mister-ede.de » Frontex https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Eine Bilanz der EU-Flüchtlingspolitik der letzten 12 Monate https://www.mister-ede.de/politik/12-monate-fluechtlingspolitik/5013 https://www.mister-ede.de/politik/12-monate-fluechtlingspolitik/5013#comments Mon, 16 May 2016 19:01:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5013 Weiterlesen ]]> Als im April 2015 bei starker Tendenz nach oben über 10.000 Schutzsuchende in Griechenland ankamen, wurde erkennbar, dass sich neben der bisherigen Fluchtroute von Libyen nach Italien, über die seit dem arabischen Frühling 2011 jährlich rund 100.000 – 200.000 Flüchtlinge irregulär in die EU einreisen, eine weitere etabliert. Bei über 50.000 Einreisen nach Griechenland alleine im Monat Juli und über 100.000 im August wurde jedoch schnell deutlich, dass die Flüchtlingszahlen, auch aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, auf dieser Strecke ganz andere Dimensionen erreichen werden.
Nachdem durch die Verschiebung der Fluchtrouten außerdem zusätzliche Länder von der Migration betroffen waren, wurde ab diesem Zeitpunkt in weiten Teilen der EU jener Handlungsbedarf gesehen, auf den Italien bis dahin vergeblich aufmerksam machte.

In der Folge reagierten die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit verschiedenen Maßnahmen, von einem Ausbau der Grenzsicherung über einen veränderten Umgang mit Asylbewerbern aus den Balkanländern bis hin zu einer verbesserten Ausstattung des Internationalen Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Auch zahlreiche Asylrechtsdebatten waren die Folge, seien das Gesetzesänderungen oder die Auseinandersetzung über eine Obergrenze in Deutschland, die Einführung einer solchen in Österreich, die Aussagen osteuropäischer Regierungen, keine Muslime aufnehmen zu wollen, oder die aktuellen Änderungsvorschläge der EU-Kommission zum Dublin-Verfahren.

Reduktion der Zahl der in die EU kommenden Flüchtlinge:

Durch die Ausweitung der Finanzmittel für die Flüchtlingshilfe konnte in den letzten Monaten die gröbste Not in den Flüchtlingslagern rund um Syrien gelindert werden.
Auf einer Balkan-Konferenz im Herbst wurden Finanzhilfen für und eine bessere Zusammenarbeit mit den Nicht-EU-Ländern des Balkans vereinbart. Ergänzt um Maßnahmen der Mitgliedsstaaten, z.B. in Deutschland die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten auf die Balkan-Region, konnte damit die Zahl der Asylbewerber vom Balkan noch im Herbst 2015 deutlich gesenkt werden.
Zahlreiche EU-Länder reagierten überdies mit Grenzkontrollen an Binnengrenzen, wie z.B. Deutschland gegenüber Österreich, und an Außengrenzen, wie beim ungarischen Zaunbau zu Serbien. Gleichzeitig verstärkten die EU und ihre Mitgliedsstaaten die Zusammenarbeit mit der Türkei zum Schutz der Außengrenzen, was im März dieses Jahres in einem EU-Türkei-Abkommen mündete. Insgesamt führten diese Maßnahmen dazu, dass die Zahl der in die EU kommenden Flüchtlinge von über 200.000 im Oktober 2015 auf unter 20.000 im April 2016 gesunken ist.

Kleine Schritte der Harmonisierung und Koordination der Flüchtlingspolitik:

Daneben wurden die Mitgliedsstaaten durch die EU an die Verwendung des gemeinsamen Registrierungssystems für Flüchtlinge, Eurodac, erinnert, so dass heute der Datenaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten besser funktioniert. Außerdem wurde eine finanzielle und personelle Stärkung von Frontex verabredet und mit der EU-Verordnung Nr. 399/2016, die am 12.4.2016 in Kraft getreten ist, wurden im Rahmen des Schengener Grenzkodex neue Standards zur Grenzsicherung und zum Umgang mit Personen beim Grenzübertritt festgeschrieben.
Entgegen anderer Pläne der EU-Kommission, bleibt allerdings die Überwachung der EU-Außengrenzen, wie von den Mitgliedsstaaten gefordert, weiterhin die Aufgabe des jeweiligen Nationalstaats. Eine grundlegende Änderung der Systematik hin zu einer echten gemeinsamen europäischen Grenzsicherung findet damit nicht statt und bei der Reform des Dublin-Systems droht ähnliches. Auch hier stoßen schon die aktuellen Vorstellungen der EU-Kommission, die nur ansatzweise hin zu einem echten gemeinsamen Asylsystem gehen, auf zum Teil erbitterten Widerstand zahlreicher EU-Länder.

Mangelnde Bereitschaft, der humanitären Verantwortung gerecht zu werden:

Während es bei der Grenzsicherung noch gelungen ist, sich auf einen gemeinsamen Kurs zu verständigen, fehlt die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, gänzlich. So sind die dringend benötigten Umverteilungen aus Griechenland oder Italien bislang kaum vorangekommen und die Situation vieler Schutzsuchender in der EU ist noch immer beschämend. Auch die freiwilligen Kontingente zur Aufnahme von Flüchtlingen, wie sie im EU-Türkei-Abkommen vereinbart wurden, gibt es bislang nur auf dem Papier und auf noch größeren Widerstand der EU-Mitgliedsstaaten stoßen Mechanismen, bei denen die Nationalstaaten die Hoheit über die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Hand geben müssten, z.B. Quotensysteme.
Weiterhin fehlend damit jene regulären Wege nach Europa, mit denen die EU ihre humanitäre Verantwortung wahrnehmen könnte. Daneben ist bislang aber auch die Kontrolle unzureichend, ob der Schutz von abgewiesenen oder rückgeführten Personen in den Herkunfts- oder Drittstaaten tatsächlich gewährleistet ist. Und auch bei der Hilfe vor Ort bleibt die EU vieles schuldig und so fehlt z.B. eine Bündelung der Flüchtlingshilfe in einem gemeinsamen europäischen Flüchtlingshilfswerk, um Geflüchteten eng verknüpft mit einer europäischen Entwicklungszusammenarbeit in der Nähe ihrer Heimatregionen eine Perspektive zu geben.

Die Bilanz:

Fasst man zusammen, dann unternimmt die EU heute zumindest das Nötigste, um die Lage in den Krisengebieten und Flüchtlingslagern zu verbessern – aber eben auch nicht mehr. Die Asylmigration vom Balkan wurde gestoppt und häufig wurde das nationale Asylrecht verschärft. Weiterhin fehlen jedoch reguläre Wege in die EU, während die Zahl der irregulären Einreisen in Kooperation mit Herkunfts- und Drittstaaten reduziert wurde. Kleinere Schritte zur Harmonisierung des Grenzschutzes und zur besseren Koordination des Flüchtlingsmanagements wurden in der EU gegangen.
Insgesamt ist die Bilanz der EU-Flüchtlingspolitik der letzten Monate damit durchwachsen und es bleibt noch viel Luft nach oben.


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Die Hürden des EU-Türkei-Abkommens (www.mister-ede.de – 08.04.2016)

Gedanken zu einer Europäisierung der Asylpolitik in der EU (www.mister-ede.de – 25.08.2015)

Flüchtlinge in der EU: Grenzsicherung durch Rückführungsabkommen (www.mister-ede.de – 05.02.2016)

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Gedanken zu einer Europäisierung der Asylpolitik in der EU https://www.mister-ede.de/politik/gedanken-eu-asylpolitik/4303 https://www.mister-ede.de/politik/gedanken-eu-asylpolitik/4303#comments Tue, 25 Aug 2015 20:12:24 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4303 Weiterlesen ]]> Nachdem es inhuman, aber auch irrational ist, Syrer erst zu Schleppern zu zwingen, dann raus aufs Mittelmeer, um sie dort zu retten, in Italien zu registrieren, nach Deutschland ziehen zu lassen und sie dort nur zu dulden, weil sie ja eigentlich wieder zurück nach Italien müssten, wo man sie aber zurzeit nicht hin überführen darf – folgen ein paar Gedanken zu einer Neuordnung von Asylverfahren, Asylgewährung, Balkan-Politik und Grenzsicherung in der EU.

Grenzpakt:

Die Schengen-Länder sowie Bulgarien und Rumänien könnten einen Grenzpakt schließen, der vorsieht, dass, außer in Island und Norwegen, die Grenzsicherung eine gemeinsame Aufgabe der nationalen Behörden und der EU-Behörden wird. Die Außengrenzen werden dabei in „echte“ und „unechte“ Außengrenzen eingeteilt. Echte Außengrenzen sind Flughäfen und Häfen bei Verbindungen in und aus diesem Binnenraum, die offenen Seegrenzen sowie die Grenzen zu Russland, Weißrussland, Ukraine, Moldawien, Türkei und Marokko (z.B. Melilla). Unechte Außengrenzen sind die Grenzen zur russischen Exklave Kaliningrad und zu den Nicht-EU-Ländern des Balkans.

Die EU-Behörden legen dann eine Strategie zur Sicherung der echten und unechten Außengrenzen fest, die von den Außengrenzen-Ländern mit eigenem Personal und Material umgesetzt wird. Der hierfür kalkulierte Finanzbedarf wird zu 100% durch die Grenzpakt-Länder gemeinsam getragen genauso wie Investitionen in Grenzsicherungsanlagen bei „echten“ Außengrenzen.
Zusätzlich kann Frontex ausgebaut werden, um die Sicherung der Seegrenzen zu verbessern und langsam bis zu 25% der Sicherung der „echten“ Land-Außengrenzen in Zusammenarbeit mit den nationalen Grenzschutzbehörden zu übernehmen.

Gedanke:

Zum einen könnte so Schengen vorangebracht werden, weil Rumänien und Bulgarien langsam auch hineinkommen. Zum anderen würde sich ein geschlossenes Gebilde ergeben, das Kapazitäten freisetzt. Außerdem führt eine solche gemeinsame Lösung zu einer fairen Lastenverteilung und die Außengrenzen-Länder würden finanziell deutlich entlastet, so dass der Grenzschutz der EU nicht mehr von den Haushalten der einzelnen EU-Länder abhängt.
Hierdurch würde die Sicherheit der Außengrenzen einheitlicher und wahrscheinlich insgesamt auch besser z.B. in Bezug auf Schmuggel (Waren, Waffen, Geld, Kunst, Drogen). Durch den Ausbau eines europäischen Grenzschutzes würden dann auch z.B. deutsche oder französische Polizeibeamte eingebunden, so dass die Verantwortung für die Außengrenzen nicht einfach nur „abgedrückt“ wird. Durch den Aufbau eines europäischen Grenzschutzes würde zudem ein gemeinsames Projekt zum Zusammenwachsen entstehen, das zusätzlich ermöglicht, schnell und flexibel auf veränderte Anforderung an die Sicherheit der Außengrenzen einer bestimmten Region zu reagieren.

Balkan-Plan:

Die „unechten“ Außengrenzen sollten in diesem Fall vor allem durch gute Partnerschaft gesichert werden, was insbesondere für die an die EU grenzenden Balkanländer gilt. Ziel muss es sein, den Ländern eine Perspektive zu geben, so dass die Menschen nicht mehr von dort fliehen. Wenn in Deutschland 100.000 Asylprüfungen mit jeweils 3 Monaten Aufenthalt und einer Abschiebung weniger bezahlt werden müssen, sind das schnell mal ein paar hundert Millionen Euro, die z.B. in Schulen im Kosovo investiert werden können.

Gedanke:

Ziel muss es sein, die Fluchtursachen auf dem Balkan zu beseitigen und diese Länder langfristig zu stärken. Das würde dem Selbstverständnis der EU entsprechen und wäre dann auch tatsächlich nachhaltig.

Zentrale EU-Auffanglager, gemeinsames EU-Asylverfahren:

In EU-Ländern könnten Auffanglager eingerichtet werden, die vollständig von der EU verantwortet und finanziert werden. Wer ohne Aufenthaltsberechtigung aufgegriffen wird, wird in ein solches Auffanglager gebracht, bei Bedarf medizinisch untersucht und erfasst. Personen die kein Asylgesuch stellen, werden abgeschoben. Wird ein Asylgesuch gestellt, so wird zügig ein EU-weit einheitliches Asylverfahren durchgeführt. Bei Ablehnung wird ebenfalls abgeschoben und bei einer Asylgewährung wird der Flüchtling aus dem Auffanglager nach einem zu bestimmenden Modell auf die EU-Länder sowie die Schweiz, Norwegen und Island verteilt.

Gedanke:

Durch die schnelle Abschiebung von Personen ohne Asylgrund, besteht für diese kaum ein Anreiz, überhaupt den Versuch zu unternehmen in die EU einzureisen. Wer jedoch Fluchtgründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen kann, erhält schnell Schutz. Außerdem macht es für Flüchtlinge keinen Unterschied mehr, ob sie in Griechenland oder Deutschland einen Asylantrag stellen, weil sie überall das gleiche Verfahren erhalten. Sie müssen also nicht quer durch Europa ziehen.
Gleichzeitig erlaubt diese Umstrukturierung weg vom Dublin-Abkommen, Modelle zu finden, welche die Lasten fair verteilen, z.B. durch einen finanziellen Ausgleich für jenes Land, das einen Asylberechtigten übernimmt.

Zwischenfazit:

Die aufgeführten Punkte zielen darauf ab, die Flucht aus den Balkan-Ländern zu verringern, nach außen die Grenzen Europas undurchlässiger zu machen und innerhalb der EU eine gerechtere Lastenverteilung bei der Asylgewährung zwischen den Mitgliedsländern zu organisieren.
Überspitzt gesagt, helfen diese Punkte damit zwar Europa, weil die gesamteuropäische Herausforderung gesamteuropäisch angegangen wird, sie helfen jedoch nicht, die Probleme der Flüchtlinge zu lösen, die so auch weiterhin z.B. aus Syrien über das Mittelmeer fliehen müssten.

Dennoch halte ich diese drei Punkte für eine Diskussion wert, weil hiermit jene Kapazitäten frei würden, mit denen dann Flüchtlingen gezielt geholfen werden kann.

Genfer Pakt:

Mit einer solchen Vereinbarung könnte gezielt die Flucht aus europanahen Krisenregionen erleichtert werden. Die Träger der Hauptlast außerhalb der EU und die UN könnten hierzu finanziell unterstützt werden. Aktuell sollte dann z.B. der Türkei, dem Libanon und dem Irak bei der Versorgung von Flüchtlingen bzw. von Binnenflüchtlingen geholfen werden.
Daneben sollten bedarfsorientiert in einzelnen Staaten außerhalb der EU Behörden eingerichtet werden, in denen Personen mit bestimmter Nationalität ein begrenztes Aufenthaltsrecht zum Stellen eines Asylantrags in der EU erhalten. Das Aufenthaltsrecht berechtigt dann zum organisierten Transfer in ein festgelegtes EU-Auffanglager, um dort einen Antrag stellen zu können.
Betrachtet man Syrien als europanahe Krisenregion, so könnten in der Türkei und im Libanon solche Behörden eingerichtet werden, die es Syrern ermöglichen, sicher in die EU zu reisen und dort Asyl zu beantragen.

Gedanke:

In einem Kriegsgebiet können die Fluchtursachen nur sehr schwer beseitigt werden, allerdings kann durch die finanzielle Unterstützung von Nachbarländern zumindest die Flucht aus einer Region obsolet gemacht werden. Außerdem wird durch eine Vor-Ort-Hilfe am ehesten verhindert, dass sich die Krise in einer Region ausweitet. Man stelle sich nur vor, der Libanon versinkt nun auch noch im Chaos oder der türkisch-kurdische Konflikt flammt wieder richtig auf.

Fazit:

Während bei den ersten drei Punkten die Flucht vom Balkan, der Umgang mit Flüchtlingen und der Grenzschutz in der EU im Vordergrund stehen, zielt der vierte Punkt darauf ab, die Ausbreitung humanitärer Krisen zu verhindern und den Flüchtlingsschutz für die Bewohner einer festgelegten Krisenregion zu verbessern. Dies würde helfen, um z.B. Syrer eben nicht erst zu Schleppern zu zwingen, dann raus aufs Mittelmeer, um sie dort zu retten, in Italien zu registrieren, nach Deutschland ziehen zu lassen und sie dort nur zu dulden, weil sie ja eigentlich wieder zurück nach Italien müssten, wo man sie aber zurzeit nicht hin überführen darf.


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Wie eine Zementierung der Ungleichgewichte wirken politische Maßnahmen wie Einfuhrzölle auf der einen und Frontex auf der anderen Seite. Es ist die Trennlinie, mit der klargestellt wird, dass Kleidung aus Bangladesh aus usbekischer Baumwolle nach Europa darf, aber Baumwollpflücker und Näherin sollen bitte auf ihrer Seite der Trennlinie bleiben. Unter anderem mit Saatgut wird die wirtschaftliche Abhängigkeit vertieft (Monsanto) und durch Schürfrechte (Glencore) und Landverkauf werden die Ressourcen der Länder abgeschöpft. Wer so tut, als ob der Rohstoffreichtum Südafrikas, dem dortigen Volk zu Gute kommt, der bindet einem einen de Beers auf. Auch bei der Klimapolitik zeigt sich, dass die Industrienationen ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen. Leidtragende werden wieder andere sein.

Man könnte sich nun fragen, wieso sich in diesen Ländern kein Widerstand regt, aber man denke an Panzerlieferungen an den Öl-Staat Saudi-Arabien oder die Geschäfte mit Gaddafi oder Mubarak. Während wir von einer starken Bürgergesellschaft in Deutschland, vom Land der Freiheit in den USA, oder der Grande Nation sprechen, werden andere Gesellschaften klein gehalten. Von Menschenrechten oder Bürgergesellschaft wird bei Geschäften mit Russland nicht gesprochen und das ist noch die angenehmere Variante. Denn zum Teil geht es ja soweit, dass die lokalen Unterdrücker mit Waffen beliefert oder bei der Ausbildung unterstützt werden.

Mein Eindruck ist, dass einige in Deutschland ganz gut damit leben können, solange Deutschland auf der Seite der Profiteure steht. Die größten außenpolitischen Bedenken sind für diese wohl, dass sich die rund 1,5 Mrd. Menschen in Nord-Amerika, Europa, Ostasien und Australien in Zukunft die globalen Ressourcen mit 1 Mrd. Chinesen werden teilen müssen. Der Gedanke, dass auch den Indern, Afrikanern oder Südamerikanern etwas von diesem Kuchen zusteht, kommt eher selten vor. Anscheinend ist es möglich, mit der Schuld an der globalen Ausbeutung zu leben, wenn das Leid in weiter Ferne ist.


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