mister-ede.de » Theresa May https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Briten wollen mehr Zeit, um zu keiner Brexit-Einigung zu kommen https://www.mister-ede.de/politik/briten-brexit-frist-deal/8791 https://www.mister-ede.de/politik/briten-brexit-frist-deal/8791#comments Sat, 16 Mar 2019 19:01:52 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8791 Weiterlesen ]]> Was sich zurzeit in Großbritannien abspielt, wäre selbst für einen Monty-Python-Film zu skurril. Man muss sich das mal vorstellen, da führt eine Theresa May ihre Partei ohne Rückhalt bei den Parteimitgliedern, ihre Koalition ohne Rückhalt im Parlament, ihre Regierung ohne Rückhalt selbst bei den eigenen Ministern und das Land ohne Rückhalt in der Bevölkerung. Und als ob das nicht absurd genug wäre, kommt dazu noch ein Parlament, das konsequent seine Arbeit verweigert, nämlich die Suche nach einem mehrheitsfähigen Kompromiss. Müssten die Abgeordneten des Unterhauses gemeinsam entscheiden, was es für sie zu essen gibt, dann wären die Parlamentarier längst verhungert. „Fleisch?“ „Nein!“ „Salat?“ „Nein!“ „Fisch?“ „Nein!“ „Gemüse?“ „Nein!“ „Was dann?“ „Wissen wir nicht. Gebt uns mehr Zeit.“

Trotz dieser (w)irren Politik der Briten wird die EU nun über genau diesen Wunsch des Unterhauses nach mehr Zeit beraten müssen. Es ist allerdings unmöglich, eine seriöse Voraussage zu treffen, was in Großbritannien in den nächsten Wochen geschehen wird, wenn sich die EU für oder gegen eine Verlegung des Austrittstermins entscheidet. Viel zu undurchsichtig ist dafür das Gemenge der unterschiedlichen Interessen in der britischen Politik, zumal es dabei meist nicht um das Wohl des Landes geht, sondern um die Egos einzelner Politikerinnen und Politiker, um Machtfragen in Parteien oder um Geländegewinne in der Wählergunst. Unter dem Motto „täuschen, tricksen, tarnen“ halten alle Akteure der britischen Politik ihre Karten verdeckt und pokern hoch – extrem hoch.
Und so kann sich die Situation in Großbritannien, unabhängig davon welche Entscheidung die EU trifft, in den nächsten Tagen genauso schnell in Wohlgefallen auflösen, wie sie auch umgekehrt eskalieren kann bis hin zu Gewaltausbrüchen auf der Straße oder gar bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

Die EU ist in dieser Situation deshalb gut beraten, als letzter verlässlicher Akteur in diesem Durcheinander bei ihrer eigenen, klaren Linie und den gemeinsam gesetzten Regeln zu bleiben, anstatt das Insel-Chaos auch noch auf den Kontinent zu importieren. Es nutzt niemandem, jetzt wild darüber zu spekulieren, was alles bei welcher EU-Entscheidung eventuell passieren könnte. Und als Spielball auf diesem Schlachtfeld britischer Politik kann die EU sowieso nur verlieren.
Stattdessen hilft nur ein nüchterner Blick auf das, was diese Woche in Großbritannien passiert ist. Insgesamt 278 Abgeordnete des britischen Unterhauses haben bei einer entscheidenden Abstimmung am Mittwoch ganz bewusst für die Option eines harten No-Deal-Brexits gestimmt. Sie wollen also mit Großbritannien aus der EU raus – und sei es ohne Deal. Für manche von ihnen ist sogar genau das die bevorzugte Variante. Zwar hat auch eine knappe Mehrheit von 321 Parlamentariern gegen einen No-Deal-Brexit gestimmt, diese Gruppe ist allerdings in dem was sie will fast völlig uneins – wie man diese Woche leider erneut feststellen musste. Ein Teil der Abgeordneten hätte gerne den May-Deal, andere Parlamentarier hätten lieber einen härteren, wieder andere lieber einen weicheren Brexit-Deal. Einige wünschen sich einen Rücktritt von May, manche sogar Neuwahlen und ein Teil des Unterhauses würde gerne nochmal das Volk befragen. Aber selbst da können sich die Parlamentarier nicht einigen, ob in diesem Fall lieber über den gesamten Brexit oder nur einen etwaigen Deal abgestimmt werden sollte. Nur in einem Punkt sind sich auch diese 321 Abgeordneten fast alle einig, den Brexit, oder zumindest die Option auf einen Brexit, wollen auch sie keinesfalls vom Tisch nehmen.
Im Ergebnis muss man also festhalten, dass das britische Unterhaus, bis auf eine Minderheit an Abgeordneten, auf jeden Fall raus aus der EU will und nur noch darüber gestritten wird, wie schnell und wie hart der Austritt erfolgen soll. Das aber haben die Briten nun schon über zwei Jahre ergebnislos diskutiert. Sofern also nicht doch noch irgendeine klare Ansage aus Großbritannien kommt, z.B. die Ansetzung von Neuwahlen, gibt es für die EU überhaupt keinen Grund, den seit zwei Jahren festgelegten Scheidungstermin jetzt noch einmal zu verschieben. Sowohl von staatlicher wie auch von privater Seite wurden für die Trennung am 29.3. die notwendigen Vorkehrungen getroffen und das muss nun wirklich nicht alle paar Wochen wiederholt werden. An der Tatsache, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem die Abspaltung offiziell werden muss, ändert eine Verschiebung sowieso nichts und die Ungewissheit schadet letztlich noch mehr als ein Brexit, der mit einem klaren und verlässlichen Austrittsfahrplan unterlegt ist.


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Das weltweite bürgerlich-konservative Witzfigurenkabinett https://www.mister-ede.de/politik/das-witzfigurenkabinett/5565 https://www.mister-ede.de/politik/das-witzfigurenkabinett/5565#comments Thu, 13 Oct 2016 19:19:00 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5565 Weiterlesen ]]> Bei aller Kritik an Angela Merkel muss man eines schon festhalten, im Vergleich zu den weltweiten bürgerlich-konservativen Pendants wirkt die in der DDR aufgewachsene Physikerin und heutige CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin fast wie eine Heilige. Schon bei der bayerischen Unions-Schwester CSU und den Ausfällen des dortigen Vorsitzenden Horst Seehofer bekommt man erste Zweifel am bürgerlichen Lager, allerdings knapp dahinter wird es dann richtig schräg.
Da hebelt Viktor Orbán mit seiner Fidesz, der ungarischen Schwesterpartei der Merkel-Union, munter den Flüchtlingsschutz und die Pressefreiheit aus und bei den spanischen Bürgerlichen um Mariano Rajoy ist gefühlt die halbe Partei in Korruptions- und Veruntreuungsskandale verwickelt. Dass Rajoy nun schon zum 5. Mal innerhalb eines Jahres erfolglos versucht hat, Ministerpräsident seines Landes zu werden, und damit nunmehr seit einem Jahr die Regierungsbildung in Spanien blockiert, ist da nur noch das I-Tüpfelchen. Wofür die Spanier allerdings noch eine ganze Partei benötigen, haben die französischen Bürgerlichen einfach ihren Nicolas Sarkozy, der mit einem Bein im Elysée-Palast und mit dem anderen im Gefängnis steht – und bei so kurzen Beinen muss das echt wehtun. Getoppt wird das alles aber von der italienischen Unions-Schwester, der Forza Italia mit Bunga-Bunga-Präsident Silvio Berlusconi an der Spitze, der es bei der Zahl der gegen ihn laufenden Gerichtsprozessen locker mit der Deutschen Bank aufnehmen kann.
Ergänzt wird dieses bürgerliche Witzfigurenkabinett außerdem von den Konservativen in Großbritannien, die zwar keine Schwesterpartei der Union sind, mit David Cameron und Boris Johnson aber mindestens ebenbürtige Clowns aufbieten können. Und auch die aktuelle britische Premierministerin May wirkt ja trotz ihres sommerlichen Namens eher wie tiefste Eiszeit. Man kann allerdings auch über den großen Teich schauen und findet in den USA mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gleich den nächsten Knallfrosch eines Lagers, das sich selbst als „bürgerlich-konservativ“ bezeichnet.

Mal ernsthaft: Wer Trump, Sarkozy und Berlusconi an der Spitze seiner Bewegung stehen hat, braucht sich doch über Marine Le Pen, Beppe Grillo, Nigel Farage oder Trixi Storch nicht wundern. Die weltweite Krise des Bürgerlich-Konservativen ist deshalb vor allem eines – selbstverschuldet von einem grotesken Witzfigurenkabinett.


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