27,8% gegen die europäische Idee

Bereits im Vorfeld der Europawahl habe ich vor dem drohenden Debakel für die europäische Idee gewarnt, doch die Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet. Die größte Gruppe der Wähler bleibt weiterhin die Gruppe der Nichtwähler, 12% der Abgeordneten sind mindestens national-populistisch, wenn nicht gar faschistisch oder rechts-radikal und für 27,8% der Abgeordneten im Europaparlament ist die EU mehr Feindbild als Integrationsprojekt .

Auf national-populistische Parteien entfielen bei der Wahl 91 von 751 Sitzen. Im Einzelnen zogen der Front National (Frankreich, 24 Sitze), die UKIP (Großbritannien, 24 Sitze), die Lega Nord (Italien, 5 Sitze), die Freiheitspartei um Geert Wilders (Niederlande, 4 Sitze), die ehemals für Jörg Haider bekannte FPÖ (Österreich, 4 Sitze), die EU-skeptische KNP (Polen, 4 Sitze), Jobbik (Ungarn, 3 Sitze), die goldene Morgenröte (Griechenland, 2 Sitze), Sverigedemokraterna (Schweden, 2 Sitze), TT (Litauen, 2 Sitze), NPD (Deutschland, 1 Sitz), die Liste von ChristianUnion und SGP (Niederlande, 1 Sitz), Vlaams Belang (Belgien, 1 Sitz), die nordirische DUP (Großbritannien, 1 Sitz), Svobodní (Tschechien, 1 Sitz) und die Fidesz-Partei , die ich für das künftige Parlament nicht mehr der EVP zugerechnet habe (Ungarn, 12 Sitze), in das Europaparlament ein.
Allerdings will ich dabei gar nicht bewerten, in wie weit die verschiedenen Parteien vom national-populistischen ins offen faschistische übergehen, denn auch wenn die Vorstellung von 40 oder 50 echten Faschisten im Europaparlament erschreckend ist, halte ich es für falsch, die Debatte um das Wahldebakel auf diese Gruppe zu verengen.

Vielmehr muss in den Blick genommen werden, dass es neben diesen 91 Abgeordneten auch noch einige andere Gruppen gibt, mit denen eine vernünftige Europapolitik zumindest im Moment kaum machbar scheint. So sitzen mit der Fraktion der EKR, der sich auch die AfD mit ihren 7 Sitzen angeschlossen hat, weitere 63 Abgeordnete um die englischen Konservativen von Cameron im Europäischen Parlament, die die EU lediglich als Ballast für den Nationalstaat begreifen.
Wie aber soll dieser Politikansatz der Renationalisierung mit der europäischen Idee vereinbar sein, die auf der Grundüberzeugung basiert, dass sich Frieden und Wohlstand in Europa nur im Miteinander und nicht im Gegeneinander der Nationen sichern lassen?
Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass eine Politik nach dem Motto, „was gehen uns die Probleme in Spanien, Rumänien oder Griechenland an“, auf Dauer Frieden und Stabilität in Europa schafft. Die Geschichte hat gezeigt, dass die europäische Integration nicht alternativlos ist, fraglich ist aber, ob die Alternativen mit Blick auf die Zeit vor diesem europäischen Einigungsprojekt wirklich anstrebenswert sind.

Neben jenen 154 Abgeordneten vom rechten Flügel sitzen dann noch weitere 3 Abgeordnete der radikal-linken KKE aus Griechenland sowie weitere 52 Abgeordnete der Fraktion der europäischen Linken (GUE/NGL) im Europaparlament.
Zwar stehen die links-außen Parteien für eine andere Form der EU-Kritik, allerdings ist diese oftmals mit nicht weniger Populismus und zum Teil auch nicht weniger Nationalismus verbunden als bei den konservativen EU-Kritikern. Was unterscheidet denn die Austrittsrufe aus dem Euro-Raum der linken Syriza in Griechenland von jenen Rufen der AfD in Deutschland? Beides zielt auf die nationale Identität der Wähler und weist die Schuld an den Problemen im eigenen Land den anderen EU-Partnern zu. Genauso populistisch ist auch die links-außen Forderung, Wirtschaft und Banken zu verstaatlichen. Abgesehen davon, dass so etwas den europäischen Werten von Freiheit und Liberalität völlig zuwiderläuft, gäbe es schwerste Verwerfungen innerhalb der EU. Ebenso ist das Versprechen die Staatsschulden zu streichen, eher der Flötenklang des Rattenfängers als mit den Realitäten globaler Märkte vereinbar.
Allerdings verfingen diese Klänge von links-außen wie zu erwarten gerade in jenen Ländern, in denen die verfehlte Euro-Rettungspolitik aus Hilfskrediten und Sparzwang dazu führte, dass Staatsschulden und Arbeitslosigkeit explodierten sowie Wirtschaft und Sozialsysteme kollabierten. So erreichten die Parteien der links-außen Fraktion (GUE/NGL) in Spanien 11 von 54 Sitzen, in Irland 4 von 11 Sitzen, in Griechenland 6 von 21 Sitzen, in Portugal 4 von 21 Sitzen und in Zypern 2 von 6 Sitzen. Rechnet man in Griechenland noch die oben erwähnte KKE mit ihren 3 Sitzen hinzu, dann haben links-außen Parteien in Griechenland beinahe 50% der Sitze errungen.

Insgesamt sitzen damit 209 von 751 (27,8%) Abgeordneten im europäischen Parlament, mit denen eine ernsthafte Europapolitik nur schwerlich möglich sein wird. Und so droht der eine mit Austritt und der andere mit einem Staatsbankrot, während die europäische Idee dabei auf der Strecke bleibt.

Europawahlergebnis 2014: Sitzverteilung und Fraktionen (www.mister-ede.de – 14.06.2014)

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