mister-ede.de » NRW https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Wie wird sich die Corona-Pandemie in Deutschland, Europa und der Welt weiterentwickeln? https://www.mister-ede.de/politik/corona-deutschland-europa/8963 https://www.mister-ede.de/politik/corona-deutschland-europa/8963#comments Tue, 31 Mar 2020 20:56:21 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8963 Weiterlesen ]]> Viele Menschen treibt aktuell diese eine Frage um: Wie wird sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln? Eine Antwort auf diese Frage kann aktuell aber niemand seriös geben. Es ist noch ungewiss, wie das Virus auf sommerliche Temperaturen reagiert. Und sollten beispielsweise Impfstoffe oder Medikamente verfügbar werden, ändert sich die Situation ebenfalls schlagartig. Aber auch wenn man solche Wendungen außen vor lässt, ist es aktuell schwierig, eine einigermaßen zuverlässige Aussage über den Fortgang der Seuche zu treffen.

Eine Ursache hierfür sind die grundsätzlichen Probleme, die sich aus diesem speziellen Katastrophen-Ereignis ergeben. Das Coronavirus selbst ist nicht wahrnehmbar, aber eben auch viele Infizierte haben keine oder kaum Symptome, fallen also nicht auf.
Würden die Erkrankten direkt am ersten Tag blaue Punkte im Gesicht bekommen, wäre es viel einfacher. So aber kann es über mehrere Tage oder, wenn die ersten Fälle als Grippe oder Erkältung fehlinterpretiert werden, auch über Wochen zu einem unbemerkten breitflächigen Seuchenausbruch kommen. Anfang Februar tobte das Coronavirus bereits kräftig in Norditalien und dennoch erahnte dort niemand die Gefahr. Während man also beispielsweise nach einem nuklearen Super-GAU recht genau die Kontamination einer Gegend messen kann, ist es bei Covid-19 damit schon schwer, die Ausgangsfrage zu beantworten, wie viele Infizierte es zu einem gewissen Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gibt.
Die einzige Möglichkeit, um eine Aussage über die Verbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung und seine Ausbreitungsgeschwindigkeit zu treffen, ist daher über Tests, die aktuell jedoch nur mit labortechnischen Untersuchungen möglich sind. Sofern Tests durchgeführt werden, kann damit auf mehreren Wegen die Verbreitung des Corona-Virus untersucht werden:
Man kann alle Menschen in einem Gebiet testen und bekommt damit einen sehr schnellen und präzisen Überblick über die aktuelle Verbreitung des Virus und bei regelmäßiger Wiederholung auch über die Ausbreitungsgeschwindigkeit. Sofern es irgendwann Schnelltests gibt, wird das sicherlich eine Überlegung wert sein. Solange jedoch Labore nötig sind, wird man die für solche Massentests nötigen Kapazitäten aber nur in Einzelfällen, z.B. für eine kleine Stadt, bereitstellen können.
Was in Deutschland stattdessen praktiziert wird, ist deshalb eine selektive Testung z.B. symptomatischer Patienten oder von Kontaktpersonen bestätigter Covid-19-Fälle. Bei dieser Variante ist allerdings völlig klar, dass es eine gewisse Zahl an unentdeckten Infektionen gibt. Man kann also nicht genau auf die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung schließen. Nachdem sich aber in Deutschland durch die von Anfang an vielen Tests das Verhältnis der unbekannten zu den bekannten Infektionen im Verlauf der Epidemie nur geringfügig verändern sollte, kann aus diesen Daten dennoch recht schnell und präzise auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit geschlossen werden.
In vielen Ländern der Welt reichen die Testkapazitäten aber selbst hierfür nicht bzw. nicht mehr aus. In diesem Fall kann dann nur noch auf Basis der an Corona verstorbenen Menschen näherungsweise zurückgerechnet werden, wie viele Infizierte es etwa zwei Wochen zuvor gab. Aber auch dafür ist es natürlich zwingend erforderlich, dass zumindest auf das Virus getestet wird.

Gerade jedoch in China, wo es offenkundig am Willen mangelt, aber auch in den vielen Entwicklungs- und Schwellenländern mit deutlich schwächerer Diagnostik als in Europa, fehlt es an solchen umfassenden Tests und validen Daten. Daher lassen sich im Moment selbst aus den jeweiligen Todeszahlen solcher Länder keine Rückschlüsse auf den dortigen Stand der Corona-Ausbreitung ziehen. So könnte es abweichend zu den offiziellen Zahlen in Mexiko-Stadt, Bogota oder Nairobi auch bereits dutzende Corona-Tote und tausende Infizierte geben und es bekommt im Moment nur noch niemand mit, weil es einfach an ausreichenden Tests fehlt.
In Europa hingegen dürften zumindest die Todeszahlen einigermaßen stimmen, was für die Welt allerdings nichts Gutes erahnen lässt. Bei etwa 30.000 Toten und einer angenommenen durchschnittlichen Letalität (Sterberate) von 2,5% haben sich seit Beginn der europäischen Corona-Epidemie Ende Januar über 1 Mio. Menschen in Europa infiziert. Und da das eine Rückwärtsrechnung ist, handelt es sich bei dieser Zahl um den geschätzten Stand der Infektionen Mitte März. Innerhalb von 8 Wochen haben also ein paar dutzend Flugreisende aus China diese enorme Infektionswelle ausgelöst.
Und nun ist Europa bestimmt nicht das Maß aller Dinge. Insbesondere was Pandemien anbelangt, sind ostasiatische Staaten wesentlich erfahrener und Länder wie Süd-Korea oder Singapur sind überdies straffer organisiert und uns auch technisch weit voraus. Dass aber die Entwicklung ebenso in Amerika, Indien oder gar Afrika wesentlich anders und besser sein sollte als in Europa, kann ich mir jedoch kaum vorstellen. Und einen Beleg dafür, dass diese Einschätzung nicht ganz falsch zu sein scheint, haben in den letzten Tagen die USA geliefert. So zeigte sich dort nach dem Hochfahren der Testungen innerhalb kürzester Zeit ein ganz anderes Ausmaß der Seuchenverbreitung, als es die Zahlen bis dahin hätten vermuten lassen.
Was heißt das aber nun für die Frage, wie sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln wird? Natürlich wäre es möglich, dass außer den USA, dem Iran und Europa die Welt ansonsten den Erreger gut im Griff hat. Vielleicht fühlt sich das Coronavirus ja nur in diesen Breitengraden der nördlichen Hemisphäre wohl. Womöglich fehlt es in vielen Ländern der Welt aber auch einfach nur an der Ausrüstung, um die Corona-Epidemie frühzeitig vor einem Überquellen der Krankenhäuser zu bemerken. Und ob China oder auch Japan die Corona-Pandemie wirklich schon hinter sich haben, ist zurzeit leider ebenfalls nicht sicher. So könnten am Ende Süd-Korea und Singapur mit ihrem sehr frühen und energischen Handeln zu den wenigen Ausnahmen gehören, falls es tatsächlich in einigen Wochen zu einer weltweiten Katastrophe kommen sollte.

Während man aber auf der globalen Ebene wegen der schlechten Datenlage nur Vermutungen anstellen kann, sind für Europa zumindest rudimentäre Einschätzungen möglich. So sind bis heute in Italien 12.500 Menschen und in Spanien über 8.000 Menschen an Covid-19 verstorben. Für Mitte März – kurz zuvor spielte Atalanta Bergamo noch in der Champions League auswärts in Valencia – lässt sich damit für diese beiden Länder eine gute halbe Million Infizierter errechnen, was einem Anteil von ca. 0,5% der dortigen Bevölkerung entspricht. Sowohl Italien wie auch Spanien sind somit noch weit weg von einer schützenden Herdenimmunität, während gleichzeitig die Situation dort schon jetzt höchst kritisch, geradezu chaotisch ist. Und leider ist für Italien und insbesondere für Spanien auch in den nächsten Tagen keine Verbesserung der Lage in Sicht. Zum einen werden die dort getroffenen Maßnahmen – in Italien früher als in Spanien – erst mit einiger Verzögerung die Infektionen reduzieren und noch später die Zahl der Intensivpatienten und Toten. Zum anderen sind in beiden Ländern die Kapazitätsgrenzen für eine adäquate Versorgung bereits jetzt erreicht und dürften nun sukzessive in immer mehr Landesteilen gesprengt werden.
Eine ähnliche Entwicklung könnte auch in anderen europäischen Staaten folgen. Das gilt insbesondere für Frankreich, das zwischen den beiden aktuell am härtesten betroffenen europäischen Ländern liegt, genauso wie für Österreich und die Schweiz mit der Nähe zu Norditalien und auch für Großbritannien, das erst äußerst spät reagierte und ein sehr schwaches Gesundheitssystem hat. Alleine aus der Rückrechnung der Todeszahlen kann man jedoch noch keine Aussage darüber treffen, ob es auch im Rest Europas so schlimm wird wie in Italien oder Spanien.
Blickt man zusätzlich auf die Zahl der Neuinfektionen, geben die Daten aus der Schweiz aber zumindest etwas Anlass zur Hoffnung. Nach dem frühen Shutdown des Landes bleibt dort die Zahl der Neuinfektion inzwischen relativ konstant. Sollte sich dieser Trend auch in anderen Teilen Europas einstellen, könnte manche europäische Region noch einmal knapp an der Katastrophe vorbeischrammen und mit einem blauen Auge davonkommen. Das allerdings wird man wohl erst in ein, zwei Wochen sehen können und muss man sich dann auch von Land zu Land noch einmal genauer anschauen.

Ähnliches gilt für Deutschland. Zwar gibt es hierzulande eine ausreichend gute Datenlage, um eine Verlangsamung des mittleren täglichen Anstiegs der Infektionen von über 30% Mitte März, auf 20% Ende letzter Woche und aktuell unter 10% relativ verlässlich messen zu können.

Aber auch hier ist es für eine Aussage zu früh, denn selbst ein täglicher Anstieg der Infektionen von 2% würde nach nur wenigen Wochen zu italienischen Zuständen führen. Man wird daher noch die nächsten Tage abwarten müssen, um sagen zu können, ob sich der Anstieg nur einem niedrigen Niveau annähert oder tatsächlich zeitnah eine Trendwende gelingt und aus dem Anstieg ein Rückgang wird. Wäre das der Fall und die Zahl der Corona-Infektionen würde wieder deutlich abnehmen, könnte man allerdings für Deutschland recht zuverlässig sagen, dass zumindest unter Beibehaltung der strikten Shutdown-Maßnahmen die Epidemie hierzulande kontrolliert werden kann.
Gleichwohl wird sich die Zahl der schweren Erkrankungen und der Verstorbenen auch bei diesem Szenario in den nächsten zwei, drei Wochen noch deutlich erhöhen, weil sich der Anstieg dieser Fallzahlen erst mit zeitlicher Verzögerung zum Anstieg der Neuinfektionen vollzieht. Und während die Gesundheitsbehörden bis zum 16.3. noch weniger als 10.000 Personen meldeten, bei denen die Testergebnisse positiv ausfielen, waren es in den darauf folgenden zwei Wochen mehr als 50.000 Menschen, die untersucht und positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Diesen Zahlen gegenüber standen am 31.3. innerhalb des RKI-Meldesystems 1.486 Covid-19-Erkrankte in intensivmedizinischer Betreuung [1]. Es ist nun zu erwarten, dass sich ihre Anzahl im Laufe der nächsten Tage entsprechend dem Infektionsanstieg vervielfachen wird. Bei über 7.000 im Rahmen dieses Systems sofort belegbaren Intensivbetten sollten die Kapazitäten bis Ende nächster Woche aber reichen und weitere Intensivplätze sind auch noch in der Hinterhand. Es ist daher absolut richtig, einen Teil der Betten jetzt zu nutzen, um Erkrankte aus den stark betroffenen Ländern Europas zu versorgen. Klar wird damit allerdings auch, dass der Anstieg der Fallzahlen in Deutschland nicht mehr allzu lange andauern darf, weil ansonsten selbst diese großen Kapazitäten nicht mehr ausreichen werden.
Darüber hinaus wird sich Deutschland darauf einstellen müssen, schwer erkrankte Personen bundesweit auf die vorhandenen Intensivplätze zu verteilen. Denn wie für die Welt und Europa gilt auch für Deutschland, dass es bei der Ausbreitung des Coronavirus große regionale Unterschiede gibt. Besonders in Süd- und Westdeutschland ist das Virus aktuell deutlich weiter verbreitet, was dazu führen könnte, dass die Kapazitäten des Gesundheitssystems dort trotz Verlangsamung des Infektionsgeschehen nicht mehr ausreichen, während in anderen Teilen der Republik noch über längere Zeit Intensivbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. Für ein solches Szenario, also eine Verlegung von täglich hunderten Erkrankten über weitere Strecken, sollten sich die entsprechenden Organisationen und Institutionen (Luftrettung, Bundeswehr) daher vorbereiten, um im Ernstfall genügend Transportkapazitäten bereitstellen zu können.
Daneben wird man auch beobachten müssen, inwiefern es Unterschiede zwischen großen Metropolen und weniger dicht besiedelten Gegenden gibt. Es wäre zum Beispiel nicht sonderlich verwunderlich, wenn das in weiten Teilen eher ländlich strukturierte Mecklenburg-Vorpommern weniger stark von der Epidemie getroffen werden würde als die Bundeshauptstadt Berlin. Auch in diesem Fall sollten die ungenutzten Kapazitäten in diesen Regionen konsequent zur Entlastung stärker betroffener Gebiete genutzt werden.

Die erheblichen regionalen Unterschiede führen allerdings auch dazu dass eine Prognose für Deutschland schwer ist. Klar, solange die Zahl der bundesweiten täglichen Neuinfektionen weiter mehr oder weniger schnell steigt, befindet sich Deutschland auf dem Weg in die schlimmste humanitäre Katastrophe seit der Nachkriegszeit. Aber auch wenn die Zahl der Neuerkrankungen im bundesschnitt konstant bliebe oder zurückginge, sollte das nicht zu einer zu frühen Entwarnung führen. Wenn die aktuellen Ausgangsbeschränkungen in weiten Teilen des Landes eine schnelle Abnahme der Neuinfektionen bewirken, kann das nämlich überdecken, dass es in einzelnen Bundesländern, Städten, Kreisen oder auch Dörfern weiterhin zu einem Anstieg der Fallzahlen kommt. So liegt beispielsweise der durchschnittliche tägliche Anstieg der Neuinfektionen in NRW seit Mitte März stets 2 bis 5 Prozentpunkte unter dem Bundesschnitt.

Umgekehrt müssen dann aber auch andere Regionen über diesem Bundesschnitt liegen. Und genauso gibt es innerhalb der einzelnen Bundesländer erhebliche Unterschiede. Während nur jeder 16. Nordrhein-Westfale in Köln lebt, kommen 10% der Corona-Fälle des Landes von dort – Tendenz steigend. Selbst zwischen direkt benachbarten und strukturell ähnlichen Landkreisen und, wie man an Gangelt sieht, sogar Gemeinden kann es riesige Unterschiede geben. Bei einer Lockerung der aktuellen Maßnahmen könnte daher sehr schnell eine neue zweite Infektionswelle über eine noch immer weitestgehend nicht immune Bevölkerung rollen. Ein Ischgl hat ja für ein solches Szenario offenkundig ausgereicht und das nächste Ischgl könnte genauso gut auf Sylt liegen.

Was aber heißt das nun für Deutschland? Sowohl die Daten aus der Schweiz wie auch die spürbare Verlangsamung des Anstiegs in Deutschland deuten an, dass eine Trendwende schaffbar ist. Dafür allerdings muss der Shutdown noch mindestens ein, zwei Wochen weitergehen und auch danach wird es erheblicher Einschränkungen bedürfen. Möglicherweise wird es dabei auch zu der Situation kommen, dass die Epidemie zwar in weiten Teilen des Landes unter Kontrolle ist, es aber immer wieder zu verschiedenen regionalen Ausbrüchen der Seuche kommt. Auch hierauf wird man sich vorbereiten müssen, sobald erkennbar wird, dass sich die Lage in Deutschland insgesamt allmählich wieder verbessert. Während man für die Welt nur vermuten kann und für weite Teile Europas nur hoffen, ist für Deutschland damit zumindest ein ganz vorsichtiger Optimismus erlaubt.


Text als PDF: Wie wird sich die Corona-Pandemie in Deutschland, Europa und der Welt weiterentwickeln


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[1] Täglicher Lagebericht des RKI vom 31.3.2020 (Lagebericht als PDF auf www.rki.de)

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Die Rache der GroKo: SPD steht nach NRW-Wahl vor einem Scherbenhaufen https://www.mister-ede.de/politik/die-rache-der-groko/8418 https://www.mister-ede.de/politik/die-rache-der-groko/8418#comments Sun, 14 May 2017 16:02:31 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8418 Weiterlesen ]]> Als die SPD-Führung um Sigmar Gabriel im Herbst 2013 für die Regierungskoalition mit der Union warb, versprach sie den Mitgliedern: „Diesmal wird alles anders, denn der Koalitionsvertrag trägt die klare Handschrift der SPD.“ Rund drei Viertel der Genossinnen und Genossen vertrauten diesen Worten und stimmten beim anschließenden Mitgliederentscheid für die Große Koalition. Einstein hätte dazu wohl gesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“
Anstatt die ungeliebte Rolle als Juniorpartner an der Seite der Merkel-Union den Grünen zu überlassen und mit der SPD auf der Bundesebene eine starke Opposition zu bilden oder gar mit der rot-rot-grünen Mehrheit im Bundestag eine SPD-geführte Regierung zu installieren, ging die Sozialdemokratie erneut jenen Weg, den sie auch nach der Bundestagswahl 2005 mit wenig Erfolg beschritten hatte.

Und so kam es, wie es kommen musste. Nach einem kurzen Hype rund um den Mitgliederentscheid sackte die SPD in der Wählergunst ab und wie bereits in der Regierungszeit von 2005 bis 2009 ging die SPD bei den anschließenden Landtagswahlen auf Talfahrt. Zwar konnten die Sozialdemokraten im Herbst 2014 in Sachsen noch 2,0% zulegen, allerdings nur von einer äußerst niedrigen Ausgangsbasis von 10,4%. Bereits zwei Wochen später verlor die SPD dann 1,1% der Wählerstimmen in Brandenburg und musste in Thüringen sogar ein Minus von 6,1% hinnehmen, was in beiden Bundesländern zu den historisch schlechtesten SPD-Ergebnissen führte. Auch 2015 setzte sich dieser Trend bei der Hamburger Bürgerschaftswahl mit -2,8% und dem Verlust der absoluten Mehrheit in der Hansestadt fort, bevor die Sozialdemokraten nach einem Minus von 5,8% ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg in Bremen einfuhren.
Einzige Ausnahme in dieser Reihe ist die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Frühjahr 2016. Doch auch dort gelang es der SPD, trotz einer herausragenden Ministerpräsidentin Malu Dreyer, lediglich, das Ergebnis der letzten Wahl zu halten (+0,5%). Allerdings mussten die Sozialdemokraten am gleichen Tag bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg (-10,4%) und Sachsen-Anhalt (-10,9%) herbe Niederlagen und in diesen beiden Bundesländern ebenfalls die schlechtesten SPD-Ergebnisse in der Geschichte einstecken. Im Herbst 2016 folgten dann weitere schwere Schlappen für die Sozialdemokraten mit -5,0% in Mecklenburg-Vorpommern und -6,7% in Berlin, was auch in der Hauptstadt das schlechteste SPD-Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik bedeutete.

Anfang 2017 schmiss dann Sigmar Gabriel, der drei Jahre zuvor die Große Koalition eingefädelt und den Mitgliedern als kommende Erfolgsgeschichte verkauft hatte, seinen Parteivorsitz hin und hievte stattdessen Martin Schulz in das höchste Parteiamt. Doch auch Schulz konnte bislang keine Ideen und Vorstellungen präsentieren, durch die es der SPD gelungen wäre, ihr Image als Juniorpartner der Merkel-Union abzustreifen. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es auch bei den nachfolgenden Landtagswahlen im Saarland (-1,0%) und in Schleswig-Holstein (-3,2%) zu weiteren Verlusten für die Sozialdemokraten kam.
Unvermindert setzte sich dieser Trend nun bei der heutigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mit einem deutlichen Minus von über 8% fort. Sollte das Endergebnis unter 32% bleiben, bedeutet das auch für NRW das schlechteste SPD-Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg. Dreieinhalb Jahre nachdem sich die SPD in die Große-Koalition begab, steht sie damit heute vor den Scherbenhaufen dieser strategischen Fehlentscheidung. Wie der so geschwächten SPD, die auf der Bundesebene weiterhin in ihrer Rolle als Koalitionspartner der Union feststeckt, bis zur Bundestagswahl im Herbst ein Neuanfangen gelingen soll, bleibt fraglich. Klar ist allerdings, ein „Weiter so“ ohne klare Haltung und konkrete Inhalte werden nicht reichen, um die Partei aus jenem GroKo-Grab zu ziehen, dass sie sich in den vergangen Jahren selbst geschaufelt hat.


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Der neue Glücksspielstaatsvertrag – Eine Chance wurde vertan https://www.mister-ede.de/politik/glucksspielwesen-chance-vertan/1330 https://www.mister-ede.de/politik/glucksspielwesen-chance-vertan/1330#comments Fri, 26 Oct 2012 10:22:29 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1330 Weiterlesen ]]> Die Ausgestaltung des Glücksspiel- und Wettmarktes ist vornehmlich eine politische Entscheidung. Bislang war der Markt so ausgestaltet, dass Glücksspiele überwiegend vom Staat selbst angeboten wurden, die Gewinne aus dem Angebot von Glücksspiel also der Allgemeinheit zur Verfügung standen.

Diese Monopolstellung des Staates widerspricht aber nach heutiger Auffassung zumindest dann gegen das EU-Recht, wenn der Staat das Monopol nutzt um monetäre Vorteil hieraus zu ziehen. Anders ausgedrückt ist eine Marktbeschränkung dann nicht nachvollziehbar, wenn der Staat selbst den Markt kräftig zum Geld verdienen nutzt. Ob dieser Grundsatz des freien Marktes in solchen Bereich wirklich sinnvoll ist, steht hierbei auf einem anderen Blatt.

Die zweite Entwicklung, welche eine Anpassung bisheriger Regelungen dringend erforderlich macht, ist das Internet. Das grenzüberschreitende Glücksspiel wird zunehmen an Bedeutung gewinnen, sofern der Staat es nicht aktiv unterbindet. Die Ansätze, welche bis hin zur Überwachung von Geldzahlungen [1] oder Datenverkehr gehen, können hier aber kaum das adäquate Mittel sein.

Anfang November wird auch in NRW über die Ratifizierung des Glücksspielstaatsvertrages entschieden, wobei es voraussichtlich zu einer Zustimmung des Parlamentes kommen wird. Danach verbleibt lediglich Schleswig-Holstein mit einem eigenen Glücksspielrecht. Aber auch Kiel hat bereits angekündigt ebenfalls dem GSV beizutreten.

Meine Abneigung, gegen die Ausgestaltung des Staatsvertrages habe ich bereits dargestellt. Dies resultiert zum einen aus der schwachen europarechtlichen Basis, auf dem ich den Vertrag sehe. Zum anderen fehlt mir der politische Gestaltungswille. Es wäre Zeit gewesen in diesem Bereich das „Durchwurschteln“ zu beenden und eine solide Basis für das Glücksspielwesen zu schaffen. Ich sehe nicht, wie die Neuregelung den Schutz vor Spielsucht verbessern soll, ich sehe keine verbesserte Einnahmesituation des Staates und auch keine wirkliche Verbesserung für die privaten Anbieter.

Nachdem es sich aber um eine politische Entscheidung handelt, wird es sehr schwierig in den nächsten Jahren diese Regelung noch einmal zu verändern, sofern nicht europäische Gerichte Einwände geltend machen. Ich glaube eine Chance wurde vertan.


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[1] Bericht über die öffentliche Anhörung im Finanzausschusses vom 22.10.2012 (www.bundestag.de). Unter anderem ging es um verschärfte Geldwäschegesetze (Link zum Bericht)

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NRW und der Glücksspielstaatsvertrag https://www.mister-ede.de/politik/glucksspielstaatsvertrag-nrw/1295 https://www.mister-ede.de/politik/glucksspielstaatsvertrag-nrw/1295#comments Mon, 15 Oct 2012 14:09:33 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1295 Weiterlesen ]]> Noch immer ist der neue Glücksspielstaatsvertrag politisch nicht unter Dach und Fach. Juristische Nachspiele sind sowieso zu erwarten, weil Schritte in diese Richtung von Seiten der privaten Glücksspielanbieter schon angekündigt wurden.  Eine Neuregelung wurde notwendig, nachdem der alte Glücksspielstaatsvertrag mit dem freien Wettbewerb der EU nicht vereinbar war. Dies resultiert daraus, dass in der EU alle Wettbewerber den gleichen Marktzugang haben sollen und kein Anbieter von staatlicher Seite bevorteilt werden darf. In Deutschland aber wird das Glücksspiel, abgesehen von Automaten, fast ausschließlich vom Staat selbst angeboten, der per Gesetz private Anbieter bislang vor dem Eintritt in den Markt abgehalten hat. Auf diese Art bevorteilt der Staat sich selbst. Aber auch ein solches Vorgehen kann mit EU-Recht vereinbar sein, wenn sonst keine andere angemessen Möglichkeit besteht, um den Schutz der Bürger, in diesem Fall vor Glücksspielsucht, umzusetzen. Mit Hinblick auf den letzten Staatsvertrag wurde aber gerade kritisiert, dass bei der Ausgestaltung des Glücksspielwesens in Deutschland das Monopol nur in Teilbereichen existierte und dort wo es existierte, die staatlichen Anbieter mit Werbung und Onlineangeboten, welche es damals schon kurzzeitig gegeben hatte, intensiv vertreten waren [1].

Nachdem sich dann im vergangen Jahr alle Bundesländer, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, bzw. eine Änderung des alten Vertrages, geeinigt haben, sollte in diesem Jahr die Ratifizierung in den Parlamenten stattfinden. Bislang haben alle anderen beteiligten Bundesländer außer NRW die Gesetzgebung abgeschlossen und dem Vertrag durch die Landesparlamente zugestimmt. Damit ist in diesen Bundesländern zum 01.07.2012 dieser neue Vertrag auch geltendes Recht geworden, während in NRW und Schleswig-Holstein noch altes Recht gilt. Neben den Problemen, die der neue Glücksspielstaatsvertrag mit sich bringt, wirft auch diese Spaltung der Republik zusätzliche Fragen auf. Allerdings sehe ich in diesem Zustand auch die Chance für einen generellen Neuanfang in der Debatte.

Aus meiner Sicht sollte es das eigentliche Ziel sein, ein neues Glücksspielrecht zu schaffen, welches eine verlässliche Basis für die Anbieter und die Konsumenten von Glücksspiel bietet. So könnte in diesem Zusammenhang gefragt werden, wie eine Selbstsperre für Spielsüchtige in Zeiten des Internets funktionieren kann. Man hätte die Möglichkeit zu fragen, wie die Transparenz von Anbietern sinnvoll den Verbraucherschutz fördern kann, oder wie in einer freien Gesellschaft eine Suchtprävention am besten umgesetzt wird. Und man könnte nebenbei fragen, ob die Scheinheiligkeit der politisch Handelnden, die stets die Steuern nicht wegen der Einnahmen erheben, wirklich nötig ist.

Das mit dem jetzigen Glücksspielstaatsvertrag verfolgte Ziel scheint mir hingegen zu sein, das staatliche Lotteriemonopol mit Hinblick auf EU-Recht abzusichern. Auf diese Weise aber bleiben die tatsächlichen Probleme vollständig ungelöst, teilweise nicht einmal betrachtet.

Einheitliche Kompetenzen:

Als wesentlichste Aufgabe eines neuen Glücksspielrechtes sehe ich die Vereinheitlichung der Kompetenzen auf Bundesebene. Aus meiner Sicht, kann nur hier sinnvoll eine Überwachung und Kontrolle, vor allem des Online-Marktes, organisiert werden. Desweiteren halte ich auch die Konstellation des Glücksspielstaatsvertrages für schwierig, weil fast alle Bundesländer beteiligt sind und sinnvollerweise auch sein müssen. Man könnte vermuten, wenn alle Parteien beteiligt sind, dann kommt schon ein guter Mittelweg heraus, allerdings befürchte ich, hier gilt eher das Sprichwort „Zu viele Köche verderben den Brei“.

Steuer auch zur Einnahmeerzielung:

Als weiteren wichtigen Schritt sehe ich eine Abkehr von der Haltung an, dass Steuern im Glücksspielwesen lediglich der Suchtvorbeugung und damit dem Wohl der Spieler und Tipper selbst dienen sollen. Eine Besteuerung des Glücksspiels auch zum Zweck der Einnahmeerzielung ist legitim und wünschenswert und hat gleichzeitig eine positive Lenkungswirkung. Es erscheint mir auch weder verwerflich noch exotisch, denn bei Glücksspiel handelt es sich definitiv um Unterhaltung, um Luxus. Ähnlich wie also Kaffee oder Tabak als Luxusgüter besteuert werden, könnte man Glücksspiel als „Luxusdienstleistung“ zusätzlich besteuern.

Onlinewetten sind Old-Economy:

Als drittes muss bei einer Regelung des Glückspiels den Realitäten des Internets begegnet werden.  Ein Glücksspielrecht, welches den hohen Anteil ausländischer Anbieter am deutschen Glücksspielmarkt via Internet nicht berücksichtigt ist untauglich. Man könnte z.B. prüfen, inwiefern solche ausländischen Gewinne zukünftig einer Art Abgeltungssteuer unterworfen werden können. Es erscheint mir aber zumindest nicht zielführend zu sein, einen Teil der Angebote (Onlinepoker) zu verbieten, während gerade den staatlichen Lotteriegesellschaften nun erneut der Weg ins Internet geöffnet wird. Im Hinblick auf Internetwetten oder Onlinecasinos stellt sich außerdem die Frage, ob eine Experimentierklausel nicht eine Dekade zu spät kommt, denn in anderen Ländern wie in Österreich oder Großbritannien gibt es bereits seit Jahren Erfahrungen in diesem Bereich.

EU-Recht konformes Gesetz:

Nicht zuletzt muss ein solches Gesetz natürlich europäischen Anforderungen genügen. Allerdings betrachte ich eine solche Ausgestaltung als Nebenbedingung, und nicht als das Hauptziel. Während die Hauptziele, z.B. Schutz vor Spielsucht, möglichst weitgehend erreicht werden sollen, reicht für die Nebenbedingung, dass sie irgendwie erfüllt wird. Hier aber kann man zweifeln ob die aktuelle Ausgestaltung gerade diese Nebenbedingung erfüllt.

Immerhin bleibt ein Teil des Glücksspielmonopols erhalten und dieses wird weiterhin vom Staat zusätzlich begünstigt. So kritisierte im Hauptausschuss des Landtages NRW Prof. Dr. Alber (Uni Hohenheim) die Beschränkung der Konzessionen für private Anbieter auf eine Zahl von 20. Er vergleicht diese Zahl mit Italien, welches 14.000 solcher Konzessionen vergeben hat, und fügt an „Interessant wird es dann, wenn der 21. Antragsteller abgelehnt wird“ [2].

In derselben Anhörung wies Dr. Uwer (Forschungsinstitut Glücksspiel und Wetten) auf die Diskrepanz bei den Annahmestellen von Sportwetten hin. Inwiefern sich eine Beschränkung für private Anbieter hier mit der Vielzahl der Lottoannahmestellen überein bringen lässt, ist zumindest mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz fraglich. So sollen in Bayern die privaten Anbieter nur wenige Annahmestellen eröffnen können (30) während es dort gleichzeitig 3.700 Lottoannahmestellen gibt [3].

Neuanfang oder Neuanfang:

Aus meiner Sicht wird aus den verschiedenen Gründen ein Neuanfang nötig sein. Bleiben NRW und Schleswig-Holstein außen vor, so führt dies zu einer seltsamen Situation in Deutschland, gerade bei Online-Angeboten. Übernehmen auch diese beiden Länder den neuen Glücksspielstaatsvertrag, dann gehe ich davon aus, dass europäische Gerichte dieses Gesetz wieder, zumindest in Teilen, kassieren werden.

Vielleicht würde aber der letzte Weg dazu führen, dass bei einem Neuanfang eine breitere gesellschaftliche Diskussion an den Beginn eines solchen Prozesses gestellt wird. Immerhin hätten die Wege der Parlamentarier dann wiederholt ins juristische Abseits geführt, während die tatsächlichen Fragen ungelöst blieben.


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Neuer Glücksspielstaatsvertrag seit heute in Kraft (www.mister-ede.de – 01.07.2012)

Die Liberalisierung des Glücksspielmarktes (www.mister-ede.de – 24.04.2012)


[1] Artikel auf www.zeit.de vom 08.09.2010 (Link zum Artikel – www.zeit.de)

[2] Protokoll der Sitzung des Hauptausschusses des Landtages NRW 16/30, 06.09.2012, S. 12 (Link zum Ausschussprotokoll – www.landtag.nrw.de)

[3] Protokoll der Sitzung des Hauptausschusses des Landtages NRW 16/30, 06.09.2012, S. 15 (Link zum Ausschussprotokoll – www.landtag.nrw.de)

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https://www.mister-ede.de/politik/glucksspielstaatsvertrag-nrw/1295/feed 0
NRW-Wahl: Der Abspann https://www.mister-ede.de/politik/abspann-nrw-wahl/932 https://www.mister-ede.de/politik/abspann-nrw-wahl/932#comments Wed, 16 May 2012 14:49:52 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=932 Weiterlesen ]]> Für NRW bedeutet diese Wahl erst einmal klare Verhältnisse. Rot-Grün kann jetzt genau die Politik umsetzen, für welche die beiden Parteien angetreten sind. Mehr als 50% der Stimmen entfielen auf die beiden Parteien, so dass eine eigenständige Regierungsbildung möglich ist.
Die Politik der Sonnenscheingesetze ist damit auch zu Ende. Während die Minderheitsregierung bei den angenehmen Gesetzen leichter die Zustimmung fand, wurden bei Einschnitten die Zustimmungen oft verweigert. Eine verantwortliche Politik muss die Neuverschuldung in NRW in nächster Zeit (2 Jahre) auf unter 2 Mrd. Euro drücken.
Hierfür müssen notwendige Reformen aus dem Effizienzteam umgesetzt werden und die Einnahmen erhöht werden. Hierfür hoffe ich setzt sich die Landesregierung im Bundesrat ein. Die kalte Progression sollte tatsächlich ausgeglichen werden für geringe Einkommen, aber es muss zu einem Ausgleich der Kosten durch Mehreinnahmen kommen. Die Idee von Kubicki, den Spitzensteuersatz im gleichen Zug auf 49% anzuheben, könnte von mir sein.

Artikel zur kalten Progression (www.mister-ede.de – 12.02.2012)

Als klare Folge kann für NRW mit Mehrkosten von 100 Mio. Euro durch einen riesigen Landtag schon jetzt negativ gesehen werden. Durch die Vielzahl der SPD-Direktmandate (99) ist die Anzahl der Sitze im Parlament deutlich größer. Statt 181 Parlamentarier nehmen nun 237 Abgeordnete in Düsseldorf Platz. So musste die CDU trotz massiver Stimmverluste keine Sitze Abgeben und hat wie zuvor auch schon 67 Sitze.
Insgesamt dürften die zusätzlichen 56 Parlamentarier in den nächsten 5 Jahren deutlich über 50 Millionen Euro verschlingen. Mit den Kosten für Wahlorganisation und Wahlkämpfe hat uns das wohl deutlich über 100 Mio. Euro gekostet.
Hätte die CDU 10 Direktkandidaten mehr gewonnen, hätte sie 7 Sitze weniger gehabt. Das scheint Paradox, auch wenn natürlich die anderen Parteien dann auch weniger Sitze bekämen.
Als Bürger in NRW, wünsche ich Frau Kraft alles Gute für ihre Politik und ein glückliches Händchen bei ihren Entscheidungen.

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In NRW schlägt das Herz Europas https://www.mister-ede.de/politik/nrw-das-herz-europas/671 https://www.mister-ede.de/politik/nrw-das-herz-europas/671#comments Mon, 26 Mar 2012 07:49:48 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=671 Weiterlesen ]]> Vor der Industrialisierung haben sich die wirtschaftlichen Zentren an Handelswegen wie dem Rhein gebildet oder an der Küste (z. B. Hanse). Außerdem waren die Hauptstädte der Machtbereiche (Paris, Wien) wirtschaftlich stärkere Regionen.

Erst durch die Industrialisierung hat sich dieses Gewicht verschoben. Neben den englischen Kohlegebieten war es vor allem das Ruhrgebiet, welches durch diese Entwicklung zum neuen wirtschaftlichen Zentrum des späten 19. Jahrhunderts wurde. Auch in anderen Regionen Deutschlands gab es zwar solche Gebiete, wie z.B. in Schlesien, aber die Nähe zu den westlichen Zentren, welche Forschung und Bildung bündelten, war für die Entwicklung des Ruhrgebiets ein weiterer Vorteil. Genauso war das damals fehlende Umweltbewusstsein bzw. sonstiges Problembewusstsein ein Grund für die rasante Entwicklung. Zwar wurde eine Landflucht festgestellt, das Problem aber der wirtschaftlichen Entwicklung untergeordnet. Mit wachsenden Städten und wachsender Industrie kam Infrastruktur in großem Maße in die Region. Eisenbahn und Bahnhöfe, Straßen und Kraftwerke entstanden. Zu Beginn des ersten Weltkriegs war das Potenzial des Ruhrgebiets fast übermächtig.

Daraus resultierte der Wunsch der Kriegsgegner Deutschlands Potenzial durch die Abspaltung des Ruhrgebiets am Ende des ersten Weltkriegs deutlich zu vermindern. So waren der Versailler Vertrag und das Ruhrgebiet maßgebliche Einflussfaktoren auf die damalige Politik und wirtschaftliche Entwicklung der Zwischenkriegszeit. Auch im zweiten Weltkrieg spielt das Ruhrgebiet eine entscheidende Rolle als schier unendlicher Materiallieferant.

So lässt sich nachvollziehen, dass z.B. Frankreich zwar das Sicherheits-Interesse an einem schwachen Deutschland, aber das wirtschaftliche Interesse an einem starken Ruhrgebiet hatte. Eine Besetzung wider Willen war schon nach dem 1. Weltkrieg nicht effizient gestaltbar für Frankreich. Daher haben die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg zwar die Kontrolle über die Stahl und Kohleproduktion übernommen, aber sahen darin keine Dauerlösung.

So schließt Schumann in seiner Rede zum 9. Mai „die Vereinigung der europäischen Nationen erfordert, daß der Jahrhunderte alte Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland ausgelöscht wird“ [1].

Im weiteren Verlauf seiner Rede schlägt er daher vor, eine föderale, gemeinsame Kontrolle der Kohle und Stahlproduktion zu errichten und den Beitritt für andere Länder zu ermöglichen. So bildet explizit die Wirtschaftskraft der rheinischen Montanindustrie die Grundlage für ein geeintes Europa. Die Montanunion und die später darauf zurückführende Entwicklung hin zur EU sind im Kern an das Ruhrgebiet gekoppelt.

So hängen sowohl Frieden und Freiheit in Europa, wie auch der Wohlstand von der Entwicklung des Ruhrgebiets ab. Man kann daher mit Fug und Recht sagen, dass in NRW das Herz Europas schlägt.


[1] Schumanns Erklärung vom 9. Mai 1950 (Übersetzung abrufbar bei der EU: http://europa.eu/abc/symbols/9-may/decl_de.htm

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