mister-ede.de » Piratenpartei https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Der kompromisslose Untergang des Piratenschiffs https://www.mister-ede.de/politik/der-kompromisslose-untergang/3159 https://www.mister-ede.de/politik/der-kompromisslose-untergang/3159#comments Tue, 04 Nov 2014 06:55:51 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3159 Weiterlesen ]]> Für viele Piraten war es ein schmerzhafter Lernprozess, bis verstanden wurde, dass Politik ohne den Willen und die Fähigkeit zur Einigung nur bedeutet, ziellos durch die politischen Weiten zu irren. So kommt es im demokratischen System eben nicht auf das Nebeneinander mehr oder weniger guter Ideen an, sondern auf den Kompromiss, hinter den sich am Ende die Mehrheit auch stellen kann. Es ist zwar relativ leicht, viele verschiedene Ideen zusammenzutragen, allerdings beginnt die politische Arbeit erst damit, aus all den unterschiedlichen Wünschen, Vorstellungen und Zielen einen stimmigen Kompromiss zu erarbeiten, um dann gemeinsam auf Kurs gehen zu können.

Der Glaube daran, dass ein technisches System das ersetzen kann, was die Grundlage eines Kompromisses ist, nämlich die Suche nach dem Ausgleich, nahm nach meinem Eindruck dabei fast schon religiöse Züge an. Bei all der Technikgläubigkeit übersahen die Piraten jedoch, dass für einen Ausgleich nicht Konfrontation und Shitstorm notwendig sind, sondern Dialog und Überzeugungsarbeit. Nicht Liquid-Feedback, sondern Haltung und Werte, nicht Technik, sondern Argumente und nicht Formalien, sondern Inhalt machen Politik am Ende aus.

Es ist schade, dass viele der engagierten und meist jungen Leute nicht gesehen haben, dass auch außerhalb der Netzgemeinde verschiedene Organisationen und Parteien für genau jene Ziele eintreten, für die auch die Piraten stritten.
Wie heute die FDP wohl aussehen würde, wenn all jene Piraten, die sich im besonderen Maße für Datenschutz engagieren, den Liberalismus dort neu belebt hätten? Wie würde sich die Linke präsentieren, wenn sich die leidenschaftlichen Fürsprecher des bedingungslosen Grundeinkommens dort organisiert hätten? In der SPD hätten sich all jene versammeln können, die sich für Investitionen im Bereich der Internetwirtschaft stark machen, und für jene, denen besonders eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung am Herzen liegt, wäre bestimmt auch bei den Grünen noch ein Platz gewesen. Sicherlich hätte diesen Parteien eine solche Verjüngungskur auch ganz gut getan.

Natürlich gibt es in aller Regel keine Partei, bei der einem Inhalt und Ausrichtung hundertprozentig gefallen, aber genau das ist eben der Kompromiss, den Politik erfordert. Es mag zwar schwer sein, einen solchen Kompromiss einzugehen, allerdings war es der Trugschluss der Piraten, zu glauben, dass das Erfordernis eines Kompromisses mit einer neugegründeten Partei entfällt.
Am Ende sind die Piraten genau daran gescheitert, dass sie sich eben nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen konnten und somit nur im Nebeneinander der Ansätze stecken blieben.

Es wäre wirklich erfreulich, wenn die Mitglieder der Piraten nach dem Untergang ihres Schiffes aus diesem Lernprozess und ihren Erfahrungen jetzt aber nicht die Konsequenz ziehen, ihr politisches Engagement zu beenden, sondern neuen Mut fassen. Wenn sie sich zu einem Kompromiss durchringen und auf einem anderen Schiff anheuern, um sich dort einzubringen und den Kurs aktiv mitzugestalten, dann wäre dies auf jeden Fall ein Gewinn für die Demokratie und die Gesellschaft. Und bei so viel Leidenschaft und Engagement bin ich mir sicher, dass sich auch mit einem anderen Schiff das ein oder andere politische Ziel, wie verbesserter Datenschutz oder eine Reform des Urheberrechts, doch noch erreichen lässt.

Ahoi!

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/der-kompromisslose-untergang/3159/feed 2
Wahlnachlese zur Bundestagswahl 2013 https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlnachlese-2013/2156 https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlnachlese-2013/2156#comments Tue, 24 Sep 2013 17:56:11 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2156 Weiterlesen ]]> 44,29 Millionen Menschen haben sich am Sonntag an der Bundestagswahl beteiligt, rund 0,3 Mio. mehr als bei der letzten Wahl 2009. Das wesentlichste Ergebnis für Deutschland ist, dass die schwarz-gelbe Regierung keine neue Mehrheit erhalten hat. Das historischste Ereignis der Wahl ist bislang sicherlich das Ausscheiden der FDP. Mit 2,082 Mio. Stimmen (4,8%) hatte sie nur noch ein Drittel der 6,3 Mio. Stimmen von 2005 erhalten und damit die 5% Hürde verfehlt. Knapp gescheitert am Einzug ist auch die AfD (4,7%), die aus dem Stand 2,05 Mio. Stimmen erreichte.
Die Union konnte deutlich auf 41,5% zulegen und kam mit 18,16 Mio. Stimmen auf etwa 3,5 Mio. mehr als noch 2009. Auch die SPD konnte um 1,25 Mio. Stimmen von 9,99 auf 11,25 Mio. anwachsen und erreichte damit 25,7% der Stimmen. Die Grünen verloren rund 1 Mio. Wähler und kamen mit 3,69 Mio. Stimmen auf 8,4%. Die Linke erreichte nach Verlusten von ca. 1,4 Mio. Wählern noch 3,75 Mio. Stimmen (8,6%).

Soweit die Fakten. Nun aber die Beurteilung:

Union (41,5%):

Die Union hat ein hervorragendes Ergebnis eingefahren und steht doch ein wenig als Verlierer da. Die knapp verfehlte absolute Mehrheit zwingt sie zur Koalitionsbildung, wenn nicht rot-rot-grün das Land regieren soll.
Für das hohe Wahlergebnis ist meines Erachtens insbesondere ein aus Sicht der Union gut geführter Wahlkampf verantwortlich. Zum einen hat sich die Kritik an der Regierung sehr stark auf die FDP zugespitzt, so als ob diese für alles was falsch läuft verantwortlich sei, zum anderen ist es der Regierung gelungen, offenkundige Probleme, wie beim NSA-Skandal, nicht zu thematisieren und notwendige Entscheidungen zur Bankenregulierung, zur rasant steigenden EEG-Umlage, oder neuerlichen Hilfsgeldern für Europa bis nach der Wahl zu vertagen. Insgesamt stand so die aktuell ganz ordentliche wirtschaftliche Lage der Leute im Vordergrund und nicht die am Horizont erkennbaren Probleme.

SPD (25,7%):

Die SPD hat das Ziel einer rot-grünen Mehrheit klar verfehlt. Dennoch hat es nach dem Ausscheiden der FDP zu einer Abwahl der bisherigen Regierungskoalition gereicht. Im Gegensatz zu den anderen Oppositionsparteien im Bundestag konnte die SPD ihr Ergebnis zwar steigern, allerdings war das letzte Ergebnis auch das schlechteste Bundestagswahlergebnis der SPD-Geschichte. Dabei schafft es die SPD im Süden kaum und in den ostdeutschen Flächenländern gar nicht über die 20%-Marke.
Ein Grund dafür ist aus meiner Sicht der defensive Wahlkampf. Die Agenda 2010, die Entscheidungen der Großen Koalition und auch die Zustimmung zu den Euro-Rettungsschirmen drängen die SPD immer wieder in die verteidigende Rolle einer Regierungspartei. Dadurch fehlt ihr die Stärke zum Angriff bei den wichtigen Themen wie der ausufernden Prekärbeschäftigung oder der Altersarmut.

Die Linke (8,6%):

Auch wenn die Partei das schlechteste Ergebnis, seit ihrem ersten gesamtdeutschen Anlauf 2005, erreichte, dürfte die Partei Grund zum jubeln haben. Nicht nur nach der Großen Koalition 2009 sondern auch in der gemeinsamen Opposition mit der SPD konnte sie sich behaupten. Die Basis von rund 5% der Wähler im Westen sowie der Status einer Volkspartei im Osten werden wohl auch künftig reichen um bundespolitisch mitreden zu können.
Fraglich bleibt allerdings, ob diese Machtoption reicht, um die innerparteilichen Konflikte aufgrund der Strukturunterschiede zwischen West und Ost zu überwinden. Der Spagat zwischen westlichen Alternativ-Linken in meist größeren Städten und regierenden Realpolitikern des ländlichen Brandenburgs erscheint mir nicht ganz leicht.

Grünen (8,4%):

Die Grünen haben ein durchschnittliches Ergebnis erreicht. Trotz des Atom-Zick-Zack und Fukushima, erheblicher Probleme beim Emissionsrechtehandel und trotz einer Reihe von Lebensmittelskandalen haben die Grünen nicht zulegen können.
Der Grund dafür ist meines Erachtens die fehlende Konzentration auf die grünen Themen. Zwar haben die Grünen schon seit Jahren ein Rundumprogramm, aber selten sind die Kernthemen der Grünen so in den Hintergrund gerückt wie diesmal. Weder die Umweltpolitik, noch die Bildungs- oder Integrationspolitik standen im Blickpunkt der Debatten. Und auch die Gleichstellungspolitik wurde im Wesentlichen auf die Abschaffung des Ehegattensplittings reduziert.
Statt Nanopartikeln oder genveränderten Lebensmitteln standen so die Steuerpläne, die sich nicht groß von der SPD unterscheiden, im Vordergrund.

FDP (4,8%):

Die FDP hat ein Ergebnis in etwa dieser Höhe erwartet, aber bis zuletzt gehofft, es reicht zumindest für den Einzug in den Bundestag. Insgesamt hat die FDP mit wenigen Mitgliedern und einer immer kleineren Stammwählerschaft zu kämpfen. Zusätzlich waren die uneinlösbaren Versprechen, welche die FDP nach der Großen Koalition mächtig haben anwachsen lassen, nach der Enttarnung nur noch Grabsteine der Glaubwürdigkeit.
Dennoch sollte ein einzelnes Wahlergebnis nicht überbewertet werden. Nach einer entsprechenden Neuaufstellung sehe ich gute Chancen für einen Wiedereinzug in vier Jahren. Die Wahl in Hessen und bundesweit 2 Mio. Zweitstimmen zeigen, dass die FDP selbst in dieser schwierigen Phase durchaus noch eine Wählerbasis hat.

AfD (4,7%):

Für den Neustart einer Partei ein beachtlicher Erfolg, aber dennoch wohl ein Fehlstart. Das erklärte Ziel war es den direkten Einzug ins Parlament zu schaffen. Damit sollte nach dem Motto „Erfolg macht einig“ schon zu Beginn das Zusammenwachsen zu einer Partei verstärkt werden. So droht ihr als Sammelsurium an unterschiedlichen Spektren, ähnlich wie bei den Piraten, schon bald der Lack abzufallen. Welch Ironie, dass nun die europakritische AfD auf Europa hoffen muss. Ziel ist zumindest bei der kommenden Europawahl anzutreten, und mit 3% ist die Hürde auch geringer. Ob sich die EU-kritischen Anhänger zur Europawahl begeistern lassen wird sich zeigen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass umgekehrt das Desinteresse in weiten Teilen der Bevölkerung an Europawahlen zu einem verbesserten Ergebnis der AfD beiträgt.

Die Piraten (2,2%) :

Für die Piraten war das ein deutliches Ergebnis. Trotz des zwischenzeitlichen Hypes konnten sie nicht nachhaltig überzeugen. Es wird nun sicherlich immer schwieriger für die Piraten dem Wähler zu erklären, wofür es diese Partei gibt. Solange die Piraten aber selbst nicht wissen wo sie hinwollen, gehe ich nicht davon aus, dass es ihnen gelingt wieder Wähler zu überzeugen.
Dennoch wird auch für die Piraten nun das Ziel der Einzug ins europäische Parlament sein. Aber auch dafür muss die Partei bundesweit noch deutlich zu legen.

Die etablierten Parteien:

Betrachtet man die Entwicklung der etablierten Parteien, also Union, SPD, Grüne und B90, Linke und PDS, sowie die FDP, dann erkennt man einen deutlichen Rückgang der Stimmen. Hatten in den 90er Jahren und bis 2009 noch 94%-96% der Wähler etablierte Parteien gewählt, so geht der Wert bei dieser Wahl auf 89% zurück. Dafür verantwortlich ist das gute Ergebnis der AfD.
Da aber auch die Wahlbeteiligung 2009 signifikant zurückgegangen ist, kann man bei den Wahlberechtigten feststellen, dass von 1990 bis 2005 immer zwischen 73% und 76% der Wahlberechtigten etablierte Parteien gewählt haben, während es 2009 noch 66% der Wahlberechtigten waren und bei dieser Wahl nur noch 63%. Etwa 8% wählten nicht etablierte Parteien, wie AfD oder Piraten, 1% wählte ungültig und etwas über 28% wählten gar nicht. So schrumpft auch die fast absolute Mehrheit der Union im Bundestag auf einen Rückhalt von 29% bei den Wahlberechtigten zusammen.

Koalitionsmöglichkeiten:

Denkbare Koalition der nunmehr vier Parteien sind eine Große Koalition aus Union und SPD, eine Koalition aus Union und Grünen, sowie eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken. Durch die rot-rot-grüne Mehrheit ist theoretisch sogar noch eine Abwahl von Merkel möglich.

Link zu den Wahlergebnissen der Bundestagswahlen auf www.bundeswahlleiter.de

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlnachlese-2013/2156/feed 1
Eine Bundestagswahl der verschenkten Stimmen? https://www.mister-ede.de/politik/wahl-der-verschenkten-stimmen/1781 https://www.mister-ede.de/politik/wahl-der-verschenkten-stimmen/1781#comments Mon, 21 Jan 2013 15:00:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1781 Weiterlesen ]]> Glaubt man den Demoskopen, dann möchte die Bevölkerung mehrheitlich eine Politik, die den sozialen Ausgleich fördert und keine Lobby- oder Elitenpolitik betreibt. Ob Rot-Grün, ob Linke oder Piraten, all diese Parteien wollen die Lastenverteilung gerechter gestalten, den Arbeitsmarkt gegen Lohndumping absichern und auch die von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen besser stellen. Dennoch ist die Wahl einer sozial ausgerichteten Regierung im September unsicher.

Durch die Zersplitterung der Parteienlandschaft sind gestern in Niedersachsen über 5% der Stimmen aus dem linken Lager an Parteien gegangen, die den Einzug in den Landtag gar nicht schafften. Auch bei der Bundestagswahl kann sich ein solches Szenario wiederholen, wenn es um eine neue Regierung und damit neue Politik in Deutschland geht. Gerade die Piratenpartei gräbt hier vom linken Flügel entscheidende Stimmen ab. Aber auch die Konstellation mit der Linkspartei erschwert auf Bundesebene zusätzlich einen Machtwechsel.

Nach dem Motto „wenn zwei sich streiten“ ist die gewinnende Dritte Angela Merkel mit ihrer CDU. Aber auch im bürgerlichen Lager gibt es ähnliche Probleme. In Niedersachsen hat sich gezeigt, dass die FDP keine eigene Basis mehr hat um über die 5% Hürde zu kommen. Auf Bundesebene stellt sich daher für bürgerliche Wähler ebenfalls die Frage, ob nicht eine Stimme an die FDP am Ende eine verschenkte Stimme sein wird. Mit nur geringen Wählerwanderungen kann aus dem 5-Fraktionen Parlament im September ein Bundestag mit nur 3 Fraktionen werden.

Aber auch dann, wenn zwar der Einzug der FDP gelingt, es dennoch nicht für eine bürgerliche Regierung reicht, können sich die Leihstimmengeber fragen, ob es nicht eine verschenkte Stimme war. In Niedersachsen sind die Problemfälle um Wulff, Grotelüschen, McAllister oder Möllring alle aus der CDU gekommen, auf der Bundesebene bekäme der Wähler aber erneut die Chaostruppe um Westerwelle, Rösler oder Brüderle geliefert. Der Niedersächsische Wahlerfolg könnte daher für die FDP ein Pyrrhussieg sein, weil die bitteren Folgen der Leihstimmenkampagne erkennbar sind.

Nachdem ich bei der Bundestagswahl im September nicht erwarte, dass neben Union, SPD und Grüne auch noch FDP, Piraten und Linke ins Parlament einziehen werden, stellt sich für mich nicht die Frage ob Stimmen verschenkt werden, sondern nur auf welcher Seite des Lagers Stimmen verschenkt werden.

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/wahl-der-verschenkten-stimmen/1781/feed 0
Deutschland braucht einen Politikwechsel https://www.mister-ede.de/politik/politikwechsel-fur-deutschland/1594 https://www.mister-ede.de/politik/politikwechsel-fur-deutschland/1594#comments Sat, 15 Dec 2012 09:34:42 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1594 Weiterlesen ]]> Eine zentrale Aufgabe der Parteien ist es, eine Vorstellung der Zukunft der Gesellschaft zu entwickeln. Aber sowohl bei Union und FDP, als auch bei SPD und Linken fehlt aus meiner Sicht genau diese Zieldefinition. Wie soll sich die Gesellschaft nach deren Politikvorstellungen ändern? Als Gegenbeispiel zeichnen hingegen die Grünen relativ erfolgreich eine Vision der ökologischen Gesellschaft mit sauberer Luft, grünen Wiesen und klarem Wasser. Und auch die Piraten schaffen es, trotz aller Schwierigkeiten, die Vorstellung einer digitalen Zukunft in Verbindung mit einer neuen Lern- und Wissensgesellschaft zu verbreiten. Es sind Kernelemente dieser beiden Parteien, die klar sagen, wohin die Reise gehen soll.

Umgekehrt ist die Außenwirkung an die Bevölkerung fatal, wenn gerade die Sozialdemokraten bei ihrem Rentenkonzept über 43% oder 50% Rentenniveau diskutieren und das bei einem aktuell höheren Rentenniveau. Selbst die Partei der Arbeiter plant nicht einmal die Situation bei den Renten zu verbessern – so oder so ähnlich muss das klingen. Mit positiven Zukunftsaussichten wird dies sicher nicht verbunden werden. Meine Erwartung ist, dass die Parteien mit sozialem Anspruch hier klar formulieren, dass ein Mensch ab einem gewissen Alter es verdient hat eine finanziell gesicherte Existenz zu haben und zwar ohne zu arbeiten.

Auch bei der Diskussion um den Mindestlohn fehlt meines Erachtens der klare Wille zur Zukunftsgestaltung. Schwarz-Gelb lehnt das völlig ab, und auch SPD, Linke, Grüne oder Piraten bieten nur eine fixe Marke an. So etwas ist aber nicht viel mehr, als die Zementierung der Perspektivlosigkeit. Es fehlt ein Weg, der klar darauf abzielt die Ausbeutung von Arbeitnehmern zu stoppen. Es muss darum gehen, den Reallohn zu steigern und nicht auf einem gewissen Niveau einzufrieren. Ein Mindestlohn von nur 8 €, aber dafür mit einer festen jährliche Steigerung von 50 ct. in den nächsten vier Jahren, würde meines Erachtens zeigen, dass ein Weg heraus aus Lohndumping hin zu einem würdevollen Umgang mit Arbeitnehmern gegangen wird. Dann würde für die kommenden Jahre gelten, dass sich die Situation kontinuierlich verbessert, Jahr für Jahr. Eine solche positive Perspektive für viele Arbeitnehmer fehlt aber im Angebot der zur Wahl stehenden Parteien. Mit einer festen Marke empfinde ich den Mindestlohn aber als Fixierung des Lohnniveaus im Niedriglohnsektor. Welche Perspektiven böte ein solcher Mindestlohn denn für die Jahre nach der Einführung? Verbesserung wären dann zumindest nicht mehr zu erwarten – eine psychologisch sicherlich nicht vorteilhafte Situation.

Die Einführung eines Mindestlohns (www.mister-ede.de – 24.04.2012)

Bei der europäischen Zukunft sehe ich dieses Problem der fehlenden Perspektive ebenfalls. Dass Luxemburg mit Niedrigsteuern als Kapitalhort Europas genauso die Solidargemeinschaft gegen die Wand fährt wie Deutschland mit Dumpinglöhnen, kann jedenfalls nicht das Ziel der europäischen Staatengemeinschaft sein. Eine positive Aussicht wäre die demokratische Erneuerung Europas, z.B. durch die Umgestaltung und Aufwertung des europäischen Parlamentes. Ein anderes Ziel könnte die Aufwertung des Wirtschaftsraums zu einem Lebensraum mit Sozialcharta, Ökocharta und Kulturcharta sein.

Schaut man auf die Kulturrevolution durch das Internet, dann vermisse ich auch hier Plan und Ziel bei der Netzpolitik. Wieso gibt es ein Recht auf ein Bankkonto, aber nicht auf einen schnellen Internetzugang? Der Ausbau von mobilem und netzabhängigem Internet muss vorangetrieben werden, so dass nicht der Stillstand verlängert, sondern die Zukunft gestaltet wird. Die Netzinfrastruktur hinkt dem europäischen Standard deutlich hinterher und so ist ein gezielter und koordinierter Ausbau des Netzes kein „Kann“ sondern ein „Muss“. Würden Internetanschlüsse mit KiTa-Plätzen im Rechtsanspruch gleichgestellt, vielleicht könnte durch Heimarbeit oder Home-Office sogar der ein oder andere KiTa-Platz direkt unnötig werden.

Insgesamt erwarte ich, dass für die Bundestagswahl 2013 die Parteien klare Perspektiven entwickeln um die Probleme zu lösen und nicht nur die Problemlösung auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Ich wünsche mir eine Politik, die bereit ist für eine solidarische und liberale Gesellschaft mit gut ausgebildeten, innovativen und informierten Bürgern, einer ökologischen und wohlstandsfördernden Wirtschaft, einer gerechten Arbeitswelt und mit einer Einbettung in ein soziales und demokratisches Europa aktiv einzutreten.

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/politikwechsel-fur-deutschland/1594/feed 0
FDP erreicht bei „log in“ 36% – Tendenziöse Gästeauswahl https://www.mister-ede.de/politik/gasteauswahl-bei-log-in/1477 https://www.mister-ede.de/politik/gasteauswahl-bei-log-in/1477#comments Mon, 12 Nov 2012 06:49:14 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1477 Weiterlesen ]]> Ein fulminanter Höhenflug der FDP hat seit diesem Frühjahr eingesetzt. Sofern man von einer Wahlsondersendung zur NRW-Landtagswahl absieht, dann sind seit dem 21.03.2012 insgesamt 25 Politiker in der Sendung „log in“ aufgetreten. Darunter befanden sich vier Unionspolitiker und vier Politiker der Linkspartei, zwei Piraten, fünf Grüne, gerade mal ein Politiker der SPD, aber sage und schreibe neun FDP-Politiker, sofern man den Vorsitzenden der Nachwuchsorganisation dazu zählt.

So erreicht die FDP mit einer Traumquote von 36% eine Präsenz, die nicht vermuten lässt, dass die Partei in sechs Landesparlamenten gar nicht mehr vertreten ist. Auch die Grünen können sich nicht über zu wenig Präsenz beklagen. Unter die Räder kommt bei der Gästeauswahl die SPD. Bei einem Anteil von gerade mal 4% lässt sich schon eine gewisse Tendenz erkennen. Es ist auch nicht so, dass dieser Anteil in den Monaten zuvor höher gewesen wäre. Im gesamten März und Februar war ebenfalls kein Sozialdemokrat in der Show. Leidglich zu Wulff waren im Januar die Gäste der SPD willkommen.

Auch die Themenauswahl, bzw. Auswahl von Zuschauerbeiträgen zeugt zumindest von wenig journalistischem Interesse, wenn nicht gar von einem Kuschelkurs mit den Regierungsparteien. Fragen zu gebrochenen Koalitionsversprechen oder zu Widersprüchen fallen oft unter den Tisch, häufig wird an der entscheidenden Diskussionsstelle vom Moderator unterbrochen. Ein etwas sachlicher und tiefgründiger Talk, würde dem ZDF gut zu Gesicht stehen, aber dies scheint dort nicht gewollt.

Insgesamt ist für mich die „log in“ Sendung politisch tendenziös und nicht so überparteilisch unabhängig, wie ich mir das von öffentlich-rechtlichen Institution wünschen würde.

Die Gästeliste 2012 von ZDF „log in“ (blog.zdf.de)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/gasteauswahl-bei-log-in/1477/feed 0
Weisbands Umgang mit inhalticher Kritik https://www.mister-ede.de/politik/weisbands-umgang-mit-kritik/687 https://www.mister-ede.de/politik/weisbands-umgang-mit-kritik/687#comments Thu, 29 Mar 2012 11:30:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=687 Weiterlesen ]]> Ein Paradebeispiel für den Umgang mit inhaltlicher Kritik bei den Piraten war gestern in der Sendung ZDF-log in zu sehen. Eine Sendung in der die Zuschauer über das Netz eingebunden werden und an die Gäste im Studio Fragen richten können.

Während die angenehmen Fragen im Chat (nach der Sendung) von Frau Weisband (Piratenpartei) gerne beantwortet wurden, hat Weisband kritische Fragen einfach belächelt (Link zum Chatprotokoll der ZDF-Sendung log in vom 28.03.2012 auf www.zdf.de). Auf Fragen der Finanzierbarkeit wurde z.B. mit lächerlichen Antworten das Thema in die Banalität verdrängt, was nun wirklich kein Zeichen für eine Diskussionskultur ist, die Inhalte voranbringt. Auf meine Frage wie die Kosten von 768 Milliarden Euro (800 Euro * 12 Monate * 80 Mio. Bürger) für das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) getragen werden sollen, antwortet Weisband, “hauptsächlich durch Steuern”. Ich hatte als Antwort zumindest mal einen Finanzierungsvorschlag ( z.B. die Einkommensteuer wird erhöht oder die Bundeswehr abgeschafft) erwartet. Ähnlich erfolgreich war ein anderer User der ebenfalls wissen wollte, womit das alles finanziert werden soll. Hier war die Antwort von Weisband „mit Geld“. Man erkennt, dass die Lösung von Frau Weisband für das Finanzierungsdefizit darin liegt, es mit Geld zu bezahlen. Ich führe das darauf zurück, dass Frau Weisband mit dem Wischi-Waschi-Wirrwarr gut leben kann, solange die Wähler, zumindest 7,4% im Saarland, das nicht interessiert.

Schwierig wäre es für die Piraten wohl nur, wenn Lena oder Justin Biber Gegenkandidaten wären.

Um die Problematik des nicht vorhandenen bzw. unkonkreten Inhalts zu verdeutlichen, habe ich hier das Programm der Piraten in Schleswig-Holstein etwas durchleuchtet.

Das Piratenprogramm unter der Lupe (www.mister-ede.de – 29.03.2012)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/weisbands-umgang-mit-kritik/687/feed 0
Das Piratenprogramm unter der Lupe https://www.mister-ede.de/politik/piraten-unter-der-lupe/683 https://www.mister-ede.de/politik/piraten-unter-der-lupe/683#comments Thu, 29 Mar 2012 11:26:47 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=683 Weiterlesen ]]> Um einmal zu verdeutlichen, dass die Piraten keinen konkreten Inhalt anbieten, habe ich hier das Parteiprogramm der Piraten für Schleswig-Holstein durchleuchtet. Das Programm ist hier auf der Seite der Piraten (www.piratenpartei.de) (Stand 26.10.2012: Zurzeit nicht mehr abrufbar) abrufbar.

Ist-Beschreibung und Wunschliste:

Wenn man das Programm liest, stellt man schnell fest, dass vieles nur eine Beschreibung des Ist-Zustandes darstellt. Das ist zwar nicht falsch aber auch nicht hilfreich. Für meine Wahlentscheidung kann ich daraus keinen Nutzen ziehen.

“Museen – und hier auch gerade kleine örtliche Museen – bieten viele Möglichkeiten den eigenen kulturellen Horizont zu erweitern, Altes und Neues kennenzulernen, Spaß am Entdecken zu haben und zu lernen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Museen, Sammlungen und Ausstellungswesen gefördert werden, da sie sowohl einen Bildungsauftrag erfüllen als auch Freizeit gestalten können.”

Vieles wird dann, wie eben bei der Kultur, mit dem Wunsch verbunden, den jeweiligen Bereich besser und stärker zu fördern. Wünsche sind sowieso das Thema des Programms. Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein solches Beispiel. Am Ende der Wunschliste steht dann aber das böse Wort Finanzierungsvorbehalt.

Der Finanzierungsvorbehalt:

“Das Ziel eines schuldenfreien Schleswig-Holsteins im Blick, stellen wir alle kostenverursachenden Vorschläge in diesem Wahlprogramm unter den Vorbehalt, dass wir eine Gegenfinanzierung finden. Wohltaten auf Pump lehnen wir ab.”

Bei CDU oder SPD bedeutet ein Finanzierungsvorbehalt, dass es auf die wirtschaftliche Entwicklung ankommt, ich schätze bei den Piraten heißt es einfach nur, dass gar nicht gerechnet wurde. Pippi Langstrumpfs Rechenmethoden wurden da wohl auch von den Piraten übernommen.

Was es schon gibt, kann nicht schlecht sein:

Einige Dinge, die im Programm stehen, gibt es einfach schon, wie die Ausgleichsflächen. Zugegeben ob das Landes oder Bundesrecht ist, bzw. ob das in Schleswig-Holstein schon vorhanden ist, kann ich tatsächlich nicht genau sagen.

“Naturschutz darf nicht nur als planerisches Hindernis bei der Wirtschaftsförderung empfunden werden, sondern ist elementarer Bestandteil der Erhaltung unserer Lebensgrundlage. Für unwiderruflich zerstörte Naturräume müssen Ausgleichsflächen geschaffen werden. Man darf sie nicht in Ausgleichszahlungen ummünzen. Naturschutzpolitik ist auch Ländersache und darf nicht fast ausschließlich mit EU-Mitteln bestritten werden.”

Hier wird die Forderung nach mehr Landesförderung zu etwas gepackt was jeder unterstützen würde. So ist auch dies wieder ein Wunsch der Geld kostet.

Wollen aber nicht wissen:

Was ebenfalls besonders stark auffällt ist dieses „wir wollen etwas, aber wissen nicht wie“. Das zeigt sich deutlich bei der Energiediskussion.

“Um in Zukunft weniger von konventionellen Energieträgern abhängig zu sein, streben wir eine deutliche Erhöhung des Anteils regenerativer Energien sowohl im Strom- als auch im Wärmemarkt an. Bei der Stromerzeugung wollen wir durch verstärkte Forschungsanstrengungen im Bereich der erneuerbaren und umweltverträglichen Energiegewinnung durch zum Beispiel Sonne, Wind, Wasser und Geothermie Verbesserungen erreichen und die Gesamtkosten hierfür weiter senken.”

Das wollen wir doch alle, aber Frieden auf der Erde wünschen wir uns auch. Auf die Frage des „Wie“ bieten die Piraten weder einen Denkansatz, noch einen Vorschlag und schon gar keine Antwort.

“Wir halten die Risiken der Energiegewinnung durch Atomenergie im Vergleich zum Nutzen für vollkommen unverhältnismäßig und wollen die schnellstmögliche Stilllegung aller schleswig-holsteinischen Kernkraftwerke bewirken.

Darüber hinaus wollen wir, dass bei der Lagerung nuklearer Abfälle höchstmögliche Sicherheit angestrebt wird.”

Fazit:

Aus meiner Sicht ist es eine Wunschliste, die in den meisten Fällen keine inhaltliche Konkretisierung erfährt. Nur bei einigen Ausnahmen habe ich das Gefühl, dass tatsächlich etwas Konkretes gefordert wird. Z.B. die Abschaffung von Sanktion bei Hartz 4. Das ist für mich ebenfalls Ausdruck der klar linken Klientelpolitik der Piraten, wie eben auch bei der Vergemeinschaftung von Urheberrechten oder den Plänen für den ÖPNV.

Nur um vergleichbar mal das Wahlprogramm der SPD im Saarland (hier auf www.spd-saar.de abrufbar) darzustellen. Im Saarland gibt es hier konkrete Angaben wie zu der Notwendigkeit des Sparens. „Das bedeutet, dass wir in den kommenden Jahren jährlich und strukturell 60 bis 70 Millionen Euro einsparen müssen.“ Um Impulse zu setzen, schlägt die SPD ein “Kompetenzzentrum Stahl” oder ein “Institut für Automobil- und Antriebstechnik” vor. Das sind konkrete Forderungen, mit denen ein Bürger etwas anfangen kann. Bei den anderen etablierten Parteien ist das auch so. Da hat man dann tatsächlich die Möglichkeit die Entscheidung unter anderem nach den Wahlprogrammen auszurichten.

Ich behaupte auch, dass nicht jeder Bürger die Programme lesen muss, denn die Medien verbreiten die positiven wie negativen Punkte ja durchaus eigenständig. Die Medien haben nur wenig Programm was bei den Piraten verbreitet werden könnte. Die Informationen, in Form eines echten Wahlprogramms, sind dort anscheinend einfach noch nicht vorhanden.

Der Vorwurf, die Kritiker der Piratenpartei seien alle schlecht informiert stimmt daher nicht. Sie sind nur eben nicht informiert, weil die Piratenpartei keine sachlichen Informationen sondern Wünsche veröffentlicht, die dann unter Finanzierungsvorbehalt stehen.

Zur Diskussionskultur und Umgang mit Kritik bei den Piraten:

Weisbands Umgang mit inhaltlicher Kritik (www.mister-ede.de – 29.03.2012)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/piraten-unter-der-lupe/683/feed 0