Die globale Wirtschaft – Unsere Schuld und fremdes Leid

Wenn über den Wohlstand in Deutschland gesprochen wird, dann wird stets auf die innovativen Produkte, die Bildungs- und Forschungslandschaft und den gut organisierten Staat hingewiesen. Eher selten wird zur Begründung die Ausbeutung ärmerer Länder herangezogen. Der Stahl der hier benötigt wird, das Öl, die Kohle oder andere Rohstoffe (aktuell z.B. seltene Erden), werden aus dem Rest der Welt hierher und in die anderen Industriestaaten verbracht. Ohne die Rohstoffimporte aus Afrika, Vorder- und Zentralasien oder Südamerika würde es in Europa, Japan oder Nordamerika nicht diesen Wohlstand geben – nicht geben können.

Wie eine Zementierung der Ungleichgewichte wirken politische Maßnahmen wie Einfuhrzölle auf der einen und Frontex auf der anderen Seite. Es ist die Trennlinie, mit der klargestellt wird, dass Kleidung aus Bangladesh aus usbekischer Baumwolle nach Europa darf, aber Baumwollpflücker und Näherin sollen bitte auf ihrer Seite der Trennlinie bleiben. Unter anderem mit Saatgut wird die wirtschaftliche Abhängigkeit vertieft (Monsanto) und durch Schürfrechte (Glencore) und Landverkauf werden die Ressourcen der Länder abgeschöpft. Wer so tut, als ob der Rohstoffreichtum Südafrikas, dem dortigen Volk zu Gute kommt, der bindet einem einen de Beers auf. Auch bei der Klimapolitik zeigt sich, dass die Industrienationen ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen. Leidtragende werden wieder andere sein.

Man könnte sich nun fragen, wieso sich in diesen Ländern kein Widerstand regt, aber man denke an Panzerlieferungen an den Öl-Staat Saudi-Arabien oder die Geschäfte mit Gaddafi oder Mubarak. Während wir von einer starken Bürgergesellschaft in Deutschland, vom Land der Freiheit in den USA, oder der Grande Nation sprechen, werden andere Gesellschaften klein gehalten. Von Menschenrechten oder Bürgergesellschaft wird bei Geschäften mit Russland nicht gesprochen und das ist noch die angenehmere Variante. Denn zum Teil geht es ja soweit, dass die lokalen Unterdrücker mit Waffen beliefert oder bei der Ausbildung unterstützt werden.

Mein Eindruck ist, dass einige in Deutschland ganz gut damit leben können, solange Deutschland auf der Seite der Profiteure steht. Die größten außenpolitischen Bedenken sind für diese wohl, dass sich die rund 1,5 Mrd. Menschen in Nord-Amerika, Europa, Ostasien und Australien in Zukunft die globalen Ressourcen mit 1 Mrd. Chinesen werden teilen müssen. Der Gedanke, dass auch den Indern, Afrikanern oder Südamerikanern etwas von diesem Kuchen zusteht, kommt eher selten vor. Anscheinend ist es möglich, mit der Schuld an der globalen Ausbeutung zu leben, wenn das Leid in weiter Ferne ist.


Ähnliche Artikel:
Der BIP-Vergleich: Von Monaco bis Malawi (www.mister-ede.de – 13.06.2012)

Diskussion:

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>