mister-ede.de » Eigenkapitalanforderung http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Der Euro und seine falsche Einstufung als Landeswährung (The Euro and the wrong classification as a domestic currency) http://www.mister-ede.de/politik/euro-keine-landeswaehrung/5273 http://www.mister-ede.de/politik/euro-keine-landeswaehrung/5273#comments Fri, 26 Aug 2016 11:12:34 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5273 Weiterlesen ]]> Dieser Beitrag stellt dar, was der Euro bzw. eine Landeswährung (domestic currency) ist und warum der Euro finanzökonomisch keine Landeswährung von beispielsweise Deutschland sein kann.

Der Euro:

Der Euro ist das offizielle Zahlungsmittel der Euroländer. Er wird von der Europäischen Zentralbank ausgegeben, die eine Institution des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) ist, also der Gesamtheit der Zentralbanken der Euroländer.

Der Begriff „Landeswährung“:

Als Landeswährung wird zum einen das Zahlungsmittels eines Landes (engl. „local currency“) bzw. das offizielles Zahlungsmittel (engl. „offical currency“) verstanden und zum anderen die Währung der Zentralbank des jeweiligen Landes (engl. „domestic currency“). Der Begriff „Landewährung“ hat somit unterschiedliche Bedeutungen, für die es im Englischen auch verschiedene bzw. präzisere Begriffe gibt.

Der Euro als Landeswährung:

Unstreitig ist der Euro unsere local und official currency und in dieser Bedeutung ist seine Bezeichnung als Landeswährung auch unproblematisch. Hingegen ist die Einordnung des Euro als domestic currency von beispielsweise Deutschland, Frankreich oder Italien zumindest finanzökonomisch falsch. Es geht hier also nicht darum, dass der Euro in Deutschland als Landeswährung bezeichnet wird oder der deutschen Sprache die Wörter fehlen, sondern um die Tatsache, dass der Euro fälschlicherweise als domestic currency eingestuft wird, was z.B. zu Lücken bei der Bankenregulierung führt.

Der Begriff „domestic currency“:

Die domestic currency ist die Währung der Zentralbank des jeweiligen Landes und damit im Normalfall auch die official currency dieses Landes. Ob sie darüber hinaus auch in anderen Ländern als local currency genutzt wird oder in diesem Land parallel noch andere local currencies existieren, ist für die domestic currency unerheblich. Das Gegenstück zur domestic currency (Landeswährung) ist in Statistiken und in der Finanzökonomie die foreign currency (Fremdwährung), wobei die jeweilige Betrachtung als Fremd- oder Landeswährung natürlich subjektiv ist. Für die USA ist der Dollar die Landeswährung und der Rubel die Fremdwährung, für Russland ist es genau andersherum.
Der Grund für die Aufteilung zwischen domestic und foreign currency liegt in den unterschiedlichen Risiken, wie z.B. dem Risiko eines sich zu Ungunsten ändernden Wechselkurses, das es so natürlich nur bei einer Fremdwährung gibt. Ein US-amerikanisches Unternehmen, das nur in Dollar (der dortigen „domestic currency“) Geschäfte macht, hat diese Fremdwährungsrisiken nicht, genauso wie ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das nur in Euro handelt. Bis zu den Wechselkursrisiken hat der Euro damit die Eigenschaften einer „domestic currency“, allerdings enden hier die Parallelen.

Warum der Euro keine domestic currency ist:

Als Währung der Zentralbank des jeweiligen Landes ist die domestic currency eine besondere Währung. Die Zentralbank kann sie beeinflussen und mit geldpolitischen Maßnahmen, z.B. durch eine Änderung des Leitzinses, auf die wirtschaftliche Situation im jeweiligen Land reagieren. Beim Euro ist aber genau diese Einflussmöglichkeit für ein einzelnes Euroland bzw. seine Zentralbank im EZB-System so nicht mehr gegeben. Im Gegensatz zu einer echten domestic currency ist es sogar möglich, Euro aus einem Land in großem Stil abzuziehen, ohne dabei über den Wechselkurs stabilisierende Effekte auszulösen. Während also bei einer Krise in Japan dort liegende Yen nicht ohne einen den Wechselkurs drückenden Umtausch in einem anderen Land investiert werden können, ist dies bei Euroländern möglich. Im Falle Japans würde der Letzte, der Yen z.B. in Euro umtauschen will, kaum noch Euro für seine Yen bekommen. Hingegen kann aus dem griechischen oder italienischen Finanzwesen problemlos sämtliches Kapital z.B. Richtung Deutschland oder den Niederlanden abgezogen werden, ohne einen solchen Wechselkurseffekt zu erzeugen. Auch der letzte Euro, der aus Griechenland geholt wird, hat den Wert eines in Deutschland verwendeten Euros. Wenn aber, anders als bei einer echten domestic currency, dem Finanzwesen eines Eurolandes ohne dämpfende Wirkung das Vertrauen entzogen werden kann, so ist der Euro folgerichtig keine domestic currency.
Deutlich wird dies auch in fiskalischer Hinsicht, also beim Blick auf die Staatsfinanzen. Üblicherweise geht das nominale Kreditausfallrisiko bei Staatsanleihen, die in einer echten „domestic currency“ eines Landes ausgegeben wurden, gegen null, weil im Zweifelsfall einfach Scheine mit beliebig hohen Nominalwerten gedruckt werden können. Hingegen hat ein Euroland nicht diese Möglichkeit, einfach die Geldpresse anzuwerfen, wie man auch am Beispiel des griechischen Zahlungsausfalls gesehen hat.
Ein weiterer Unterschied zwischen einer domestic currency und dem Euro ist hinsichtlich der Zinsen für Staatsanleihen zu erkennen. Nachdem in Ländern mit einer echten domestic currency die Zinssätze für die Staatschulden über die Zentralbank einigermaßen gesteuert werden können, kann dort die Staatsverschuldung, zumindest im Inland, relativ weit ausgedehnt werden. Am Ende ist es für den Staatshaushalt unerheblich, ob der Staat bei einem Zinssatz von 5% pro Jahr mit 50% des BIP oder bei einem Zinssatz von 0,5% pro Jahr mit 500% des BIP verschuldet ist, weil in beiden Fällen Zinsen in Höhe von 2,5% des BIP fällig werden. Einem Euroland fehlt hingegen dieser Einfluss auf den Zins, so dass durch die Euroeinführung für diese Länder und ihre Finanzsysteme nun Zinsänderungsrisiken hinzugekommen sind, die es bei den vorherigen echten domestic currencies so natürlich nicht gab.

Die Folgen der falschen Einordnung:

Die fälschliche Einordnung des Euro als „domestic currency“ hat diverse Folgen. Bei der Bewertung der Staatsverschuldung bzw. der Bonität von Staaten werden die Ausfallrisiken und die Gefahren, die im Auseinanderlaufen der Schuldenquoten in der Eurozone liegen, erheblich unterschätzt. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Finanzmarktregulierung wieder, die die auf Euro lautenden italienischen Staatsanleihen genauso behandelt [1] wie die auf Pfund lautenden britischen Staatsanleihen. Obwohl durch den Euro das Kreditausfallrisiko Italiens bzw. die Gefahr eines Zusammenbruchs des italienischen Finanzsystems gegenüber Großbritannien mit seiner echten „domestic currency“ erhöht ist, müssen Banken auch für italienische Staatskredite kein Eigenkapital hinterlegen.
Daneben kann die falsche Einstufung auch zu Fehlern bei Ratings von Banken führen oder zu einer Fehlregulierung von Lebensversicheren und anderen Finanzdienstleistern. Auch an den europäischen Stabilitätskriterien, die für die Euroländer schärfer sein müssten als für die Nicht-Euroländer, kann man die Folgen der falschen Einstufung des Euro als domestic currency sehen genauso wie am Fehlen von geeigneten Steuerungsinstrument für eine Konvergenz der Schuldenquoten.

Wie lässt sich der Euro klassifizieren?

Grundsätzlich ist es schon möglich, dass der Euro eine domestic currency wird, sofern ein passender Eurozonen-Staat entsteht, in dem dann Stabilitätsmechanismen (Finanztransfers, gemeinsame Budgets) implementiert werden können. In diesem Fall wäre der Euro für Deutschland dann wie früher die D-Mark für ein einzelnes Bundesland. Nachdem ein solcher Staat aber in den nächsten Jahren nicht existieren wird, handelt es sich beim Euro um so etwas wie eine „partial domestic currency“, die für die einzelnen Euroländer zwar einige Eigenschaften einer Landeswährung besitzt, aber eben nicht alle.

Mögliche Konsequenzen:

Neben einer grundsätzlichen Überprüfung von Regulierungsvorschriften und Stabilitätskriterien sollten vor allem die oben erwähnten Ausnahmen von der Eigenkapitalhinterlegung bei Staatskrediten in Landeswährungen nicht auf den Euro bzw. die Euroländer übertragen werden. Anstatt aber hierzu die Regulierungsvorschriften zu ändern [2], was unnötigerweise auch z.B. Großbritannien oder Polen betreffen würde, sollte der Euro in der Anwendungspraxis einfach nicht mehr als domestic currency der Euroländer eingestuft werden.
Darüber hinaus wäre natürlich auch die Entwicklung eines entsprechenden Staates mit dem Euro als domestic currency, z.B. die Europäische Föderation, eine logische Schlussfolgerung. Wenig ratsam scheint hingegen, einfach weiter so zu tun, als sei der Euro eine vollwertige Landeswährung für die Euroländer, und abzuwarten bis es irgendwann mal richtig kracht.


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Rechenbeispiel zur Eigenkapitalanforderung für Banken nach Basel III (www.mister-ede.de – 30.08.2014)

Warum Banken das Fremdkapital suchen (www.mister-ede.de – 21.04.2014)

Das einheitliche Zinsniveau (www.mister-ede.de – 07.04.2012)


[1] Art. 114 IV EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR) (Link zum PDF auf eur-lex.europa.eu)

[2] Vorschlag findet sich u.a. im DIW-Wochenbericht vom 13.5.2015 (Link zum PDF auf www.diw.de)

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http://www.mister-ede.de/politik/euro-keine-landeswaehrung/5273/feed 0
Rechenbeispiel zur Eigenkapitalanforderung für Banken nach Basel III http://www.mister-ede.de/wirtschaft/rechenbeispiel-zu-basel-iii/3008 http://www.mister-ede.de/wirtschaft/rechenbeispiel-zu-basel-iii/3008#comments Sat, 30 Aug 2014 17:35:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3008 Weiterlesen ]]> Das Regelwerk Basel III ergänzt oder ersetzt die bisherigen Regelwerke Basel I und II zur Regulierung von Banken. Ein Kernbestandteil der Vorschriften aus Basel III sind Eigenkapitalanforderungen, also die Pflicht für Banken, einen Mindestbetrag an Eigenkapital vorzuhalten.

Die Eigenkapitalanforderung an eine Bank wird nach Basel III grundsätzlich auf zwei unterschiedliche Weisen berechnet. Neben einer risikounabhängigen Verschuldungsquote wird aus den unterschiedlichen Finanzpositionen (Kredite, Schuldverschreibung, sonstige Forderungen,…) eine risikoadjustierte Quote für das Eigenkapital berechnet. Zusätzlich zu den Bilanzpositionen fließen bei der Berechnung beider Quoten auch außerbilanzielle Positionen einer Bank mit ein.
Zurzeit ist nur die risikoadjustierte Quote maßgeblich für die Berechnung der Eigenkapitalanforderung, allerdings nach einer Übergangsphase sollen in ein paar Jahren beide Quoten gleichermaßen gelten. Eine Bank wird damit künftig beide Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen haben.

Risikounabhängige Quote [1]:

Alle bilanziellen und außerbilanziellen Finanzpositionen einer Bank werden mit ihrem Wert erfasst. Die berechnete Gesamtsumme aus bilanziellen und außerbilanziellen Positionen muss eine Bank künftig mit 3% Eigenkapital hinterlegen.

Beispiel:

Die Beispiel-Bank hat eine Bilanzsumme von 100 Euro. Hierfür muss die Beispiel-Bank mindestens Eigenmittel von 3 Euro vorhalten. Die Beispiel-Bank hat 7 Euro Eigenkapital und erfüllt diese Quote damit (siehe Abbildung 1).

Risikoabhängige Quote [2]:

Die risikoabhängige Quote berechnet sich hingegen deutlich komplizierter, denn die verschiedenen Risiken, z.B. Ausfall- oder Währungsrisiken, werden einzeln betrachtet und die Berechnung ist mehrstufig. Daneben gibt es bei der risikoabhängigen Quote zwei unterschiedliche Ansätze bei der Bewertung des Risikos. Zum einen gibt es individuelle Ansätze der Banken (IRB-Ansatz), die von der Aufsichtsbehörde für jede Bank einzeln zu genehmigen sind, und zum anderen den Standardansatz, der im Folgenden beschrieben wird.

Berechnung der risikoabhängigen Quote:

In der ersten Stufe wird geprüft, ob eine Bank in einem Bereich über die Maßen hohe Risiken hat. Beträge die gewisse Grenzen überschreiten, werden direkt vom Eigenkapital abgezogen.

Beispiel:

Die Beispiel-Bank hat Eigenmittel von 7 Euro und Fremdmittel von 93 Euro. Sie finanziert davon fünf Kredite zu 22, 21, 20, 19 und 18 Euro (siehe Abbildung 1). Gibt es eine Obergrenze von 20 Euro bei der Kreditvergabe, müsste die Beispiel-Bank bei zwei Krediten einen Abzug machen, nämlich bei Kredit 1 von 22 Euro auf 20 Euro und bei Kredit 2 von 21 Euro auf 20 Euro. Die Differenz, also einmal 2 Euro und einmal 1 Euro, wird vom Eigenkapital abgezogen, so dass die Beispiel-Bank rechnerisch noch 4 Euro Eigenmittel hat. Umgekehrt wird dieser Betrag auch bei den Risikopositionen abgezogen, statt 100 Euro sind rechnerisch bei der Beispiel-Bank jetzt noch Kredite für 97 Euro vorhanden, nämlich Kredite für 20, 20, 20, 19 und 18 Euro (siehe Abbildung 2).

In der zweiten Stufe werden dann die verschieden Risikopositionen anhand des jeweiligen Risikos gewichtet. Zur Ermittlung des Kreditrisikos werden beispielsweise die Forderungswerte einer Bank je nach Art der Forderung bzw. je nach Gläubiger in Forderungsklassen eingeteilt [3]. Die Forderungsklassen und die Risikobewertung der einzelnen Forderung bestimmt dann, welches Risikogewicht dieser Forderung zugeordnet wird. Beispielsweise wird einem Kredit an einen Euro-Staat ein Risikogewicht von 0%, einem Kredit an ein sehr gut bewertetes Unternehmen ein Risikogewicht von 20% oder einem Verbraucherkredit ein Risikogewicht von 75% zugeordnet. Durch anschließende Multiplikation des Forderungswertes mit dem Risikogewicht der jeweiligen Forderung wird dann der risikogewichtete Positionsbetrag berechnet.

Beispiel:

Die Beispiel-Bank muss also zunächst das Risikogewicht für die fünf vorhandenen Kredite ermitteln. Kredit 1 ist ein Verbraucherkredit. Ihm wird ein Risikogewicht von 75% zugeordnet. Durch Multiplikation des Forderungswertes, der nach den Abzügen aus der ersten Stufe noch 20 Euro beträgt, mit dem Risikogewicht von 75% berechnet sich ein risikogewichteter Positionsbetrag von 15 Euro. Kredit 2 ist ein Unternehmenskredit an ein eher schlecht bewertetes Unternehmen. Das Risikogewicht liegt daher bei 100%. Multipliziert man wieder den um die Abzüge aus der ersten Stufe reduzierten Forderungswert von 20 Euro mit dem Risikogewicht, dann ergibt sich ein risikogewichteter Forderungswert von 20 Euro. Kredit 3 ist ein Unternehmenskredit an ein sehr gut bewertetes Unternehmen. Das Risikogewicht hierfür liegt bei 20% und multipliziert mit dem Forderungswert von 20 Euro ergibt sich ein risikogewichteter Positionsbetrag von 4 Euro. Kredit 4 und Kredit 5 sind Kredite an Euro-Staaten und erhalten daher ein Risikogewicht von 0%. Entsprechend ist der risikogewichtete Positionsbetrag von Kredit 4 und 5 genau 0 Euro (siehe Abbildung 3).

In der dritten Stufe werden die unterschiedlichen risikogewichteten Positionswerte aufaddiert. Kommen neben dem Kreditrisiko weitere Risikopositionen z.B. aus Währungsrisiken hinzu, werden diese zusätzlich aufaddiert, genauso wie rechnerische Risiken aus dem Handel mit Derivaten oder Risiken aus außerbilanziellen Positionen. Die auf diese Weise berechnete Gesamtsumme muss dann von einer Bank mit 8% Eigenkapital hinterlegt werden, wovon 6% Kernkapital bzw. 4,5% hartes Kernkapital sein müssen [4].

Beispiel:

Die Beispiel-Bank hat risikogewichtete Positionsbeträge von 15 Euro für Kredit 1, 20 Euro für Kredit 2 und 4 Euro für Kredit 3 zu verbuchen, insgesamt also 39 Euro (siehe Abbildung 3). Hierfür muss die Beispiel-Bank 8% Eigenkapital hinterlegen, also 3,12 Euro. Nach den Abzügen aus der ersten Stufe der Berechnung der risikoabhängigen Quote hat die Beispiel-Bank 4 Euro Eigenkapital und damit ausreichend Eigenmittel um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen (siehe Abbildung 2).


Weitere Artikel zum Thema Basel III auf www.mister-ede.de


PDF zur EU-Verordnung 575/2013 auf eur-lex.europa.eu

[1] Art. 499 EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[2] Art. 92 III und Art. 122 I EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[3] Art. 114 ff. EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[4] Art. 92 I EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

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http://www.mister-ede.de/wirtschaft/rechenbeispiel-zu-basel-iii/3008/feed 1
Fehlanreize durch eine doppelte Risikobewertung bei der Basel-Regulierung http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fehlanreize-basel-regulierung/2947 http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fehlanreize-basel-regulierung/2947#comments Mon, 11 Aug 2014 17:15:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2947 Weiterlesen ]]> Die Regelwerke Basel I, Basel II und Basel III dienen der Regulierung von Banken. Neben einer risikounabhängigen Eigenkapitalquote von 3%, die Banken künftig für alle Anlagen hinterlegen müssen, wird weiterhin eine risikoabhängige Eigenkapitalquote vorhanden sein. Umso mehr Risiken, z.B. Ausfall- oder Währungsrisiken, die von einer Bank gehaltenen Anlagen enthalten, desto höher ist die geforderte Eigenkapitalquote.

Grundsätzlich ist diese Risikobewertung zu begrüßen, allerdings findet bei der Bewertung von Ausfallrisiken durch die Basel-Regulierung eine doppelte Berücksichtigung struktureller Risiken statt. Hierdurch kommt es zu einer Verzerrung bei der Bewertung des tatsächlichen Risikos von Anlagen und in der Folge zu Fehlanreizen.

Ratings:

Mithilfe von Ratings wird die Bonität einer Institution, z.B. eines Landes oder eines Unternehmens, bewertet. Je besser ein Rating desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass z.B. ein Land seine Kredite zurückzahlt. Nachdem aber das strukturelle Risiko eines Kreditausfalls bei Unternehmen größer ist als bei Staaten, haben auch hochrentable Unternehmen im Vergleich zu Staaten nur eine durchschnittliche Bonitätsbewertung. Zum Beispiel erreichen zurzeit bei der Ratingagentur Moody’s der Autobauer Volkswagen oder der Chemiekonzern Bayer die gleiche Bonitätsnote wie die Länder Mexico oder Peru.

Forderungsklassen:

Die Basel-Vorschriften unterteilen die Anlagen einer Bank aufgrund ihrer Struktur in verschiedene Forderungsklassen [1]. Neben einer Forderungsklasse für Forderungen gegenüber Staaten gibt es zum Beispiel eine Klasse für Forderungen gegenüber Unternehmen oder eine für Forderungen gegenüber anderen Bankinstituten. Entsprechend dem strukturellen Risiko der einzelnen Klassen knüpfen an die Forderungsklassen unterschiedliche Eigenkapitalanforderungen für die Banken an. Nachdem Unternehmen regelmäßig einem höheren Ausfallrisiko unterliegen als Staaten, müssen Banken z.B. für einen in Euro gerechneten Kredit an ein Nicht-Euro-Land weniger Eigenkapital hinterlegen als bei einem Kredit an ein Unternehmen mit gleichem Rating [2].

Doppelbewertung:

Auf der einen Seite wird so das strukturelle Risiko bei den Ratings berücksichtigt, auf der anderen Seite fließt dasselbe strukturelle Risiko auch in die Ausgestaltung der Forderungsklassen mit ein. In der Folge muss daher eine Bank für einen Kredit an Volkswagen mehr Eigenkapital hinterlegen als für einen Kredit an den mexikanischen Staat.

Mittelstand besonders betroffen:

Besonders deutlich wird das Problem der Doppelbewertung, wenn man sich mittelständischen Unternehmen anschaut. Sind Unternehmen nur auf einen Markt ausgerichtet oder gar von einem einzelnen Abnehmer abhängig, erhöht sich ihre Anfälligkeit für Kreditausfälle. Die Insolvenz eines Großkunden oder technische Neuerungen können ein solches Unternehmen wesentlich schneller und überraschender in der Existenz bedrohen, als dies bei einem breit aufgestellten Großkonzern der Fall ist. Dies schlägt sich in den Ratings nieder, weshalb gerade kleinere oder mittlere Unternehmen (KMU) häufig nur ein schlechtes Rating erhalten. Viele kleinere Unternehmen verzichten daher sogar ganz auf eine Bewertung und sparen sich die Gebühren der Rating-Agenturen. Allerdings sowohl ein schlechteres als auch ein nicht vorhandenes Rating führen durch die Basel-Vorschriften dazu, dass Banken noch weiteres Eigenkapital bei einer Kreditvergabe an ein solches Unternehmen hinterlegen müssen. Zwar können unter bestimmten Umständen die Eigenkapitalanforderungen bei Krediten an KMU wieder um knapp ¼  gesenkt werden [3], allerdings auch nach einer Reduktion der Eigenkapitalanforderung verbleibt häufig eine erhebliche Differenz gegenüber anderen Anlagen z.B. im Bankensektor oder bei Staaten.

Großbanken profitieren:

Neben Nicht-Euro-Staaten, die durch die doppelte Risikobewertung besser gestellt sind, profitieren auch Großbanken, die als Bankinstitute einer eigenen Forderungsklasse zugeordnet sind. So müssen auch bei Krediten im Interbanken-Bereich weniger Eigenkapitalmittel hinterlegt werden als bei Krediten an Unternehmen mit gleichem Rating. Allerdings erreichen gerade auch die Großbanken aufgrund ihrer systemrelevanten Struktur, ähnlich wie Staaten, sowieso schon bessere Ratings im Gegensatz zu anderen Unternehmen. So hat z.B. die Deutsche Bank, die zurzeit in einer schwierigen Phase ist, dasselbe Rating wie der Vorzeigekonzern Volkswagen.

Euro-Staaten profitieren massiv:

Am stärksten profitieren durch die Basel-Vorschriften weiterhin die Euro-Staaten. Dies liegt aber nicht an der doppelten Risikobewertung, sondern an einer komplett fehlenden Risikobewertung. Obwohl es in der Eurozone in der Vergangenheit Schuldenschnitte gab und zurzeit ein neuerlicher Schuldenschnitt für Griechenland diskutiert wird, müssen Banken für Kredite an Euro-Staaten kein Eigenkapital hinterlegen. Für ein Bankinstitut wird es durch diese auf null gesenkte Eigenkapitalanforderung allerdings deutlich attraktiver, Kredite an EU-Staaten zu vergeben als zum Beispiel an kleinere oder mittlere Unternehmen.

Auswirkungen:

Durch die doppelte Risikobewertung entstehen Fehlanreize, weil Banken bei einer Kreditvergabe an Institutionen mit gleicher Bonität eine unterschiedliche Eigenkapitalanforderung zu erfüllen haben. Einen Kredit an Volkswagen oder Bayer muss eine Bank mit 4% Eigenkapital absichern, während ein Kredit bei gleichem Rating an die Deutsche Bank oder an Mexico lediglich mit 1,6% Eigenkapital zu hinterlegen ist. Vor allem Kredite an kleinere und mittlere Unternehmen können so für Banken unattraktiv werden, weil aufgrund eines unterdurchschnittlichen oder fehlenden Ratings weiteres Eigenkapital hinterlegt werden muss.

Eine weitere Folge ist die Entwicklung von Finanzprodukten, die genau diese Schwachstelle nutzen, um die Eigenkapitalanforderungen zu senken. Gelingt es zum Beispiel, Kredite an Unternehmen mit mäßigem Rating so zu bündeln und neu zu verpacken, dass sie als gedeckte Schuldverschreibungen mit gutem Rating enden, sozusagen Subprime-Unternehmenskredite, lässt sich die Eigenkapitalhinterlegung z.B. von 8% auf 0,8% reduzieren.


Ähnliche Artikel:
Gastbeitrag von Fleer: Basel III – Die Eigenkapitalregulierung (www.mister-ede.de – 03.03.2014)


PDF zur EU-Verordnung 575/2013 auf eur-lex.europa.eu

[1] Art. 112 EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[2] Art. 114 II und Art. 122 I EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[3] Art. 501 EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

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http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fehlanreize-basel-regulierung/2947/feed 0
Basel III – Die Eigenkapitalregulierung http://www.mister-ede.de/wirtschaft/basel3-eigenkapitalregulierung/2420 http://www.mister-ede.de/wirtschaft/basel3-eigenkapitalregulierung/2420#comments Mon, 03 Mar 2014 16:00:48 +0000 Fleer http://www.mister-ede.de/?p=2420 Weiterlesen ]]> In den vergangenen Jahren sorgten immer wieder schwächelnde Banken für Aufsehen und Schlagzeilen in den Medien. Diverse Probleme verursachten in Zeiten der Finanzkrise große Verluste bei Banken, die zum Teil über das vorgehaltene Eigenkapital der Banken hinausgingen. Neben den geringen Eigenkapitalquoten, war eine weitere Folge auch die Illiquidität einiger Banken.
Um zukünftig ein Straucheln der Banken zu verhindern, nahm sich der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht daher zur Aufgabe, ein neues Regulierungspaket (Basel III) zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Banken und des Finanzsektors auf den Weg zu bringen [1]. Dabei setzt Basel III an den Schwachstellen der Banken an, sodass die Regulierer eine sowohl qualitative -, als auch quantitative Stärkung des Eigenkapitals beschlossen haben. Ebenfalls gehören diverse Auflagen zur quantitativen Steuerung der Liquidität zum Regulierungspaket, sowie Neuerungen bei der Zusammensetzung und Gewichtung der Risikoaktiva.
Der folgende Beitrag setzt sich knapp mit dem Bereich der Eigenkapitalregulierung auseinander, und bewertet ob die von den Regulierern ergriffenen Maßnahmen tatsächlich zu einem widerstandsfähigeren Finanzsektor führen. Die wesentlichen Neuerungen lassen sich dabei in vier Punkten darstellen.

1.) Basel III sorgt für eine Verstärkung der risikosensiblen Eigenkapitalquoten. Ein besonderer Fokus wird dabei auf das Kernkapital gelegt, welches bei vollkommender Implementierung mindestens 6% der risikogewichteten Aktiva enthalten muss. Die Entscheidung der Regulierer ist zu begrüßen, denn unter Basel II mussten lediglich 2% der Risikoaktiva mit Kernkapital unterlegt werden. Sicherlich sorgt dieser Schritt für eine Stärkung der Widerstandsfähigkeit, jedoch darf nicht aus den Augen verloren werden, dass dieses Modell von der Annahme gestützt ist, Risiko mathematisch abbilden zu können. Insbesondere unsystemische Risiken sind hier schwer zu erfassen.
2.) Basel III führt ein Kapitalpuffersystem ein. Zu den zusätzlichen 6% Kernkapital müssen von den Banken unter bestimmten Prämissen weitere Bestände an Kapital Aufgebaut werden (bis zu 14%). Hierdurch versuchen die Regulierer sowohl Systemische – als auch Zyklische Risiken besser zu erfassen und in den Eigenkapitalanforderungen zu berücksichtigen. Besonders gelungen ist, dass bei unterschreiten der gesetzten Pufferanforderungen, prozentuale Gewinnausschüttungssperren herrschen. Man könnte eigentlich meinen, dass in Krisenzeiten eine Bank keine Gewinne Ausschütten würden, diese Annahme ist jedoch Falsch. Ein solches opportunistisches Fehlverhalten wird mit dieser Regelung korrigiert.
3.) Basel III stärkt die Qualität des Eigenkapitals. In der vorangegangen Version des Regulierungsstandards konnten in großen Mengen Kapitalbestandteile mit Fremdkapitalcharakter als Eigenkapital angerechnet werden. Diese falsche Anreizgestaltung wurde durch die Regulierer beseitigt. Als Kernkapital dürfen mit Basel III lediglich Kapitalbestandteile angerechnet werden, die einen eindeutigen Eigenkapitalcharakter vorweisen. Im zusätzlichen Kernkapital können zwar auch fremdkapitalähnliche Instrumente angesetzt werden, diese müssen jedoch eine Wandlungsfunktion in Eigenkapital vorweisen. Die Regulierer stärken durch diesen Schritt die Zusammensetzung des Haftungskapitals und legen einen stärkeren Fokus auf die Going Concern Perspektive.
4.) Mit großer Wahrscheinlichkeit wird mit Basel III im Jahr 2018 eine Leverage Ratio eingeführt. Die Leverage Ratio ist eine risikounsensible Eigenkapitalquote. Die Regulierer scheinen demnach aus dem Fehler, die regulatorischen Kapitalanforderungen ausschließlich auf risikosensible Kapitalquoten zu stützen, gelernt zu haben. Somit bekommt das risikosensible Messsystem ab 2018 ein risikounsensibles Korrektiv in Höhe von 3% des Gesamtengagements.

Betrachtet man die Vier aufgeführten Inhalte von Basel III zur Eigenmittelregulierung, scheinen die Regulierer im Kern die Probleme der Finanzmarktkrise erfasst zu haben und ergreifen geeignete Steuerungsmaßnahmen.
Jedoch bleiben zu einem so frühen Zeitpunkt der Implementierung noch einige Fragen offen. Welche Auswirkungen hat Basel III auf die Kreditvergabe? Wird es trotz der historisch niedrigen Zinsen zu einer Kreditklemme kommen? Wird ein strikterer Nachhaltigkeitsgedanke bei den Banken durch Basel III gefördert, oder wird das Regelwerk lediglich als eine lästige Nebenbedingung behandelt?


[1] Basel Committee on Banking Supervision (2011): Basel III, A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems, reviesed Version (Link zum PDF-File auf www.bis.org)

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http://www.mister-ede.de/wirtschaft/basel3-eigenkapitalregulierung/2420/feed 0
Mögliche Gestaltung eines Bankensicherungsfonds http://www.mister-ede.de/politik/bankensicherungsfonds/1226 http://www.mister-ede.de/politik/bankensicherungsfonds/1226#comments Mon, 02 Jul 2012 11:58:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1226 Weiterlesen ]]> Der Eurokrise liegen viele Ursachen zu Grunde. Neben der wirtschaftlichen Situation der Euro-Staaten und der krisenverstärkenden Wirkung des Euros, ist die Bankenkrise als Auslöser auch ein Grund für die aktuelle Problematik in der Eurozone.

Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Hätte das Land Bayern nach der Pleite der HRE (Sitz: München) für diese einstehen müssen, wäre der Schuldenstand pro Einwohner schnell auf Rekordniveau gestiegen. Auch wenn den Verbindlichkeiten der HRE von über 200 Mrd. Euro gewisse Vermögenswerte gegenüberstanden, wäre die Pro-Kopf Verschuldung in Bayern um gut 20.000 Euro pro Einwohner gestiegen. Ähnlich kann man sich auch das Problem in Irland vorstellen, das gerade mal halb so viele Einwohner hat wie Bayern. Um die Bankenkrise im eigenen Land zu bewältigen hatte sich Irland 2009 massiv verschulden müssen und ist so selbst in eine Krise gerutscht. Daher erscheint mir der Gedanke eines einheitlichen Instruments um Banken gemeinsam in der Eurozone und nicht durch die Nationalstaaten zu unterstützen sinnvoll.

Auch die europäische Kommission formulierte deshalb jüngst, dass es notwendig sei “den Teufelskraus aus Bankanleihen und Staatsanleihen“ zu durchbrechen. Ein solches Instrument könnte in Form eines Bankensicherungsfonds ausgestaltet werden. Diesem Bankensicherungsfonds kämen dann heute zwei Aufgaben zu. Zum einen die Lösung der aktuellen Krisenproblematik bei den Banken, zum anderen das Verhindern einer erneuten Bankenkrise in diesem Ausmaß.

Aus meiner Sicht muss aber ein solcher Sicherungsfonds dann in ein gesamtes Regelwerk eingebunden werden, um dauerhaft die Sicherheit des Finanzwesens zu gewährleisten, aber gleichzeitig keine Fehlanreize zu setzen. Außerdem muss der Fonds so ausgestaltet sein, dass die Banken die eigene Risikovorsorge auch selbst tragen, und nicht Hilfsgelder aus der Staatskasse hierfür benötigen.

Einheitliche Vorschriften für die Banklizenz:

Als Grundlage für einen Bankensicherungsfonds muss eine gemeinsame Basis des Finanzwesens vorhanden sein. Innerhalb der Eurozone müssen die Vorschriften für Banken einheitlich und verbindlich sein und die Überwachung gemeinsam stattfinden. Ein solches Projekt unter der Federführung der EZB ist sehr zu begrüßen.
Die Bankenvorschriften sollten zwar zukünftig auch strenger sein, bzw. krisenmildernd wirken, aber eine solche Gestaltung kann dann später jederzeit nachgeholt werden. Im Moment ist es wesentlicher die gemeinsame Kontrolle der Regeln, sowie Durchgriffsrechte bei Verstößen umzusetzen. Hierbei müssen die Nationalstaaten Souveränität nach Brüssel abgeben, um zukünftig eine funktionierende Bankenaufsicht europaweit zu gewährleisten. Wie schwierig das aber ist zeigt die Diskussion um die deutschen Sparkassen und wie die verschiedenen Formen von Eigenkapital und Einlagen zu bewerten sind.

Mehrstufiges Insolvenzverfahren:

Als wichtigsten Bestandteil eines Regelwerkes für einen Bankensicherungsfonds sehe ich eine Art Insolvenzverfahren für Banken, die Hilfe beantragen. Ein solcher Fonds verfolgt das politische Ziel, systemrelevante Banken nicht in die Pleite gehen zu lassen. Um Fehlanreize zu verhindern, müssen deshalb Verfahren entwickelt werden, die diesen üblichen marktwirtschaftlichen Vorgang einer Unternehmenspleite ersetzen.
Die Verstaatlichung der HRE oder die Teilverstaatlichung der Commerzbank waren richtige Wege. Ähnlich sollte dies bei einem Bankensicherungsfonds für die europäische Finanzwirtschaft gehandhabt werden. Nur wenn wir Regeln mit einführen, welche die Eigentümer belasten, ist es möglich Fehlanreize zu verhindern. Ansonsten könnten sogar gerade hierdurch riskante Spekulationen das Ergebnis sein. Das würde natürlich den politischen Zielen einer Stabilisierung zuwiderlaufen.

Es sind nun verschiedene Wege denkbar, aber aus meiner Sicht ist hier ein mehrstufiges Verfahren sinnvoll, um je nach Situation unterschiedliche Maßnahmen ergreifen zu können. Außerdem könnten dann Gegenmaßnahmen schon eingeleitet werden, sobald ernsthafte Risiken erkennbar sind und nicht erst wenn es zu spät ist. Sobald Banken nicht mehr in der Lage sind, auf Grund zu niedriger Liquidität oder zu geringem Eigenkapital, die Bankenvorschriften einzuhalten, sollen die Maßnahmen einsetzen. Hierbei sieht man schon, dass es zuerst gemeinsamer Regeln und Kontrolle für Banken bedarf um dies dann so umzusetzen.

In einer ersten Stufe muss es dann darum gehen, die Bereitstellung von Liquidität und Eigenkapital zu sichern. Bei der Erhöhung des Eigenkapitals sollen die Banken zuerst private Investoren suchen, und nur wenn diese nicht gefunden werden, sollte der Bankenfonds durch die Bereitstellung von Eigenkapital helfen.
Wichtig ist, dass hierbei die Anteilseigner schon in einer ersten Stufe zum Teil den Einfluss auf die Bank verlieren und durch die Erhöhung des Eigenkapitals einen eigenen Beitrag leisten müssen. Weiter Beschränkungen, wie bei Mangergehältern oder ähnliches sollten aber nicht auferlegt werden, wohingegen eine Begrenzung solcher Beteiligungen z.B. auf 10% notwendig erscheint, um den Sicherungsfonds nicht über Gebühr zu belasten. Wenn es der Bank zu einem späteren Zeitpunkt besser geht, kann der Fonds die Eigenkapitalanteile ohne Auflagen einfach wieder veräußern.

Wenn eine Bank trotz dieser Hilfsmaßnahmen erneut in eine Situation kommt, in der sie die notwendigen Anforderungen nicht mehr erfüllen kann, tritt die zweite Stufe in Kraft. Neben weiteren eigenkapitalstärkenden Maßnahmen sind dann auch zusätzliche Beschränkungen wie Dividendenverbot und ähnliches sinnvoll. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten aber keine weitgehenden Garantien für die Gläubiger übernommen werden, um Zinseffekte nicht falsch zu gestalten. Allerdings ist auch hier eine Beschränkung der Eigenkapitalbeteiligung auf z.B. 30% sinnvoll.

Kann eine Bank auch jetzt nicht die Vorschriften einhalten, die für eine Banklizenz notwendig sind, muss man feststellen, dass die Bank nicht mehr in der Lage ist, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Aus meiner Sicht wäre es zweckmäßig an den Beginn der dritten Stufe die Erklärung der jeweiligen Bank zu stellen, dass das Geschäftsmodell nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
Hierdurch sollte unmissverständlich klar sein, dass die Eigentümer nicht in der Lage sind, Ihrer Verantwortung im Finanzwesen nachzukommen, und die notwendigen Sicherungen vorzunehmen. Ein Übergang der Eigentumsrechte auf den Sicherungsfonds ist in diesem Fall dann auch geboten, selbst wenn theoretisch noch Eigenkapital vorhanden ist, dies nur nicht mehr ausreicht um die Bankenvorschriften einzuhalten. Im Gegenzug sollen den Gläubigern dann weitgehende Garantien (z.B. 75%) ausgesprochen werden um eine Kettenreaktion zu verhindern. Damit aber z.B. eine Gläubigerbeteiligung erreicht werden kann, dürfen keine vollumfänglichen Garantien übernommen werden, weil es ansonsten keinen Anreiz für die Gläubiger geben würde, auf ihre Forderungen zum Teil zu verzichten. Außerdem sollte die Höhe der Garantien je nach Einzelfall gestaltet werden, um nicht schon vorher Fehlanreize zu erzeugen.

Im Anschluss soll der Fonds versuchen, ähnlich einem Insolvenzverwalter, entweder Einzelteile zu veräußern und die Bank langsam aufzulösen, oder die Bank zu erhalten und z.B. durch Beteiligung der Gläubiger wieder marktfähig zu machen.

Kapitalausstattung:

Ein weiterer Bestandteil einer solchen Regelung muss sich mit der Frage der Kapitalausstattung befassen. Grundsätzlich sollte sich die hinterlegte Summe proportional zu den Bilanzsummen der Banken im Euroraum entwickeln.
Es wäre also sinnvoll z.B. 1% oder 2% der Bilanzsumme der Banken im Euroraum zu hinterlegen. Für die „Deutsche Bank“ würde dies bedeuten, dass eine Summe von rund 20 Mrd. bzw. 40 Mrd. Euro zu hinterlegen wäre. Das sind gewaltige Summen, die wohl jede europäische Bank überfordern würden.
Daher kann ich mir auch vorstellen, die Hinterlegung zu Beginn mit Garantien zu gestalten, die dann durch jährliche Zahlungen langsam abgelöst werden. Auf diese Art sollte das Instrument relativ schnell zu einer gewissen Stärke kommen, ohne die Banken in der jetzigen Situation zu überfordern.

Im Moment würde ich eine Hinterlegung von 0,25% der Bilanzsumme veranschlagen um eine Basis zu erhalten. Ferner würde ich 0,75% der Bilanzsummen als Garantien von den Banken einfordern. Von diesen 0,75% sollte dann jährlich 0,05% durch eine tatsächliche Hinterlegung abgelöst werden. Bis dieses Eigenkapital in 15 Jahren wirklich hinterlegt ist, sollte die EZB diese Geldsumme zur Verfügung stellen.

Somit hätte der Fonds ein Eigenkapital in Höhe von 1% der Bilanzsumme aller Eurobanken. Allerdings müssen dann bei einem solchen Sicherungsfonds höhere Anforderungen an das Eigenkapital gestellt werden, als dies bei Geschäftsbanken üblich ist. Dies erscheint mir sinnvoll um in Krisenzeiten das notwendige Vertrauen in dieses Instrument zu haben. Trotzdem sollte es mit Hilfe dieses Eigenkapitals dann möglich sein, die Bilanzsumme des Sicherungsfonds noch zu verfünffachen. Das ist so eine gewaltige Summe, dass hiervon vermutlich ohne größere Beeinträchtigungen einzelne Banken abgewickelt werden können, falls dies erforderlich wird.

Finanzierung:

Der dritte Bestandteil eines solchen Regelungskomplexes muss klären, wie die Verluste verteilt bzw. ausgeglichen werden. Aus meiner Sicht sind es die Banken selbst, die für diesen Fonds über Pflichtzahlungen und Einlangen aufkommen sollten.
In einem anderen Artikel beschreibe ich wie mit Zinsaufschlägen für gutbewertete Banken mögliche Fehlentwicklungen gebremst werden können.

Maßnahmen zur Bekämpfung der Eurokrise – Teil 1 (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Diese Zinsaufschläge könnten beispielsweise direkt in einen solchen Fonds gelangen, würden also den Banken selbst wieder zur Verfügung stehen. Ferner könnten Banken einen gewissen Prozentsatz der Bilanzsumme als eine Art Versicherungsbeitrag entrichten. Dies könnten z.B. 0,05% der durchschnittlichen Bilanzsumme eines Jahres als Beitrag sein.
So würde der Fonds eigenständig in ruhigen Zeiten einen Gewinn erwirtschaften, der neben den Garantien oder Einlagen der einzelnen Geschäftsbanken, ebenfalls die Kapitalausstattung erhöht. Mit diesen Gewinnen können dann auch die Verluste bei einer Bankenpleite ausgeglichen werden, ohne dass dies zu Lasten der hinterlegenden Banken geht.

Zusammenfassung:

Für mich ist der Vorschlag zu einer gemeinschaftlichen Kontrolle und Absicherung des Finanzwesens lange überfällig. Wahrscheinlich hätten wir diese Probleme nicht, oder nicht in diesem Maße in Europa, wenn wir eine solche Vereinheitlichung schon vor 15 Jahren erreicht hätten. Allerdings muss die Ausgestaltung genau geprüft werden, um nicht ein weiteres Mal den Steuerzahler für die Verluste von Aktionären haften zu lassen.

Schon kleine Detailänderungen können hier eine komplett unterschiedliche Haftungsverteilung oder Finanzierung auslösen. Daher kann das Vorhaben, egal wie es ausgestaltet wird, nur in einer offenen Diskussion und durch eine breite Aufklärung die Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Auch ich lehne ein solches Instrument ab, solange die Details in den Hinterzimmern bleiben, oder die Steuerzahler für Kapitalanleger haften, wie dies bei einer Finanzierung über den ESM stattfinden würde.

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Maßnahmen zur Bekämpfung der Eurokrise – Teil 1 http://www.mister-ede.de/politik/bekampfung-der-eurokrise-teil1/1149 http://www.mister-ede.de/politik/bekampfung-der-eurokrise-teil1/1149#comments Wed, 20 Jun 2012 07:51:37 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1149 Weiterlesen ]]> Für die Eurokrise gibt es nicht die allein verantwortliche Ursache, sondern es sind Kombinationen von verschiedenen Ursachen, welche die Dauer und Stärke der Krise beeinflussen. Während die Bankenkrise maßgeblich für die Irischen Probleme verantwortlich war, fehlte es in Spanien an Wirtschaftskraft und in der Folge an Bonität. Griechenland hingegen hatte neben der fehlenden Wirtschaftskraft auch zu hohe Schulden und eine nicht sonderlich effiziente Staatsverwaltung. Zusätzlich trägt der Euro in gewissen Punkten als Krisenverstärker bei. Nach dem Beginn der Eurokrise wurden aber meistens nicht die Ursachen sondern lediglich die Symptome bekämpft. In einer Krise muss aber versucht werden beides zu lösen. Die Symptome müssen gelindert werden, z.B. durch die Bereitstellung von EFSF-Krediten, aber die Ursachen müssen ebenfalls bekämpft werden, denn ansonsten wird es eine ewige Krise.

Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Es sind zwar neue Eigenkapitalvorschriften für Banken verabschiedet worden, aber dies wird erst über Jahre oder Jahrzehnte sinnvoll zum Tragen kommen. Auch der Zugang zu Krediten über die EFSF war eine sinnvolle Maßnahme. In Irland wurde damit nicht nur das Symptom gelindert, sondern auch die Ursache, nämlich die fehlenden Liquidität durch die Bankenkrise, beseitigt. Die fehlende Bonität von Griechenland hat aber weit mehr Ursachen, aber viele der Ursachen wurden bislang gar nicht betrachtet, und schon gar nicht gelöst. Dies wäre aber notwendig um die Eurokrise nachhaltig anzugehen und nicht nur zu verschleppen.

Die Maßnahmen, die ich vorschlage, sind nicht abschließend, aber ich bin der Überzeugung, dass alles was die Ursachen bekämpft ein Schritt in die richtige Richtung ist. Die unterschiedlichen Ideen setzen aber im Gegensatz zu den bisherigen Maßnahmen nicht bei den Symptomen sondern bei den analysierten Ursachen an. Im ersten Teil habe ich Maßnahmen beschrieben, die ohne eine zusätzliche Abgabe von Souveränität auskommen. Ferner sind dies Maßnahmen, die keine zusätzlichen finanziellen Aufwendungen durch die Mitgliedsstaaten erfordern.

Maßnahmenkatalog:

1) 1. Maßnahme: Einheitliche und höhere Eigenkapitalanforderung an Banken

Die Eigenkapitalanforderung an Banken sollte bei 10% liegen. Durch die einheitliche Eigenkapitalanforderung, soll verhindert werden, dass Banken in vermeintlich sichere Anlagen überinvestieren. Ferner sollen durch die einheitliche Eigenkapitalanforderung die Zinserträge und das Risiko wieder wesentlich für die Entscheidungen der Banken sein. Mit derselben Intention sollten auch die Hinterlegungsverpflichtungen bei der EZB vereinheitlicht und aufgestockt werden. Im Moment ist häufig die Höhe der Eigenkapitalanforderung oder der Hinterlegungssumme für eine Kreditvergabe ausschlaggebende. Ein mögliches zunehmendes Risiko sehe ich nicht, weil ein Forderungsausfall für Banken immer noch einen hohen Verlust bedeutet und daher vermieden werden muss.
Es ist auch wesentlich, dass zukünftig von den Banken alle Aktiva mit Eigenkapital abgesichert werden bzw. zu einer Hinterlegung führen. Hierbei sollte für die Banklizenz unerheblich sein, ob die Aktiva, als Kreditforderung oder als Unternehmensbeteiligungen vorhanden sind. Hierdurch soll eine Auslagerung von Verlustrisiken aus der Bilanz verhindert werden. Ferner soll dadurch die Eigenkapitalsumme für Banken entsprechend groß sein. Jeder der Zugang zu Zentralbankgeld will, muss diesen Anforderungen genügen.

Mit Hilfe dieser Maßnahme soll vor allem die 2. Ursache, nämlich eine Bankenkrise in Zukunft verhindert werden. Diese Maßnahmen wirken aber langsam und helfen nur die Ursachen zu beseitigen, ändert aber nichts an den aktuellen Symptomen. Dennoch ist es ein wesentlicher Schritt um das weltweite Vertrauen in die Eurozone zu stärken.

2) 2. Maßnahme: Zinsaufschläge bei hoher Bonität

Ein solcher Eingriff klingt kurios, denn er würde der marktwirtschaftlichen Idee komplett widersprechen. Aber in einem gewissen Rahmen kann dies genau den Effekt erzeugen, der das auseinanderdriften von Vermögenden und Nichtvermögenden vermindert. Zurzeit haben wir einen Leitzins von 1,0%. Aus meiner Sicht sollten aber nur Banken mit einer niedrigen Bonität dies nutzen können. Je besser die Bonität desto höher sollte der Zinssatz sein. Würde eine „Triple-A Bank“ 1,5% zahlen müssen, dann wäre diese Differenz der Gewinn der EZB und damit ein Gewinn der Allgemeinheit. Ferner würden die Schwächeren in eine stärkere Position kommen, weil die Refinanzierung für diese Banken günstiger wäre. Aber je stärker dieser Aufschlag erhöht wird, desto größer ist die Gefahr von Fehlanreizen.

Nachdem es sich um eine sehr unkonventionelle Idee handelt, will ich noch genauer auf die Anreize und Fehlanreize eingehen. Ein Fehlanreiz könnte darin bestehen, dass eine Bank versucht z.B. ein schlechteres Rating zu erreichen um günstigere Zinskonditionen zu erhalten. Eine Bank wird daher stets überlegen, welche Kosten entstehen durch ein schlechteres Rating und welcher Nutzen ergibt sich durch einen niedrigeren EZB-Zins. Solange der Aufschlag gering ist, werden die Kosten überwiegen und keine Fehlanreize entstehen.
Eine weitere Möglichkeit für gutbewertete Banken an günstigere Kredite zu kommen wäre die Kreditaufnahme über schwache Banken. Dies hätte aber den Vorteil, dass schwache Banken recht sichere Anlagen mit einer gewissen, wenn auch niedrigen, Rentabilität erreichen können. Eine solche Umverteilung ist daher kein Fehlanreiz sondern ein gewollter Bestandteil der Idee.
Eine dritte Möglichkeit für eine gutbewertete Bank ist die Gründung einer weiteren Bank mit möglichst schlechtem Rating, die nur als Kreditgeber für die gutbewertet Bank agiert. Dieser Fehlanreiz steigt mit der Höhe der Differenz zwischen dem Zinssatz der besten Ratings und schlechtesten Ratings. Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Bewertung einer Bank, die hauptsächlich Kredite an eine andere Bank vergibt, wesentlich schlechter ist, als das Rating der kreditnehmenden Bank.
Außerdem wird durch die Hinterlegungspflicht die maximale Eigenkapitalrendite eines solchen Unterfangens zusätzlich begrenzt. Bei einer Hinterlegung von 10% und einer maximalen Differenz von 0,5% zwischen dem Zinssatz bei der besten Bewertung und dem Zinssatz bei der schlechtesten Bewertung, wäre eine maximale Rendite von 5% möglich.

Das ganze berechnet sich nach der Formel: (1 / Hinterlegungspflicht) * Zinsdifferenz

In Zahlen: (1 / 10%) * 0,5% = 10 * 0,5% = 5%

Es ist schwer vorstellbar, dass Banken, die meistens eine Eigenkapitalrendite über 10% anstreben, sich hier bemühen würden das Ganze zu umgehen. Bei einer Differenz von 2% zwischen bestem und schlechtestem Rating hielt ich aber die Gefahr von Fehlanreizen für tatsächlich erhöht.

Neben der 1. Ursache, nämlich dem grundsätzlichen Problem das aus dem Zusammenhang von Rentabilität und Bonität resultiert, soll hauptsächlich die aktuelle Wirtschaftssituation von schwachen Banken (Ursache 2) verbessert werden. In einem gewissen Umfang würde dies auch zu zusätzlichen Einnahmen bei der EZB und damit dem Staat führen. Die Kosten würden einzig die starken Banken tragen, die zurzeit auch von der Krise profitieren. Möglicherweise könnte damit sogar eine Differenzierung des Zinssatzes zwischen starken und schwachen Ländern erreicht werden. Während in Deutschland die Mehrzahl der Banken gut bewertet ist, würden die Problembanken in Griechenland profitieren. Somit könnte auch eine gewisse Differenzierung des Euros (Ursache 5a) ermöglicht werden, obwohl keine eigenständige Währung vorhanden ist. Der Zinssatz wäre nämlich in Griechenland im Schnitt etwas niedriger als in Deutschland oder Niederlande.

3) 3. Maßnahme: Eine Besteuerung auf den Handel mit Finanzprodukte aller Art

Es ist völlig unerheblich ob jemand sich eine Lebensversicherung, Aktien oder eine Rentenversicherung zulegt. Wer Vermögen hat, wird Finanzprodukte kaufen. Daher ist es sinnvoll auf Geschäfte mit Finanzprodukten eine Steuer zu erheben. Eine Möglichkeit wäre also den Erwerb von Finanzprodukten z.B. mit 0,1% zu besteuern. Je stärker ein Anleger spekuliert, bzw. je höher die Anlagesummen sind, desto mehr beteiligt er sich über die Steuer an der Gemeinschaft. Außerdem sollte eine solche Maßnahme den Handel mit Finanzprodukten, insbesondere die Spekulation bremsen. Es würde dann auch nicht die einmalige Anlage in Aktien oder eine Rentenversicherung zu einer hohen Steuerbelastung führen. Die Spekulation mit Finanzprodukten, ob Kreditausfallversicherung, Staatsanleihen oder Aktien, wäre hingegen einer erkennbaren Besteuerung unterworfen.

Für eine möglichst breite Wirkung wäre es wünschenswert, wenn diese Maßnahme in vielen Ländern eingeführt wird. Aber schon die Einführung in der Eurozone würde eine große Wirkung entfalten.

Insgesamt sollte hierdurch die Flexibilität des Kapitals begrenzt werden (Ursache 5b) und zusätzliche Einnahmen entstehen (Ursache 4), wodurch auch die Bonität der Eurozone erhöht wird (Ursache 3).

4) 4. Maßnahme: Banklizenz für den ESM und höhere Zinssätze für Hilfskredite

Ich sehe zwar die EFSF bzw. den ESM als richtiges Instrument an um eine Kreditklemme bei den Staaten zu beheben, aber bin sehr unzufrieden mit der Ausgestaltung. Zum einen sehe ich zu Hohe Refinanzierungskosten, wegen der Finanzierung über Geschäftsbanken, zum anderen empfinde ich die Zinssätze für Hilfskredite als zu niedrig.

Betrachtet man die Refinanzierung des ESM, dann werden zurzeit günstige Zentralbankkredite an Geschäftsbanken vergeben, die dieses Geld wiederum mit hohen Aufschlägen an den ESM verleihen. Hier wird mit dem Risiko argumentiert, welches die Geschäftsbanken tragen, aber diese Argumentation ist fadenscheinig. Ein Ausfall des ESM ist schon jetzt schlicht nicht möglich ohne einen Zusammenbruch der Währung zu erleben. Der Ausfall würde nämlich voraussetzen, dass auch wesentliche Länder nicht mehr in der Lage sind ihren Verpflichtungen nachzukommen. Der Glaube, dass dann die Deutsche Bank mit 30 Milliarden Eigenkapital eine Eurozone rettet ist illusorisch.
Um diese ineffiziente und viel zu teure Variante zu beenden, braucht der ESM eine Banklizenz. Allerdings sollte diese Veränderung der Finanzierung keinesfalls zu niedrigeren Zinsen für die Hilfskredite führen. Mit falschen Anreizen zu argumentieren ist nämlich nur dann korrekt, wenn der ESM die niedrigen Zinsen direkt weitergeben würde. Für die Refinanzierung ist es ja völlig unerheblich wo das Geld herkommt, wichtig ist nur, dass der ESM keinesfalls ausfällt.

Betrachtet man die Kreditvergabe von EFSF bzw. ESM, kann man zu dem Schluss kommen, dass die Verzinsung zu niedrig ist. Ein Land welches Hilfskredite beantragt sollte mindestens 5%, besser sogar noch etwas mehr an Kreditzinsen entrichten. Dadurch würde der ESM profitabel arbeiten und ein sinnvoller Anreiz für die Nehmerländer bestehen, sich möglichst bald wieder am Markt zu versorgen.

Sofern die Zahl von 130 Mrd. Euro stimmt, die an Griechenland ausgezahlt wurde, und der Zinssatz tatsächlich nur bei 3,5% liegt, dann zahlt Griechenland hierfür ca. 4,5 Mrd. Euro. Gleichzeitig zahlt die EFSF etwa 3% (3,9 Mrd. Euro) an die eigenen Kreditgeber. Diese, zumeist Banken schätze ich, zahlen noch 1,3 Mrd. Euro an die EZB an Zinsen. Würde die EFSF mit einer Banklizenz direkt das Geld von der EZB leihen, könnten also ca. 2,6 Mrd. Euro eingespart werden, die im Moment einfach an die Geschäftsbanken fließen. Durch die aktuelle Konstruktion über die Geschäftsbanken kostet uns die Hilfsaktion 2,6 Mrd. Euro mehr als nötig. Das ist definitiv zu viel, zumal dies keine weitere Sicherheit bietet.
Gleichzeitig ist für Griechenland mit 3,5% Zinsen ein sehr niedriger Wert festgelegt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Griechenland in den nächsten Jahren nochmal den Anreiz haben wird diese Kredite durch andere Kredite vom Finanzmarkt abzulösen. Würde man Griechenland 7% abverlangen könnte ein solcher Anreiz schon viel früher entstehen. Selbst wenn Griechenland für die nächsten Jahre diese zusätzlichen Zinsen aus dem Topf geschenkt bekäme, würde zumindest im Anschluss wieder ein Anreiz bestehen. Spanien könnte sich so auch unter gewissen Voraussetzungen kurzzeitig vom Markt abkoppeln, ohne dass dies einen dauerhaften Charakter haben müsste.

Grundsätzlich sollte eine Umsetzung auch jetzt schon möglich sein, denn auch EFSF und ESM wurden ja ohne gemeinsame Institution ins Leben gerufen. Das Problem ist eher die parlamentarische Kontrolle, daher sollte aus meiner Sicht das europäische Parlament alle notwendigen Einblicke in den ESM haben und die parlamentarische Kontrolle ausüben. Die Vergabe sollte aber im Wesentlichen nach festen Regeln erfolgen. Gedanklich sind hier auch Regeln, wie eine Mindesthöhe für den Spitzensteuersatz oder die Mehrwertsteuer denkbar. Und wenn man sich die Mehrkosten von 2,6 Milliarden Euro alleine für die bereits ausgezahlten 130 Mrd. an Griechenland anschaut, dann gibt es durchaus bessere Investitionsmöglichkeiten, als damit Geschäftsbanken zu subventionieren.

Durch die Entlastung der Geberländer um mehrere Milliarden Euro werden neue Kapazitäten geschaffen. Die Bonität der Euro-Staaten insgesamt müsste sich durch niedrigere Ausgaben tendenziell verbessern, was die 3. und 4. Ursache bekämpft. Diese Maßnahme ist aber hauptsächlich eine Effizienzsteigerung der bisherigen Maßnahme zur Liquiditätsbereitstellung.

Fazit:

Alleine schon diese Maßnahmen würden helfen der Eurozone neuen Schwung zu geben. Keine dieser Maßnahmen erfordert zusätzliche Zahlungen von einem Mitgliedsstaat. Auch eine sonstige Abgabe von Souveränität ist nicht notwendig. Diese Maßnahmen erfordern „nur“ den gemeinsamen Willen diese Schritte zu gehen. In einem weiteren Artikel werde ich Ideen darstellen, die neben dem einmaligen Willen etwas zu verändern, auch eine dauerhafte Abgabe von Souveränität erfordern.

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Der Zusammenhang von Bonität und Rentabilität http://www.mister-ede.de/politik/bonitat-und-rentabilitat/998 http://www.mister-ede.de/politik/bonitat-und-rentabilitat/998#comments Fri, 08 Jun 2012 05:40:46 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=998 Weiterlesen ]]> Die Bonität ist das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit. Wenn ein Unternehmen eine Investition fremdfinanziert, spielt die Bonität eine entscheidende Rolle für die Kreditkosten und damit die Rentabilität. So wie die Versicherungsbeiträge für ein Auto bei Fahranfängern oder bei häufigen Unfällen höher sind, so wird bei einem Kredit ein Risikoaufschlag erhoben. Eine solche Differenzierung ist zwar zulässig, kann aber auch zu einer Diskriminierung führen. Ab wann das der Fall ist, kann man nur schwierig beantworten. Es ist aber für den Effekt der daraus resultiert völlig unerheblich. So wie bei Fahranfängern die Investition in ein Auto durch die hohen Versicherungsbeiträge unmöglich werden kann, so kann eine Geschäftsinvestition durch die hohen Zinsen verhindert werden.

In der folgenden Tabelle sind drei Unternehmen dargestellt, die in dasselbe Objekt investieren wollen. Alle Daten der Investition sind identisch, bis auf die Bonität und damit die Kreditzinsen der Unternehmen.

Alle Unternehmen müssten denselben Betrag investieren, hätten aber auch den gleichen jährlichen Überschuss aus der Investition. Wenn der Anteil an Fremdfinanzierung gleichbleibt, dann entscheidet die Höhe der Zinsen über die Rentabilität. Während Unternehmen „A“ aufgrund der guten Bonität nur 30.000 € Zinsen jährlich zahlen muss, entstehen bei Unternehmen „C“ 75.000 € an Zinskosten. Ob wir es nun als gerechte Differenzierung betrachten, weil die Ausfallwahrscheinlichkeit als höher angenommen wird, oder ob wir es als Diskriminierung der Vermögenslosen betrachten ist auch erkennbar unerheblich. Im Effekt werden Unternehmen, denen es gut geht immer bevorzugt durch günstige Zinssätze. Umgekehrt haben es Unternehmen, die in Schwierigkeiten sind, doppelt schwer. Würden Unternehmen „A“ und Unternehmen „C“ an der gleichen Stelle investieren, wird Unternehmen „A“ stets bessere Wettbewerbsbedingungen haben, was die Zinskosten anbelangt.

Die Bonität eines Unternehmens ist daher keine Nebensächlichkeit, sondern ein wesentlicher Faktor. Es besteht damit auch ein Wechselspiel zwischen Bonität und Rentabilität. Nicht nur unrentable Unternehmen können ihre Bonität verschlechtern, sondern eine schlechte Bonität kann auch Unternehmen unrentabel machen.
Käme es zu einer Abwertung von Unternehmen „B“ von „mittel“ auf „schlecht“, z.B. wegen schlechter Wirtschaftsdaten für das jeweilige Land, würden die Zinskosten steigen. In der Folge wäre die Investition des Unternehmens unrentabel.

Eine weitere Ähnlichkeit zwischen der Kreditwirtschaft und der Versicherungswirtschaft besteht in der Erwartung. Bei Fahranfängern führt nicht der tatsächliche Unfall, sondern schon die Erwartung eines höheren Risikos zu einem Risikoaufschlag. Die ganze Versicherung ist per se auf die Erwartung der Zukunft ausgerichtet, genauso wie die Kreditwirtschaft. Eine solche Erwartung kann aber nur „ex post“ überprüft werden. Welche Spielräume und Macht hieraus demjenigen erwächst, der die Bewertung der Bonität übernimmt, ist offensichtlich.


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Die Struktur unserer Wirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Macht und Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Erwartung und Risiko in einer Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 08.06.2012)

Der Effekt von Bewertungsinstitutionen (www.mister-ede.de – 08.06.2012)

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