Die Wirkung des neuen Wahlrechts: Bundestag wächst

Im neuen Bundestag sitzen 631 Abgeordnete. Neben den 598 regulären Parlamentssitzen gibt es 4 zusätzliche Sitze durch Überhangmandate und weitere 29 Sitze durch Ausgleichsmandate. Wer nun aber denkt, dass die 29 Ausgleichsmandate durch die 4 Überhangmandate entstehen, täuscht sich. Denn tatsächlich entstehen die Ausgleichsmandate durch die CSU, die ihrerseits gar keine Überhangmandate erhalten hat. Das Ganze hängt mit dem neuen Wahlrecht und der Diskrepanz zwischen dem Bundesergebnis und den garantierten Sitzen der jeweiligen Bundesländer zusammen.

So haben in Bayern CSU, SPD, Grüne und Linke insgesamt 81,5% der Zweitstimmen erhalten [1]. Mit 49,3% der Zweitstimmen stehen der CSU deshalb 56 der 92 bayerischen Sitze für den Bundestag zu. Bundesweit hat die CSU mit etwas über 3,2 Mio. Zweitstimmen einen Anteil von 7,4% erhalten [2].  Allerdings stehen ihr damit bundesweit nur 54 der 598 Sitze zu. Aufgrund des bayerischen Ergebnisses muss die CSU aber mit 56 Sitzen im Bundestag vertreten sein. Damit die anderen Parteien im Verhältnis zur CSU nicht schlechter gestellt sind, müssen diese dann Ausgleichsmandate erhalten. So haben die CDU dreizehn, die SPD zehn, die Linke vier und Grüne zwei zusätzliche Mandate erhalten [3] [4].

Treibt man den Gedanken weiter, hätte vor allem eine niedrigere Wahlbeteiligung in Bayern den Bundestag kräftig wachsen lassen. Wären in Bayern nur halb so viele Wähler zur Urne gegangen, dann hätte die CSU innerhalb Bayerns immer noch ihre 49,3% bzw. den Anspruch auf 56 Sitze im Bundestag. Bundesweit hätte die CSU allerdings nur noch ca. 4% der Zweitstimmen und damit vielleicht noch Anspruch auf 30 Sitze. In der Folge müssten die anderen Parteien dann erhebliche Mengen an Ausgleichsmandaten erhalten, um die 56 CSU Sitze in das Verhältnis zu den 4% zu rücken. In so einem Fall hätte der Bundestag weit über 1.000 Abgeordnete.

Da auch Parteien in den Bundestag einziehen, die zwar weniger als 5% der Stimmen haben, allerdings drei Wahlkreise gewinnen, lassen sich mit der CSU theoretisch Konstruktionen denken, die den Bundestag auf ein Vielfaches anwachsen lassen. Bei nur 10.000 Wählern in Bayern und einer üblichen Wahlbeteiligung im Rest der Republik, hätte die CSU bundesweit nur Anspruch auf einen Sitz. In Bayern könnte sie aber auch mit nur 10.000 Wählern Anspruch auf 100% der Sitze, also auf bis zu 92 Sitze haben. In Diesem Fall müsste der Bundestag fast hundertmal größer werden um das gegenüber den anderen Parteien auszugleichen. Für Sitzungen könnte man dann ja ins Berliner Olympiastadion umziehen.

Ganz soweit wird es aber nicht kommen, zumal das Wahlgesetz auch vorsieht, dass dort wo die Kandidatenlisten enden, die Plätze einfach frei bleiben. Die grundsätzliche Problematik ist aber real, da kleinere Schwankungen bei der Wahlbeteiligung durchaus möglich sind. Schon ein Rückgang der Wahlbeteiligung in Bayern um wenige Prozent z.B. auf Grund von Schneesturm und Hagel am Wahlsonntag, könnte zu zig zusätzlichen Abgeordneten führen.


[1] Bundestagswahlergebnis in Bayern (Link zum Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

[2] Bundesweites Bundestagswahlergebnis (Link zum Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

[3] Das vorläufige amtliche Ergebnis schlüsselt die Überhangmandate auf (Link zum vorläufigen amtlichen Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

[4] Im amtlichen Endergebnis gewinnt die SPD einen weitern Sitz hinzu (Link zum endgültigen amtlichen Ergebnis auf www.bundeswahlleiter.de)

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