportierten Waren von der deutschen bzw. niederländischen Volkswirtschaft einfach verschenkt.
Aber auch wenn diese Forderungen und Vermögenswerte am Ende tatsächlich bestehen bleiben, ist der Preis hoch, der für dieses Weltversorgungsstreben vor allem von der deutschen Bevölkerung bezahlt werden muss. Erst durch Steuergeschenke für Unternehmen und mit Lohn- und Sozialdumping und der Einschränkung der Arbeitnehmerrechte wurde diese Region über die letzten Jahre zu der Werkbank Europas, die sie heute ist. Damit bekommt der normale Bürger heute weniger Lohn als ihm eigentlich zusteht und dafür muss er auch noch höhere Steuern und Abgaben zahlen, um z.B. die Steuerbefreiung für Erben großer Unternehmen auszugleichen.
Aber auch beim Strom muss der Bürger in Deutschland inzwischen tiefer in die Tasche greifen, weil die Exportindustrie gezielt subventioniert wird. So können sich die mittleren und großen Unternehmen dank der geförderten Wind- und Solarenergie über niedrigste Preise am Strommarkt für ihre Produktion freuen, während die normalen Verbraucher genau diesen Wind- und Solarstrom über jene EEG-Umlage bezahlen müssen, von der die Exportunternehmen befreit sind.

Das Weltversorgungsstreben von Deutschland und den Niederlanden wirft seine Schatten allerdings weit über die Region Mitteleuropas hinaus. Nachdem die Wettbewerbsverzerrung, die durch das deutsche Lohndumping entstand, innerhalb der Gemeinschaftswährung nicht mehr durch Währungsabwertungen ausgeglichen werden konnte, wurden die mit dem Exportweltmeister konkurrierenden Euro-Länder in den letzten 10 – 15 Jahren geradezu aus dem Wettbewerb gedrängt. Auf diese Weise sind die im Euro-Währungsraum mit Deutschland und den Niederlanden verbundenen Euro-Länder in eine regelrechte Abwärtsspirale geraten. Die sinkende Wettbewerbsfähigkeit löste eine steigende Arbeitslosigkeit und wachsende Sozialkosten aus, die wiederum zu einer Erhöhung von Sozialabgaben und Steuern und damit zu einer weiter sinkenden Wettbewerbsfähigkeit führten.
Hinzu kommt seit der Finanzkrise auch noch eine Kapitalflucht aus den Krisenländern, weil zahlreiche Finanzanleger ihre Gelder einfach in andere Länder abgezogen haben, vor allem eben auch nach Deutschland oder in die Niederlande. Manche Euroländer, z.B. Portugal, konnten deshalb nicht mehr genügend Kredite zu akzeptablen Konditionen am Markt aufnehmen und mussten deshalb von anderen Ländern bzw. den europäischen Steuerzahlern gestützt werden.

Umgekehrt trägt der negative Kapitalsaldo der übrigen Eurozone von über 1,1 Billionen Euro zu einem schwächeren Wechselkurs des Euro beispielsweise gegenüber dem britischen Pfund oder dem US-Dollar bei. Hierdurch wird die Wettbewerbsfähigkeit noch weiter zugunsten der europäischen Werkbank in Deutschland und den Niederlanden manipuliert. Dies führt dazu, dass die Rolle der beiden Länder als Weltversorger ihre Schatten nicht nur auf den Euro-Währungsraum und Europa wirft, sondern auch weit darüber hinaus. So hängen beispielsweise deutsche Milch in Afrika, die dann dortige Produzenten aus dem Markt wirft, oder das künftige Bayer-Monsanto-Gensaatgut, das die Welt beglücken soll, ebenfalls eng mit der Rolle Deutschlands und den Niederlanden als Exportriesen zusammen.

Ja, wir sind Weltversorger. Allerdings ist der Preis hierzulande ein Niedriglohnsektor, ein massiver Sozialabbau sowie Steuergeschenke und Subventionen für die Exportwirtschaft. Daneben hat dieses Weltversorgungsstreben auch in anderen europäischen Ländern Arbeitslosigkeit und Armut befördert und hat auch außerhalb Europas negative Folgen, z.B. in Afrika. Bedenkt man außerdem, dass Deutschland und die Niederlande nicht zu viele Waren exportieren, sondern einfach nur zu wenige importieren – also keinen Exportüberschuss haben, sondern ein Importdefizit – liegt die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser wirtschaftspolitischen Ausrichtung auf der Hand. Dies gilt natürlich umso mehr, wenn gleichzeitig die hiesige Infrastruktur stellenweise auf Verschleiß gefahren wird und gut und gerne einige hundert Milliarden Euro in die Instandhaltung und den Ausbau investiert werden könnten.


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Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger in Zahlen (www.mister-ede.de – 18.11.2016)

Von dieser Exportstärke der Volkswirtschaften profitieren in Deutschland und den Niederlanden zahlreiche Menschen. Dies gilt für die Aktionäre oder Eigentümer exportorientierter Unternehmen genauso wie für die Mitarbeiter eines mittelständischen Weltmarktführers, für einen Kioskbesitzer vor einem großen Chemiewerk oder für all jene, die Güter und Dienstleistungen an diese Beschäftigten verkaufen können. Somit trägt der Exportboom der beiden Länder maßgeblich zu einer steigenden Beschäftigungsquote und dem Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland und den Niederlanden bei.
Neben den Beschäftigten profitiert aber auch die Allgemeinheit, beispielsweise in Deutschland über Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen, durch die Steuerzahlungen und Sozialabgaben der starken Exportindustrie. Diese Einnahmen sind ein Grund dafür, warum Deutschland ohne Steuererhöhungen in den letzten Jahren zusätzliche Ausgaben z.B. für Bildung und Infrastruktur tätigen konnte und gleichzeitig dennoch eine solide Haushaltspolitik ohne Neuverschuldung möglich war.

Zusätzlich tragen Deutschland und die Niederlande mit ihrer enormen Exportstärke wesentlich zur Linderung der Symptome der Eurokrise in den Krisenländern bei. Mit einem Kapitaltransfer von 1,1 Bio. Euro in den Jahren 2004 – 2015 zugunsten der defizitären Länder der Eurozone und durch den Ausgleich der immensen Löcher im Außenhandel von z.B. Griechenland konnte der Euro als Währung über die Finanzkrise hinweg stabil gehalten werden. Auf diese Weise war und ist es für die Krisenländer möglich, benötigte Güter, z.B. Öl, Maschinen oder Medizin, am Weltmarkt mit einem harten Euro zu erwerben und diesen Warenbezug zum Teil sogar über Kredite zu finanzieren. Ohne die starken Volkswirtschaften von Deutschland und den Niederlanden und der gemeinsamen Euro-Währung wäre dies undenkbar gewesen, sodass z.B. das Platzen der Immobilienblase in Spanien deutlich größere Verwerfungen ausgelöst hätte, als wir das im Zuge der Eurokrise erlebt haben.
Desweiteren erlaubt es die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland und den Niederlanden, z.B. jungen Portugiesen eine Ausbildung anzubieten oder schon ausgebildeten Spaniern einen Arbeitsplatz zu verschaffen. Auch die stabilen Absatzmärkte der beiden mitteleuropäischen Länder für Waren und Dienstleistungen aus Südeuropa helfen den verschiedensten Unternehmen der Krisenländer und den dortigen Werktätigen. Genauso ist der stetige Tourismus, der aus Deutschland und den Niederlanden z.B. nach Griechenland kommt, eine feste Größe für die Volkswirtschaften der schwächelnden Euro-Länder.

Aber auch über den Euroraum und die EU hinaus wirkt die Strahlkraft der starken Exportwirtschaft Deutschlands und der Niederlande und ist ein Gewinn für viele Menschen. Die Rücküberweisungen der hier lebenden und arbeitenden Ausländer helfen deren Familien und ihren Heimatländern ungemein. Durch die gute Wirtschaftslage ist es außerdem möglich, beispielsweise die Entwicklungshilfe für Afrika auszubauen oder die UN und ihre Programme, z.B. das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, die Weltgesundheitsorganisation WHO oder das Welternährungsprogramm, mit mehr Finanzmitteln auszustatten.
Überdies bringt die Exportstärke Deutschlands und der Niederlande die beiden Länder in eine hervorgehobene Position, die es ihnen erlaubt, neben Gütern auch ihre Werte zu exportieren, z.B. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Presse- und Meinungsfreiheit oder Menschenrechte. So kann insbesondere Deutschland bei internationalen Verhandlungen sein Gewicht in die Waagschale werfen und ein entscheidendes Wort mitreden, wenn es z.B. um die Atomverhandlungen mit dem Iran geht oder um Sanktionen gegen Russland.

Ja, wir sind Weltversorger und das trägt zum Wohlstand in Deutschland und den Niederlanden bei. Diese wirtschaftliche Stärke hilft aber genauso auch der Eurozone und den Krisenländern, um wieder auf die Beine zu kommen. Auch in vielen anderen Teilen der Welt profitieren die Menschen z.B. durch die Überweisungen von Familienangehörigen, die in Deutschland beschäftigt sind. Außerdem erlaubt die florierende Wirtschaft vor allem Deutschland, seine Wertvorstellungen in die Welt zu tragen und als leuchtendes Beispiel dafür zu dienen, dass Freiheit, Rechtssicherheit und Demokratie Wohlstand schaffen.


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Deutschland und die Niederlande: Die Weltversorger in Zahlen https://www.mister-ede.de/politik/de-nl-weltversorger-in-zahlen/5701 https://www.mister-ede.de/politik/de-nl-weltversorger-in-zahlen/5701#comments Fri, 18 Nov 2016 14:18:18 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5701 Weiterlesen ]]> Nachfolgend sind einige statistische Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat zum Außenhandel von Deutschland und den Niederlanden sowie den übrigen EU-Ländern aufgelistet. Nachdem es sich hierbei um statistische Werte handelt, die zum Teil anhand anderer Kennziffern geschätzt oder errechnet werden, sind sie allerdings eher als ein Richtwert zu verstehen. Der aggregierte Außenbeitrag Deutschlands in den Jahren 2004 – 2015 in Höhe von 1.822 Mrd. Euro entspricht also einem Außenbeitrag von ca. 1,6 – 2,0 Billionen Euro.

Neben einzelnen Jahreswerten für die Jahre 1997 – 2015 für Außenbeiträge und die Salden von Primär- und Sekundäreinkommen und der Kapitalbilanz sind diese Kennzahlen vorweg als aggregierte Werte der Jahre 2004 – 2015 tabellarisch zusammengefasst.

Aggregierte Werte für die Jahre 2004 – 2015 nach EU-Ländern:

Außenbeitrag 1997 – 2015 nach EU-Ländern und Jahren:

Saldo der Primäreinkommen 1997 – 2015 nach EU-Ländern und Jahren:

Saldo der Sekundäreinkommen 1997 – 2015 nach EU-Ländern und Jahren:

Saldo der Kapitalbilanz 1997 – 2015 nach EU-Ländern und Jahren:

Weiterführende Informationen:

Zu Ursachen und Folgen ein erklärender Gastbeitrag von Wolf Schäfer im Blog lostineu.eu: Link zu „Das China der Eurozone (II)“ auf lostineu.eu

Zur Erläuterung der Zahlungsbilanz eine Übersicht des Bundesamtes für Statistik: Link zum PDF auf www.destatis.de

Zur Einordnung eine Auflistung der weltweiten Leistungsbilanzen in US-Dollar auf Wikipedia: Link zur Liste auf de.wikipedia.org

Datenbanken der EU-Statistikbehörde Eurostat: Link zu den Datenbanken auf ec.europa.eu


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Die gnadenlose Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik https://www.mister-ede.de/politik/gnadenlose-wirtschaftspolitik/5515 https://www.mister-ede.de/politik/gnadenlose-wirtschaftspolitik/5515#comments Sat, 08 Oct 2016 15:52:57 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5515 Weiterlesen ]]> Schaut man auf die Wirtschaftsdaten Deutschlands, konkurriert die Bundesrepublik gerade die Welt – oder zumindest die EU – in Grund und Boden. Während sich die Zinslast der Länder der Eurozone von 2,8% des BIP auf 2,4% reduziert hat, konnte Deutschland sogar einen Rückgang von 2,7% des BIP auf 1,6% des BIP verzeichnen. Zusätzlich zu den niedrigen Leitzinsen der EZB, die sich im Rückgang der Zinslastquote um 0,4 Prozentpunkte für die gesamte Eurozone ausdrücken, profitiert die BRD somit durch die Kapitalflucht aus Südeuropa von einem weiteren Rückgang der Zinskosten um ca. 0,7% des BIP, also etwa 20 Mrd. Euro pro Jahr. Umgekehrt müssen allerdings andere Euroländer diese rund 20 Mrd. Euro mehr an Zinsen zahlen. Ähnliche Zinsvorteile gibt es daneben auch für hiesige Unternehmen oder Banken, die auf diese Weise im internationalen Wettbewerb eine bessere Ausgangslage haben als z.B. griechische Unternehmen.

Hinzu kommt zu dieser Entwicklung das deutsche Lohn- und Sozialdumping seit der Jahrtausendwende, durch das die Produktionskosten in Deutschland gesenkt und gleichzeitige die Binnennachfrage niedrig gehalten wurde. Dies hat zu erheblichen Exportüberschüssen bzw. Importdefiziten von knapp 2 Billionen Euro seit 2004 geführt, zu denen in diesem Jahr weitere grob 200 Mrd. Euro dazukommen werden. Deutschland wird also von Anfang 2004 bis Ende 2016 über 2 Billionen Euro mehr an Waren und Dienstleistungen in die übrige Welt exportiert haben als von dort importiert – und für das Kapital gilt übrigens dasselbe. Hierbei hilft Deutschland auch noch, dass der Euro wegen der anderen kränkelnden Wirtschaften im Euroraum relativ schwach ist und deutsche Unternehmen so die Exportpreise niedrig halten können – ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Den deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dürfte es zumindest freuen, dass auf der einen Seite die Zinskosten des Bundes, aber auch des Staates insgesamt, auf ein historisches Tief zurückgegangen sind und auf der anderen Seite die Steuereinnahmen dank des Exportgeschäfts kräftig um 12,4% von 551,8 Mrd. Euro im Jahr 2012 auf 620,3 Mrd. Euro im Jahr 2015 gestiegen sind. Und auch bis zum Sommer 2016 hat sich dieser Trend fortgesetzt, so dass das Steueraufkommen in Deutschland um weitere 5,6% [1] gegenüber dem Vorjahreszeitraum angestiegen ist.
Werden diese Spielräume nun allerdings nicht genutzt, um die Binnennachfrage hierzulande zu stärken, werden die entstandenen Spielräume vermutlich wieder durch ein kollabierendes Euro-Land aufgezehrt. Auch wenn in Deutschland zurzeit Arbeitsplätze entstehen und die Steuereinnahmen sprudeln, ist deshalb zu bezweifeln, dass es auf lange Sicht sinnvoll ist, immer wieder Länder erst gnadenlos nieder zu konkurrieren und dann zu retten.


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Die Wettbewerbsfähigkeit: Täuschung der Relation (www.mister-ede.de – 27.02.2014)

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands (www.mister-ede.de – 02.03.2014)


[1] Bericht des Bundesfinanzministeriums zu den Steuereinnahmen 1. HJ 2016 (Link zur PDF auf www.bundesfinanzministerium.de)

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Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands https://www.mister-ede.de/politik/wettbewerbfaehigkeit-der-brd/2410 https://www.mister-ede.de/politik/wettbewerbfaehigkeit-der-brd/2410#comments Sun, 02 Mar 2014 14:03:11 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2410 Weiterlesen ]]> Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist ein häufig verwendeter Begriff bei wirtschaftlichen oder politischen Diskussionen und Debatten. Doch was sich genau dahinter verbirgt, bleibt meistens unbeleuchtet.

Bevor man sich näher mit der deutschen Wettbewerbsfähigkeit befassen kann, muss zunächst geklärt werden, um welchen Wettbewerb es sich genau handelt. Außerhalb der Wirtschaftspolitik könnte der Wettbewerb zum Beispiel Olympia heißen und entsprechend könnte die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei Olympia betrachtet werden. Als Wettbewerb kämen aber auch eigenständig jeweils die einzelnen Disziplinen bei Olympia in Betracht.
Genauso gibt es auch im wirtschaftlichen Bereich nicht diesen einen Wettbewerb. So lassen sich unter anderem der Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte unterscheiden. Entsprechend sind dann auch für die Wettbewerbsfähigkeit je nach betrachtetem Wettbewerb unterschiedliche Einflussfaktoren entscheidend.
Allerdings unabhängig vom jeweiligen Wettbewerb gilt für die Wettbewerbsfähigkeit immer, dass es sich hierbei um eine Relation handelt. Wie wettbewerbsfähig Deutschland bei Olympia ist, hängt also auch immer von der jeweiligen Stärke oder Wettbewerbsfähigkeit der anderen Nationen ab.

Glossar: Wettbewerbsfähigkeit (www.mister-ede.de)
Die Wettbewerbsfähigkeit: Täuschung der Relation (www.mister-ede.de – 27.02.2014)

Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte:

Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte wird in Deutschland zwar nicht so häufig betrachtet, aber das war nicht immer so und zukünftig wird dieser Wettbewerb auch wieder stärker in den Vordergrund rücken.
In der Vergangenheit war die Berliner Mauer ein Sinnbild für die verloren gegangene Attraktivität der DDR im Wettbewerb um die Menschen und damit die Arbeitskräfte, während umgekehrt die BRD schon in den 50er Jahren für Umsiedler aus der DDR und später dann für Gastarbeiter aus anderen Ländern attraktiv war.
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als politischer Stabilitätsanker und gut bezahlte Arbeitsplätze als wirtschaftlicher Stabilitätsanker waren meines Erachtens auch schon damals wesentliche Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit der BRD im Ringen um Arbeitskräfte. Aber auch in der Zukunft wird uns dieser Wettbewerb aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland wieder stärker beschäftigen. Doch gerade innerhalb der EU mit ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit wirft dieser Wettbewerb auch Fragen auf. Während Deutschland und einige andere Länder vom Zuzug qualifizierter Arbeitnehmer profitieren, leiden gleichzeitig Regionen in der EU auch unter dem Verlust jener Arbeitskräfte.

Der Wettbewerb um Kapitalanlagen:

Der Wettbewerb um das Kapital bestimmt zwar seit der Finanzkrise nicht mehr so stark die wirtschaftspolitische Diskussion, hat dies aber über viele Jahre gemacht. Die wesentlichen Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes in diesem Bereich sind die Ausprägung regulatorische Maßnahmen, die Stärke des Bankgeheimnisses, die Steuerlast auf anfallende Kapitalerträge und auch die Stabilität des Banken- und Währungssystems im jeweiligen Land.
Gerade kleinere Staaten innerhalb und außerhalb Europas haben in diesem Wettbewerb ein regelrechtes Geschäftsmodell entwickelt, um mit niedrigen Steuern und diversen rechtlichen Regelungen ihre Attraktivität für Kapitalanlagen zu erhöhen. Aber auch in Deutschland hat man unter anderem mit Deregulierung oder der Einführung der Abgeltungssteuer versucht, die Attraktivität des „Finanzplatzes Deutschland“ in diesem Wettbewerb zu stärken.
Ironischer Weise wird jetzt mit demselben Ziel genau das Gegenteil gemacht, da nach der Finanzkrise für die Attraktivität eines Finanzplatzes die Frage nach der Finanzstabilität eine deutlich größere Rolle spielt.

Der Wettbewerb um Unternehmen:

Betrachtet man den Wettbewerb der Staaten um Unternehmen und Unternehmensansiedlungen, dann handelt es sich auch hier nicht um einen einheitlichen Wettbewerb. So sind im Wettbewerb um den „Forschungsstandort Deutschland“ und im Wettbewerb um den „Produktionsstandort Deutschland“ unterschiedliche Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit ausschlaggebend.
Im produzierenden Bereich sind vor allem die Kostenfaktoren Energie, Lohn und Sozialabgaben sowie der Zugang zu Vorprodukten oder Rohstoffen und eventuelle Umwelt-, Sicherheits- oder Arbeitsschutzauflagen entscheidende Investitionskriterien. Auch die Entfernung zu den Absatzmärkten, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die Währung eines Landes und die Besteuerung spielen eine Rolle.
Für den Bereich der Forschung sind hingegen vor allem entsprechend hochqualifizierte Arbeitnehmer wichtig. Darüber hinaus spielen hier Fragen des Patentschutzes und die Kommunikationsinfrastruktur eine Rolle. Aber auch die Nähe zu anderen Forschungsinstitution kann ein Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes sein.
Es lassen sich aber je nach Unternehmen auch noch weitere Faktoren für die Attraktivität eines Standortes und damit für die Wettbewerbsfähigkeit einer Region finden. Für Familienunternehmen ist zum Beispiel die Besteuerung beim Übergang von einer auf die andere Generation ein Kriterium für die Wahl des Firmensitzes.
Daneben gibt es aber auch noch weitere Formen des wirtschaftlichen Wettbewerbs um den besten Standort für Unternehmen. So kann man auch im Bereich Tourismus, in der Landwirtschaft oder der Fischerei jeweils eigenständige Standortwettbewerbe finden. Zum Beispiel sind die Fangquoten für die Nordsee-Anrainer ein entscheidendes Kriterium für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes in der Fischerei. Ein anderes Beispiel ist die Absenkung der Mehrwertsteuer für das Hotel- und Gastgewerbe in Deutschland im Wettbewerb um mehr Touristen und Urlauber bzw. entsprechend mehr Fremdenverkehrsunternehmen.

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands:

Prägend ist hierzulande vor allem die Wettbewerbsfähigkeit als Produktions- und Forschungsstandort, sowie die Attraktivität für Kapitalanlagen und qualifizierte Arbeitskräfte. Allerdings unterscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit je nachdem welchen Wettbewerb man im Einzelnen betrachtet.
Durch die Lohnzurückhaltung der letzten Jahre und die Umgestaltung der Sozialsysteme, z.B. die Erhöhung des Renteneintrittsalters, ist Deutschland für das produzierende Gewerbe als Standort attraktiver geworden. Umgekehrt bedeutet dies sehr vereinfacht aber auch, dass andere Länder mit höherem Lohnniveau an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit verloren haben. Der Verzicht auf die Senkung der Lohnnebenkosten durch die neue Regierungskoalition und evtl. höhere Energiekosten durch die Energiewende könnten die Attraktivität aber belasten, genauso wie die Einführung eines Mindestlohns. Zusätzlich könnte aber auch die Lohnzurückhaltung in anderen Staaten relativ die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands belasten.
Bei Kapitalanlagen ist Deutschland durch die Entwicklungen der Finanzkrise deutlich attraktiver geworden. Dies zeigt auch wie sehr es bei der Wettbewerbsfähigkeit auf die jeweiligen Mitbewerber ankommt, denn nicht die Kapitalanlagen in Deutschland wurden sicherer, sondern die Anlagen in anderen Euro-Staaten wurden auf Grund der Finanzkrise unsicherer. Ähnliches gilt auch für den Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Nachdem der Arbeitsmarkt in den südeuropäischen Ländern an Attraktivität durch die Finanzkrise verloren hat, wurde Deutschland im Vergleich attraktiver.
Im Bereich der Forschung und Entwicklung muss man stark zwischen verschiedenen Bereichen unterscheiden. Während es zum Beispiel bei den regenerativen Energien ein forschungsfreundliches Umfeld gibt, ist die Forschung in Bereichen wie der Gentechnologie oder der Stammzellenforschung in Deutschland problematischer. Auch im Bereich der IT-Forschung und der Entwicklung von Netzlösungen kann sich Deutschland sicherlich besser aufstellen als bisher. Insgesamt ist Deutschland aber als Hochtechnologieland ein wettbewerbsfähiger Forschungsstandort, auch wenn dies nicht ausnahmslos für alle Bereiche gilt.
Daneben ist Deutschland auch in der Landwirtschaft wettbewerbsfähig. Zum einen hilft das gemäßigte Klima, zum anderen die hohe Arbeitsproduktivität. Daneben wird der „Agrarstandort Deutschland“ aber auch durch Landwirtschaftssubventionen in der Wettbewerbsfähigkeit gestützt.

Insgesamt ist Deutschland ein robustes Industrieland mit gutem Forschungs- und Produktionsstandort. Aber auch in anderen Bereichen wie dem Tourismus oder der Landwirtschaft kann Deutschland im Wettbewerb bestehen.

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Der Euro-Währungsverbund – Problem und Lösungsansatz https://www.mister-ede.de/politik/euro-problem-und-loesung/492 https://www.mister-ede.de/politik/euro-problem-und-loesung/492#comments Mon, 05 Mar 2012 19:04:15 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=492 Weiterlesen ]]> Der Wechselkurs eines Landes wird durch Angebot und Nachfrage nach der Währung bestimmt. Die DM war eine recht starke Währung, unter anderem weil die Nachfrage nach DM aufgrund der Exporte hoch war. Länder, die mehr importieren als exportieren, müssen hingegen damit rechnen, dass die Währung schwächer wird. Es muss mehr Geld zum Tausch in ausländische Währung angeboten werden, als nachgefragt wird.

Verdeutlicht am Beispiel:

Land A und B exportieren beide genau so viel, wie sie importieren. Der Wechselkurs ist ausgeglichen. Im Vergleich zu einer dritten Währung z.B. 1 A-Geld  = 1 B-Geld = 1 Dollar. Land A schafft es im folgenden Jahr deutlich mehr zu exportieren, während Land
B einen deutlichen Rückgang der Exporte hat. Wenn nun alle anderen Werte gleich bleiben, dann wird es dazu führen, dass die Nachfrage nach A-Geld steigt, und damit A-Geld stärker wird. B-Geld wird zu einer schwächeren Währung werden. Der Wechselkurs passt sich dementsprechend auf z.B. 0,9 A-Geld = 1 Dollar = 1,1 B-Geld an.

Land B kann durch den Wechselkurs nun günstigere Preise auf dem Weltmarkt anbieten. Land A hingegen hat steigende Preise auf dem Weltmarkt zu verzeichnen. Für Land A bedeutet dies, dass die Wirtschaft einen Dämpfer bekommt, in Land B würde die Wirtschaft eher angefeuert.

Für den Verbraucher bedeutet dies, dass sich die Importpreise ändern. Während der Verbraucher in Land A von der starken Währung profitiert und für das gleiche Geld mehr Waren importieren kann, wird der Verbraucher in Land B mit steigenden Importpreisen rechnen müssen.

An diesem Beispiel ist deutlich der Effekt des Wechselkurses als Korrektiv zu sehen. In der Eurozone haben wir dies so nicht mehr. Stellen wir uns vor, dass Land A und Land B eine gemeinsame Währung haben. Zwar ist im einen Land der Export gestiegen, während er im anderen zurückgegangen ist, aber insgesamt hat sich in dieser A-B-Zone nichts verändert.

Für das wirtschaftlich stärkere Land A bedeutet dies, dass die Exportpreise nicht steigen, so dass die Wirtschaft weiter wachsen kann. In Land B hingegen erhält die schwächelnde Wirtschaft keine Impulse. Die Verbraucher in Land A haben keine Preisvorteile beim Import, die Verbraucher in Land B keine Preisnachteile. Der Regelungsmechanismus der Wechselkurse wird durch den Währungsverbund einfach ausgeschaltet. Aber an diesem Problem kann man nachjustieren.

Ausgangslage:

Land A Land B
Export = Import Export = Import
1 A – Geld = 1 Dollar 1 B – Geld = 1 Dollar
Importpreis = 1 Dollar Importpreis = 1 Dollar
Exportpreis = 1 Dollar Exportpreis = 1 Dollar

Auswirkungen des Exportunterschieds ohne gemeinsame Währung:

Land A Land B
Export  > Import Export < Import
1 A – Geld = 0,9 Dollar 1 B – Geld = 1,1 Dollar
Importpreis = 0,9 Dollar Importpreis = 1,1 Dollar
Exportpreis = 1,11 Dollar Exportpreis = 0,91 Dollar
Produktion wird gebremst Produktion wird gestärkt
Konsum wird gestärkt Konsum wird gebremst

Auswirkungen des Exportunterschieds mit gemeinsamer Währung:

Land A Land B
Export  > Import Export < Import
1 AB – Geld = 1 Dollar 1 AB – Geld = 1 Dollar
Importpreis = 1 Dollar Importpreis = 1 Dollar
Exportpreis = 1 Dollar Exportpreis = 1 Dollar
Produktion ohne Auswirkungen Produktion ohne Auswirkungen
Konsum ohne Auswirkungen Konsum ohne Auswirkungen

Lösungsansatz zum Problem des falschen Anreizes:

Würden wir in den Ländern mit starkem Export die Konsumsteuer (MwSt.) senken, dafür aber die Produktionsabhängigen Steuern (Einkommen, Gewinn) erhöhen, und umgekehrt in den Ländern mit hohem Handelsbilanzdefizit die Konsumsteuern (MwSt.) anheben und die Steuern auf Gewinn und Einkommen etwas senken, dann wäre dies der interne Ausgleich des Währungsproblems. Bei einer Einkommensteuererhöhung müssten dann in Deutschland die Gewerkschaften eine entsprechende Lohnforderung stellen.

In einem gewissen Rahmen (Deutschland 17% MwSt. und Griechenland 25% MwSt., dafür vielleicht 7% niedrigere Einkommenssteuer in Griechenland als in Deutschland) würde die Anreize richtig setzen. Für Deutschland würde dies bedeuten, dass die Binnenwirtschaft gestärkt würde, aber für Unternehmen würde ein latenter Anreiz bestehen ins Ausland (Z.B. nach Griechenland) zu gehen, weil dort die Produktionskosten niedriger wären.

Beispiel mit Währungsverbund und lenkender Steuergesetzgebung

Land A Land B
Export  > Import Export < Import
1 AB – Geld = 1 Dollar 1 AB – Geld = 1 Dollar
Importpreis = 1 Dollar Importpreis = 1 Dollar
Exportpreis = 1 Dollar Exportpreis = 1 Dollar
Produktion wird gebremst (höhere Lohnkosten) Produktion wird gestärkt (niedrige Lohnkosten)
Konsum wird gestärkt (niedrige MwSt.) Konsum wird gebremst (hohe MwSt.)

Das alles löst nicht das Griechenlandproblem, aber es setzt die Anreize wieder richtig. Durch Fehlanreize, wie niedrige Zinsen, niedrige Importpreise oder hohe Exportpreise, ist es überhaupt zu der Ausuferung in Griechenland gekommen, daher sollte im Hinblick auf Spanien oder Portugal dieser Anreiz richtig gesetzt werden. Auch in Deutschland würde dies endlich die Binnennachfrage wieder stärken, also auch hier die richtigen Anreize setzen.


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Das einheitliche Zinsniveau (www.mister-ede.de – 11.04.2012)

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