mister-ede.de » Marina Weisband https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Die richtige Strategie im Kampf gegen das Coronavirus: Belagerung oder Angriff? https://www.mister-ede.de/politik/corona-belagerung-oder-angriff/9033 https://www.mister-ede.de/politik/corona-belagerung-oder-angriff/9033#comments Thu, 30 Apr 2020 06:38:49 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=9033 Weiterlesen ]]> Aktuell gibt es in Deutschland eine große Debatte über die richtige Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Einig ist man sich lediglich darin, dass die Reproduktionszahl R nicht dauerhaft über einem Wert von 1 liegen darf. Denn das hätte zur Folge, dass die Neuinfektionen Tag für Tag ansteigen, was früher oder später zu einem nicht mehr beherrschbaren Infektionsgeschehen und einer Überlastung der Intensivstationen führen würde. Abseits dieser rudimentären Festlegung herrscht jedoch große Uneinigkeit und auch viel Ratlosigkeit bezüglich des Umgangs mit dem Coronavirus. Zwei größere Strömungen lassen sich in dieser Debatte allerdings ausmachen. Es gibt das erste Lager, das versuchen möchte, so viele Einschränkungen wie möglich zu reduzieren, ohne dass dabei R dauerhaft über 1 steigt. Und demgegenüber steht ein zweites Lager, welches die Reproduktionszahl so niedrig wie möglich halten möchte, damit sich das Infektionsgeschehen schneller reduziert.

Beide Ansätze sind von ihrer Intention absolut nachvollziehbar. Natürlich ist es zielführend, zunächst das Infektionsgeschehen möglichst klein zu bekommen. Allerdings ist es eben genauso wichtig, einen Kreislaufkollaps für Gesellschaft und Volkswirtschaft zu verhindern. Der Vorteil der gemächlicheren ersten Strategie ist deshalb, dass Deutschland bei einem R um die 1 ohne unnötig große wirtschaftliche und gesundheitliche Schäden bis in den Juni kommt. Im Sommer kann dann unterstützt von höheren Temperaturen mit den bis dorthin vorhandenen Schnell- und Reihentest, den aufgebauten Kapazitäten in den Gesundheitsbehörden oder auch einer neuentwickelten Corona-App das Infektionsgeschehen effektiv und effizient reduziert werden.
Der große Vorteil der aggressiveren zweiten Strategie wäre hingegen – so deren Befürworter – dass es durch ein sofortiges Senken der Reproduktionszahl schon bis zum Juni im Prinzip gar keine Infizierten mehr gibt. Und die wenigen Fälle, die dann noch auftreten oder die vom Ausland neu eingetragen werden, könnten dann wie bei der ersten Strategie durch breitflächige Tests, eine App und die Nachverfolgung von Infizierten durch Gesundheitsämter eingedämmt werden.

Unterstellt man zunächst, dass es möglich sei, die Reproduktionszahl signifikant zu senken, könnte die Dauer der Einschränkungen durch dieses schnellere Vorgehen deutlich verkürzt werden. Entsprechend viele Befürworter hat diese Strategie in der Wissenschaft (z.B. Helmholtz-Zentrum)[1], bei Journalisten (z.B. Mai Thi Nguyen-Kim)[2], in der Politik (z.B. Marina Weisband)[3] und in den sozialen Medien unter Hashtags wie #TurnTheTide, #StopTheVirus oder #BendTheCurve. In Modellrechnung wird dazu dargestellt, dass wir bei einer niedrigen Reproduktionszahl in wenigen Wochen die Chance hätten, die Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Deutschland weitestgehend hinter uns zu lassen. Und das ist natürlich eine verlockende Vorstellung, zumal bei der abwartenden Belagerungs-Strategie klar ist, dass wir bis weit in den Sommer mit einer Vielzahl von Verboten und Beschränkungen leben müssten. Doch es ist Vorsicht geboten, denn das einzige, worauf sich diese Angriffs-Strategie stützt, ist die Annahme, dass sich die Reproduktionszahl tatsächlich über ein paar Wochen auf ein sehr niedriges Niveau drücken lässt. Nur dann wäre es möglich, die Fallzahlen in wenigen Wochen erheblich abzusenken. Schon ein R von 0,75 führt bei einer Reproduktionsdauer von 5 Tagen dazu, dass sich die Zahl der Neuinfektionen erst nach 2,5 Monaten auf 2% des heutigen Stands verringert, also auf täglich grob 40 entdeckte Fälle in Deutschland. Und bei R = 0,85 ist dies sogar erst nach 4 Monaten der Fall. Der Zeitvorteil, den ein solches Vorgehen verspricht, würde bei einer höheren Reproduktionszahl also schnell verloren gehen, während die zusätzlichen Einschränkungen für Menschen und Unternehmen dennoch bestehen würden.

Für eine solche Angriffs-Strategie ist daher ein R von 0,5 oder niedriger über einen Zeitraum von 4 Wochen nötig, um auf rund 2% der aktuellen täglichen Fallzahlen zu kommen. Leider findet sich bei den Befürwortern dieses Ansatzes aber an keiner Stelle ein Hinweis, ob es in der jetzigen Situation in Deutschland überhaupt noch möglich ist, über einen solchen Zeitraum eine so niedrige Reproduktionsrate zu erreichen, und wenn ja, mit welchen Maßnahmen das gelingen soll. Wenn dafür beispielsweise Krankenhäuser und Arztpraxen geschlossen werden müssten, weil es dort trotz aller Sicherheitsvorkehrungen vermehrt zu Infektionen kommt, dann ist es vielleicht theoretisch möglich, auf ein R von 0,5 zu kommen, aber faktisch eben nicht, weil man das Gesundheitswesen schlicht nicht für vier Wochen stilllegen kann. Und das gilt genauso für die Versorgungsinfrastruktur, also die Lebensmittelgeschäfte wie auch Kraftwerke, Kläranlagen oder die Müllabfuhr. Das gilt für Polizei und Feuerwehr, für Gefängnisse und Pflegeeinrichtungen. Und das gilt für die Land- und Viehwirtschaft, die auch nicht eben mal 4 Wochen pausieren kann. Es gibt daher ganz viele Bereiche, bei denen eine weitere Senkung der Reproduktionszahl durch mehr Verbote und Schließungen ausgeschlossen ist. Hinzukommen auch noch einige weitere Gründe, die zumindest zweifeln lassen, dass beim jetzigen Infektionsgeschehen eine Reproduktionszahl von 0,5 über einen Zeitraum von vier Wochen schaffbar ist. Vielleicht wäre das Anfang März noch gegangen und irgendwann wird es auch sicher wieder gehen, beispielsweise wenn die richtigen Werkzeuge vorhanden sind oder ein Impfstoff zur Verfügung steht. Das ist aber in den nächsten vier Wochen nicht der Fall.

Wieso sich die Reproduktionszahl nicht beliebig weit senken lässt (www.mister-ede.de – 29.04.2020)

Warum eine hohe Testquote für Containment genauso wichtig ist wie eine niedrige Reproduktionszahl (www.mister-ede.de – 27.04.2020)

Insofern müssten die Befürworter der Angriffs-Strategie jetzt erst einmal plausibel darlegen, wie aktuell ein R von 0,5 erreicht werden soll. Erst wenn da etwas Konkretes vorliegt, kann bewertet werden, ob das für eine Dauer von 4 Wochen ein gangbarer Weg ist oder ob dann an anderer Stelle unverantwortlich hohe Schäden auftreten. Aber jetzt einfach nur auf Verdacht planlos loszurennen und zu versuchen, auf eine niedrige Reproduktionszahl zu kommen, erscheint nicht ratsam.
Zielführend ist in der jetzigen Situation daher zunächst, das Coronavirus so zu belagern, dass eine Vermehrung verhindert wird und im Idealfall die Zahl der Infizierten allmählich etwas abnimmt. Sobald es dann ein schlüssiges Konzept gibt, kann jederzeit aus dieser Belagerung heraus in den Angriff übergegangen werden. Es ist eine seit Jahrtausenden im Militär, im Wirtschafts- und Berufsleben wie auch privat erfolgreich praktizierte Taktik, auf eine günstige Gelegenheit, den richtigen Moment zu warten. Und der wird aus meiner Sicht erst dann kommen, wenn wir geeignete Werkzeuge (Tests, App, vorbereitete Gesundheitsbehörden) und Methoden (Teststrategien, Regionalisierungskonzept) haben, um das Coronavirus effektiv und effizient einzudämmen. Ich lasse mich allerdings auch sehr gerne von einem Konzept überzeugen, das schlüssig aufzeigt, wie man schon jetzt ohne all diese Instrumente ein Ende des Infektionsgeschehens herbeiführen kann. Es wäre daher an der Zeit, dass die Befürworter der Angriffs-Strategie konkrete Maßnahmen aufzeigen, wie ein R = 0,5 über 4 Wochen erreicht werden kann.


Text als PDF: Die richtige Strategie im Kampf gegen das Coronavirus: Belagerung oder Angriff?


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Corona-Pandemie: Empfehlungen zum weiteren Vorgehen in Deutschland (www.mister-ede.de – 17.04.2020)

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Die Pandemie verschlafen: Jeder zweite Corona-Infizierte außerhalb Chinas ist in der EU (www.mister-de.de – 10.03.2020)


[1] Paper des Helmholtz-Zentrums aus dem April 2020: Link zum Paper auf www.helmholtz.de

[2] Ausgabe von maiLab vom 1.4.2020: Link zum Video auf YouTube

[3] YouTube-Video von Marina Weisband vom 24.4.2020: Link zum Video auf YouTube

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Marina Weisband, die Piraten und die Ukraine https://www.mister-ede.de/4-fun/weisband-piraten-und-ukraine/2449 https://www.mister-ede.de/4-fun/weisband-piraten-und-ukraine/2449#comments Thu, 20 Mar 2014 09:31:49 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2449 Weiterlesen ]]> Vor rund zwei Jahren war Marina Weisband noch als Aushängeschild der Piratenpartei durch Deutschland unterwegs. Doch nun wagt sie den nächsten Schritt. Mit der Ukraine ist nicht mehr eine kleine Splitterpartei sondern gleich ein ganzes Land ihr politisches Thema [1][2][3]. Es bleibt wirklich zu hoffen, dass es der Ukraine in zwei Jahren dennoch besser geht als der Piratenpartei heute. Glück auf!


[1] Weisband am 02.03.2014 bei Günther Jauch (Link zur Sendung auf daserste.ndr.de)

[2] Weisband am 06.03.2014 bei Maybrit Illner (Link zur Sendung auf www.zdf.de)

[3] Weisband am 16.03.2014 beim Internationalen Frühschoppen (Link zur Sendung auf www.phoenix.de)

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Weisbands Umgang mit inhalticher Kritik https://www.mister-ede.de/politik/weisbands-umgang-mit-kritik/687 https://www.mister-ede.de/politik/weisbands-umgang-mit-kritik/687#comments Thu, 29 Mar 2012 11:30:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=687 Weiterlesen ]]> Ein Paradebeispiel für den Umgang mit inhaltlicher Kritik bei den Piraten war gestern in der Sendung ZDF-log in zu sehen. Eine Sendung in der die Zuschauer über das Netz eingebunden werden und an die Gäste im Studio Fragen richten können.

Während die angenehmen Fragen im Chat (nach der Sendung) von Frau Weisband (Piratenpartei) gerne beantwortet wurden, hat Weisband kritische Fragen einfach belächelt (Link zum Chatprotokoll der ZDF-Sendung log in vom 28.03.2012 auf www.zdf.de). Auf Fragen der Finanzierbarkeit wurde z.B. mit lächerlichen Antworten das Thema in die Banalität verdrängt, was nun wirklich kein Zeichen für eine Diskussionskultur ist, die Inhalte voranbringt. Auf meine Frage wie die Kosten von 768 Milliarden Euro (800 Euro * 12 Monate * 80 Mio. Bürger) für das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) getragen werden sollen, antwortet Weisband, “hauptsächlich durch Steuern”. Ich hatte als Antwort zumindest mal einen Finanzierungsvorschlag ( z.B. die Einkommensteuer wird erhöht oder die Bundeswehr abgeschafft) erwartet. Ähnlich erfolgreich war ein anderer User der ebenfalls wissen wollte, womit das alles finanziert werden soll. Hier war die Antwort von Weisband „mit Geld“. Man erkennt, dass die Lösung von Frau Weisband für das Finanzierungsdefizit darin liegt, es mit Geld zu bezahlen. Ich führe das darauf zurück, dass Frau Weisband mit dem Wischi-Waschi-Wirrwarr gut leben kann, solange die Wähler, zumindest 7,4% im Saarland, das nicht interessiert.

Schwierig wäre es für die Piraten wohl nur, wenn Lena oder Justin Biber Gegenkandidaten wären.

Um die Problematik des nicht vorhandenen bzw. unkonkreten Inhalts zu verdeutlichen, habe ich hier das Programm der Piraten in Schleswig-Holstein etwas durchleuchtet.

Das Piratenprogramm unter der Lupe (www.mister-ede.de – 29.03.2012)

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