mister-ede.de » Wahlanalysen https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Bundestagswahl 2021: Wahl(kampf)analyse und Ausblick https://www.mister-ede.de/politik/btw21-analyse-und-ausblick/9229 https://www.mister-ede.de/politik/btw21-analyse-und-ausblick/9229#comments Sun, 26 Sep 2021 11:09:39 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=9229 Weiterlesen ]]> Ich muss zugeben, bei dieser Bundestagswahl lief einiges anders, als ich das vor einem Jahr erwartet hätte. Schon die Auswahl des Unions-Kandidaten hat mich überrascht, aber auch, dass beispielsweise die Linke so wenig von einem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz profitiert oder die AfD so wenig von einem Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet.

Union:
Bis ins Frühjahr hinein bin ich fest davon ausgegangen, dass die Union mit Markus Söder als Kanzlerkandidat ins Rennen startet. Merkel regiert nun seit 2005 und bis auf Wolfgang Schäuble blieb das Personal der Union unter ihr stets ziemlich blass – eine Lücke, durch die kurzzeitig ein gewisser Karl-Theodor von und zu Guttenberg samt Gattin auf einer frisierten Dissertation rauschte. Ein Thomas de Maiziere – die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern – war da ja noch einer der bekannteren unter den Unions-Ministern. Aber wer kennt noch Michael Glos, Kristina Schröder, Jung, Wanka, Gröhe, Schmitt oder HP Friedrich? Und was die Union in dieser Legislatur abliefert – Scheuer, Altmaier, Spahn, Maskendealer, Korruptionsaffäre – ist ja objektiv unterirdisch. Insofern hätte ich erwartet, dass die Union die Gunst der Stunde mit einem bei Unionswählern bundesweit gut angesehenen Markus Söder nutzt und auf die Karte setzt: „Der nächste Kanzler heißt nicht Merkel und kommt nicht von der CDU, und natürlich wird damit einiges anders und ich, Markus Söder, verspreche ihnen, mit mir wird alles besser.“
Daher war ich über die Entscheidung der Union bzw. der CDU wirklich verwundert, es lieber mit dem Merkel-nahen Armin Laschet probieren zu wollen. Wenn die Union mit ihm jetzt 25% holt, ist für die CDU machtstrategisch ja nichts gewonnen. Aber gut, man muss natürlich auch sagen, dass niemand in der Union damit gerechnet hat, dass Laschet den Wahlkampf so komplett vergeigt. Das Wahlergebnis wird dementsprechend heute aber leistungsgerecht ausfallen und die Union vermutlich in eine ziemliche Krise stürzen.

FDP:
Überraschend finde ich ebenfalls, dass der FDP die Schwäche der Union nur mäßig nutzt. Gegen einen Markus Söder hätte die FDP mit ihren 5 – 7 % vom letzten Herbst vermutlich noch einen sehr viel schwereren Stand gehabt, aber auch vom schwachen Laschet profitieren FDP und auch die AfD offenkundig gar nicht so sehr. So stürzte die Union nach der Nominierung von Laschet von Umfragewerten von einstmals 35 – 40% krachend auf zwischenzeitlich nur noch 20% ab, während umgekehrt die FDP lediglich um 6 oder 7 Prozentpunkte anstieg. Glücklicherweise profitierte auch die AfD seit dem Herbst nur mit 2 oder 3 Prozentpunkten von der massiven Schwäche der Union. Ein kleiner Teil des bürgerlichen Lagers aus Union und FDP ist damit aber nach rechts hin zur AfD abgewandert und ein anderer größerer Teil entweder zu den Nichtwählern oder ins rote bzw. grüne Lager. Insgesamt bedeuten diese Wanderungen für das bürgerliche Lager aus Union und FDP einen dramatischen Verlust an Wählern in alle Richtungen hin. Für die FDP stellt sich damit wiederum die Frage, wie sie nun mit diesem starken Wahlergebnis umgehen soll, das zur Hälfte durch geflüchtete Unions-Anhänger zustande gekommen ist. In die Opposition will Lindner mit diesem Ergebnis sicher nicht, allerdings bei einer Ampel könnte man die neu gewonnenen Wähler auch schnell wieder verprellen und dasselbe gilt im Falle, dass man ausgerechnet nun doch Laschet zu einer Kanzlerschaft verhilft und das auch noch mit den Grünen im Schlepptau. Blieben also noch eine SPD-geführte „Deutschland-Koalition“, an der allerdings eine unterlegene Union kaum ein Interesse haben dürfte, oder eine Unions-geführte „Deutschland-Koalition“, die wiederum in der SPD auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte.

AfD:
Nachdem die Politikverdrossen, die von der AfD einst aus dem Nichtwählertum eingesammelt wurden, allmählich von der AfD genauso genervt sind wie von allen anderen Parteien, ist deren Wählerschwund außerhalb einzelner Hochburgen nicht sonderlich überraschend und vermutlich auch von den Strategen der Ost-AfD einkalkuliert. Für den harten Kern sind hingegen auch Skandale, ekelhaftes Auftreten und interner Streit mindestens egal, vielleicht sogar gewünscht. Denn solange eine Bundestags-Präsenz gesichert ist, ist es für einen Björn Höcke wichtiger, zwei AfDler aus seinem Thüringer Dunstkreis in den Bundestag zu bekommen als fünf moderate AfDler aus irgendwelchen Westverbänden. Entscheidend ist für die Ost-AfD ja nicht, ob 8 oder 15 % der Abgeordnete im Bundestag von der AfD sind – mitregieren will man ja eh nicht – sondern dass unter den AfD-Abgeordneten ausreichend viele aus eben jenen östlichen Hochburgen sind, damit die Netzwerke der Ost-AfD ihren Einfluss in der Bundestagsfraktion geltend machen können. Insofern liegt der Fokus der rechten Strategen wohl weniger auf bundesweiter Stärke als auf konzentrierter regionaler Stärke. Das Ziel scheint, ein einzelnes Puzzleteil – z.B. einen Landkreis – aus dem föderalen Konstrukt der freiheitlich-demokratischen BRD herauszulösen und zu übernehmen. Was machen Sie denn, wenn Ihr Landrat plötzlich Björn Höcke heißt? Auch wenn sich die AfD im Gegensatz zur letzten Bundestagswahl kaum in den Prozentpunkten verändern wird, darf man daher nicht übersehen, dass sich mit dieser Wahl die parteiinternen Machtverhältnisse durch die Konzentration im Osten – die AfD startete einstmals als Partei westdeutscher Professoren – erheblich zugunsten von Höcke und Co. verschoben haben.

Grüne:
Wenn mich die Grünen gefragt hätten, hätte ich ihnen auf jeden Fall zu Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin geraten, denn es war völlig klar, dass sich die Grünen bei dieser Bundestagswahl gezielten und orchestrierten Hetzkampagnen gegenübersehen werden. Vor keiner Partei fürchten sich die rechten Netzwerke und die versammelten Autokraten dieser Welt so sehr wie vor den Grünen. Und ob ein Robert Habeck, der ja durchaus auch mal in die Rolle des Beleidigten rutscht, einem solchen Shit-Hurricane, wie ihn Baerbock über sich ergehen lassen musste, besser standgehalten hätte, mag ich noch immer bezweifeln. Baerbock hat es auf jeden Fall trotz des Dauerbeschusses aus eigener Kraft und aufrecht gehend ins Ziel geschafft. Dass es unter diesen Voraussetzungen aber schwer sein würde, die Umfragewerte von 20% – 23%, über die Nominierung eines Kanzlerkandidaten hinaus bis zum Wahlabend zu halten, war klar. Dass die Wählergunst auf 15 – 16 % abfällt, hätte ich allerdings dennoch nicht erwartet und die Grünen, insbesondere durch Laschet als Konkurrenten, eher bei 20% erwartet. Dafür hätten die Grünen dann aber vermutlich schon einen etwas pro-aktiveren und vor allem besser kommunizierenden Wahlkampf machen müssen. Griffige Forderungen unter denen sich alle etwas vorstellen können, wie beispielsweise „12 Euro Mindestlohn“ (SPD) oder die „vollständige Abschaffung des Solis“ (FDP), sind aus dem Grünen-Wahlkampf, zumindest bei mir, nicht hängen geblieben. Und wer so ein verbrauchtes Wort wie „Grundsicherung“ verwendet, um auszudrücken, dass es mehr Geld für Kinder geben soll, hat vielleicht auch wirklich ein Marketingproblem. Trotz des absolut beachtlichen Stimmenzugewinns bleibt daher – m.E. zu Recht – der Eindruck, dass die Grünen einige Prozentpunkte leichtfertig verschenkt haben.

SPD:
Es war zu erwarten, dass Olaf Scholz versuchen wird, im Wahlkampf den Merkel-Erben zu mimen – nach einer Sozialdemokratin aus der CDU, jetzt ein Bürgerlicher aus der SPD. Dass das funktionieren könnte, hatte ich mir zwar vorstellen können, allerdings nur dann, wenn Scholz rasch nach seiner Nominierung eine Aufwärtsdynamik entfaltet. Als das ausblieb, hatte ich ihn spätestens Anfang 2021 im Prinzip abgeschrieben. Wie wir wissen, kam es gänzlich anders – Totgesagte leben länger.
Meines Erachtens ist das im Wesentlichen auf die fast schon panische Flucht von Unionsanhängern vor Armin Laschet und seiner grauenhaften Performance zurückzuführen. Leute, die früher eher „Merkel“ und gar nicht unbedingt die Union gewählt haben, hätten einem gut organisierten Laschet vermutlich durchaus eine Chance gegeben, werden nach diesem Wahlkampf nun aber doch lieber das Kreuz bei „Scholz“ machen, auch wenn sie gar nicht unbedingt SPD wählen würden. Ähnlich wie die FDP hat die SPD damit aber nun das Problem, dass sie mit diesem Wahlergebnis sicherlich gerne regieren würde, dann aber entweder mit Rot-grün-rot gerade diese Wechselwähler zumindest in Teilen wieder an die Union verlieren dürfte oder sich bei einer Deutschland-Koalition von vielen zentralen Wahlversprechen verabschieden müsste. Es bliebe damit die Ampelkoalition, die allerdings, wie zuvor beschrieben, für die FDP nicht sonderlich attraktiv sein dürfte.

Linke:
Mit der Kandidatur von Olaf Scholz hätte ich erwartet, dass sich einige Wähler von der Union zur SPD bewegen und dafür einige Wähler von der SPD zur Linken. Beides blieb zunächst und Letzteres bis zum Schluss aus. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen, vor allem mit Sahra Wagenknecht, wirken auf viele Wähler ermüdend. Dazu immer mal wieder ziemlich schräge Auftritte und Aussagen von einzelnen Parteimitgliedern. Vermutlich dürften die Grünen hierdurch einige Unzufriedene der SPD eingesammelt haben, die sich ansonsten auch ein Kreuz bei den Linken hätten vorstellen können.
Dennoch habe ich die Linke stärker erwartet, auch wenn sie natürlich das Problem hat, sich auf der einen Seite von der SPD abgrenzen und gezielt bei der SPD-Wählerschaft um Stimmen für die Linke werben zu müssen und sich auf der anderen Seite an die SPD annähern zu müssen, so dass eine Koalition zumindest in Ansätzen realistisch ist. So etwas kann Schizophrenie verursachen und tatsächlich wirkt die Linke ja auch manchmal wie eine Partei mit Persönlichkeitsspaltung. Ob es sich für die Linke am Ende auszahlen wird, dieses Mal im Wahlkampf nicht so stark auf Attacke gegenüber der rot-grünen Konkurrenz gesetzt zu haben, wird sich aber erst am Ende zeigen. Sofern es, wie bereits 2013, für Rot-grün-rot reicht, dürften es SPD und Grüne so auf jeden Fall deutlich schwerer haben, sich gegen eine solche Koalition zu entscheiden und das dann abermals mit einem angeblich „mangelnden Zubewegen“ der Linken zu begründen.

Die große Unbekannte:
Egal wie sich die Prozente auf die Parteien am Ende verteilen, bleibt die große Unbekannte für den Wahlsonntag: Wie viele Abgeordnete werden in den Bundestag einziehen? Sollte die jüngste Wahlrechtsreform erneut ihre Wirkung verfehlen und der Bundestag weiter auf über 750 oder gar 800 Abgeordnete anwachsen, könnte plötzlich eine ganz andere Debatte aufkommen, nämlich über zügige Neuwahlen. Möglicherweise von AfD und Springer entfacht und von einer Union als Wahlverlierer und einer FDP mit wenig Lust auf eine Ampel-Koalition befeuert, könnte so eine neue Dynamik entstehen. Und wenn sich Schwarz und Gelb, getragen vom Argument eines durch die Größe nicht mehr wirklich arbeitsfähigen Parlaments, einer Regierungsbildung kategorisch verschließen und es gleichzeitig für Rot-grün-rot keine Mehrheit gibt, bliebe am Ende nur noch ein erneuter Urnengang als Ausweg. Es bleibt also bis zum Schluss spannend und letztlich könnten die Würfel sogar nochmal ganz neu geworfen werden.


Text als PDF: Bundestagswahl 2021: Wahl(kampf)analyse und Ausblick


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Damit setzt sich der seit der Bundestagswahl 2009 bestehende Abwärtstrend weiter fort. Während die sechs etablierten Parteien zwischen 1990 und 2005 immer auf 73% – 76% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten kamen, sank dieser Wert bei der Bundestagswahl 2009 abrupt auf 65,6%. Vier Jahre später, bei der Bundestagswahl 2013, erreichten die etablierten Parteien zusammen dann nur noch 62,9% der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten und dieses Mal lag der Wert mit 62,1% sogar noch einmal niedriger.

Besonders hart trifft der Wählerschwund die einst großen Volksparteien Union und SPD. Im Verhältnis zur Zahl der Wahlberechtigte kommen CDU und CSU zusammen auf nur noch 24,8% der Stimmen und die SPD sogar nur noch auf 15,5%. Während in den 90ern und zu Beginn der 2000er-Jahre regelmäßig sechs von zehn Wahlberechtigten ihre Stimme für eine der beiden Volksparteien abgaben, waren es somit bei der aktuellen Bundestagswahl nur noch vier von zehn Wahlberechtigten.
Gerade in Bezug auf die SPD bedeutet das, dass der Zusatz Volkspartei im Moment problemlos gestrichen werden kann. Nur noch jeden siebten Wahlberechtigten konnten die Sozialdemokraten dazu bewegen, zur Bundestagswahl zu gehen und auf dem Wahlzettel die SPD anzukreuzen. Zum Vergleich: Von 1990 bis 2005 konnte die SPD stets jeden dritten bis vierten Wahlberechtigten von einer Stimmabgabe für die SPD überzeugen und mit Willy Brandt zogen die Sozialdemokraten einst sogar fast die Hälfte aller Wahlberechtigten an die Wahlurne.

Für die Demokratie in Deutschland ist die Entwicklung der Volksparteien allerdings das nachrangige Problem. Wesentlich gefährlicher ist, dass es den etablierten und auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden Parteien nur noch knapp gelingt, über die absolute Mehrheit der Stimmen im Verhältnis zu den Wahlberechtigten zu kommen. Denn bleiben Wähler von der Wahlurne fern oder wählen Kleinparteien, die nicht in den Bundestag einziehen, stärkt das die rechten und demokratiefeindlichen Kräfte im Lande. Diese können dann mit deutlich weniger Stimmen in den Bundestag einziehen und erhalten dort auch noch wesentlich mehr Sitze. Das wiederum hat zur Folge, dass die etablierten Parteien zur Bildung von Koalitionen gezwungen sind, die sie eigentlich ablehnen oder die der programmatischen Ausrichtung der einzelnen Parteien zuwiderlaufen. So müssen nach der jetzigen Bundestagswahl CDU, CSU, FDP und Grüne zueinander finden oder es bliebe nur eine erneute Große Koalition möglich, die sowohl von der Union als auch von der SPD abgelehnt wird. Solche Koalitionen führen jedoch meist zu einem weiteren Verdruss der Wähler, weil sich die beteiligten Parteien entweder weit von ihren jeweiligen Wahlversprechen entfernen müssen, um zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen, oder sich gegenseitig blockieren und damit das Regierungshandeln zum erlahmen bringen. Bleiben dadurch aber Probleme ungelöst oder findet nur eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners statt, droht am Ende ein Teufelskreis, der die demokratischen Kräfte weiter schrumpfen lässt und den Feinden der Demokratie Tür und Tor öffnet. Österreich mit der immer stärker werdenden FPÖ sollte uns ein warnendes Beispiel sein.


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Anstatt die ungeliebte Rolle als Juniorpartner an der Seite der Merkel-Union den Grünen zu überlassen und mit der SPD auf der Bundesebene eine starke Opposition zu bilden oder gar mit der rot-rot-grünen Mehrheit im Bundestag eine SPD-geführte Regierung zu installieren, ging die Sozialdemokratie erneut jenen Weg, den sie auch nach der Bundestagswahl 2005 mit wenig Erfolg beschritten hatte.

Und so kam es, wie es kommen musste. Nach einem kurzen Hype rund um den Mitgliederentscheid sackte die SPD in der Wählergunst ab und wie bereits in der Regierungszeit von 2005 bis 2009 ging die SPD bei den anschließenden Landtagswahlen auf Talfahrt. Zwar konnten die Sozialdemokraten im Herbst 2014 in Sachsen noch 2,0% zulegen, allerdings nur von einer äußerst niedrigen Ausgangsbasis von 10,4%. Bereits zwei Wochen später verlor die SPD dann 1,1% der Wählerstimmen in Brandenburg und musste in Thüringen sogar ein Minus von 6,1% hinnehmen, was in beiden Bundesländern zu den historisch schlechtesten SPD-Ergebnissen führte. Auch 2015 setzte sich dieser Trend bei der Hamburger Bürgerschaftswahl mit -2,8% und dem Verlust der absoluten Mehrheit in der Hansestadt fort, bevor die Sozialdemokraten nach einem Minus von 5,8% ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg in Bremen einfuhren.
Einzige Ausnahme in dieser Reihe ist die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Frühjahr 2016. Doch auch dort gelang es der SPD, trotz einer herausragenden Ministerpräsidentin Malu Dreyer, lediglich, das Ergebnis der letzten Wahl zu halten (+0,5%). Allerdings mussten die Sozialdemokraten am gleichen Tag bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg (-10,4%) und Sachsen-Anhalt (-10,9%) herbe Niederlagen und in diesen beiden Bundesländern ebenfalls die schlechtesten SPD-Ergebnisse in der Geschichte einstecken. Im Herbst 2016 folgten dann weitere schwere Schlappen für die Sozialdemokraten mit -5,0% in Mecklenburg-Vorpommern und -6,7% in Berlin, was auch in der Hauptstadt das schlechteste SPD-Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik bedeutete.

Anfang 2017 schmiss dann Sigmar Gabriel, der drei Jahre zuvor die Große Koalition eingefädelt und den Mitgliedern als kommende Erfolgsgeschichte verkauft hatte, seinen Parteivorsitz hin und hievte stattdessen Martin Schulz in das höchste Parteiamt. Doch auch Schulz konnte bislang keine Ideen und Vorstellungen präsentieren, durch die es der SPD gelungen wäre, ihr Image als Juniorpartner der Merkel-Union abzustreifen. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es auch bei den nachfolgenden Landtagswahlen im Saarland (-1,0%) und in Schleswig-Holstein (-3,2%) zu weiteren Verlusten für die Sozialdemokraten kam.
Unvermindert setzte sich dieser Trend nun bei der heutigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mit einem deutlichen Minus von über 8% fort. Sollte das Endergebnis unter 32% bleiben, bedeutet das auch für NRW das schlechteste SPD-Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg. Dreieinhalb Jahre nachdem sich die SPD in die Große-Koalition begab, steht sie damit heute vor den Scherbenhaufen dieser strategischen Fehlentscheidung. Wie der so geschwächten SPD, die auf der Bundesebene weiterhin in ihrer Rolle als Koalitionspartner der Union feststeckt, bis zur Bundestagswahl im Herbst ein Neuanfangen gelingen soll, bleibt fraglich. Klar ist allerdings, ein „Weiter so“ ohne klare Haltung und konkrete Inhalte werden nicht reichen, um die Partei aus jenem GroKo-Grab zu ziehen, dass sie sich in den vergangen Jahren selbst geschaufelt hat.


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Landtagswahl 2016 in MV: Etablierte Parteien weiter im Sinkflug https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-in-mv/5355 https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-in-mv/5355#comments Sat, 10 Sep 2016 08:27:12 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5355 Weiterlesen ]]> Bei der Wahl am vergangenen Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern hat sich der Abwärtstrend der etablierten Parteien, zu denen hier SPD, Union, Linke bzw. PDS, Grüne und FDP gezählt werden, fortgesetzt. Stimmten bei der Landtagswahl 2002 noch 67,6% der Wahlberechtigten in Mecklenburg-Vorpommern für etablierte Parteien, lag dieser Wert bei der Wahl 2006 nur noch bei 52,5% und 2011 bei 45,5%. Auch bei der aktuellen Landtagswahl 2016 ging es weiter bergab, so dass heuer nur noch 43,5% der Wahlberechtigten in Mecklenburg-Vorpommern für etablierte Parteien stimmten.

Deutlich wird damit, dass der Abwärtstrend der etablierten Parteien unabhängig von der AfD ist, die erst bei der letzten Landtagswahl antrat, und auch losgelöst von der Flüchtlingspolitik des vergangenen Jahres sein muss. Nachdem sich darüber hinaus ähnliche Ergebnisse für alle Bundesländer und auch für bundesweite Wahlen feststellen lassen, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Trend auf ein Versagen der politisch Verantwortlichen in Deutschland zurückzuführen ist. Möglicherweise wird eine schlechte Politik gemacht oder es sind Ideenlosigkeit, das Fehlen von Visionärem, der Mangel an Überzeugungsarbeit oder die Verweigerung des Dialogs mit Bürgern, die zu dieser wachsenden Entfremdung von Wählern und Gewählten führen. Man denke z.B. an die ungehörten Massenproteste im Zuge der Agenda-Reform. Vielleicht tragen aber auch Hochnäsigkeit, Selbstherrlichkeit oder die Unfähigkeit zu Selbstkritik zu diesem Vertrauensverlust bei.
Mit Gewissheit kann aber eben ausgeschlossen werden, dass die AfD für den Absturz der etablierten Parteien von 67,6% im Jahr 2002 auf 45,5% bei der Wahl 2011 verantwortlich ist. Wer einem das dennoch weismachen will, ist also entweder uninformiert oder auf der Suche nach einer Ausrede.

Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen in MV:
2002: 70,5%
2006: 59,1%
2011: 51,5%
2016: 61,6%

Stimmen für etablierte Parteien (Union, SPD, Linke/PDS, Grüne, FDP) in MV im Verhältnis zu Wahlberechtigten:
2002: 67,6%
2006: 52,5%
2011: 45,5%
2016: 43,5%


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In Sachsen-Anhalt nicht dabei, für Schwarz-Grün-Gelb in Rheinland-Pfalz reicht es nicht und für Schwarz-Grün in Baden-Württemberg braucht es keine FDP. So bleibt nur eine Zusammenarbeit mit der SPD, z.B. bei einer Ampel-Koalition in BW, oder die Oppositionsrolle samt der Feststellung, dass die FDP auch weiterhin weniger Regierungsverantwortung zu tragen hat als die Linke.
Hinzu kommt für die FDP das Problem, dass bei einer Zusammenarbeit mit der SPD vermutlich ein Teil der Wählerschaft abwandern würde, während Grün-Schwarz in BW und Rot-Schwarz in RP deutlich machen würden, wie verzichtbar die FDP bleibt. Überdies ist die Opposition zurzeit vorwiegend von rechts (AfD) und zum Teil von links (Linke) bestimmt und die liberale Lücke haben die Grünen mittlerweile gut besetzt. Wer mag sich denn Brüderle als Frauenrechtler oder Dirk Niebel als Menschenrechtsaktivisten vorstellen? Und auch beim Thema Datenschutz haben die Grünen, z.B. mit Jan Philipp Albrecht, der FDP inzwischen den Rang abgelaufen. Wie also die FDP in dieser Parteienlandschaft künftig positionieren?

AfD:

Mit der FDP teilt die AfD, dass sie zwar in einigen Landesparlamenten vertreten, gleichzeitig aber weit entfernt von etwaigen Regierungsämtern ist. Allerdings muss festgestellt werden, dass die AfD bei gleichbleibendem Stimmungsbild wohl mühelos ein zweistelliges Ergebnis bei einer kommenden Bundestagswahl erreichen würde. So hat sie mittlerweile eben nicht nur ein paar ostdeutsche Landesparlamente erobert, sondern auch Sitze im Europaparlament gewonnen, den Einzug in die Bürgerschaften zweier Stadtstaaten und nun auch den Einzug in die Parlamente zweier westdeutscher Flächenländer geschafft.
Obwohl sich die AfD erwartungsgemäß im Frühjahr 2015 zerlegt hatte und trotz der damals schon steigenden Flüchtlingszahlen nur eine Randerscheinung darstellte, konnte sie seit dem Sommer wieder massiv an Zulauf gewinnen. Hierfür mitverantwortlich dürfte das tatsächlich vorhandene Chaos in der Flüchtlingspolitik sein, aber vermutlich auch eine schlechte Kommunikation der Bundesregierung, z.B. des Innenministers, und der öffentliche Zank zwischen CDU und CSU. Entsprechend gehe ich aber davon aus, dass die Zustimmung zur Flüchtlingspolitik wieder zurückgewonnen werden kann, sofern sich Erfolge einstellen, z.B. durch eine gelingende Integration oder die Rückkehr zu geordneten Abläufen. Gleichwohl befürchte ich, dass das AfD-Ergebnis daneben auch durch weitere Themen getragen wird, z.B. der Ablehnung von „denen da oben“, also der „Mainstream-Presse“ und den „Einheitsparteien“, oder Intoleranz gegenüber Muslimen oder Homosexuellen. Diese Wahlmotivation könnte somit auch nach einer Bewältigung der Flüchtlingskrise erhalten bleiben.

Linke:

Die Linke muss erneut feststellen, dass sie außerhalb großer Städte, dem Saarland und Ostdeutschland nur selten den Einzug in die Parlamente schafft. Dennoch ist die Linke weiterhin dabei, sich als gesamtdeutsche Kraft mit einem Wählerpotential von geschätzt 7% – 12% im Bundesdurchschnitt zu etablieren. Ähnlich wie die FDP hat sie jedoch das Problem einer eingeschränkten Partnerauswahl bei der Koalitionsbildung, was bei einem Nichteinzug der Grünen in Sachsen-Anhalt zu ernsthaften Problemen geführt hätte. Eine Regierungskoalition ohne die AfD wäre dort dann nämlich nur noch unter Beteiligung von CDU und der Linken möglich gewesen.
Erschrecken muss die Linke daher nicht nur das eigene Abschneiden in Sachsen-Anhalt, sondern auch, dass SPD und Grüne zurzeit deutlich Wähler verlieren (zusammen -4% in BW, -10% in RP, und -13% in ST) und damit Regierungsbeteiligungen, anders als nach der Wahl in Thüringen erhofft, wieder in weite Ferne rücken. Hinzu kommt, dass die Linke jene von der Politik enttäuschten Bürger, die sie vor 3 oder 4 Jahren noch an sich binden konnte, zurzeit an die AfD verliert, die aus Sicht dieser Wähler ein besseres Angebot zur Protestwahl ist.

Eine Wahlanalyse zum Ergebnis von CDU, SPD und Grünen gibt es als Satire in Versform hier: Analyse der Landtagwahlergebnisse vom 13. März 2016 (www.mister-ede.de – 13.03.2016)

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https://www.mister-ede.de/politik/landtagswahl-2016-analyse/4878/feed 2
Analyse der Landtagswahlergebnisse vom 13. März 2016 https://www.mister-ede.de/politik/analyse-ltw-ergebnisse-2016/4873 https://www.mister-ede.de/politik/analyse-ltw-ergebnisse-2016/4873#comments Sun, 13 Mar 2016 16:06:46 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4873 Weiterlesen ]]> CDU:

Unschön vor den Landtagswahlen,
waren hohe Flüchtlingszahlen.

Man glaubte einfach nicht daran,
dass Merkel da was ändern kann.

So suchten voller Ignoranz
die Kandidaten die Distanz.

Merkel allerdings war schneller
und der Himmel wurde heller.

Unschön bei den Landtagswahlen,
die nicht so hohen Flüchtlingszahlen.

SPD:

Zur SPD gibt’s nur zu sagen,
man kann sie bald zu Grabe tragen.

Die Grünen:

Es grünt so grün, wenn schwarze Blüten blühen.

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https://www.mister-ede.de/politik/analyse-ltw-ergebnisse-2016/4873/feed 0
Nach der Europawahl: EU im Zangengriff der Kritiker und Gegner https://www.mister-ede.de/politik/eu-im-zangengriff-der-gegner/2666 https://www.mister-ede.de/politik/eu-im-zangengriff-der-gegner/2666#comments Wed, 25 Jun 2014 08:49:55 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2666 Weiterlesen ]]> Die aktuelle Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes erinnert ein wenig an den Reichstag der Weimarer Republik zum Ende der 20er Jahre. Ökonomische Probleme und soziale Spannungen führten damals zu einer breiten Ablehnung der noch jungen Demokratie und zu Wahlerfolgen jener Parteien, die sich gegen die Republik aussprachen. Ähnlich wie damals die Verteidiger der Weimarer Republik im Reichstag zwischen den linken und rechten Lagern der Demokratiefeinde eingeengt wurden, werden auch heute die etablierten Parteien im Europaparlament durch die EU-Gegner von links- und rechts-außen in die Zange genommen. Erneut sitzen mit beachtlicher Stärke genau jene im Parlament, die es am liebsten abschaffen wollen.
Zwar ist die Ausgangslage eine andere, da die EU im Gegensatz zur Weimarer Republik zum einen kein Nationalstaat ist und zum anderen eine weitaus höhere Akzeptanz in der Bevölkerung hatte und noch immer hat, allerdings droht nun der EU, dass sie nach dem gleichen Muster von innenheraus bekämpft wird wie damals die Weimarer Republik.

Auf insgesamt 154 von 751 Sitzen kommen die verschiedenen konservativen EU-Kritiker und Gegner, von Cameron und der AfD über UKIP und Orbán bis zu Geert Wilders, FPÖ und Le Pen. Dazu kommen die linken EU-Kritiker, von der griechischen KKE oder Syriza bis zur deutschen Linken, mit weiteren 55 Sitzen. Im Europaparlament sind damit 209 EU-Kritiker und Gegner vertreten, was einem Sitzanteil von 27,8% entspricht.

27,8% gegen die europäische Idee (www.mister-ede.de – 19.06.2014)

Im Vergleich dazu kommen die übrigen Fraktionen von der europäischen Volkspartei (203 Sitze) über Sozialdemokraten (191 Sitze) und Liberale (65 Sitze) bis zu den Grünen (54 Sitze) nur auf 513 Sitze, also auf gerade einmal 68,3%.Damit werden es diese Fraktionen künftig äußerst schwer haben, überhaupt eine Politik zu gestalten, die von genügend Abgeordneten mitgetragen wird.

Europawahlergebnis 2014: Sitzverteilung und Fraktionen (www.mister-ede.de – 14.06.2014)

Erschwerte Kompromissfindung:

Konnten die vier Parteienfamilien (ohne Fidesz-Partei) 2009 bei 596 von 766 Sitzen auch einen Kompromiss ausarbeiten, dem bis zu 212 Abgeordnete aus diesen vier Parteienfamilien nicht zustimmten, dürfen jetzt nur noch 137 Abgeordnete fehlen, um die absolute Mehrheit von 376 Stimmen auch gegen die im Parlament vertretenen EU-Kritiker zu erreichen. Während die Abgeordneten dieser Fraktionen bislang vor allem die Wahl hatten, entweder selbst am Kompromiss mitzuarbeiten oder zuzusehen wie die übrigen Abgeordneten ohne sie einen Kompromiss ausarbeiten, können die Abgeordneten nun ihre Zustimmung von wesentlich mehr Forderungen abhängig machen.
Besonders deutlich wird dies bei den beiden großen Parteienfamilien EVP und Sozialdemokraten, die zusammen nur noch auf 394 Sitze kommen. Bei einem gemeinsamen Vorhaben müssen nun entweder die Abgeordneten dieser Parteien aus allen Ländern zustimmen, wodurch der Einfluss der einzelnen Delegationen z.B. aus Deutschland oder Frankreich erheblich steigt, oder weitere Parteienfamilien, die im Gegenzug für die Zustimmung dann ebenso eigene Punkte in einen Kompromiss einbringen wollen, müssen mit ins Boot genommen werden. Umso mehr Gruppen aber an einer Kompromisssuche beteiligt sind und je größer der Druck ist, den die einzelne Gruppe ausüben kann, desto schwerer wird am Ende die Kompromissfindung, was dann häufig zu einer Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner führt.

Neben dem erhöhten Drohpotenzial der einzelnen pro-europäischen Abgeordneten und Gruppen, kommt erschwerend bei der Kompromissfindung hinzu, dass auch abgesehen von grundlegenden Strukturreformen, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Europaparlaments fallen, substanzielle Entscheidungen, z.B. bei der Finanzmarktregulierung, anstehen. Bislang hat die parteiübergreifende Zusammenarbeit mit wechselnden Mehrheiten im Europaparlament zwar gut funktioniert, allerdings hing dies im Wesentlichen damit zusammen, dass das Parlament bisher eben gerade keine Regierung mit einheitlicher Regierungspolitik tragen musste.
Auch wenn es sicherlich weiterhin möglich sein wird, im Europäischen Parlament in wechselnden Konstellationen einzelne Gesetzte zu verabschieden oder kleinere Vorhaben umzusetzen, dürften gerade bei so weitreichenden Entscheidungen wie bei der Bankenaufsicht, die teilweise tiefen ideologischen Gräben zwischen Liberalen, Grünen, Sozialdemokraten und Volkspartei als weiteres Hindernis bei der Kompromisssuche hinzu kommen. Zumal daneben auch die politischen Spektren innerhalb der europäischen Parteienfamilien, z.B. der EVP, wesentlich breiter sind als bei den Parteien der jeweiligen Länder, z.B. der CDU.

Der Einigungsdruck wird zwar bei jeder Verschärfung der Krise steigen, aber auch wenn ich es nicht für ausgeschlossen halte, habe ich zumindest erhebliche Zweifel, dass es in den kommenden vier Jahren gelingen wird, bei diesem äußerst breiten politischen Spektrum in wichtigen politischen Fragen Kompromisse zu finden, die von fast allen mitgetragen werden und dann auch noch eine Wirkung haben.
Neben dieser erschwerten Kompromissfindung droht aber auch an anderer Stelle durch die neue Zusammensetzung des Europaparlaments Ungemach, denn dort, wo sich die EU-Befürworter zu einer gemeinsamen Linie durchringen, liefern sie womöglich die Steilvorlage für die Populisten gleich mit.

Außenwirkung Einheitspartei:

Es wird schwer den Bürgern zu vermitteln, welche unterschiedlichen Auffassungen, Positionen und Interessen im Europaparlament aufeinandertreffen, wenn am Ende immer wieder der Konsens aller pro-europäischen Kräfte stehen muss, damit im Europaparlament überhaupt eine Mehrheit gegen die EU-Kritiker zustande kommt. Obwohl ein erheblicher Aufwand erforderlich sein wird, um die verschiedenen Positionen der EU-Befürworter unter einen Hut zu bekommen, dürfte in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die Auseinandersetzung auf dem Weg zum Kompromiss, sondern der am Ende stehende Konsens die wesentliche Rolle spielen.
An diesem Angriffspunkt werden dann auch wieder die Populisten ansetzen und versuchen diesen Eindruck für sich zu nutzen. So sind auch jene Stimmen der EU-Gegner nicht verwunderlich, die schon direkt am Wahlabend davon sprachen, dass sich nun die „Einheitspartei“ auf einen Kommissionspräsidenten einigen wird.
Daneben besteht für die EU-Befürworter im Parlament die Gefahr, über die schwierige Kompromisssuche den Dialog mit der Bevölkerung zu vernachlässigen. Gerade bei so einem wenig beachteten Thema wie der Europapolitik könnte dadurch aber die Deutungshoheit über die Europapolitik an die EU-Gegner verloren gehen.

Gefahr bei nationalen Wahlen:

Trotz der Folgen des Europawahlergebnisses für das Europäische Parlament sehe ich weiterhin die größte Bedrohung für die Europäische Idee in der Entwicklung in einzelnen Mitgliedsstaaten. Der legitime Wunsch in Teilen der britischen Bevölkerung, aus der EU auszutreten, sollte genauso beunruhigen wie die Entwicklung Ungarns, das sich z.B. bei der Pressefreiheit immer weiter vom europäischen Wertekanon entfernt.
Vor allem hat die Wahl aber gezeigt, dass besonders in den diversen Krisenstaaten inklusive Frankreich weiterhin die akute Gefahr besteht, dass auch bei nationalen Wahlen die Parteien am linken und rechten Rand eine beachtliche Stärke erreichen könnten. Und auch für eine noch so pro-europäische Regierung gilt in einer Demokratie am Ende, dass sie eben nicht davor sicher ist, bei der nächsten Wahl durch eine anti-europäischen Regierung ersetzt zu werden.
Sollte es aber tatsächlich soweit kommen, dass z.B. Großbritannien durch ein Referendum die EU verlässt oder Griechenland vielleicht in Folge eines Euro-Austrittes auch gleich die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beendet, dann könnte dies auch eine fatale Signalwirkung für die übrigen EU-Mitgliedsländer haben und überdies die EU-Gegner auf ihrem Weg bestärken. Daneben würde dies auch der weltweiten Reputation der EU einen schweren Schlag versetzen und man müsste sich in einem solchen Fall fragen, was für eine Existenzberechtigung ein Integrationsprojekt ohne integrative Wirkung überhaupt noch hat.

Fazit:

Die größte Bedrohung für das Weiterbestehen der EU geht weiterhin von einzelnen Mitgliedsstaaten und nicht vom Europäischen Parlament aus, was aber im Wesentlichen daran liegt, dass das Europaparlament eben nur beschränkte Einflussmöglichkeiten hat.
In einigen Mitgliedsstaaten besteht die akute Gefahr, dass sich die Bevölkerungen von der europäischen Idee verabschieden und durch ein Referendum oder durch die Wahl einer Regierung von EU-Gegnern einen Austritt umsetzen.
Die erschwerte Kompromissfindung nach der Europawahl 2014, eine gelähmte Politik sowie eine mögliche negative Außenwirkung als „Einheitspartei“ könnten dabei die Ablehnung der EU zusätzlich verstärken.
Die große Gefahr für die europäische Idee ist daher nicht, dass linke und rechte EU-Kritiker und Gegner, die außer in der Ablehnung der EU sowieso nirgends einig sind, im Europäischen Parlament die Auflösung der EU beschließen, sondern dass durch eine Lähmung der europäischen Politik in den nächsten vier Jahren, die wesentlichen Probleme ungelöst bleiben und damit die Ablehnung der EU weiter steigt.

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27,8% gegen die europäische Idee https://www.mister-ede.de/politik/27-prozent-ablehnung/2636 https://www.mister-ede.de/politik/27-prozent-ablehnung/2636#comments Thu, 19 Jun 2014 19:14:56 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2636 Weiterlesen ]]> Bereits im Vorfeld der Europawahl habe ich vor dem drohenden Debakel für die europäische Idee gewarnt, doch die Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet. Die größte Gruppe der Wähler bleibt weiterhin die Gruppe der Nichtwähler, 12% der Abgeordneten sind mindestens national-populistisch, wenn nicht gar faschistisch oder rechts-radikal und für 27,8% der Abgeordneten im Europaparlament ist die EU mehr Feindbild als Integrationsprojekt .

Auf national-populistische Parteien entfielen bei der Wahl 91 von 751 Sitzen. Im Einzelnen zogen der Front National (Frankreich, 24 Sitze), die UKIP (Großbritannien, 24 Sitze), die Lega Nord (Italien, 5 Sitze), die Freiheitspartei um Geert Wilders (Niederlande, 4 Sitze), die ehemals für Jörg Haider bekannte FPÖ (Österreich, 4 Sitze), die EU-skeptische KNP (Polen, 4 Sitze), Jobbik (Ungarn, 3 Sitze), die goldene Morgenröte (Griechenland, 2 Sitze), Sverigedemokraterna (Schweden, 2 Sitze), TT (Litauen, 2 Sitze), NPD (Deutschland, 1 Sitz), die Liste von ChristianUnion und SGP (Niederlande, 1 Sitz), Vlaams Belang (Belgien, 1 Sitz), die nordirische DUP (Großbritannien, 1 Sitz), Svobodní (Tschechien, 1 Sitz) und die Fidesz-Partei , die ich für das künftige Parlament nicht mehr der EVP zugerechnet habe (Ungarn, 12 Sitze), in das Europaparlament ein.
Allerdings will ich dabei gar nicht bewerten, in wie weit die verschiedenen Parteien vom national-populistischen ins offen faschistische übergehen, denn auch wenn die Vorstellung von 40 oder 50 echten Faschisten im Europaparlament erschreckend ist, halte ich es für falsch, die Debatte um das Wahldebakel auf diese Gruppe zu verengen.

Vielmehr muss in den Blick genommen werden, dass es neben diesen 91 Abgeordneten auch noch einige andere Gruppen gibt, mit denen eine vernünftige Europapolitik zumindest im Moment kaum machbar scheint. So sitzen mit der Fraktion der EKR, der sich auch die AfD mit ihren 7 Sitzen angeschlossen hat, weitere 63 Abgeordnete um die englischen Konservativen von Cameron im Europäischen Parlament, die die EU lediglich als Ballast für den Nationalstaat begreifen.
Wie aber soll dieser Politikansatz der Renationalisierung mit der europäischen Idee vereinbar sein, die auf der Grundüberzeugung basiert, dass sich Frieden und Wohlstand in Europa nur im Miteinander und nicht im Gegeneinander der Nationen sichern lassen?
Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass eine Politik nach dem Motto, „was gehen uns die Probleme in Spanien, Rumänien oder Griechenland an“, auf Dauer Frieden und Stabilität in Europa schafft. Die Geschichte hat gezeigt, dass die europäische Integration nicht alternativlos ist, fraglich ist aber, ob die Alternativen mit Blick auf die Zeit vor diesem europäischen Einigungsprojekt wirklich anstrebenswert sind.

Neben jenen 154 Abgeordneten vom rechten Flügel sitzen dann noch weitere 3 Abgeordnete der radikal-linken KKE aus Griechenland sowie weitere 52 Abgeordnete der Fraktion der europäischen Linken (GUE/NGL) im Europaparlament.
Zwar stehen die links-außen Parteien für eine andere Form der EU-Kritik, allerdings ist diese oftmals mit nicht weniger Populismus und zum Teil auch nicht weniger Nationalismus verbunden als bei den konservativen EU-Kritikern. Was unterscheidet denn die Austrittsrufe aus dem Euro-Raum der linken Syriza in Griechenland von jenen Rufen der AfD in Deutschland? Beides zielt auf die nationale Identität der Wähler und weist die Schuld an den Problemen im eigenen Land den anderen EU-Partnern zu. Genauso populistisch ist auch die links-außen Forderung, Wirtschaft und Banken zu verstaatlichen. Abgesehen davon, dass so etwas den europäischen Werten von Freiheit und Liberalität völlig zuwiderläuft, gäbe es schwerste Verwerfungen innerhalb der EU. Ebenso ist das Versprechen die Staatsschulden zu streichen, eher der Flötenklang des Rattenfängers als mit den Realitäten globaler Märkte vereinbar.
Allerdings verfingen diese Klänge von links-außen wie zu erwarten gerade in jenen Ländern, in denen die verfehlte Euro-Rettungspolitik aus Hilfskrediten und Sparzwang dazu führte, dass Staatsschulden und Arbeitslosigkeit explodierten sowie Wirtschaft und Sozialsysteme kollabierten. So erreichten die Parteien der links-außen Fraktion (GUE/NGL) in Spanien 11 von 54 Sitzen, in Irland 4 von 11 Sitzen, in Griechenland 6 von 21 Sitzen, in Portugal 4 von 21 Sitzen und in Zypern 2 von 6 Sitzen. Rechnet man in Griechenland noch die oben erwähnte KKE mit ihren 3 Sitzen hinzu, dann haben links-außen Parteien in Griechenland beinahe 50% der Sitze errungen.

Insgesamt sitzen damit 209 von 751 (27,8%) Abgeordneten im europäischen Parlament, mit denen eine ernsthafte Europapolitik nur schwerlich möglich sein wird. Und so droht der eine mit Austritt und der andere mit einem Staatsbankrot, während die europäische Idee dabei auf der Strecke bleibt.

Europawahlergebnis 2014: Sitzverteilung und Fraktionen (www.mister-ede.de – 14.06.2014)

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Wahlnachlese zur Bundestagswahl 2013 https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlnachlese-2013/2156 https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlnachlese-2013/2156#comments Tue, 24 Sep 2013 17:56:11 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2156 Weiterlesen ]]> 44,29 Millionen Menschen haben sich am Sonntag an der Bundestagswahl beteiligt, rund 0,3 Mio. mehr als bei der letzten Wahl 2009. Das wesentlichste Ergebnis für Deutschland ist, dass die schwarz-gelbe Regierung keine neue Mehrheit erhalten hat. Das historischste Ereignis der Wahl ist bislang sicherlich das Ausscheiden der FDP. Mit 2,082 Mio. Stimmen (4,8%) hatte sie nur noch ein Drittel der 6,3 Mio. Stimmen von 2005 erhalten und damit die 5% Hürde verfehlt. Knapp gescheitert am Einzug ist auch die AfD (4,7%), die aus dem Stand 2,05 Mio. Stimmen erreichte.
Die Union konnte deutlich auf 41,5% zulegen und kam mit 18,16 Mio. Stimmen auf etwa 3,5 Mio. mehr als noch 2009. Auch die SPD konnte um 1,25 Mio. Stimmen von 9,99 auf 11,25 Mio. anwachsen und erreichte damit 25,7% der Stimmen. Die Grünen verloren rund 1 Mio. Wähler und kamen mit 3,69 Mio. Stimmen auf 8,4%. Die Linke erreichte nach Verlusten von ca. 1,4 Mio. Wählern noch 3,75 Mio. Stimmen (8,6%).

Soweit die Fakten. Nun aber die Beurteilung:

Union (41,5%):

Die Union hat ein hervorragendes Ergebnis eingefahren und steht doch ein wenig als Verlierer da. Die knapp verfehlte absolute Mehrheit zwingt sie zur Koalitionsbildung, wenn nicht rot-rot-grün das Land regieren soll.
Für das hohe Wahlergebnis ist meines Erachtens insbesondere ein aus Sicht der Union gut geführter Wahlkampf verantwortlich. Zum einen hat sich die Kritik an der Regierung sehr stark auf die FDP zugespitzt, so als ob diese für alles was falsch läuft verantwortlich sei, zum anderen ist es der Regierung gelungen, offenkundige Probleme, wie beim NSA-Skandal, nicht zu thematisieren und notwendige Entscheidungen zur Bankenregulierung, zur rasant steigenden EEG-Umlage, oder neuerlichen Hilfsgeldern für Europa bis nach der Wahl zu vertagen. Insgesamt stand so die aktuell ganz ordentliche wirtschaftliche Lage der Leute im Vordergrund und nicht die am Horizont erkennbaren Probleme.

SPD (25,7%):

Die SPD hat das Ziel einer rot-grünen Mehrheit klar verfehlt. Dennoch hat es nach dem Ausscheiden der FDP zu einer Abwahl der bisherigen Regierungskoalition gereicht. Im Gegensatz zu den anderen Oppositionsparteien im Bundestag konnte die SPD ihr Ergebnis zwar steigern, allerdings war das letzte Ergebnis auch das schlechteste Bundestagswahlergebnis der SPD-Geschichte. Dabei schafft es die SPD im Süden kaum und in den ostdeutschen Flächenländern gar nicht über die 20%-Marke.
Ein Grund dafür ist aus meiner Sicht der defensive Wahlkampf. Die Agenda 2010, die Entscheidungen der Großen Koalition und auch die Zustimmung zu den Euro-Rettungsschirmen drängen die SPD immer wieder in die verteidigende Rolle einer Regierungspartei. Dadurch fehlt ihr die Stärke zum Angriff bei den wichtigen Themen wie der ausufernden Prekärbeschäftigung oder der Altersarmut.

Die Linke (8,6%):

Auch wenn die Partei das schlechteste Ergebnis, seit ihrem ersten gesamtdeutschen Anlauf 2005, erreichte, dürfte die Partei Grund zum jubeln haben. Nicht nur nach der Großen Koalition 2009 sondern auch in der gemeinsamen Opposition mit der SPD konnte sie sich behaupten. Die Basis von rund 5% der Wähler im Westen sowie der Status einer Volkspartei im Osten werden wohl auch künftig reichen um bundespolitisch mitreden zu können.
Fraglich bleibt allerdings, ob diese Machtoption reicht, um die innerparteilichen Konflikte aufgrund der Strukturunterschiede zwischen West und Ost zu überwinden. Der Spagat zwischen westlichen Alternativ-Linken in meist größeren Städten und regierenden Realpolitikern des ländlichen Brandenburgs erscheint mir nicht ganz leicht.

Grünen (8,4%):

Die Grünen haben ein durchschnittliches Ergebnis erreicht. Trotz des Atom-Zick-Zack und Fukushima, erheblicher Probleme beim Emissionsrechtehandel und trotz einer Reihe von Lebensmittelskandalen haben die Grünen nicht zulegen können.
Der Grund dafür ist meines Erachtens die fehlende Konzentration auf die grünen Themen. Zwar haben die Grünen schon seit Jahren ein Rundumprogramm, aber selten sind die Kernthemen der Grünen so in den Hintergrund gerückt wie diesmal. Weder die Umweltpolitik, noch die Bildungs- oder Integrationspolitik standen im Blickpunkt der Debatten. Und auch die Gleichstellungspolitik wurde im Wesentlichen auf die Abschaffung des Ehegattensplittings reduziert.
Statt Nanopartikeln oder genveränderten Lebensmitteln standen so die Steuerpläne, die sich nicht groß von der SPD unterscheiden, im Vordergrund.

FDP (4,8%):

Die FDP hat ein Ergebnis in etwa dieser Höhe erwartet, aber bis zuletzt gehofft, es reicht zumindest für den Einzug in den Bundestag. Insgesamt hat die FDP mit wenigen Mitgliedern und einer immer kleineren Stammwählerschaft zu kämpfen. Zusätzlich waren die uneinlösbaren Versprechen, welche die FDP nach der Großen Koalition mächtig haben anwachsen lassen, nach der Enttarnung nur noch Grabsteine der Glaubwürdigkeit.
Dennoch sollte ein einzelnes Wahlergebnis nicht überbewertet werden. Nach einer entsprechenden Neuaufstellung sehe ich gute Chancen für einen Wiedereinzug in vier Jahren. Die Wahl in Hessen und bundesweit 2 Mio. Zweitstimmen zeigen, dass die FDP selbst in dieser schwierigen Phase durchaus noch eine Wählerbasis hat.

AfD (4,7%):

Für den Neustart einer Partei ein beachtlicher Erfolg, aber dennoch wohl ein Fehlstart. Das erklärte Ziel war es den direkten Einzug ins Parlament zu schaffen. Damit sollte nach dem Motto „Erfolg macht einig“ schon zu Beginn das Zusammenwachsen zu einer Partei verstärkt werden. So droht ihr als Sammelsurium an unterschiedlichen Spektren, ähnlich wie bei den Piraten, schon bald der Lack abzufallen. Welch Ironie, dass nun die europakritische AfD auf Europa hoffen muss. Ziel ist zumindest bei der kommenden Europawahl anzutreten, und mit 3% ist die Hürde auch geringer. Ob sich die EU-kritischen Anhänger zur Europawahl begeistern lassen wird sich zeigen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass umgekehrt das Desinteresse in weiten Teilen der Bevölkerung an Europawahlen zu einem verbesserten Ergebnis der AfD beiträgt.

Die Piraten (2,2%) :

Für die Piraten war das ein deutliches Ergebnis. Trotz des zwischenzeitlichen Hypes konnten sie nicht nachhaltig überzeugen. Es wird nun sicherlich immer schwieriger für die Piraten dem Wähler zu erklären, wofür es diese Partei gibt. Solange die Piraten aber selbst nicht wissen wo sie hinwollen, gehe ich nicht davon aus, dass es ihnen gelingt wieder Wähler zu überzeugen.
Dennoch wird auch für die Piraten nun das Ziel der Einzug ins europäische Parlament sein. Aber auch dafür muss die Partei bundesweit noch deutlich zu legen.

Die etablierten Parteien:

Betrachtet man die Entwicklung der etablierten Parteien, also Union, SPD, Grüne und B90, Linke und PDS, sowie die FDP, dann erkennt man einen deutlichen Rückgang der Stimmen. Hatten in den 90er Jahren und bis 2009 noch 94%-96% der Wähler etablierte Parteien gewählt, so geht der Wert bei dieser Wahl auf 89% zurück. Dafür verantwortlich ist das gute Ergebnis der AfD.
Da aber auch die Wahlbeteiligung 2009 signifikant zurückgegangen ist, kann man bei den Wahlberechtigten feststellen, dass von 1990 bis 2005 immer zwischen 73% und 76% der Wahlberechtigten etablierte Parteien gewählt haben, während es 2009 noch 66% der Wahlberechtigten waren und bei dieser Wahl nur noch 63%. Etwa 8% wählten nicht etablierte Parteien, wie AfD oder Piraten, 1% wählte ungültig und etwas über 28% wählten gar nicht. So schrumpft auch die fast absolute Mehrheit der Union im Bundestag auf einen Rückhalt von 29% bei den Wahlberechtigten zusammen.

Koalitionsmöglichkeiten:

Denkbare Koalition der nunmehr vier Parteien sind eine Große Koalition aus Union und SPD, eine Koalition aus Union und Grünen, sowie eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken. Durch die rot-rot-grüne Mehrheit ist theoretisch sogar noch eine Abwahl von Merkel möglich.

Link zu den Wahlergebnissen der Bundestagswahlen auf www.bundeswahlleiter.de

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NRW-Wahl: Der Abspann https://www.mister-ede.de/politik/abspann-nrw-wahl/932 https://www.mister-ede.de/politik/abspann-nrw-wahl/932#comments Wed, 16 May 2012 14:49:52 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=932 Weiterlesen ]]> Für NRW bedeutet diese Wahl erst einmal klare Verhältnisse. Rot-Grün kann jetzt genau die Politik umsetzen, für welche die beiden Parteien angetreten sind. Mehr als 50% der Stimmen entfielen auf die beiden Parteien, so dass eine eigenständige Regierungsbildung möglich ist.
Die Politik der Sonnenscheingesetze ist damit auch zu Ende. Während die Minderheitsregierung bei den angenehmen Gesetzen leichter die Zustimmung fand, wurden bei Einschnitten die Zustimmungen oft verweigert. Eine verantwortliche Politik muss die Neuverschuldung in NRW in nächster Zeit (2 Jahre) auf unter 2 Mrd. Euro drücken.
Hierfür müssen notwendige Reformen aus dem Effizienzteam umgesetzt werden und die Einnahmen erhöht werden. Hierfür hoffe ich setzt sich die Landesregierung im Bundesrat ein. Die kalte Progression sollte tatsächlich ausgeglichen werden für geringe Einkommen, aber es muss zu einem Ausgleich der Kosten durch Mehreinnahmen kommen. Die Idee von Kubicki, den Spitzensteuersatz im gleichen Zug auf 49% anzuheben, könnte von mir sein.

Artikel zur kalten Progression (www.mister-ede.de – 12.02.2012)

Als klare Folge kann für NRW mit Mehrkosten von 100 Mio. Euro durch einen riesigen Landtag schon jetzt negativ gesehen werden. Durch die Vielzahl der SPD-Direktmandate (99) ist die Anzahl der Sitze im Parlament deutlich größer. Statt 181 Parlamentarier nehmen nun 237 Abgeordnete in Düsseldorf Platz. So musste die CDU trotz massiver Stimmverluste keine Sitze Abgeben und hat wie zuvor auch schon 67 Sitze.
Insgesamt dürften die zusätzlichen 56 Parlamentarier in den nächsten 5 Jahren deutlich über 50 Millionen Euro verschlingen. Mit den Kosten für Wahlorganisation und Wahlkämpfe hat uns das wohl deutlich über 100 Mio. Euro gekostet.
Hätte die CDU 10 Direktkandidaten mehr gewonnen, hätte sie 7 Sitze weniger gehabt. Das scheint Paradox, auch wenn natürlich die anderen Parteien dann auch weniger Sitze bekämen.
Als Bürger in NRW, wünsche ich Frau Kraft alles Gute für ihre Politik und ein glückliches Händchen bei ihren Entscheidungen.

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