Maßnahmen zur Bekämpfung der Eurokrise – Teil 1

Für die Eurokrise gibt es nicht die allein verantwortliche Ursache, sondern es sind Kombinationen von verschiedenen Ursachen, welche die Dauer und Stärke der Krise beeinflussen. Während die Bankenkrise maßgeblich für die Irischen Probleme verantwortlich war, fehlte es in Spanien an Wirtschaftskraft und in der Folge an Bonität. Griechenland hingegen hatte neben der fehlenden Wirtschaftskraft auch zu hohe Schulden und eine nicht sonderlich effiziente Staatsverwaltung. Zusätzlich trägt der Euro in gewissen Punkten als Krisenverstärker bei. Nach dem Beginn der Eurokrise wurden aber meistens nicht die Ursachen sondern lediglich die Symptome bekämpft. In einer Krise muss aber versucht werden beides zu lösen. Die Symptome müssen gelindert werden, z.B. durch die Bereitstellung von EFSF-Krediten, aber die Ursachen müssen ebenfalls bekämpft werden, denn ansonsten wird es eine ewige Krise.

Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Es sind zwar neue Eigenkapitalvorschriften für Banken verabschiedet worden, aber dies wird erst über Jahre oder Jahrzehnte sinnvoll zum Tragen kommen. Auch der Zugang zu Krediten über die EFSF war eine sinnvolle Maßnahme. In Irland wurde damit nicht nur das Symptom gelindert, sondern auch die Ursache, nämlich die fehlenden Liquidität durch die Bankenkrise, beseitigt. Die fehlende Bonität von Griechenland hat aber weit mehr Ursachen, aber viele der Ursachen wurden bislang gar nicht betrachtet, und schon gar nicht gelöst. Dies wäre aber notwendig um die Eurokrise nachhaltig anzugehen und nicht nur zu verschleppen.

Die Maßnahmen, die ich vorschlage, sind nicht abschließend, aber ich bin der Überzeugung, dass alles was die Ursachen bekämpft ein Schritt in die richtige Richtung ist. Die unterschiedlichen Ideen setzen aber im Gegensatz zu den bisherigen Maßnahmen nicht bei den Symptomen sondern bei den analysierten Ursachen an. Im ersten Teil habe ich Maßnahmen beschrieben, die ohne eine zusätzliche Abgabe von Souveränität auskommen. Ferner sind dies Maßnahmen, die keine zusätzlichen finanziellen Aufwendungen durch die Mitgliedsstaaten erfordern.

Maßnahmenkatalog:

1) 1. Maßnahme: Einheitliche und höhere Eigenkapitalanforderung an Banken

Die Eigenkapitalanforderung an Banken sollte bei 10% liegen. Durch die einheitliche Eigenkapitalanforderung, soll verhindert werden, dass Banken in vermeintlich sichere Anlagen überinvestieren. Ferner sollen durch die einheitliche Eigenkapitalanforderung die Zinserträge und das Risiko wieder wesentlich für die Entscheidungen der Banken sein. Mit derselben Intention sollten auch die Hinterlegungsverpflichtungen bei der EZB vereinheitlicht und aufgestockt werden. Im Moment ist häufig die Höhe der Eigenkapitalanforderung oder der Hinterlegungssumme für eine Kreditvergabe ausschlaggebende. Ein mögliches zunehmendes Risiko sehe ich nicht, weil ein Forderungsausfall für Banken immer noch einen hohen Verlust bedeutet und daher vermieden werden muss.
Es ist auch wesentlich, dass zukünftig von den Banken alle Aktiva mit Eigenkapital abgesichert werden bzw. zu einer Hinterlegung führen. Hierbei sollte für die Banklizenz unerheblich sein, ob die Aktiva, als Kreditforderung oder als Unternehmensbeteiligungen vorhanden sind. Hierdurch soll eine Auslagerung von Verlustrisiken aus der Bilanz verhindert werden. Ferner soll dadurch die Eigenkapitalsumme für Banken entsprechend groß sein. Jeder der Zugang zu Zentralbankgeld will, muss diesen Anforderungen genügen.

Mit Hilfe dieser Maßnahme soll vor allem die 2. Ursache, nämlich eine Bankenkrise in Zukunft verhindert werden. Diese Maßnahmen wirken aber langsam und helfen nur die Ursachen zu beseitigen, ändert aber nichts an den aktuellen Symptomen. Dennoch ist es ein wesentlicher Schritt um das weltweite Vertrauen in die Eurozone zu stärken.

2) 2. Maßnahme: Zinsaufschläge bei hoher Bonität

Ein solcher Eingriff klingt kurios, denn er würde der marktwirtschaftlichen Idee komplett widersprechen. Aber in einem gewissen Rahmen kann dies genau den Effekt erzeugen, der das auseinanderdriften von Vermögenden und Nichtvermögenden vermindert. Zurzeit haben wir einen Leitzins von 1,0%. Aus meiner Sicht sollten aber nur Banken mit einer niedrigen Bonität dies nutzen können. Je besser die Bonität desto höher sollte der Zinssatz sein. Würde eine „Triple-A Bank“ 1,5% zahlen müssen, dann wäre diese Differenz der Gewinn der EZB und damit ein Gewinn der Allgemeinheit. Ferner würden die Schwächeren in eine stärkere Position kommen, weil die Refinanzierung für diese Banken günstiger wäre. Aber je stärker dieser Aufschlag erhöht wird, desto größer ist die Gefahr von Fehlanreizen.

Nachdem es sich um eine sehr unkonventionelle Idee handelt, will ich noch genauer auf die Anreize und Fehlanreize eingehen. Ein Fehlanreiz könnte darin bestehen, dass eine Bank versucht z.B. ein schlechteres Rating zu erreichen um günstigere Zinskonditionen zu erhalten. Eine Bank wird daher stets überlegen, welche Kosten entstehen durch ein schlechteres Rating und welcher Nutzen ergibt sich durch einen niedrigeren EZB-Zins. Solange der Aufschlag gering ist, werden die Kosten überwiegen und keine Fehlanreize entstehen.
Eine weitere Möglichkeit für gutbewertete Banken an günstigere Kredite zu kommen wäre die Kreditaufnahme über schwache Banken. Dies hätte aber den Vorteil, dass schwache Banken recht sichere Anlagen mit einer gewissen, wenn auch niedrigen, Rentabilität erreichen können. Eine solche Umverteilung ist daher kein Fehlanreiz sondern ein gewollter Bestandteil der Idee.
Eine dritte Möglichkeit für eine gutbewertete Bank ist die Gründung einer weiteren Bank mit möglichst schlechtem Rating, die nur als Kreditgeber für die gutbewertet Bank agiert. Dieser Fehlanreiz steigt mit der Höhe der Differenz zwischen dem Zinssatz der besten Ratings und schlechtesten Ratings. Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Bewertung einer Bank, die hauptsächlich Kredite an eine andere Bank vergibt, wesentlich schlechter ist, als das Rating der kreditnehmenden Bank.
Außerdem wird durch die Hinterlegungspflicht die maximale Eigenkapitalrendite eines solchen Unterfangens zusätzlich begrenzt. Bei einer Hinterlegung von 10% und einer maximalen Differenz von 0,5% zwischen dem Zinssatz bei der besten Bewertung und dem Zinssatz bei der schlechtesten Bewertung, wäre eine maximale Rendite von 5% möglich.

Das ganze berechnet sich nach der Formel: (1 / Hinterlegungspflicht) * Zinsdifferenz

In Zahlen: (1 / 10%) * 0,5% = 10 * 0,5% = 5%

Es ist schwer vorstellbar, dass Banken, die meistens eine Eigenkapitalrendite über 10% anstreben, sich hier bemühen würden das Ganze zu umgehen. Bei einer Differenz von 2% zwischen bestem und schlechtestem Rating hielt ich aber die Gefahr von Fehlanreizen für tatsächlich erhöht.

Neben der 1. Ursache, nämlich dem grundsätzlichen Problem das aus dem Zusammenhang von Rentabilität und Bonität resultiert, soll hauptsächlich die aktuelle Wirtschaftssituation von schwachen Banken (Ursache 2) verbessert werden. In einem gewissen Umfang würde dies auch zu zusätzlichen Einnahmen bei der EZB und damit dem Staat führen. Die Kosten würden einzig die starken Banken tragen, die zurzeit auch von der Krise profitieren. Möglicherweise könnte damit sogar eine Differenzierung des Zinssatzes zwischen starken und schwachen Ländern erreicht werden. Während in Deutschland die Mehrzahl der Banken gut bewertet ist, würden die Problembanken in Griechenland profitieren. Somit könnte auch eine gewisse Differenzierung des Euros (Ursache 5a) ermöglicht werden, obwohl keine eigenständige Währung vorhanden ist. Der Zinssatz wäre nämlich in Griechenland im Schnitt etwas niedriger als in Deutschland oder Niederlande.

3) 3. Maßnahme: Eine Besteuerung auf den Handel mit Finanzprodukte aller Art

Es ist völlig unerheblich ob jemand sich eine Lebensversicherung, Aktien oder eine Rentenversicherung zulegt. Wer Vermögen hat, wird Finanzprodukte kaufen. Daher ist es sinnvoll auf Geschäfte mit Finanzprodukten eine Steuer zu erheben. Eine Möglichkeit wäre also den Erwerb von Finanzprodukten z.B. mit 0,1% zu besteuern. Je stärker ein Anleger spekuliert, bzw. je höher die Anlagesummen sind, desto mehr beteiligt er sich über die Steuer an der Gemeinschaft. Außerdem sollte eine solche Maßnahme den Handel mit Finanzprodukten, insbesondere die Spekulation bremsen. Es würde dann auch nicht die einmalige Anlage in Aktien oder eine Rentenversicherung zu einer hohen Steuerbelastung führen. Die Spekulation mit Finanzprodukten, ob Kreditausfallversicherung, Staatsanleihen oder Aktien, wäre hingegen einer erkennbaren Besteuerung unterworfen.

Für eine möglichst breite Wirkung wäre es wünschenswert, wenn diese Maßnahme in vielen Ländern eingeführt wird. Aber schon die Einführung in der Eurozone würde eine große Wirkung entfalten.

Insgesamt sollte hierdurch die Flexibilität des Kapitals begrenzt werden (Ursache 5b) und zusätzliche Einnahmen entstehen (Ursache 4), wodurch auch die Bonität der Eurozone erhöht wird (Ursache 3).

4) 4. Maßnahme: Banklizenz für den ESM und höhere Zinssätze für Hilfskredite

Ich sehe zwar die EFSF bzw. den ESM als richtiges Instrument an um eine Kreditklemme bei den Staaten zu beheben, aber bin sehr unzufrieden mit der Ausgestaltung. Zum einen sehe ich zu Hohe Refinanzierungskosten, wegen der Finanzierung über Geschäftsbanken, zum anderen empfinde ich die Zinssätze für Hilfskredite als zu niedrig.

Betrachtet man die Refinanzierung des ESM, dann werden zurzeit günstige Zentralbankkredite an Geschäftsbanken vergeben, die dieses Geld wiederum mit hohen Aufschlägen an den ESM verleihen. Hier wird mit dem Risiko argumentiert, welches die Geschäftsbanken tragen, aber diese Argumentation ist fadenscheinig. Ein Ausfall des ESM ist schon jetzt schlicht nicht möglich ohne einen Zusammenbruch der Währung zu erleben. Der Ausfall würde nämlich voraussetzen, dass auch wesentliche Länder nicht mehr in der Lage sind ihren Verpflichtungen nachzukommen. Der Glaube, dass dann die Deutsche Bank mit 30 Milliarden Eigenkapital eine Eurozone rettet ist illusorisch.
Um diese ineffiziente und viel zu teure Variante zu beenden, braucht der ESM eine Banklizenz. Allerdings sollte diese Veränderung der Finanzierung keinesfalls zu niedrigeren Zinsen für die Hilfskredite führen. Mit falschen Anreizen zu argumentieren ist nämlich nur dann korrekt, wenn der ESM die niedrigen Zinsen direkt weitergeben würde. Für die Refinanzierung ist es ja völlig unerheblich wo das Geld herkommt, wichtig ist nur, dass der ESM keinesfalls ausfällt.

Betrachtet man die Kreditvergabe von EFSF bzw. ESM, kann man zu dem Schluss kommen, dass die Verzinsung zu niedrig ist. Ein Land welches Hilfskredite beantragt sollte mindestens 5%, besser sogar noch etwas mehr an Kreditzinsen entrichten. Dadurch würde der ESM profitabel arbeiten und ein sinnvoller Anreiz für die Nehmerländer bestehen, sich möglichst bald wieder am Markt zu versorgen.

Sofern die Zahl von 130 Mrd. Euro stimmt, die an Griechenland ausgezahlt wurde, und der Zinssatz tatsächlich nur bei 3,5% liegt, dann zahlt Griechenland hierfür ca. 4,5 Mrd. Euro. Gleichzeitig zahlt die EFSF etwa 3% (3,9 Mrd. Euro) an die eigenen Kreditgeber. Diese, zumeist Banken schätze ich, zahlen noch 1,3 Mrd. Euro an die EZB an Zinsen. Würde die EFSF mit einer Banklizenz direkt das Geld von der EZB leihen, könnten also ca. 2,6 Mrd. Euro eingespart werden, die im Moment einfach an die Geschäftsbanken fließen. Durch die aktuelle Konstruktion über die Geschäftsbanken kostet uns die Hilfsaktion 2,6 Mrd. Euro mehr als nötig. Das ist definitiv zu viel, zumal dies keine weitere Sicherheit bietet.
Gleichzeitig ist für Griechenland mit 3,5% Zinsen ein sehr niedriger Wert festgelegt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Griechenland in den nächsten Jahren nochmal den Anreiz haben wird diese Kredite durch andere Kredite vom Finanzmarkt abzulösen. Würde man Griechenland 7% abverlangen könnte ein solcher Anreiz schon viel früher entstehen. Selbst wenn Griechenland für die nächsten Jahre diese zusätzlichen Zinsen aus dem Topf geschenkt bekäme, würde zumindest im Anschluss wieder ein Anreiz bestehen. Spanien könnte sich so auch unter gewissen Voraussetzungen kurzzeitig vom Markt abkoppeln, ohne dass dies einen dauerhaften Charakter haben müsste.

Grundsätzlich sollte eine Umsetzung auch jetzt schon möglich sein, denn auch EFSF und ESM wurden ja ohne gemeinsame Institution ins Leben gerufen. Das Problem ist eher die parlamentarische Kontrolle, daher sollte aus meiner Sicht das europäische Parlament alle notwendigen Einblicke in den ESM haben und die parlamentarische Kontrolle ausüben. Die Vergabe sollte aber im Wesentlichen nach festen Regeln erfolgen. Gedanklich sind hier auch Regeln, wie eine Mindesthöhe für den Spitzensteuersatz oder die Mehrwertsteuer denkbar. Und wenn man sich die Mehrkosten von 2,6 Milliarden Euro alleine für die bereits ausgezahlten 130 Mrd. an Griechenland anschaut, dann gibt es durchaus bessere Investitionsmöglichkeiten, als damit Geschäftsbanken zu subventionieren.

Durch die Entlastung der Geberländer um mehrere Milliarden Euro werden neue Kapazitäten geschaffen. Die Bonität der Euro-Staaten insgesamt müsste sich durch niedrigere Ausgaben tendenziell verbessern, was die 3. und 4. Ursache bekämpft. Diese Maßnahme ist aber hauptsächlich eine Effizienzsteigerung der bisherigen Maßnahme zur Liquiditätsbereitstellung.

Fazit:

Alleine schon diese Maßnahmen würden helfen der Eurozone neuen Schwung zu geben. Keine dieser Maßnahmen erfordert zusätzliche Zahlungen von einem Mitgliedsstaat. Auch eine sonstige Abgabe von Souveränität ist nicht notwendig. Diese Maßnahmen erfordern „nur“ den gemeinsamen Willen diese Schritte zu gehen. In einem weiteren Artikel werde ich Ideen darstellen, die neben dem einmaligen Willen etwas zu verändern, auch eine dauerhafte Abgabe von Souveränität erfordern.

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