mister-ede.de » Bundesregierung https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Corona-Pandemie: Empfehlungen zum weiteren Vorgehen in Deutschland https://www.mister-ede.de/politik/corona-empfehlung-deutschland/8984 https://www.mister-ede.de/politik/corona-empfehlung-deutschland/8984#comments Fri, 17 Apr 2020 13:46:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8984 Weiterlesen ]]> Aktuelle Lage

Seit Anfang April ist bundesweit, bei regionalen Unterschieden, ein Rückgang der bestätigten Neuinfektionen festzustellen. Nachdem gleichzeitig in diesem Zeitraum die Testkapazitäten ausgebaut wurden und entsprechend mehr und schneller getestet wird, ist davon auszugehen, dass dieser Rückgang nicht nur statistisch ist, sondern tatsächlich stattfindet. Die positive Nachricht ist daher zunächst, dass wir in Deutschland in der Lage sind, die Ausbreitung des Coronavirus bei weitestgehender Aufrechterhaltung der Produktion unter Kontrolle zu behalten.
Die aus den Meldezahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) ermittelte tägliche Abnahme von 3 bis 4 Prozent ist allerdings so gering, dass eine Entwarnung keinesfalls angebracht ist. Im Gegenteil: Dass trotz der verschiedenen, zum Teil sehr strikten Maßnahmen – in Bayern gilt seit über drei Wochen eine harte Ausgangssperre – die Fallzahlen nur so marginale zurückgehen, ist ziemlich ernüchternd.
Überdies gibt es große regionale und lokale Unterschiede, die eine pauschale Bewertung der Lage unmöglich machen. Während Bayern und das Saarland aktuell im Schnitt noch täglich 6 bis 7 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner melden, liegt dieser Wert in NRW bei etwa 3,5 und in Mecklenburg-Vorpommern bei nur 0,5. Damit ist das Infektionsgeschehen in Bayern und dem Saarland noch immer über zehnmal höher als an der Ostseeküste.

Zu den regionalen Unterschieden zwischen den Bundesländern kommen aber auch noch erhebliche lokale Unterschiede hinzu. So weist das RKI für den hiesigen Kreis Siegen-Wittgenstein aktuell eine 7-Tages-Corona-Aktivität von 12,2 Fällen je 100.000 Einwohner aus, während die 7-Tages-Corona-Aktivität im strukturell völlig vergleichbaren Nachbarkreis Olpe laut RKI aktuell bei 87,6 Fällen je 100.000 Einwohner liegt. Bezogen auf die täglichen Neuinfektionen bedeutet das für den Kreis Olpe rund 18 Fälle je 100.000 Einwohner, was NRW-weit der mit Abstand höchste Wert ist und problemlos mit den Fallzahlen in den stark betroffenen Regionen Süddeutschlands mithalten kann.

Regionalisierung der Schutzmaßnahmen

Neben bundesweiten und flächendeckenden Maßnahmen braucht es künftig deutlich mehr regionalspezifische Ansätze, die an die jeweiligen Rahmenbedingungen und das jeweilige Infektionsgeschehen angepasst sind. Denn während mancherorts die Lockerung der getroffenen Schutzvorkehrungen durchaus angebracht erscheint, könnte selbiges nur wenige Kilometer entfernt zum Brandbeschleuniger in einer laufenden Epidemie werden.
Bundesweite Regelung bedarf es insofern vor allem für das Verbot von Großveranstaltung und die Beschränkung der Reisefreiheit, z.B. das Verbot touristischer Busreisen, die Einschränkung des überregionalen ÖPV oder gegebenenfalls ein Ausreiseverbot aus stark betroffenen Bundesländern in das übrige Bundesgebiet. Auch was das allgemeine Verhalten im öffentlichen Raum anbelangt, machen bundesweite Regelungen Sinn, um Verwirrungen vorzubeugen.
Die Einschränkung der Versammlungsfreiheit kleinerer Gruppen, der Erlass von Ausgangssperren oder der Umgang mit dem Schul- und KiTa-Betrieb sollten hingegen weitestgehend den Bundesländern oder den kommunalen Gebietskörperschaften überlassen werden, so wie das vom Infektionsschutzgesetz sinnvoller Weise bereits vorgesehen ist. Dasselbe gilt für die Frage, inwieweit und unter welchen Bedingungen Geschäfte geöffnet sein können, auch wenn hier eine Abstimmung zwischen benachbarten Regionen ratsam ist, um ungewollte Effekte beispielsweise an Landesgrenzen oder gegebenenfalls auch an Kreisgrenzen zu vermeiden.
Notwendig für eine solche Regionalisierungsstrategie ist jedoch ein entsprechendes Monitoring durch flächendeckende, engmaschige und zeitnahe Tests. Denn nur wenn es tatsächlich gelingt, Infektionsherde frühzeitig zu identifizieren, kann man die Eindämmungsmaßnahmen zielgerichtet und zeitlich begrenzt in diesen Gebieten durchführen, anstatt pauschal das öffentliche Leben überall und dauerhaft einschränken zu müssen.

Mundschutzpflicht

Zu den bundesweiten Maßnahmen kann eine Mundschutzpflicht im ÖPV (Bus, Zug, Flugzeug), in Geschäften oder sonstigen Innenräumen gehören. Gleichzeitig muss aber energisch dem Spin der Medien oder auch des Leopoldina-Präsidenten Haug widersprochen werden, dass mit einer Mundschutzpflicht eine Rückkehr zur Normalität möglich werden würde. Wenn Haug bereits wieder von vollgepackten U-Bahnen spricht, dann ist das geradezu absurd, denn es muss um das genaue Gegenteil gehen, also U-Bahnen und ähnliches möglichst leer zu halten.
Zwar ist das Tragen eines Mundschutzes sehr zu begrüßen, weil es das Ansteckungsrisiko unter ansonsten gleichbleibenden Bedingungen vermutlich verringert. Aber ob ein Mundschutz, womöglich auch nur ein Schal, in einem vollbesetzten Bus wirklich verhindert, dass sich irgendjemand ansteckt, kann man zumindest anzweifeln. Wenn also gleichzeitig zu der Einführung einer Mundschutzpflicht andere Schutzvorkehrungen reduziert werden, der Einzelne also beispielsweise wieder die U-Bahn nimmt, anstelle des Fahrrads, dann ergibt das in der Summe nicht mehr Ansteckungsschutz, sondern umgekehrt ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko. Insofern ist eine Mundschutzpflicht zwar ratsam, sie kann aber nur als Ergänzung zu anderen Maßnahmen und nicht als Ersatz für diese dienen.

Wiederöffnung des Einzelhandels

Nachdem Supermärkte und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs während des Shutdowns geöffnet hatten, konnte man hier bereits erste Erfahrungen mit Zugangsbeschränkungen, Plexiglas in Kassenbereichen und Abstandsregeln sammeln. Und nach meinem Kenntnisstand gibt es bislang keine Anzeichen dafür, dass Einkaufsgeschäfte unter solchen Schutzbedingungen zu den wesentlichen Übertragungsorten des Coronavirus gehören. Das sieht bei Bars und Kneipen, in Pflegeheimen und vor allem natürlich innerhalb der Familien ganz anders aus. Insofern spricht aber viel dafür, die Wiederöffnung des Einzelhandels unter denselben Schutzvorkehrungen wie in den bislang schon geöffneten Läden zu ermöglichen.
Die in dieser Woche getroffenen Verabredungen der Bundes- und der Landesregierungen gehen daher in die richtige Richtung. Fraglich ist allerdings, ob die Beschränkung auf kleinere Geschäfte wirklich zielführend ist. Zum einen wird sich dadurch das Einkaufsgeschehen auf weniger Verkaufsfläche abspielen. Zum anderen fehlt es an einem hinreichenden Sachgrund für die willkürliche Grenzziehung. Warum nämlich das Ansteckungsrisiko in riesigen Möbelhäusern höher sein soll wie in einem kleinen Juweliergeschäft, dürfte mit den Mitteln der Logik nur äußerst schwer zu erklären sein.
Besser geeignet als eine feste Höchstgrenze für die Verkaufsflächen wäre deshalb eine Regelung, die auf Kunden je Quadratmeter abstellt. Damit wäre dann vermutlich sowohl dem Gesundheitsschutz wie auch den Einzelhändlern gedient.

Strikte Ausgangssperre vs. lockerere Kontaktbeschränkung

Wenn man sich die Entwicklung der Neuinfektionen in den Bundesländern anschaut, ist zu erkennen, dass die striktere Ausgangssperre in Bayern keinen höheren Effekt hat als die etwas lockereren Kontaktbeschränkungen im Rest der Republik. Das ist auch wenig verwunderlich, da sich die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger schon von sich aus vernünftig verhält und außerdem durch den weitgehenden Shutdown sowieso viele Aktivitäten gar nicht mehr möglich sind. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, welche Ansteckungsgefahren reduziert werden sollen, indem man Menschen verbietet, auf einer Parkbank zu sitzen oder auf einer Wiese zu liegen und ein Buch zu lesen.
Künftig braucht es deshalb eine deutlich stärkere Orientierung am Ziel der Kontaktreduktion. Natürlich kann in besonders stark betroffenen Gebieten eine lokal begrenzte Ausgangssperre zielführend sein, um kurzzeitig wirklich jegliches öffentliches Leben stillzulegen. Im Allgemeinen ist es aber völlig ausreichend, die Ansammlung größerer Menschengruppen zu unterbinden, wie es durch die lockereren Kontaktbeschränkungen geschieht. Als Richtwert für eine bundesweite Regelung erscheint eine Obergrenzen für Gruppen zwischen 4 und 8 Personen sinnvoll. In stärker betroffenen Bundesländern sollte jedoch weiterhin die 2-Personen-Regelung gelten. Die flächendeckende strikte Ausgangssperre in Bayern muss hingegen mangels Wirksamkeit sofort gelockert und in eine mildere Kontaktbeschränkung umgewandelt werden.

Alten-, Behinderten-, Krankenpflege

Noch immer steht Deutschland, genauso wie Europa und die gesamte Welt, vor dem Problem, dass es nur wenige – faktisch oft keine – effektiven Maßnahmen gibt, die vor Ansteckungen im Pflegebereich schützen. Während man auf Kneipenbesuche verzichten und in Supermärkten und anderen Geschäften relativ leicht Abstand halten kann, handelt es sich im Bereich der Pflege um notwendige Kontakte, bei denen die räumliche Nähe meist zwingend ist. Genau jene Regeln, also die Kontaktreduktion und das Abstand halten, die in der restlichen Gesellschaft effektiv und vergleichsweise effizient den Reproduktionsfaktor R auf einen Bruchteil senken, laufen im Pflegebereich komplett ins Leere. Umso wichtiger ist es daher, die übrigen physischen und präventiven Schutzmöglichkeiten in diesem Bereich vollständig auszuschöpfen.
Das heißt, dass bei der stationären Pflege in Richtung Ganzkörperschutzanzüge und Desinfektionsanlagen vor den Einrichtungen gedacht werden muss, damit von Pflegekräften über Reinigungspersonal und sonstige Angestellte bis zu Besucherinnen und Besuchern wirklich jeder nur noch vollständig abgeschirmt und 100% virenfrei in Krankenhäuser, Altenheime oder sonstige Pflegeeinrichtungen gelangt. Auch in der mobilen Alten- und Krankenpflege müssen solche Schutzmaßnahmen entwickelt werden. Daneben müssen Pflegende wie auch Gepflegte zur Prävention regelmäßig auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet werden, um die Ansteckungsgefahren für die Hochrisikogruppe der Gepflegten so gering wie möglich zu halten. Das gilt allerdings nicht nur in der stationären und der mobilen gewerbsmäßigen Pflege, sondern insbesondere auch für die private Pflege innerhalb der Familie.
Bislang ist mein Eindruck aber leider, dass der Pflegebereich kaum Beachtung findet. Anstatt die Mundschutzpflicht im ÖPNV rauf und runter zu diskutieren oder zu überlegen, ob man 18-Jährige Abiturienten für 3 Stunden mit ausreichend Abstand in einen Raum setzen darf, sollte vielmehr der Schutz dieser schwächsten und zugleich gefährdetsten Gruppe unserer Gesellschaft in den Blick genommen werden.

Schulen und Kitas

Während es in Kitas unmöglich sein dürfte, die für einen Ansteckungsschutz notwendigen Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen einzuhalten, sollte dies bei oberen Klassenstufen grundsätzlich funktionieren. Eine einheitliche Regelung von den jüngsten Kita-Kindern bis zu den Abiturientinnen und Abiturienten kann insofern aber nicht zielführend sein.
In Kitas sollte deshalb vorerst weiter auf einen Notbetrieb gesetzt werden, wohingegen an Schulen durchaus wieder einige Aktivitäten durchgeführt werden können. Sinnvoll erscheint hierbei, zunächst mit den Abschlussklassen zu beginnen, während der Unterricht für die restlichen Klassenstufen weiterhin ausgesetzt bleibt. Damit stünden jetzt für die Abschlussklassen genügend Lehrkräfte und Räume zur Verfügung, um den Schulunterricht und die Prüfungsvorbereitungen in kleineren Gruppen mit dem nötigen Abstand fortzusetzen. Gelänge es auf diese Weise, die Abschlussprüfungen zu Ende zu führen, stünden im Anschluss wiederum für die restlichen Klassenstufen mehr Kapazitäten zur Verfügung. Gegebenenfalls könnte dann durch eine Verlängerung des aktuellen Schuljahres, verkürzte Sommerferien und einen späteren Beginn des nächsten Schuljahres ein Teil der verlorenen Lernzeit wieder aufgeholt werden.
Gleichwohl wird man auch bei diesem Vorgehen nicht ohne flankierende Maßnahmen auskommen, sobald die übrigen Klassenstufen wieder zur Schule gehen. Um das Ansteckungsrisiko ab diesem Zeitpunkt auf einem Minimum zu halten, sollte daher zumindest an weiterführenden Schulen ein Teil des Präsenzunterrichts durch E-Learning-Einheiten substituiert werden. Auch Schichtunterricht oder zeitversetzte Pausen können dazu beitragen, die Zahl der Kontakte und damit auch das Infektionsrisiko zu reduzieren.

Zusammenfassung

Nachdem es eine Vielzahl lokaler Infektionsgeschehen gibt, ist eine Regionalisierung der Maßnahmen zwingend erforderlich. Nur so ist es möglich, die verschiedenen flächendeckenden Einschränkungen zurückzunehmen, ohne damit die Gefahr von Infektionen zu erhöhen. Daneben muss das Augenmerk vielmehr auf dem Schutz der Risikogruppen liegen, insbesondere den pflegebedürftigen Personen. Während große Menschenansammlungen bundesweit für längere Zeit nicht möglich sein werden, erscheint eine moderate Lockerung der Kontaktsperre für Kleingruppen zumindest in schwächer betroffenen Regionen vertretbar. Selbiges gilt für die Wiederöffnung des Einzelhandels und die Beschulung der Abschlussklassen. Überdies kann eine Mundschutzpflicht in Innenräumen eine gute Ergänzung zu anderen Schutzmaßnahmen sein.


Text als PDF: Corona-Pandemie: Empfehlungen zum weiteren Vorgehen in Deutschland


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Eine erste Einschätzung zur bundesweiten Corona-Kontaktsperre https://www.mister-ede.de/politik/corona-kontaktsperre/8955 https://www.mister-ede.de/politik/corona-kontaktsperre/8955#comments Tue, 24 Mar 2020 17:40:14 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8955 Weiterlesen ]]> Bereits vor zwei Wochen hatte ich neben Grenzschließungen verschiedene Maßnahmen innerhalb Deutschlands vorgeschlagen, um der Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken. Zusätzlich zur Einstellung weiter Teile des innerdeutschen öffentlichen Personenverkehrs (Züge, Busse, Flüge) hatte ich schon zu diesem Zeitpunkt angeregt, in besonders betroffenen Gebieten alle nicht notwendigen Aktivitäten einzustellen und die Versammlungs- und Bewegungsfreiheit erheblich einzuschränken.
Insofern halte ich die von den Bund und Ländern inzwischen getroffenen Maßnahmen durchaus für sinnvoll. Und auch die Entscheidung der Politik, darüber hinaus KiTas und Schulen bundesweit zu schließen oder zumindest auf eine Notbetreuung umzustellen, ist sicher ebenfalls gut und richtig.
Das flächendeckende Kontaktverbot hingegen ist aus meiner Sicht problematisch, weil damit pauschal fundamentale Grundrechte auf ganz massive Art und Weise eingeschränkt werden. Natürlich kann eine solche Kontaktbeschränkung in stark betroffenen Regionen ein sinniges Mittel sein. Aber selbst dort lässt sich über die tatsächliche Wirkung streiten, solange es nur völlig unzureichende Schutzvorkehrungen an den wesentlichen Knotenpunkten der Gesellschaft (Supermarkt, Arzt, ÖPNV usw.) gibt. Und klar ist eben auch, dass es der Seuchenbekämpfung im süddeutschen Mitterteich recht wenig hilft, wenn auf Rügen Schulen geschlossen und den Rügenern ein Kontaktverbot oder eine Ausgangssperre auferlegt wird.
Die aktuell seitens der Landes- und Bundespolitik vorgetragene Begründung für diese Maßnahme läuft insofern ins Leere. Nur weil es stark betroffene Gebiete gibt, in denen die Einschränkung der Grundrechte wirklich notwendig ist, muss man deshalb noch lange nicht die Grundrechte in anderen Teilen Deutschlands außer Kraft setzen.
Zu beantworten ist daher vielmehr die Frage, ab wie vielen Infizierten in einer Region solche Maßnahmen sinnvoll und zulässig sind. Eines kann man dabei jedoch ausschließen, nämlich dass in Stadt- und Landkreisen mit einigen wenigen Infizierten, deren Infektionswege sich oftmals noch nachvollziehen lassen, eine so einschneidende Maßnahme wie ein solches Kontaktverbot verhältnismäßig ist. Das gilt insbesondere dann, wenn gleichzeitig in vollen Bussen und Läden, am Arbeitsplatz oder in Behörden ein Vielfaches an Übertragungsrisiken lauert.

Mit Blick auf das bayerische Mitterteich und eine Infektionsquote von 1% sieht das natürlich anders aus. Dort ist ein solches Kontaktverbot mehr als angebracht. Und sinnvoll wäre es vermutlich auch, zusätzlich wirklich alle Geschäfte einschließlich Arztpraxen und Apotheken zu schließen und eine Notversorgung der Bevölkerung in ihren Häusern und Wohnungen durch Bundeswehr, THW, DRK oder auch sonstigen ehrenamtlichen Kräfte zu organisieren. Nachdem von weiteren bislang unerkannten Infizierten in dem Dorf auszugehen ist und auch davon, dass es in häuslicher Quarantäne weitere Ansteckungen gibt, könnte die Zahl der Erkrankten dort sogar trotz solch strikter Maßnahmen schnell auf 5% ansteigen. So etwas hält unser Gesundheitssystem vielleicht noch bei einer kleinen Gemeinde aus, aber nicht flächendeckend.
Insgesamt ist die Situation in vielen Teilen Süd- und Westdeutschlands und – wie zu erwarten – insbesondere auch in den Metropolen äußerst gefährlich. Ob es hier in den letzten Tagen gelungen ist, die Verbreitung signifikant zu verlangsamen, kann man aktuell noch nicht beurteilen. Meine große Befürchtung ist allerdings, dass gerade in Berlin, Hamburg, München oder Köln die verschiedenen Maßnahmen – inklusive der Kontaktsperre – eine vergleichsweise geringe Verlangsamung bewirken könnten, weil dort der ÖPNV-Anteil und auch der Anteil von Berufspendlern sehr hoch ist und es in den Geschäften des täglichen Lebens einfach einen viel höheren Durchlauf an Menschen gibt. Und genau dort liegen die Hauptgefahrenquellen und eben nicht bei vier Leuten, die zusammen im Park sitzen.
Umgekehrt habe ich dafür aber noch immer die Hoffnung, dass mit den jetzt getroffenen Maßnahmen in weiten Teilen Deutschlands, insbesondere in den eher schwächer besiedelten Gebieten mit etwas Abstand zu den Metropolregionen, die Infektionsketten in einigen Fällen auch wieder gestoppt werden können. Bei den aktuell 52 bestätigten Fällen in unserem hiesigen Kreisgebiet ist meines Wissens nach von 50 bekannt, auf welchem Wege diese sich infiziert haben, nämlich allesamt in Italien oder Österreich oder über Rückkehrer von dort. Gelingt es in den nächsten Wochen, auch die Infektionswege weiterer Fälle zu identifizieren und vielleicht sogar einen Zusammenhang zu den beiden bislang unbekannten Übertragungswegen herzustellen, wäre das eine ganz andere Situation, als wenn sich jetzt nach und nach immer mehr Fälle mit ungeklärten Infektionswegen auftun.

Selbstverständlich machen bundesweite Maßnahmen an vielen Stellen Sinn, z.B. der Verzicht auf größere Versammlungen oder auch die Begrenzung von Gruppengrößen in der Öffentlichkeit auf wenige, vielleicht fünf oder sechs Personen. Zielführend wäre außerdem, in ganz Deutschland besondere Gefahrenpunkte, wie Autobahntankstellen oder den ÖPV, in den Blick zu nehmen. Es sollten so viele Busse wie möglich eingesetzt werden, um so wenige Fahrgäste wie möglich je Bus zu haben. Dazu routinemäßige Desinfektionen von Zügen und Bussen nach ein oder zwei Touren und auch regelmäßige Desinfektion von Taxen. Außerdem sollte über eine Mundschutzpflicht für Fahrgäste nachgedacht werden. Daneben sind auch Taxi-Gutscheine oder ein Shuttle-Service z.B. für Klinikpersonal überlegenswert, das sonst auf Bus und Bahn angewiesen wäre. Beim Einkaufen in Supermärkten, Apotheken oder anderen Geschäften bräuchte es deutschlandweit mehr Ansteckungsschutz z.B. durch Trennschreiben aus Plexiglas im Kassenbereichen. Und sinnvoll wären sicher auch viel mehr Möglichkeiten, sich vor Geschäften oder an Bushaltestellen die Hände zu waschen. In Bahnhöfen wäre es sicher kein Problem, in bahnsteignähe mobile Waschbecken aufzustellen, um die Hygiene zu verbessern. All das macht auch in der Fläche Sinn, weil es sich zwar um weiche, aber dennoch seuchenhemmende Maßnahmen handelt.
Ob darüber hinaus eine noch härtere Kontaktsperre oder gar eine Ausgangssperre notwendig ist, sollte allerdings in den jeweiligen Regionen von der Situation abhängig gemacht und nicht zentral von Bundes- oder Landesregierungen festgelegt werden. Denn in dieser Pauschalität wird eine solche Maßnahme sonst weder der Situation noch den Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes und des Grundgesetzes gerecht.
Und wenn am Ende in den schwach betroffenen Regionen die Kollateralschäden solcher harten Maßnahmen höher sind, als der beabsichtigte Nutzen, ist niemandem geholfen. Schon jetzt verlassen Pflegekräfte scharenweise das Land was für hunderttausende Ältere und Pflegebedürftige eine nicht minder lebensgefährliche Situation darstellen kann wie die Corona-Epidemie selbst. Und auch für die zig Millionen Menschen, die schon jetzt durch das Raster unseres Staates fallen – Obdachlose, Minirentner, Flaschensammler – beginnt in den nächsten Tagen bei Lieferengpässen, steigenden Preisen und geschlossenen Tafeln ein Lebenskampf – Corona hin, Corona her. All das muss Politik deshalb jetzt im Blick haben, damit es am Ende nicht heißt, in Deutschland starben 20.000 Menschen an Corona und 100.000 Obdachlose, Alte und Hilfsbedürftige an den Corona-Schutzmaßnahmen der Politik.


Text als PDF: Eine erste Einschätzung zur bundesweiten Corona-Kontaktsperre


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Tja, ehrlich wäre es. Hier gibt es ein paar Hintergründe zum Thema Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftsstandort Deutschland und dem deutschen Lohn- und Sozialdumping:

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Was spricht für eine Kenia-Koalition ohne Beteiligung der CSU? https://www.mister-ede.de/politik/vorteile-einer-kenia-koalition/8596 https://www.mister-ede.de/politik/vorteile-einer-kenia-koalition/8596#comments Mon, 27 Nov 2017 19:53:33 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8596 Weiterlesen ]]> Nachdem die Jamaika-Sondierungen gescheitert sind, die Sozialdemokraten die Große Koalition weiterhin mehrheitlich ablehnen, Union und FDP nicht mit den Linken und niemand mit der AfD koalieren will, bleibt eigentlich nur eine rechnerisch mögliche Konstellation für eine stabile Regierung übrig: Ein Bündnis aus CDU (200 Sitze), SPD (153 Sitze) und Grünen (67 Sitze).

Diese sogenannte Kenia-Koalition wäre zwar aus der Not geboren, hätte aber dennoch einige Vorteile zu bieten. Mit der CSU würde genau jene Partei aus der Großen Koalition ausscheiden, die in den letzten vier Jahren mit Abstand am meisten genervt und bei der vergangenen Bundestagswahl mit Abstand am stärksten verloren hat. Die Partei um Horst Seehofer, die 2015 jener Bundesregierung, an der sie selbst beteiligt war, Rechtsbruch vorgeworfen hatte, würde künftig durch die Grünen ersetzt, die ihrerseits bereits jetzt über den Bundesrat an vielen Gesetzesvorhaben mitwirken.
Anders als bei einer Koalition aus Union, SPD und Grünen, bei der die Grünen nur das fünfte Rad am Wagen wären, käme es in einer solchen Dreierkombination ohne die CSU tatsächlich auf alle drei beteiligten Parteien an. Neben einer stabilen Mehrheit im Bundestag (420 von 709 Sitzen) hätte die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen aber auch eine eigene Mehrheit im Bundesrat (37 von 69 Stimmen). Während ein Jamaika-Bündnis oder die Große Koalition aus Union und SPD im Bundesrat auf weitere Partner angewiesen wären, könnten die drei Kenia-Parteien selbst bei Zustimmungsgesetzen auf eine Beteiligung von FDP, Linken und CSU verzichten. Zum einen würde dadurch das Regieren erleichtert, zum anderen könnte eine Kenia-Koalition so auch größere Reformprojekte anpacken.

Es ist außerdem keine Neuigkeit, dass CDU und SPD bzw. SPD und Grüne durchaus in der Lage sind, in Koalitionen vernünftig zusammenzuarbeiten. In Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein haben inzwischen aber auch CDU und Grüne bewiesen, dass sie gemeinsam regieren können. Und schon jetzt besteht in Sachsen-Anhalt ein solches Kenia-Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Wieso also sollte eine Koalition dieser drei Parteien nicht genauso auf der Bundesebene funktionieren?
Was die politischen Inhalte von CDU, SPD und Grünen anbelangt, gibt es immerhin einige Schnittmengen, z.B. das klare Bekenntnis zum Recht auf Asyl oder die Ablehnung einer fixen Obergrenze. Alle drei Parteien stehen außerdem klar zum europäischen Projekt, denken über moderate Steuersenkungen nach und sprechen sich für weitere Anstrengungen zur Reduktion von CO2-Emissionen in den nächsten Jahren aus. Natürlich müssten in all diesen Bereichen erst noch tragfähige Kompromisse gefunden werden, aber zumindest eine Basis für zielführende Diskussionen gäbe es damit schon einmal. Beim Thema Maut oder bei Seehofers Obergrenze sah das in der letzten Legislaturperiode ja leider etwas anders aus.

Was hätten die Grünen von einer Kenia-Koalition?

Die Grünen hätten die Möglichkeit, ihre Ideen für ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Deutschland als vollwertiger Teil einer Koalition in die Regierung einzubringen. Sie wären kein fünftes Rad am Wagen und könnten die deutsche Politik nicht nur über Landesregierungen mit grüner Beteiligung im Bundesrat aktiv mitgestalten, sondern künftig auch im Bundestag.

Was hätte die SPD von einer Kenia-Koalition?

Die SPD könnte ihr Versprechen halten und müsste sich nicht in eine GroKo begeben, um Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung zu verhindern. Außerdem wäre die SPD in einem solchen Dreierbündnis mit der CDU fast auf Augenhöhe und der Zank innerhalb der Union würde dann auch nicht länger die Regierungsarbeit belasten.

Was hätte die CDU von einer Kenia-Koalition?

Die CDU könnte trotz eines der schlechtesten Wahlergebnisse ihrer Geschichte die Regierung stellen und Angela Merkel wäre als Bundeskanzlerin sogar wieder fester im Sattel als sie das zeitweise in der Großen Koalition war. Auch stünde der Streit zwischen CDU und CSU nicht mehr ganz so sehr im Fokus der Öffentlichkeit und könnte in den nächsten Monaten leise geschlichtet werden. Außerdem hätte die CDU mit SPD und Grünen zwei Partner, mit denen sie zurzeit in acht Landesparlamenten vertrauensvoll und erfolgreich zusammenarbeitet.

Was hätte die CSU von einer Kenia-Koalition?

Die CSU könnte sich in den nächsten Monaten ganz ihren internen Machtkämpfen widmen. Außerdem hätte eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen den Vorteil, dass sich die CSU nicht für eine Regierungsbeteiligung verbiegen muss und die Merkelsche Flüchtlingspolitik weiterhin konsequent ablehnen kann. Nach Seehofers Logik müsste eine solche klare Haltung die CSU bei der Bayernwahl 2018 stärken und die AfD klein halten.
Auf jeden Fall könnte die CSU glaubhaft erklären, wenn sie bei der Bundestagswahl stark genug geworden wäre, würde in Berlin eine andere Flüchtlingspolitik gemacht werden. Kürzer und allgemeiner formuliert heißt das: Wer in Bayern AfD wählt, macht im Bund Kenia möglich.

Was hätten Deutschland und seine Bürger von einer Kenia-Koalition?

Deutschland hätte eine vollwertige Regierung, die eine solide und zukunftsorientierte Politik machen würde. Neuwahlen oder Experimente mit Minderheitsregierungen blieben den Bürgern erspart. Und gerade wenn es um die notwendigen Reformen des europäischen Projektes geht, wäre Deutschland mit einer Kenia-Koalition, die im Bundestag und im Bundesrat eine Mehrheit hat, voll handlungsfähig.


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Übersehen wird allerdings, dass es trotzdem durchaus noch eine Koalitionsmöglichkeit für drei Parteien im Bundestag gibt – nämlich für CDU (200 Sitze), SPD (153 Sitze) und die Grünen (67 Sitze). So dürften die inhaltlichen Schnittmengen dieser drei Parteien größer sein als die Schnittmengen bei Jamaika. Außerdem hätten die alleine von CDU, SPD und Grünen regierten Bundesländer im Bundesrat eine Mehrheit von 37 zu 32 Stimmen, was ein weiterer Vorteil gegenüber dem bisher angedachten Bündnis ist. Auch hat die SPD zwar eine Große Koalition mit CDU und CSU ausgeschlossen, nicht jedoch eine Koalition mit CDU und Grünen.
Ohne die CSU hätten CDU und Grüne wohl deutlich weniger Probleme zu einem Koalitionsvertrag zu kommen. Außerdem müsste sich die CDU nicht länger den Zank mit der CSU antun und Angela Merkel wäre als Bundeskanzlerin wieder fest im Sattel. Dafür hätten Grüne und SPD zusammen mehr Sitze im Bundestag als die CDU, was die Bauchschmerzen bezüglich einer solchen Koalition in diesen beiden Parteien reduzieren dürfte. Aber selbst die CSU könnte in diesem Fall profitieren. Stimmt Seehofers Logik, dann müsste die CSU mit ihrer konsequenten Haltung in der Flüchtlingsfrage bei der nächsten Landtagswahl der AfD kräftig Stimmen abgraben. Lediglich die FDP hätte mal wieder gezeigt, wie unnütz diese Partei mit ihrem Egoismus ist.


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Doch die restriktive Flüchtlings- und Asylpolitik des vergangenen Jahres fand mit dem Asylpaket II nur ihren Anfang. Als kurze Zeit später das EU-Türkei-Abkommen unterzeichnet wurde, sagte die Bundesregierung humanitäre Kontingente und die Schaffung regulärer Wege nach Deutschland zu, sobald die Zahl der aus der Türkei kommenden Schutzsuchenden zurückgegangen ist. Spätestens seit dem Herbst des letzten Jahres wurde dann allerdings deutlich, dass die Bundesregierung von diesem Versprechen nichts mehr wissen will. So erhielten lediglich wenige hundert Flüchtlinge die Möglichkeit, regulär nach Deutschland zu kommen, und auch die Einrichtung des dauerhaften humanitären Aufnahmemechanismus für schutzbedürftige Personen ist inzwischen wieder von der Agenda verschwunden.
Selbiges gilt auch für die bereits 2015 zugesagte Beteiligung an der Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien, die eigentlich bis zum September 2017 abgeschlossen sein sollte. Hier nahm Deutschland von bislang 98.255 zur Verteilung vorgesehenen Flüchtlingen bis zum 10. Januar 2017 gerademal 1.099 auf, obwohl anteilsmäßig eine Übernahme von rund 30.000 Schutzsuchenden geplant gewesen ist [2]. Im Gegenteil versucht die Bundesregierung nun sogar, trotz der massiven Belastung der beiden Länder durch die hohe Zahl der dort bereits lebenden Flüchtlinge, Rückführungen nach Italien und Griechenland zu forcieren.

Zusätzlich wurde im vergangenen Jahr allerdings auch das Asylrecht in Deutschland in einer Art und Weise verschärft, dass man den Eindruck gewinnen muss, Flüchtlingsschutz heißt hierzulande mittlerweile, analog zu einem Sonnenschutz, Schutz vor Flüchtlingen. Überdies wurde vor einigen Wochen mit Abschiebungen in größerem Umfang nach Afghanistan begonnen, also der Verbringung in ein Land, das von Ministern als sicher eingestuft wurde, die es selbst nur in Kampfmontur bereisen. Zunehmend drängt sich damit die Frage auf, ob die Worte „christlich“ oder „sozial“ im Namen der Regierungsparteien inzwischen nicht gestrichen werden sollten, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.
Von der Wahrnehmung der humanitären Verantwortung Deutschlands ist, anders als noch im Zeitraum von Herbst 2015 bis Frühjahr 2016, heute zumindest nichts mehr zu spüren. Und auch von der Solidarität mit den von den Fluchtbewegungen in die EU stark betroffenen Ländern am Rande des Schengenraums ist die deutsche Politik mittlerweile wieder genauso weit entfernt wie vor 2015. Langfristig wird sich Deutschland damit jedoch keinen Gefallen tun und so könnte es bald wieder soweit sein, dass sich Merkel wünscht, „die Zeit zurückdrehen zu können“.


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[1] Asylgeschäftsstatistik 2016 des BAMF (Link zur PDF auf www.bamf.de)

[2] PDF der EU-Kommission zum Stand der Umverteilung der 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland (Link zur PDF auf ec.europa.eu)

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Willy Brandt wird abgeschoben – Schweden erklärt Deutsches Reich zu sicherem Herkunftsland https://www.mister-ede.de/politik/willy-brandt-wird-abgeschoben/5883 https://www.mister-ede.de/politik/willy-brandt-wird-abgeschoben/5883#comments Sat, 17 Dec 2016 18:12:18 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5883 Weiterlesen ]]> Stockholm – Wie die schwedische Regierung mitteilte, sieht sie keine Gefahr für Flüchtlinge, die zurück in das Deutsche Reich verbracht werden. Laut schwedischem Innenministerium gibt es Regionen im Gebiet des Deutschen Reiches, in denen Menschen sicher leben könnten. Gegen massiven Protest der schwedischen Opposition soll deshalb bis Ende 1942 im Rahmen eines „Joint way forward“ ein Rücknahmeabkommen mit der deutschen Reichsregierung abgeschlossen werden. Martin Bormann, Chef der deutschen Parteikanzlei, zeigte sich hierfür offen und erklärte sich bereit, mit der schwedischen Regierung schnellstmöglich Gespräche aufzunehmen. Schon in den nächsten Monaten könnten dann der vor den Nationalsozialisten geflohene Sozialdemokrat Willy Brandt und viele andere Exildeutsche aus Schweden abgeschoben werden.

Daneben will die schwedische Regierung der aktuellen Flüchtlingswelle mit einer weiteren Maßnahme begegnen. So soll demnächst eine Obergrenze für jüdische Flüchtlinge in Höhe von 3.650 Personen festgelegt werden. Täglich dürfen dann nur noch 10 jüdische Flüchtlinge nach Schweden einreisen, was laut schwedischer Regierung der Aufnahmefähigkeit des kleinen Landes entspricht. Wörtlich heißt es aus dem schwedischen Innenministerium, „Wir können die Probleme Europas nicht alleine bei uns lösen. Wir sind nicht das Sozialamt Europas!“


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Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung der letzten 12 Monate https://www.mister-ede.de/politik/fluechtlingspolitik-12-monate/5368 https://www.mister-ede.de/politik/fluechtlingspolitik-12-monate/5368#comments Fri, 16 Sep 2016 11:25:40 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5368 Weiterlesen ]]> Um die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einordnen zu können, muss man sich zunächst vergegenwärtig, wo Deutschland vor einem Jahr stand. Das Dublin-System der EU funktionierte schon lange nicht mehr und die Zahl der Asylbewerber aus europäischen Ländern (vor allem vom Balkan) war spürbarer gestiegen. Dennoch wurde das BAMF weiter klein gespart und es gab z.B. keine Ansätze, um die reguläre Arbeitsmigration zu erleichtern. Ein funktionierende Migrations- und Asylsystem gab es in Deutschland daher weder auf dem Papier noch in der Realität.

Was gut gemacht wurde:

Mit der Balkankonferenz und einem Umdenken in der Balkanpolitik konnte die Zahl der Asylgesuche deutlich reduziert werden. Die Gelder für den UNHCR und das Welternährungsprogramm wurden massiv aufgestockt. Ankommende Flüchtlinge werden seit der Implementierung des EU-Türkei-Abkommens direkt in Griechenland registriert. Auch Italien ist mittlerweil in der Lage, die Registrierung ordnungsgemäß durchzuführen. Zusammen mit der Stärkung der europaweiten Verwendung des Eurodac-Systems wurde damit die unkontrollierte Wanderung weitestgehend unterbunden. Daneben konnte in Zusammenarbeit mit der Türkei die Zahl der irregulären Einreisen von der Türkei nach Griechenland von über 200.000 pro Monat in der Hochzeit des letzten Jahres auf aktuell einige Hundert bis wenige Tausend pro Monat deutlich reduziert werden. Auch ein weiterer Anstieg der Flüchtlingszahlen auf der Mittelmeerroute konnte mit Vor-Ort-Hilfen in Afrika verhindert werden.
In Deutschland selbst hat die Bundesregierung mit der spürbaren Aufstockung der BAMF-Mitarbeiter und der finanziellen Entlastung von Kommunen und Bundesländern sowie dem Integrationsgesetzt zur Rückkehr zur Normalität beigetragen.

Was nicht gut gemacht wurde:

Die Kommunen und Länder waren allerdings zu lange überfordert, ein Fehler, der der Bundesregierung angekreidet werden muss. Schäuble hätte deutlich schneller und unbürokratischer Hilfsmittel bereitstellen müssen und es wäre auch seine Aufgabe gewesen, solche Not-, Hilfs- und Förderprogramme aktiv voranzutreiben. Daneben war auch die Kommunikation der Bundesregierung katastrophal, vor allem die regierungsinternen Streitigkeiten wie bei der Obergrenze.

Zwischenfazit:

Über Jahre haben Politiker aller Parteien den Bereich Flucht / Asyl / Migration schleifen lassen und komplett vernachlässigt. Wenn man sich anschaut, wo Deutschland vor einem Jahr stand und wo es heute steht, war die Politik der Bundesregierung außerordentlich erfolgreich. Nachdem aber vieles einfach erst mal nachgeholt werden musste, ist trotz der guten Arbeit noch lange kein befriedigender Zustand erreicht.

Was noch immer fehlt:

Im Bundesministerium für Migration und Asyl fehlen weiterhin 4.000 bis 5.000 Mitarbeiter. Es ist durchaus möglich, diese Mitarbeiter auch für andere Bereiche einzusetzen, aber sie müssen zumindest ausgebildet sein, so dass es eine Kapazität gibt, um auf eine Krisensituation z.B. in der Ukraine, der Türkei oder eben Syrien angemessen reagieren zu können. Auch für vielleicht mal außerhalb Deutschlands anstehende Prüfungen von Schutzgesuchen, z.B. vor Ort in der Türkei, sollten solche Kapazitäten aufgebaut werden. Gerade wenn außerhalb Deutschlands die Schutzquote geringer ist, weil der Schutz auf Härtefälle beschränkt ist, ist von deutlich mehr zu prüfenden Anträgen auszugehen.

Daneben bleibt das ganze Kapitel Arbeitsmigration bis heute komplett unbehandelt genauso wie die Frage humanitärer Kontingente, die mit Punkt 4 des EU-Türkei-Statements vom 18.3.2016 vereinbart wurden. Wenn man irreguläre Migration durch reguläre ersetzen will, müssen solche regulären Wege, abseits der Familienzusammenführung, aber auch tatsächlich geschaffen werden. Dann könnte auch ein europäischer Ansatz folgen, um die irreguläre Migration von Nordafrika über das Mittelmeer zu reduzieren, z.B. mit Rücknahme-Abkommen ähnlich wie mit der Türkei.

Auch ein langfristiges Integrationskonzept konnte die Bundesregierung bislang nicht vorlegen. Es müsste für einen Syrer endlich klargestellt sein, dass er zurückkehren muss, sobald dort Frieden einkehrt und sofern er nicht genügend „Leistungspunkte“ erworben hat. Wer nichts leistet, verliert seinen Schutzanspruch, sobald der Schutzgrund entfällt. Hingegen sollte bleiben dürfen, wer hier etwas leistet und damit ja zeigt, dass er ein Zugewinn für unsere Gesellschaft ist.
Als Leistung kommt dabei beispielsweise in Betracht, einen gewissen Stand bei der deutschen Sprache zu besitzen, keine grobe Straftat begangen zu haben und einen Arbeitsplatz oder passable Zeugnisse vorweisen zu können. Wünschenswert wäre daneben auch eine Neuordnung der Ministerien, so dass ganz klar ein Minister für Integration für all diese Aufgaben zuständig ist.

Fazit:

Die Bundesregierung hat im letzten Jahr wahrscheinlich mehr für eine gute Migrations- und Integrationspolitik getan als alle Regierungen seit der Wiedervereinigung zusammen.
Gleichwohl konnte in diesem Jahr nur ein Teil der Versäumnisse aufgeholt werden. Dass noch immer kein langfristiges Integrationskonzept, kaum reguläre Wege nach Deutschland und keine Ideen für den Umgang mit Schutzsuchenden außerhalb Europas existieren, muss allerdings auch der zu spät handelnden und zerstrittenen Bundesregierung angelastet werden.


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Anstatt diese drei Themenbereiche weiterhin gänzlich getrennt voneinander von verschiedenen Beauftragten bearbeiten zu lassen, sollte deshalb über eine Bündelung in einem vollwertigen Ministerium nachgedacht werden. Gelingt es effektive Gegenmaßnahmen zu entwickeln, um den unbewussten Ausschluss oder die bewusste Ausgrenzung von Personen aus der Gesellschaft zu reduzieren, hilft das sowohl der Integration als auch der Gleichstellung oder der Inklusion.
Ein weiterer Vorteil eines solchen Ministeriums wäre es, dass diese Querschnittsthemen nicht als Beiwerk einzelner Ministerien untergehen. Inklusion ist z.B. keine Frage von Schule und Bildung alleine, sondern muss genauso auf Fragen des Wohnens oder Arbeitens ausgedehnt betrachtet werden. Auch die Integration endet nicht mit dem BAMF-Bescheid, sondern fängt dort erst an. Und auch die Gleichstellung hat noch mit etwas mehr als nur der Familie zu tun. Außerdem bekämen diese ganzen Themen mit einem eigenen Ministerium auch einen eigenen Etat und endlich auch eine eigene Stimme am Kabinettstisch.

Insgesamt denke ich, es ist die Kernaufgabe eines Landes, benachteiligten Menschen zu helfen, damit sie ihre Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft wahrnehmen können. Dies mit einem eigenen Ministerium zu verdeutlichen, wäre ein klares Signal für mehr Chancengerechtigkeit in Deutschland. Daneben hätte es aber auch zahlreiche organisatorische Vorteile, wenn die Themenbereiche Integration, Gleichstellung und Inklusion in einem solchen Ministerium gebündelt würden.


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Dublin-Verordnung mittlerweile einseitig gekündigt? https://www.mister-ede.de/politik/dublin-verordnung-gekuendigt/5342 https://www.mister-ede.de/politik/dublin-verordnung-gekuendigt/5342#comments Fri, 09 Sep 2016 14:47:13 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5342 Weiterlesen ]]> Laut Udo van Kampen, tätig für die renommierte Bertelsmann Stiftung, hat Kanzlerin Angela Merkel einseitig das Dublin-Abkommen gekündigt [1]. Falls diese Aussage von van Kampen stimmt, woran man bei einem so namhaften Europa-Experten sicherlich nicht zweifeln braucht, können Flüchtlinge nun nicht mehr nach z.B. Österreich oder Ungarn zurückgeführt werden. Auch war diese von van Kampen erwähnte Kündigung ein eklatanter Rechtsbruch Deutschlands, da die Dublin-Verordnung als Teil des EU-Rechts gar nicht hätte einseitig gekündigt werden dürfen. Ich bin Udo van Kampen und der Bertelsmann Stiftung deshalb wirklich sehr dankbar, dass sie Merkels rechtswidrige Machenschaften nun ans Licht gebracht haben.

Falls aber der Europa-Experte Udo van Kampen doch falsch liegt, wäre das natürlich ein Offenbarungseid. Dann hätte er nämlich ganz ohne Fakten einfach nur populistisch gegen Merkel gehetzt. Unvorstellbar. Oder?

Nichtsdestotrotz, nach meinen Kenntnisstand wurde die EU-Verordnung Nr. 604/2013 (Dublin-III-Abkommen) [2] nie gekündigt und ist noch vollständig in Kraft. Seltsam.


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[1] In der Phoenix-Runde vom 6.9.2016 antwortete van Kampen auf die Frage nach Merkels Fehlern in der Flüchtlingspolitik und der Isolation in Europa: „Viele haben sich überrumpelt gefühlt, insbesondere als das Dublin-Abkommen einseitig gekündigt wurde, und sie hat […] natürlich auch mit der Türkei das Flüchtlingsabkommen forciert […] und sich dann europäisch absegnen lassen.“ Etwa Minute 34 (Link zum Video auf www.phoenix.de)

[2] Wikipedia-Eintrag zur Dublin-III-Verordnung (Link zum Artikel auf wikipedia.org)

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