mister-ede.de » Wahlrechtsreform https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Bundestagswahl 2021: Wahl(kampf)analyse und Ausblick https://www.mister-ede.de/politik/btw21-analyse-und-ausblick/9229 https://www.mister-ede.de/politik/btw21-analyse-und-ausblick/9229#comments Sun, 26 Sep 2021 11:09:39 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=9229 Weiterlesen ]]> Ich muss zugeben, bei dieser Bundestagswahl lief einiges anders, als ich das vor einem Jahr erwartet hätte. Schon die Auswahl des Unions-Kandidaten hat mich überrascht, aber auch, dass beispielsweise die Linke so wenig von einem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz profitiert oder die AfD so wenig von einem Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet.

Union:
Bis ins Frühjahr hinein bin ich fest davon ausgegangen, dass die Union mit Markus Söder als Kanzlerkandidat ins Rennen startet. Merkel regiert nun seit 2005 und bis auf Wolfgang Schäuble blieb das Personal der Union unter ihr stets ziemlich blass – eine Lücke, durch die kurzzeitig ein gewisser Karl-Theodor von und zu Guttenberg samt Gattin auf einer frisierten Dissertation rauschte. Ein Thomas de Maiziere – die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern – war da ja noch einer der bekannteren unter den Unions-Ministern. Aber wer kennt noch Michael Glos, Kristina Schröder, Jung, Wanka, Gröhe, Schmitt oder HP Friedrich? Und was die Union in dieser Legislatur abliefert – Scheuer, Altmaier, Spahn, Maskendealer, Korruptionsaffäre – ist ja objektiv unterirdisch. Insofern hätte ich erwartet, dass die Union die Gunst der Stunde mit einem bei Unionswählern bundesweit gut angesehenen Markus Söder nutzt und auf die Karte setzt: „Der nächste Kanzler heißt nicht Merkel und kommt nicht von der CDU, und natürlich wird damit einiges anders und ich, Markus Söder, verspreche ihnen, mit mir wird alles besser.“
Daher war ich über die Entscheidung der Union bzw. der CDU wirklich verwundert, es lieber mit dem Merkel-nahen Armin Laschet probieren zu wollen. Wenn die Union mit ihm jetzt 25% holt, ist für die CDU machtstrategisch ja nichts gewonnen. Aber gut, man muss natürlich auch sagen, dass niemand in der Union damit gerechnet hat, dass Laschet den Wahlkampf so komplett vergeigt. Das Wahlergebnis wird dementsprechend heute aber leistungsgerecht ausfallen und die Union vermutlich in eine ziemliche Krise stürzen.

FDP:
Überraschend finde ich ebenfalls, dass der FDP die Schwäche der Union nur mäßig nutzt. Gegen einen Markus Söder hätte die FDP mit ihren 5 – 7 % vom letzten Herbst vermutlich noch einen sehr viel schwereren Stand gehabt, aber auch vom schwachen Laschet profitieren FDP und auch die AfD offenkundig gar nicht so sehr. So stürzte die Union nach der Nominierung von Laschet von Umfragewerten von einstmals 35 – 40% krachend auf zwischenzeitlich nur noch 20% ab, während umgekehrt die FDP lediglich um 6 oder 7 Prozentpunkte anstieg. Glücklicherweise profitierte auch die AfD seit dem Herbst nur mit 2 oder 3 Prozentpunkten von der massiven Schwäche der Union. Ein kleiner Teil des bürgerlichen Lagers aus Union und FDP ist damit aber nach rechts hin zur AfD abgewandert und ein anderer größerer Teil entweder zu den Nichtwählern oder ins rote bzw. grüne Lager. Insgesamt bedeuten diese Wanderungen für das bürgerliche Lager aus Union und FDP einen dramatischen Verlust an Wählern in alle Richtungen hin. Für die FDP stellt sich damit wiederum die Frage, wie sie nun mit diesem starken Wahlergebnis umgehen soll, das zur Hälfte durch geflüchtete Unions-Anhänger zustande gekommen ist. In die Opposition will Lindner mit diesem Ergebnis sicher nicht, allerdings bei einer Ampel könnte man die neu gewonnenen Wähler auch schnell wieder verprellen und dasselbe gilt im Falle, dass man ausgerechnet nun doch Laschet zu einer Kanzlerschaft verhilft und das auch noch mit den Grünen im Schlepptau. Blieben also noch eine SPD-geführte „Deutschland-Koalition“, an der allerdings eine unterlegene Union kaum ein Interesse haben dürfte, oder eine Unions-geführte „Deutschland-Koalition“, die wiederum in der SPD auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte.

AfD:
Nachdem die Politikverdrossen, die von der AfD einst aus dem Nichtwählertum eingesammelt wurden, allmählich von der AfD genauso genervt sind wie von allen anderen Parteien, ist deren Wählerschwund außerhalb einzelner Hochburgen nicht sonderlich überraschend und vermutlich auch von den Strategen der Ost-AfD einkalkuliert. Für den harten Kern sind hingegen auch Skandale, ekelhaftes Auftreten und interner Streit mindestens egal, vielleicht sogar gewünscht. Denn solange eine Bundestags-Präsenz gesichert ist, ist es für einen Björn Höcke wichtiger, zwei AfDler aus seinem Thüringer Dunstkreis in den Bundestag zu bekommen als fünf moderate AfDler aus irgendwelchen Westverbänden. Entscheidend ist für die Ost-AfD ja nicht, ob 8 oder 15 % der Abgeordnete im Bundestag von der AfD sind – mitregieren will man ja eh nicht – sondern dass unter den AfD-Abgeordneten ausreichend viele aus eben jenen östlichen Hochburgen sind, damit die Netzwerke der Ost-AfD ihren Einfluss in der Bundestagsfraktion geltend machen können. Insofern liegt der Fokus der rechten Strategen wohl weniger auf bundesweiter Stärke als auf konzentrierter regionaler Stärke. Das Ziel scheint, ein einzelnes Puzzleteil – z.B. einen Landkreis – aus dem föderalen Konstrukt der freiheitlich-demokratischen BRD herauszulösen und zu übernehmen. Was machen Sie denn, wenn Ihr Landrat plötzlich Björn Höcke heißt? Auch wenn sich die AfD im Gegensatz zur letzten Bundestagswahl kaum in den Prozentpunkten verändern wird, darf man daher nicht übersehen, dass sich mit dieser Wahl die parteiinternen Machtverhältnisse durch die Konzentration im Osten – die AfD startete einstmals als Partei westdeutscher Professoren – erheblich zugunsten von Höcke und Co. verschoben haben.

Grüne:
Wenn mich die Grünen gefragt hätten, hätte ich ihnen auf jeden Fall zu Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin geraten, denn es war völlig klar, dass sich die Grünen bei dieser Bundestagswahl gezielten und orchestrierten Hetzkampagnen gegenübersehen werden. Vor keiner Partei fürchten sich die rechten Netzwerke und die versammelten Autokraten dieser Welt so sehr wie vor den Grünen. Und ob ein Robert Habeck, der ja durchaus auch mal in die Rolle des Beleidigten rutscht, einem solchen Shit-Hurricane, wie ihn Baerbock über sich ergehen lassen musste, besser standgehalten hätte, mag ich noch immer bezweifeln. Baerbock hat es auf jeden Fall trotz des Dauerbeschusses aus eigener Kraft und aufrecht gehend ins Ziel geschafft. Dass es unter diesen Voraussetzungen aber schwer sein würde, die Umfragewerte von 20% – 23%, über die Nominierung eines Kanzlerkandidaten hinaus bis zum Wahlabend zu halten, war klar. Dass die Wählergunst auf 15 – 16 % abfällt, hätte ich allerdings dennoch nicht erwartet und die Grünen, insbesondere durch Laschet als Konkurrenten, eher bei 20% erwartet. Dafür hätten die Grünen dann aber vermutlich schon einen etwas pro-aktiveren und vor allem besser kommunizierenden Wahlkampf machen müssen. Griffige Forderungen unter denen sich alle etwas vorstellen können, wie beispielsweise „12 Euro Mindestlohn“ (SPD) oder die „vollständige Abschaffung des Solis“ (FDP), sind aus dem Grünen-Wahlkampf, zumindest bei mir, nicht hängen geblieben. Und wer so ein verbrauchtes Wort wie „Grundsicherung“ verwendet, um auszudrücken, dass es mehr Geld für Kinder geben soll, hat vielleicht auch wirklich ein Marketingproblem. Trotz des absolut beachtlichen Stimmenzugewinns bleibt daher – m.E. zu Recht – der Eindruck, dass die Grünen einige Prozentpunkte leichtfertig verschenkt haben.

SPD:
Es war zu erwarten, dass Olaf Scholz versuchen wird, im Wahlkampf den Merkel-Erben zu mimen – nach einer Sozialdemokratin aus der CDU, jetzt ein Bürgerlicher aus der SPD. Dass das funktionieren könnte, hatte ich mir zwar vorstellen können, allerdings nur dann, wenn Scholz rasch nach seiner Nominierung eine Aufwärtsdynamik entfaltet. Als das ausblieb, hatte ich ihn spätestens Anfang 2021 im Prinzip abgeschrieben. Wie wir wissen, kam es gänzlich anders – Totgesagte leben länger.
Meines Erachtens ist das im Wesentlichen auf die fast schon panische Flucht von Unionsanhängern vor Armin Laschet und seiner grauenhaften Performance zurückzuführen. Leute, die früher eher „Merkel“ und gar nicht unbedingt die Union gewählt haben, hätten einem gut organisierten Laschet vermutlich durchaus eine Chance gegeben, werden nach diesem Wahlkampf nun aber doch lieber das Kreuz bei „Scholz“ machen, auch wenn sie gar nicht unbedingt SPD wählen würden. Ähnlich wie die FDP hat die SPD damit aber nun das Problem, dass sie mit diesem Wahlergebnis sicherlich gerne regieren würde, dann aber entweder mit Rot-grün-rot gerade diese Wechselwähler zumindest in Teilen wieder an die Union verlieren dürfte oder sich bei einer Deutschland-Koalition von vielen zentralen Wahlversprechen verabschieden müsste. Es bliebe damit die Ampelkoalition, die allerdings, wie zuvor beschrieben, für die FDP nicht sonderlich attraktiv sein dürfte.

Linke:
Mit der Kandidatur von Olaf Scholz hätte ich erwartet, dass sich einige Wähler von der Union zur SPD bewegen und dafür einige Wähler von der SPD zur Linken. Beides blieb zunächst und Letzteres bis zum Schluss aus. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen, vor allem mit Sahra Wagenknecht, wirken auf viele Wähler ermüdend. Dazu immer mal wieder ziemlich schräge Auftritte und Aussagen von einzelnen Parteimitgliedern. Vermutlich dürften die Grünen hierdurch einige Unzufriedene der SPD eingesammelt haben, die sich ansonsten auch ein Kreuz bei den Linken hätten vorstellen können.
Dennoch habe ich die Linke stärker erwartet, auch wenn sie natürlich das Problem hat, sich auf der einen Seite von der SPD abgrenzen und gezielt bei der SPD-Wählerschaft um Stimmen für die Linke werben zu müssen und sich auf der anderen Seite an die SPD annähern zu müssen, so dass eine Koalition zumindest in Ansätzen realistisch ist. So etwas kann Schizophrenie verursachen und tatsächlich wirkt die Linke ja auch manchmal wie eine Partei mit Persönlichkeitsspaltung. Ob es sich für die Linke am Ende auszahlen wird, dieses Mal im Wahlkampf nicht so stark auf Attacke gegenüber der rot-grünen Konkurrenz gesetzt zu haben, wird sich aber erst am Ende zeigen. Sofern es, wie bereits 2013, für Rot-grün-rot reicht, dürften es SPD und Grüne so auf jeden Fall deutlich schwerer haben, sich gegen eine solche Koalition zu entscheiden und das dann abermals mit einem angeblich „mangelnden Zubewegen“ der Linken zu begründen.

Die große Unbekannte:
Egal wie sich die Prozente auf die Parteien am Ende verteilen, bleibt die große Unbekannte für den Wahlsonntag: Wie viele Abgeordnete werden in den Bundestag einziehen? Sollte die jüngste Wahlrechtsreform erneut ihre Wirkung verfehlen und der Bundestag weiter auf über 750 oder gar 800 Abgeordnete anwachsen, könnte plötzlich eine ganz andere Debatte aufkommen, nämlich über zügige Neuwahlen. Möglicherweise von AfD und Springer entfacht und von einer Union als Wahlverlierer und einer FDP mit wenig Lust auf eine Ampel-Koalition befeuert, könnte so eine neue Dynamik entstehen. Und wenn sich Schwarz und Gelb, getragen vom Argument eines durch die Größe nicht mehr wirklich arbeitsfähigen Parlaments, einer Regierungsbildung kategorisch verschließen und es gleichzeitig für Rot-grün-rot keine Mehrheit gibt, bliebe am Ende nur noch ein erneuter Urnengang als Ausweg. Es bleibt also bis zum Schluss spannend und letztlich könnten die Würfel sogar nochmal ganz neu geworfen werden.


Text als PDF: Bundestagswahl 2021: Wahl(kampf)analyse und Ausblick


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Noch immer beharren viele Parlamentarier auf einer zum Teil mutwilligen Fehlinterpretation des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte am 25.7.2012 zwar geurteilt, dass das bis dahin geltende Bundestagswahlrecht verfassungswidrig sei [1]. Doch liest man sich das Urteil des Zweiten Senats durch, wird einem schnell klar, dass den Verfassungsrichtern die vorhandenen Zielkonflikte (Wahlrechts-Trilemma) sehr bewusst waren. Sie sehen und benennen diese und lassen dem Gesetzgeber deshalb auch einen angemessenen Spielraum, um bei der Gestaltung des Wahlrechts zwischen den verschiedenen Zielen abwägen zu können.
Die Richter geben den Klägern zwar insoweit Recht, als die Gleichheit der Wahl ein hohes Gut ist und deshalb eine korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses notwendig sei. Allerdings schränken sie diesen Grundsatz mit Hinblick auf die Zielkonflikte auch ein: Zum einen darf es, wenn es sich nicht vermeiden lässt, bis zu einem gewissen Maße Abweichungen von der korrekten Abbildung des Zweitstimmenergebnisses geben. Wenn damit andere wichtige Ziele verfolgt werden und die Maßnahmen wirksam sind, können solche Einschränkungen also zulässig sein. Zum anderen muss das Wahlgesetz die Einhaltung dieses Grundsatzes auch nur für solche Wahlergebnisse sicherstellen, die objektiv auch eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit haben. Wenn es also bei einem Ausnahme-Wahlergebnis zu einer nicht ganz korrekten Abbildung des Zweitstimmenergebnisses käme, kann das durchaus vertretbar sein.

Damit haben die Verfassungsrichter ein sehr bedachtes Urteil gefällt. Und letztlich wäre es auch verwunderlich gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht auf der einen Seite eine 5%-Hürde tolerieren würde, durch die 2013 deutlich über 10% der Zweitstimmen gar keinen Einfluss auf die Sitzverteilung im Bundestag hatten, aber dann auf der anderen Seite für die restlichen 90% eine haargenaue Abbildung des Zweitstimmenergebnisses ohne irgendwelche Ausnahmen einfordern würde.
Gleichwohl, auf politischer Ebene hat sich bei zahlreichen Parlamentariern eine andere Lesart des Urteils etabliert. Die korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses hat für diese Abgeordneten nun höchste Priorität und folgerichtig sind andere Bestandteile des Wahlrechts, z.B. die garantierten Sitze für die Direktkandidaten, oder eben auch das Ziel einer Größenbeschränkung des Bundestages nachrangig. Und tatsächlich hat sich diese Haltung bei der Neugestaltung des Wahlrechts am Ende auch durchgesetzt. Das kurz vor der Bundestagswahl 2013 verabschiedete Wahlgesetz ist jetzt so gestaltet, dass das Zweitstimmenergebnis stets korrekt abgebildet wird, allerdings zum Preis, dass aktuell eben 709 statt 598 Abgeordnete im Parlament sitzen – und bei kommenden Wahlen könnten es auch noch deutlich mehr werden.

Entsprechend gibt es seit der Bundestagswahl 2013 Bestrebungen, das Wahlgesetz einer neuerlichen Reform zu unterziehen. So forderte beispielsweise der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert die Fraktionen bereits in der ersten Sitzung des letzten Bundestages auf, eine Lösung zu erarbeiten [2]. Doch seitdem ist es trotz zahlreicher Anläufe noch immer nicht gelungen, die Parlamentarier zu einem vernünftigen Kompromiss zu bringen. Und daran wird sich vermutlich auch nichts ändern, solange größere Teile des Parlaments weiter auf ihrer Fehlinterpretation des Verfassungsgerichtsurteils beharren und die korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses unter keinen Umständen aufgeben wollen. Es bleibt daher abzuwarten, ob der erneute Versuch, dieses Mal von Wolfgang Schäuble initiiert [3], endlich zu einem brauchbaren Ergebnis führt.


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[1] Urteil des Zweiten Senats des BVerfG zum Bundestagswahlrecht vom 25.7.2012 (Link zum Urteil auf www.bundesverfassungsgericht.de)

[2] Bericht des Bundestages zur konstituierenden Sitzung 2013 (Link zum Bericht auf www.bundestag.de)

[3] Artikel des Tagesspiegel vom 25.07.2018 zur geforderten Wahlrechtsreform (Link zum Artikel auf www.tagesspiegel.de)

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Das Wahlrechts-Trilemma einfach erklärt https://www.mister-ede.de/politik/das-wahlrechts-trilemma/8701 https://www.mister-ede.de/politik/das-wahlrechts-trilemma/8701#comments Mon, 06 Aug 2018 19:49:00 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8701 Weiterlesen ]]> Zurzeit ist der Bundestag mit 709 Parlamentariern weit größer, als er eigentlich sein sollte. Beigetragen zur kräftigen Überschreitung der Normgröße von 598 Abgeordneten hat zum einen die veränderte Parteienlandschaft. Aufgrund der Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl werden Abweichungen nach oben wahrscheinlicher, je mehr Parteien in den Bundestag einziehen. Zum anderen haben die Parlamentarier selbst einen großen Anteil an der Entwicklung. Bei einer Wahlrechtsreform vor der Bundestagswahl 2013 haben sie das Ziel einer möglichst festen Größe des Parlaments zugunsten einer korrekten Abbildung des Zweitstimmenergebnisses hinten angestellt – mit dem bekannten Ergebnis.
Um künftig das Anwachsen des Bundestages wieder zu verhindern, soll nun eine neuerliche Wahlrechtsreform Abhilfe schaffen, die dann allen Ansprüchen genügt. Doch genau da liegt, wie auch schon bei der letzten Wahlrechtsreform, der Hase im Pfeffer begraben. Denn letztlich handelt es sich bei der Problemstellung um ein Trilemma, also einen Zielkonflikt, bei dem sich von drei Zielen höchstens zwei vollständig erreichen lassen. Das heißt, auch bei sehr verständlichen Zielen für das Bundestagswahlrecht, müssen an manchen Stellen Abstriche gemacht werden. Welche drei Ziele erreicht werden sollen und warum sich aus ihnen ein Zielkonflikt ergibt, wird nachfolgend dargestellt.

Die drei Ziele:

Ziel 1: Die Korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses

Das Ziel ist klar. Die Sitze im Bundestag sollen entsprechend dem Zweitstimmenergebnis der Parteien auf diese verteilt werden. Damit wird gewährleistet, dass die Stimme jedes Wählers einen gleich großen Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlamentes hat oder zumindest eine gleich große Chance auf diesen Einfluss.

Ziel 2: Eine feste Größe des Bundestags

Auch hier ist das Ziel klar. Das Parlament soll eine feste Größe haben, sodass seine Arbeitsfähigkeit gewährleistet und seine Akzeptanz in der Öffentlichkeit nicht gefährdet ist. Außerdem soll der Bundestagsapparat nicht durch unnötig große Schwankungen der Parlamentsgröße und dem damit einhergehenden erheblichen Anpassungsbedarf belastet werden.

Ziel 3: Regionalkomponente

Die Regionalkomponente kann unterschiedlich gestaltet sein. Im aktuellen Wahlrecht gibt es zwei Regionalkomponenten.

1) Länderproporz:
Die Bundesländer erhalten eine garantierte Anzahl an Sitzen im Bundestag. Das Ziel ist, dass die Bundesländer entsprechend ihrer Größe in Berlin repräsentiert werden.

2) Direktkandidaten:
Die Hälfte aller Abgeordneten wird mit der Erststimme direkt im Wahlkreis gewählt und bekommt einen Sitz garantiert. Damit wird gewährleistet, dass jeder Wahlkreis mindestens einen Abgeordneten als Brückenbauer zum Bundestag hat, um die Anliegen der Bürger dort einzubringen und umgekehrt über die Entwicklungen im Bundestag informieren zu können.

Zielkonflikt / Trilemma

Wie eingangs erwähnt, können bei einem Trilemma immer nur zwei von drei Zielen vollständig erreicht werden. Wer in jedem Fall ein korrektes Abbild der Zweitstimmen verlangt, muss entweder auf jegliche Regionalkomponente verzichten, also sowohl auf Länderproporz als auch auf Direktkandidaten, oder auf eine feste Größe des Parlaments. Und das gleiche gilt umgekehrt für die beiden anderen Ziele. Mit zwei theoretischen, aber dafür sehr einfachen Beispielen lässt sich der Grund für dieses Trilemma leicht verdeutlichen:

Beispiel 1:

Wir stellen uns eine A-Partei vor, die nur in einem Bundesland antritt und dort in genau drei Wahlkreisen einen erfolgreichen Direktkandidaten hat. Gleichzeitig erreicht diese Partei aber nur 0,25% der bundesweiten Zweitstimmen. Alle anderen Stimmen entfallen in diesem Beispiel auf die B-Partei.
Soll nun garantiert werden, dass die drei Direktkandidaten der A-Partei in Berlin sitzen, bleiben rein logisch nur zwei Optionen. Entweder die Zahl der Abgeordneten wird auf 1.200 erhöht, damit das Verhältnis von A-Partei (0,25% – 3 Abgeordnete) zu B-Partei (99,75% – 1197 Abgeordnete) stimmt. Oder man muss in diesem Fall auf die korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses verzichten, wie man das im Übrigen auch bei erfolgreichen parteilosen Einzelbewerbern machen würde. Diese können theoretisch mit wenigen Stimmen in einem Wahlkreis einen garantierten Sitz erwerben, ohne dass ein entsprechender Ausgleich für die im Bundestag vertretenen Parteien stattfindet.

Beispiel 2:

Ein Bundesland X bekommt aufgrund seiner Bevölkerungszahl 100 der 598 Bundestagssitze garantiert. Allerdings gehen in diesem Bundesland im Vergleich zu den anderen Bundesländern nur halb so viele Menschen zur Wahl. In X tritt lediglich die A-Partei an, die alle Stimmen erringt. In den übrigen Bundesländern tritt lediglich die B-Partei an, die ebenfalls alle Stimmen erringt.
Soll nun garantiert werden, dass das Bundesland X seine 100 Sitze bekommt, können diese nur an die A-Partei als einzige dort antretende Partei vergeben werden. Soll hingegen das Zweitstimmenergebnis korrekt abgebildet werden, darf die A-Partei aufgrund der deutlich niedrigeren Wahlbeteiligung in X nur etwas über 50 der 598 Sitze erhalten.
Die einzige Möglichkeit, um diesen Widerspruch aufzulösen, ist, die Zahl der Sitze im Bundestag soweit zu erhöhen, bis die A-Partei 100 Sitze hat und die B-Partei die ihr im Verhältnis der Zweitstimmen dann zustehenden grob 1100 Sitze.

Fazit:

Einen Ausweg aus diesem Trilemma gibt es nicht. Soll die Zahl der Bundestagssitze wieder näher an der Normgroße liegen, müssen sich die Fraktionen im Bundestag von ihren Maximalforderungen verabschieden. Ansonsten verteidigen die einen die Regionalkomponenten in der jetzigen Ausprägung und die anderen die genaue Abbildung des Zweitstimmenergebnisses und im Ergebnis bleibt es dann weiter bei der schwankenden Größe des Bundestages.


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Insgesamt werden im kommenden Bundestag nunmehr 709 Abgeordnete ihren Dienst verrichten. Kalkuliert man die Kosten für die Bundestagsabgeordneten, ihre direkten Mitarbeiter, die Kostenerstattungen für Fraktionen, den Mehraufwand in der Bundestagsverwaltung, die Fahrbereitschaft und alles was sonst dazugehört mit rund 1.000.000 Euro je Abgeordnetem pro Jahr, so verursacht der Aufwuchs des Bundestages um 111 Abgeordnete in der nächsten Legislaturperiode Mehrkosten von 444 Mio. Euro.
Geld, das man sich hätte sparen können, wenn man schon vor der Bundestagswahl 2013 auf Experten gehört hätte. Aber auch nach der Wahl 2013 hatten die im Bundestag vertretenen Parteien genügend Zeit, um am Wahlsystem etwas zu ändern. Der aus dem Amt gehende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ermahnte die Abgeordneten mehrfach zu einer Wahlrechtsreform genau wegen dieser Gefahr eines anwachsenden Bundestages. Am Tag nach der Wahl müssen wir nun aber erst mal ernüchtert feststellen, dass uns die teure Schlafmützigkeit des vergangenen groß-koalitionären Parlamentes über 400 Mio Euro kosten wird.

Dabei könnte eine Lösung verhältnismäßig einfach aussehen. Eine Reduktion der Wahlkreise von 299 auf 250 hätte bei dieser Wahl ausgereicht, um die Abweichung von der Normalgröße des Bundestages deutlich zu verringern. Unproblematisch wäre es außerdem, künftig mit einer verminderten Sitzzahl bei der ersten Verteilung zu rechnen, also z.B. nur noch 400 der 598 Bundestagssitze zunächst fest auf Bundesländer und von dort auf die Landeslisten zu verteilen. Das Risiko eines ungewollten Anwachsens gibt es dann zwar immer noch, aber es ist schon wesentlich verringert. Zudem dürfte diese Regelung verfassungskonform sein, denn Gleichheitsprinzip und Schutz der Bundesländer werden gewahrt und die Bundestagswahl bleibt die gewohnte und lang erprobte personalisierte Verhältniswahl.


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1: Die Zahl der Bundestagswahlkreise wird auf 250 reduziert und die Gesamtzahl der Abgeordneten auf 625 festgelegt.

2: Wie bisher werden nur jene Parteien, die bei der Bundestagswahl bundesweit mindestens 5% der Stimmen oder drei Direktmandate erzielt haben, bei der Sitzzuteilung berücksichtig.

3: Die festgelegten 625 Sitze werden auf Basis jener Stimmen, die auf die zu berücksichtigenden Parteien entfallen, im Sainte-Laguë-Verfahren [2] auf diese verteilt.
In einem zweiten Schritt, werden die auf eine Partei entfallenden Sitze im Sainte-Laguë-Verfahren auf die einzelnen Landeslisten dieser Partei verteilt. Von den auf diese Weise auf die Landeslisten verteilten Sitzen, werden die von einer Partei im jeweiligen Bundesland durch Direktmandate errungenen Sitze abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden dann nach den Landeslisten der Parteien mit Abgeordneten besetzt.

4: Erzielt eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate als ihr Sitze aus der Verteilung nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, werden die Direktmandate vollständig besetzt, jedoch nicht weiter ausgeglichen.

5: Die Zweitstimmen jener Wähler, die mit der Erststimme einen erfolgreichen unabhängigen Direktkandidaten gewählt haben, werden bei der Sitzzuteilung nach dem Zweitstimmenergebnis weiterhin nicht berücksichtigt.

Ergänzung vom 15.8.2018: Um das negative Stimmgewicht gänzlich zu verhindern, werden die Direktmandate bereits von jenen Sitzen abgezogen, die einer Partei nach dem bundesweiten Zweitstimmenergebnis zustehen. Überhangmandate, die bei einer bundesweiten Verrechnung nochmals unwahrscheinlicher werden, bleiben unausgeglichen. Auf die Landeslisten werden dann lediglich die verbleibenden Sitze verteilt. Ein Verteilungsmechanismus, der die Sitze dabei verstärkt auf jene Bundesländer verteilt, aus denen eine Partei vergleichsweise wenige Direktkandidaten entsendet, ist dabei wünschenswert.
Erläuterung:

Durch die Verteilung der Sitze nach dem bundesweiten Zweitstimmenergebnis auf Parteien und Landeslisten ohne garantierte Mindestsitze, kommt es zu keiner Differenz zwischen Landeszuteilung und Bundeszuteilung, so wie das bisher der Fall ist. Sofern es keine Überhangmandate gibt, ist damit immer die Gleichwertigkeit der Stimme gewährleistet und das Parlament auf eine Größe von genau 625 Sitzen festgelegt. Probleme mit einem negativen Stimmgeweicht sehe ich bei dieser Regelung ebenfalls nicht. Außerdem führt sie dazu, dass, bezogen auf jene Parteien, die in den Bundestag einziehen, eine hohe Wahlbeteiligung in einem Bundesland zu einer stärkeren Vertretung des Bundeslandes im Bundestag führt. Ein Wettbewerb um mehr Wahlbeteiligung, der meines Erachtens zu begrüßen ist.
Daneben ist durch die im Verhältnis zur Menge der Abgeordneten reduzierte Zahl der Wahlkreise auch die Gefahr von Überhangmandaten und damit die Gefahr einer Verzerrung des Zweitstimmenergebnisses deutlich verringert. Kommt es dennoch zu Überhangmandaten, findet jedoch eine Aufweichung des Gleichheitsprinzips zugunsten der Direktkandidaten und einer Begrenzung der Zahl der Mandatsträger statt.

Vergleich mit dem Lammert-Vorschlag:

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass der Bundestag auch beim Lammert-Vorschlag zwischen 598 und z.B. 630 Abgeordneten variieren kann, während er bei meinem Vorschlag eine feste Größe hätte. Ein zweiter klarer Unterschied ist, dass die Gefahr föderaler Unterschiede im Zweitstimmenergebnis bei meinem Vorschlag entfällt. Im Gegenteil führt sogar eine höhere Wählermobilisierung zu einer stärkeren Vertretung des Bundeslandes im Bundestag. Überdies ist die Gefahr unausgeglichener Überhangmandate beim Lammert-Vorschlag deutlich größer und damit auch die Gefahr einer Verzerrung des Zweitstimmenergebnisses. Umgekehrt ist allerdings bei meinem Vorschlag die Zahl der Wahlkreise reduziert.
Sehr ähnlich sind sich die beiden Vorschläge in Bezug auf den festen Platz der direktgewählten Wahlkreiskandidaten im Bundestag. Selbst wenn die Richtgröße erreicht ist, bleibt ihr Platz im Parlament garantiert, so dass jeder Wahlkreis weiterhin einen direkten Vertreter im Bundestag hat.


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[1] Vorschlag von Bundestagspräsident Lammert als PDF (Link zum PDF auf www.bundestag.de)

[2] Wikipedia-Eintrag zum Sainte-Laguë-Verfahren (Link zum Artikel auf wikipedia.org)

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Die Wirkung des neuen Wahlrechts: Bundestag wächst https://www.mister-ede.de/politik/wirkung-des-neuen-wahlrechts/2239 https://www.mister-ede.de/politik/wirkung-des-neuen-wahlrechts/2239#comments Tue, 22 Oct 2013 13:16:03 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2239 Weiterlesen ]]> Im neuen Bundestag sitzen 631 Abgeordnete. Neben den 598 regulären Parlamentssitzen gibt es 4 zusätzliche Sitze durch Überhangmandate und weitere 29 Sitze durch Ausgleichsmandate. Wer nun aber denkt, dass die 29 Ausgleichsmandate durch die 4 Überhangmandate entstehen, täuscht sich. Denn tatsächlich entstehen die Ausgleichsmandate durch die CSU, die ihrerseits gar keine Überhangmandate erhalten hat. Das Ganze hängt mit dem neuen Wahlrecht und der Diskrepanz zwischen dem Bundesergebnis und den garantierten Sitzen der jeweiligen Bundesländer zusammen.

So haben in Bayern CSU, SPD, Grüne und Linke insgesamt 81,5% der Zweitstimmen erhalten [1]. Mit 49,3% der Zweitstimmen stehen der CSU deshalb 56 der 92 bayerischen Sitze für den Bundestag zu. Bundesweit hat die CSU mit etwas über 3,2 Mio. Zweitstimmen einen Anteil von 7,4% erhalten [2].  Allerdings stehen ihr damit bundesweit nur 54 der 598 Sitze zu. Aufgrund des bayerischen Ergebnisses muss die CSU aber mit 56 Sitzen im Bundestag vertreten sein. Damit die anderen Parteien im Verhältnis zur CSU nicht schlechter gestellt sind, müssen diese dann Ausgleichsmandate erhalten. So haben die CDU dreizehn, die SPD zehn, die Linke vier und Grüne zwei zusätzliche Mandate erhalten [3] [4].

Treibt man den Gedanken weiter, hätte vor allem eine niedrigere Wahlbeteiligung in Bayern den Bundestag kräftig wachsen lassen. Wären in Bayern nur halb so viele Wähler zur Urne gegangen, dann hätte die CSU innerhalb Bayerns immer noch ihre 49,3% bzw. den Anspruch auf 56 Sitze im Bundestag. Bundesweit hätte die CSU allerdings nur noch ca. 4% der Zweitstimmen und damit vielleicht noch Anspruch auf 30 Sitze. In der Folge müssten die anderen Parteien dann erhebliche Mengen an Ausgleichsmandaten erhalten, um die 56 CSU Sitze in das Verhältnis zu den 4% zu rücken. In so einem Fall hätte der Bundestag weit über 1.000 Abgeordnete.

Da auch Parteien in den Bundestag einziehen, die zwar weniger als 5% der Stimmen haben, allerdings drei Wahlkreise gewinnen, lassen sich mit der CSU theoretisch Konstruktionen denken, die den Bundestag auf ein Vielfaches anwachsen lassen. Bei nur 10.000 Wählern in Bayern und einer üblichen Wahlbeteiligung im Rest der Republik, hätte die CSU bundesweit nur Anspruch auf einen Sitz. In Bayern könnte sie aber auch mit nur 10.000 Wählern Anspruch auf 100% der Sitze, also auf bis zu 92 Sitze haben. In Diesem Fall müsste der Bundestag fast hundertmal größer werden um das gegenüber den anderen Parteien auszugleichen. Für Sitzungen könnte man dann ja ins Berliner Olympiastadion umziehen.

Ganz soweit wird es aber nicht kommen, zumal das Wahlgesetz auch vorsieht, dass dort wo die Kandidatenlisten enden, die Plätze einfach frei bleiben. Die grundsätzliche Problematik ist aber real, da kleinere Schwankungen bei der Wahlbeteiligung durchaus möglich sind. Schon ein Rückgang der Wahlbeteiligung in Bayern um wenige Prozent z.B. auf Grund von Schneesturm und Hagel am Wahlsonntag, könnte zu zig zusätzlichen Abgeordneten führen.


[1] Bundestagswahlergebnis in Bayern (Link zum Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

[2] Bundesweites Bundestagswahlergebnis (Link zum Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

[3] Das vorläufige amtliche Ergebnis schlüsselt die Überhangmandate auf (Link zum vorläufigen amtlichen Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

[4] Im amtlichen Endergebnis gewinnt die SPD einen weitern Sitz hinzu (Link zum endgültigen amtlichen Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

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