mister-ede.de » Polen http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Dauerhafte Sommerzeit- oder ewige Winterzeit – wofür sind die Nachbarn Deutschlands? http://www.mister-ede.de/politik/sommerzeit-winterzeit-eu/8828 http://www.mister-ede.de/politik/sommerzeit-winterzeit-eu/8828#comments Tue, 21 May 2019 18:50:56 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8828 Weiterlesen ]]> Im Jahr 2021 soll die Zeitumstellung enden. Auf Vorschlag der EU-Kommission haben Europaparlament und Rat deshalb beschlossen, dass die EU-Länder in den kommenden Monaten melden sollen, ob sie künftig die dauerhafte Sommerzeit (MESZ) oder die ewige Winterzeit (MEZ) einführen wollen. Es soll damit vermieden werden, dass ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Zeitzonen in Europa entsteht. Für die Frage, wie sich Deutschland entscheiden soll, ist daher nicht nur ein Blick auf das hiesige Meinungsbild sinnvoll, sondern auch darauf, wie sich unsere Nachbarländer entschieden haben oder entscheiden werden.

Hierzulande gibt es eine klare Präferenz für die dauerhafte Sommerzeit. Millionen Deutsche hatten sich 2018 an der EU-Konsultation beteiligt und sich mit einer deutlichen Mehrheit für diese Variante entschieden [1]. Und auch in repräsentativen Umfragen von Meinungsforschungsinstituten werden immer wieder ähnliche Ergebnisse gemessen. Selbiges gilt für unsere Nachbarn Luxemburg und Österreich. Auch dort gab es eine rege Beteiligung an der EU-Konsultation und eine klare Mehrheit für die dauerhafte Sommerzeit. Die inzwischen zerbrochene österreichische Bundesregierung hatte deshalb bereits im März mitgeteilt, sie bevorzuge die Sommerzeit, auch wenn man sich in Österreich einem deutsch-italienischen Winterzeit-Regime zur Not unterordnen würde, um als kleines Land keine Zeitinsel zwischen den großen Nachbarn zu bilden [2].
In den übrigen Nachbarländern Deutschlands war die Beteiligungsquote an der EU-Konsultation zwar zu gering, um eine wirkliche Aussagekraft zu haben. In Frankreich hat allerdings das Parlament inzwischen eine eigene Bürgerbefragung durchgeführt, an der sich über 2 Mio. Franzosen beteiligt haben. Das Ergebnis ist auch dort, dass sich 59% der Franzosen eine dauerhafte Sommerzeit wünschen, nur 37% die ewige Winterzeit [3]. Und auch bei Polen ist bekannt, dass eine breite Mehrheit für die Einführung der dauerhaften Sommerzeit ist [4]. Der zuständige Ausschuss im polnischen Parlament stimmte hierfür bereits 2017 und war damit sogar einer der Auslöser für die jetzige EU-Gesetzgebung zur Abschaffung der Zeitumstellung.

Falls sich Deutschland nun ebenfalls für die dauerhafte Sommerzeit entscheidet, ist anzunehmen, dass sich auch die kleineren Nachbarländer einer solch großen französisch-deutsch-polnisch-österreichischen Sommerzeitzone anschließen würden. Es erscheint daher durchaus sinnvoll, diesen Weg zu beschreiten, um einen Flickenteppich in Europa zu verhindern und zu einer gemeinsamen Zeit für Deutschland und seine Nachbarländer zu gelangen.


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linked: „Ökonomie der Zeit: Does Time Matter?“ (www.mister-ede.de – 12.05.2019)

Wie Winterzeit-Befürworter die Sommerzeit mit Falschbehauptungen madig machen (www.mister-ede.de – 28.10.2018)


[1] Ergebnisse der EU-Konsultation zur Zeitumstellung (Link zur PDF auf eur-lex.europa.eu)

[2] Artikel auf Vienna.at vom 27.03.2019 zur österreichischen Haltung (Link zum Artikel auf www.vienna.at)

[3] Politico-Artikel vom 06.03.2019 zur Konsultation des franz. Parlaments (Link zum Artikel auf www.politico.eu

[4] ZDF-Beitrag vom 30.3.2019 zum Meinungsbild in Polen (Link zum Beitrag auf www.zdf.de)

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Wie Winterzeit-Befürworter die Sommerzeit mit Falschbehauptungen madig machen http://www.mister-ede.de/medien/falschbehauptungen-sommerzeit/8736 http://www.mister-ede.de/medien/falschbehauptungen-sommerzeit/8736#comments Sun, 28 Oct 2018 13:46:05 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8736 Weiterlesen ]]> Im Sommer dieses Jahres führte die EU-Kommission eine Konsultation zur Zeitumstellung durch, an der sich 4,6 Mio. Menschen (3 Mio. davon aus Deutschland) beteiligten. In 26 der 28 EU Länder sprachen sich die Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich für die Abschaffung der Zeitumstellung aus. Insgesamt lehnen 84% der Teilnehmer die Zeitumstellung ab. Im Falle einer Abschaffung haben 92% der Teilnehmer aus Deutschland eine klare Präferenz, welche Zeit dann gelten soll. 58% von ihnen wünschen sich die dauerhafte Sommerzeit (MESZ) und lediglich 42% die dauerhafte Winterzeit (MEZ) [1]. Doch seitdem das Ergebnis bekannt ist, verunsichern fanatische Anhänger der Winterzeit die Bürgerinnen und Bürger mit einer regelrechten Desinformations-Kampagne, die mit Falschbehauptungen und glatten Lügen nur so gespickt ist.

Fake 1: Die Sommerzeit sei künstlich, die Winterzeit natürlich

Weder Pflanzen noch das Wetter noch sonst irgendetwas Natürliches richtet sich nach der Uhrzeit. Kein Tier schaut auf die Uhr, wann es aufstehen muss. Die Uhrzeit ist eine menschliche Erfindung und daher ist die Winterzeit genauso künstlich wie die Sommerzeit, auch wenn ein Schlafforscher in der Landesschau Rheinland-Pfalz das genaue Gegenteil behauptet [2].

Fake 2: Zeitumstellung wird der Sommerzeit angelastet

Wissenschaftlich belegt ist, dass die Zeitumstellung, also das vor und zurück im Frühjahr bzw. Herbst, negative Auswirkungen auf den Menschen hat. Manche Winterzeit-Befürworter lasten diese negativen Folgen nun aber unzulässiger Weise der Sommerzeit an, denn, so deren Argumentation, ohne Sommerzeit bräuchte es die Zeitumstellung ja nicht. Gerne werden dann zum Beleg für die Schädlichkeit der Sommerzeit ältere Artikel verlinkt, in denen die Verbindung von Sommerzeit und Zeitumstellung noch als fix angenommen wurde, weil es damals schlicht und ergreifend keine Diskussion über die Einführung einer dauerhaften Sommerzeit gab [3]. Dass die Zeitumstellung bei permanenter Sommerzeit natürlich genauso entfällt, ist allerdings so simpel, logisch und einleuchtend, dass man bei dieser Argumentation der Winterzeit-Anhänger von einer bewussten Täuschung der Öffentlichkeit sprechen muss.

Fake 3: Die Sommerzeit sei ungesund

Wenn Prof. Dr. Till Roenneberg behauptet, die Sommerzeit mache dick, dumm und grantig, ist das natürlich eine Superschlagzeile, die von recherchescheuen Journalisten gerne aufgenommen wird [4]. Über die dpa gelangte die Meldung in dutzende Medien, von Bild über Zeit bis zum Focus. Und wenn die Maschinerie einmal läuft, dann hilft es leider auch nichts mehr, wenn Schlafforscher der Uni Salzburg umgehend widersprechen und das als reine Panikmache bezeichnen [5] [6].
Letztlich muss man sich hier fragen, ob die Triebfedern für die Wortmeldung des Professors aus München nicht vor allem Profilierungssucht und Mediengeilheit waren, denn seine Behauptung entbehrt einfach jeglicher Logik. Die Uhrzeit selbst, egal ob nun Sommerzeit, Winterzeit oder auch eine globale Einheitszeit, hat nämlich überhaupt keine Auswirkungen auf irgendwas. Wenn, dann sind es Termine, Arbeits- oder Schulzeiten, die möglicherweise einen negativen Einfluss auf den menschlichen Biorhythmus haben. Hätte der Professor allerdings korrekterweise, so wie das viele andere machen, z.B. den frühen Schulbeginn kritisiert, wäre er damit natürlich nie so prominent in die Medien gekommen. So aber geistert nun eine Falschmeldung durch die Welt, die von der Minderheit der Winterzeit-Anhänger gerne als Argument gegen die Sommerzeit herangezogen wird.

Fake 4: Wegen der Sommerzeit müssen Kinder im Dunkeln zur Schule

Bei dieser Falschbehauptung findet derselbe Mechanismus Anwendung wie beim vorherigen Fake. Von den Winterzeit-Befürwortern wird einfach ein Ursache-Wirkungs-Zusammenhang konstruiert, den es so überhaupt nicht gibt. Ob Schülerinnen und Schüler im Dunkeln zur Schule gehen müssen, hängt einzig und alleine davon ab, wann die Schule beginnt. Wer nicht möchte, dass unsere Kinder den Schulweg im Dunkeln meistern müssen, der muss den Schulbeginn auf einen Zeitpunkt legen, zu dem es hell ist. Und das ist völlig unabhängig davon, ob nun MEZ, MESZ, GZSZ oder die Sternzeit von Raumschiff Enterprise gilt.

Fake 5: Die EU-Konsultation war nicht repräsentativ

Konsultationen sind fester Bestandteil der EU-Gesetzgebung. Sie ermöglichen es interessierten Bürgerinnen und Bürgern, sich am Gesetzgebungsverfahren der EU zu beteiligen. So laufen aktuell ca. 400 – 500 Konsultationen und es ist überhaupt nicht das Ziel, dass sich daran stets jeder beteiligt. Im Übrigen gilt bei demokratischen Abstimmung und Wahlen grundsätzlich, dass das Ergebnis nicht repräsentativ sein muss. Bei der letzten Bundestagswahl haben im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung mehr Ältere als Jüngere ihre Stimme abgegeben. So what? Niemand käme deshalb auf die Idee, das Wahlergebnis als „nicht repräsentativ“ zu bezeichnen. Der einzige Grund, warum Winterzeit-Anhänger das bei der EU-Konsultation dennoch machen, ist der Versuch, das Verfahren an sich zu diskreditieren, weil ihnen das Ergebnis nicht passt.

Fake 6: Die Mehrheit der Deutschen sei gar nicht für die Sommerzeit

An der EU-Konsultation haben sich 3 Mio. Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland beteiligt. Nachdem es dabei keinerlei Beschränkung gab, also Land- genauso wie Stadtbevölkerung, Nord- genauso wie Ost-, Süd- oder Westdeutsche, Junge genauso wie Alte, Frauen genauso wie Männer, Schwule genauso wie Heteros usw. teilnehmen konnten, ist aufgrund des Gesetzes der großen Zahlen davon auszugehen, dass das Abstimmungsergebnis ziemlich nah am Durchschnitt der Gesellschaft liegt. Und Überraschung, das tut es auch, wie die repräsentativen Umfragen von Emnid [7] oder Civey [8] aus dem Oktober 2018 belegen. Eine klare Mehrheit der Deutschen wünscht sich die dauerhafte Sommerzeit. Wer etwas anderes behauptet, der lügt.

Fake 7: Wunsch nach dauerhafter Sommerzeit sei ein deutsches Phänomen

Diese Behauptung ist ebenfalls schlicht falsch! In Polen gibt es schon länger Bestrebungen, die Sommerzeit dauerhaft einzuführen [9] genauso wie in Ungarn [10] oder Teilen Spaniens [11]. Auch in Österreich sprechen sich die Menschen nicht erst seit gestern für die Sommerzeit aus, die gerne auch dauerhaft beibehalten werden soll [12] [13].

Anmerkung:

Um es klar zu sagen, jeder hat alles Recht der Welt eine dauerhafte MEZ (Winterzeit) einer dauerhaften MESZ (Sommerzeit) vorzuziehen. Es ist aber nicht hinzunehmen, wenn eine Minderheit mit Falschbehauptungen die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten beeinflussen will, wie das z.B. beim Brexit-Diskurs in Großbritannien geschehen ist. Und genauso inakzeptabel ist es, wenn Winterzeit-Fanatiker die Sommerzeit-Befürworter als dumm, ungebildet und uninformiert verunglimpfen.


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[1] Ergebnisse der EU-Konsultation zur Zeitumstellung (Link zur PDF auf eur-lex.europa.eu)

[2] Beitrag der Landesschau RP vom 26.10.2018 (Link zum Video auf www.ardmediathek.de)

[3] Artikel zur Zeitumstellung von Spiegel-Online vom 28.03.2013 (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

[4] Focus-Online-Artikel “Ewige Sommerzeit macht uns dicker, dümmer und grantiger” vom 12.09.2018 (Link zum Artikel auf www.focus.de)

[5] Artikel der Salzburger Nachrichten vom 24.09.2018 mit Klarstellung zur Sommerzeit (Link zum Artikel auf www.sn.at)

[6] Pressemeldung der Schlafforscher der Uni Salzburg vom 24.09.2018 (Link zur Pressemeldung auf uni-salzburg.at)

[7] Meldung von Focus-Online vom 20.10.2018 zur Emnid-Umfrage zur Sommerzeit (Link zur Meldung auf www.focus.de)

[8] Ergebnisse der Civey-Umfrage zur Sommerzeit vom 25.10.2018 (Link zu den Umfrage-Ergebnissen auf civey.com)

[9] MDR-Meldung zu Sommerzeit-Wünschen in Polen vom 23.03.2018 (Link zur Meldung auf www.mdr.de)

[10] HNA-Artikel zu Sommerzeit-Wünschen in Ungarn vom 16.11.2016 (Link zum Artikel auf www.hna.de)

[11] Stern-Meldung zu Sommerzeit-Wünschen auf Mallorca vom 28.10.2016 (Link zur Meldung auf www.stern.de)

[12] Artikel von Der Standard zu Sommerzeit-Vorstellungen in Österreich vom 27.03.2016 (Link zum Artikel auf derstandard.at)

[13] Meldung von Kleine Zeitung zu Sommerzeit-Wünschen in Österreich vom 29.10.2016 (Link zur Meldung auf www.kleinezeitung.at)

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Bundesregierung versteckt sich in der Flüchtlingspolitik hinter Orbán und Kaczyński http://www.mister-ede.de/politik/bundesregierung-versteckt-sich/8520 http://www.mister-ede.de/politik/bundesregierung-versteckt-sich/8520#comments Wed, 20 Sep 2017 17:57:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8520 Weiterlesen ]]> In der Flüchtlingspolitik verhält sich Deutschland im Jahr 2017 nicht anders als im Jahr 2014. Damals beendete die italienische Regierung ihre Rettungsmission „Mare nostrum“, mit der Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken bewahrt wurden, weil unter anderem die Bundesregierung nicht zu einer finanziellen Beteiligung an den Kosten des Einsatzes bereit war. Doch auch heute macht sich Deutschland wieder klein und schaut angestrengt weg, wenn es um die Solidarität mit Griechenland und Italien bei der Versorgung von Flüchtlingen geht.
So ist es bezeichnend, dass kein anderes EU-Land eine höhere Zahl offener Kontingentplätze zur Umverteilung von Flüchtlingen vor sich her schiebt als das reiche und sich selbst immer als solidarisch empfindende Deutschland. Vor zwei Jahren, am 14. September 2015, beschloss der Rat der EU, dass Deutschland und andere EU-Länder bis Herbst 2017 aus Griechenland und Italien eine gewisse Zahl an Flüchtlingen aufnehmen müssen, um die beiden Mittelmeer-Anrainer zu entlasten. Aber auch gegen Ende des Umverteilungs-Programms hat Deutschland noch immer 19.684 Plätze nicht besetzt und ist damit Spitzenreiter bei der Unsolidarität unter den EU-Ländern [1].

Gleichzeitig versteckt sich Deutschland, das pro Kopf ein BIP von 38.100 Euro hat, in der Flüchtlingspolitik immer wieder hinter Ländern wie Polen (11.000 Euro BIP pro Kopf) und Ungarn (11.500 Euro BIP pro Kopf). Doch ist es wirklich fair, dass die Bundesregierung von Ungarn und Polen, die bei der Wirtschaftskraft zu den Schlusslichtern in der EU gehören, die Aufnahme von Flüchtlingen einfordert? Wäre es nicht vielmehr Aufgabe der wirtschaftlich starken und reichen EU-Länder, die ein stabiles Wachstum und eine niedrige Arbeitslosigkeit haben, sich solidarisch zu zeigen und jenen EU-Mitgliedern zu helfen, die sich in einer Notlage befinden?
Und wenn man schon kritisiert, dass sich manche EU-Länder aus der europäischen Solidarität ausklinken, wieso kritisiert die Bundesregierung dann nicht Großbritannien oder Dänemark, die ebenfalls keine Flüchtlinge aus Griechenland oder Italien übernehmen? Stattdessen kommt immer wieder der Verweis auf Polen und Ungarn, als ob diese beiden Länder in jener Verantwortung stünden, aus der sich Deutschland, Österreich oder die Niederlande längst gestohlen haben. Zumindest bei mir entsteht da der Eindruck, dass Orbán und Kaczyński, an deren Politik es unbestreitbar viel zu kritisieren gibt, ideale Sündenböcke sind, um die Verantwortung der Bundesregierung für eine konzeptlose, unzulängliche und bisweilen inhumane Flüchtlingspolitik zu kaschieren. Wenn also Karin Bensch auf tagesschau.de kommentiert: „Es ist unerträglich, dass nur einige wenige EU-Länder wie zum Beispiel Schweden und Deutschland den größten Teil aller Flüchtlinge aufgenommen haben und andere Länder sich aus innenpolitischen Gründen wegducken“ [2], so antworte ich ihr: „Unerträglich ist für mich die Scheinheiligkeit der Bundesregierung, sich bei der Flüchtlingspolitik als solidarisch und human darzustellen, während man sich in Berlin de facto hinter Orbán und Kaczyński versteckt.“


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[1] Mitteilung der EU-Kommission zum aktuellen Stand (18.09.2017) der Umverteilung abgerufen am 20.09.2017 (PDF mit aktualen Zahlen auf ec.europa.eu)

[2] Kommentar vom 06.09.2017 von Karin Bensch zur Flüchtlingspolitik auf Tagesschau.de (Link zum Kommentar auf www.tagesschau.de)

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Das EuGH-Urteil zur Flüchtlingsverteilung – eine Einordnung http://www.mister-ede.de/politik/eugh-fluechtlingsverteilung/8498 http://www.mister-ede.de/politik/eugh-fluechtlingsverteilung/8498#comments Wed, 13 Sep 2017 19:47:57 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8498 Weiterlesen ]]> Vergangene Woche entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass sich Ungarn und die Slowakei an der Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien beteiligen müssen. Ausnahmen gibt es damit weiterhin nur für Dänemark und Großbritannien, die sich im EU-Vertrag garantieren haben lassen, nicht an der EU-Flüchtlingspolitik teilnehmen zu müssen.

Das Urteil [1] einfach erklärt:

Am 14. September 2015 beschloss der Rat der EU auf Basis von Art. 78 III AEUV (Vertrag über die Arbeitsweisen der EU) mit qualifizierter Mehrheit eine Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien in andere Teile der EU [2]. Gegen diesen Beschluss klagten die beiden EU-Länder Slowakei und Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Vergangene Woche urteilte nun der EuGH, dass der damalige Beschluss inhaltlich und formal korrekt war.
Im September 2015 bestand tatsächlich eine Notlage in Griechenland und Italien und deshalb durfte der Rat der EU nach Art. 78 III AEUV Maßnahmen zur Abhilfe beschließen. Diese Maßnahmen waren aus Sicht des EuGH nicht erkennbar ungeeignet, um Griechenland und Italien zu helfen, und verletzten auch kein sonstiges EU-Recht. Außerdem stellte der EuGH klar, dass für diesen Beschluss keine Einstimmigkeit der EU-Länder erforderlich war, sondern lediglich eine qualifizierte Mehrheit (siehe Art. 16 III und IV EU-Vertrag). Aus diesen Gründen war der Beschluss des Rates der EU rechtmäßig und der EuGH hat die entsprechenden Klagen der Slowakei und Ungarns zurückgewiesen.

Was das Urteil bedeutet:

Das Urteil des EuGH bedeutet zunächst, dass der Rat der EU in einer Notlage eine Umverteilung von Flüchtlingen beschließen darf und sich dann alle EU-Länder daran beteiligen müssen. Ungarn und die Slowakei müssen also ihren Teil der Flüchtlinge aus Italien und Griechenland übernehmen. Aber auch für Deutschland bedeutet das Urteil, dass sich die Bundesregierung rechtswidrig verhalten würde, wenn sie den Beschluss des Rates der EU nicht wie gefordert umsetzt. Bislang hat Deutschland allerdings erst 7.852 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien aufgenommen, obwohl es bis Herbst 2017 rund 30.000 Flüchtlinge übernehmen sollte [3]. Nachdem es aber auch Probleme in Italien und Griechenland gibt, geeignete Personen für eine solche Umverteilung zu identifizieren, dürfte das Urteil vorerst keine direkten Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Umverteilung haben.

Was das Urteil nicht bedeutet:

Das Urteil des EuGH bedeutet nicht, dass die EU künftig auch gegen den Willen eines EU-Landes eine dauerhafte Umverteilung von Flüchtlingen beschließen darf. Nur bei Notlagen kann auf die Einstimmigkeit verzichtet werden. Um für die Zukunft daran etwas zu ändern, müssten die EU-Verträge geändert werden, was jedoch ebenfalls zwingend jene Einstimmigkeit aller EU-Länder voraussetzt, die es zurzeit nicht gibt. Aber auch in einer Notlage getroffene Umverteilungs-Beschlüsse dürften wieder vor dem EuGH landen. Denn ob tatsächlich eine Notlage vorliegt, kann immer nur im konkreten Einzelfall geprüft werden.
Das Urteil bedeutet daher nicht, dass sich an der bisherigen EU-Flüchtlingspolitik etwas ändert oder gar dass diese solidarischer oder humaner wird.

Bewertungen des Urteils:

Wenn von einer Niederlage Ungarns und der Slowakei in Bezug auf die EU-Flüchtlingspolitik gesprochen wird, so ist das de facto falsch. Zwar haben Ungarn und die Slowakei den Rechtsstreit bezüglich dieses einen Beschlusses verloren, allerdings haben sie längst für eine Änderung der EU-Flüchtlingspolitik in ihrem Sinne gesorgt. Die EU schottet sich massiv ab und Ungarn und die Slowakei oder auch Polen müssen nur wenige Flüchtlinge aufnehmen. Überdies haben die beiden EU-Länder mit Hilfe der Klage klären können, dass der Rat der EU nicht einfach gegen ihren Willen eine dauerhafte Umverteilung beschließen und schon gar nicht die Aufnahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten erzwingen kann. Insofern muss man konstatieren, dass sich die ungarische, die slowakische und die polnische Regierung mit ihrer Haltung zur Flüchtlingspolitik weitestgehend durchgesetzt haben.
Nachdem sich aber an der Blockade-Haltung der Visegrád-Staaten in nächster Zeit nichts ändern wird, bleibt für die Entwicklung hin zu einer echten gemeinsamen Asylpolitik in der EU nur der Weg über eine verstärkte Zusammenarbeit einiger EU-Länder.


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[1] Urteil des EuGH vom 06.09.2017 (Link zum Urteil auf curia.europa.eu)

[2] Beschluss des Rates der EU vom 22.09.2015 (Link zum Beschluss auf eur-lex.europa.eu)

[3] Mitteilung der EU-Kommission zum aktuellen Stand (06.09.2017) der Umverteilung abgerufen am 13.09.2017 (PDF mit aktualen Zahlen auf ec.europa.eu)

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http://www.mister-ede.de/politik/eugh-fluechtlingsverteilung/8498/feed 0
Flüchtlingspolitik: Deutschland mal wieder unsolidarisch in der EU http://www.mister-ede.de/politik/deutschland-unsolidarisch/5859 http://www.mister-ede.de/politik/deutschland-unsolidarisch/5859#comments Thu, 15 Dec 2016 07:34:12 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5859 Weiterlesen ]]> Am 12.11.2015, in der Hochphase der Flüchtlingskrise, sagten die EU-Mitgliedsländer Finanzhilfen für afrikanische Länder in Höhe von 82 Mio. Euro zu, damit Flüchtlinge direkt vor Ort versorgt werden können [1]. Während allerdings z.B. Polen, Ungarn und Tschechien, die hierzu fast genauso viel beitragen wie die wirtschaftlich starke Bundesrepublik, ihren Anteil längst vollständig überwiesen haben, hat die Bundesregierung auch nach einem Jahr (Stand 15.11.2016) noch keinen einzigen Cent beigesteuert [2].
Auch wenn dies im Rahmen der Vereinbarung zulässig ist, zeigt sich Deutschland damit gleich in doppelter Hinsicht unsolidarisch und das sowohl gegenüber den europäischen Partnern als auch gegenüber den Ärmsten der Armen, nämlich den Verfolgten und Vertrieben in Afrika. Es heißt also wieder einmal, Deutschland trägt nur wenig zur EU-Politik bei und dann auch noch spät.


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[1] Factsheet zum „EU Emergency Trust Fund for Africa“ (Link zur PDF auf eeas.europa.eu)

[2] Übersicht der bisher geleisteten Zahlungen (Link zur PDF auf ec.europa.eu)

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http://www.mister-ede.de/politik/deutschland-unsolidarisch/5859/feed 0
Polen, quo vadis? http://www.mister-ede.de/politik/polen-quo-vadis/4741 http://www.mister-ede.de/politik/polen-quo-vadis/4741#comments Sun, 31 Jan 2016 20:46:42 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4741 Weiterlesen ]]> Vor einem Vierteljahr hat sich die Bevölkerung Polens bei den Parlamentswahlen mehrheitlich für eine streng nationalkonservative Partei, die PiS um Jaroslaw Kaczyński, entschieden. Nachdem bereits im Frühjahr 2015 der Nationalkonservative Andrzey Duda zum polnischen Präsidenten gewählt wurde, ist damit nun auch die Regierung Polens fest in der Hand der PiS, die überdies auch in der zweiten Kammer des Landes, dem Senat, die Mehrheit stellt.
Welche Folgen diese politische Veränderung für Polen hat, konnte man dann auch schon kurz nach der Regierungsübernahme sehen, als neue Mediengesetze erlassen wurden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Sinne der Nationalisten ausgemistet und mit dem Rauswurf kritischer Journalisten auf Parteilinie gebracht wurde. Seitdem jagt eine bedenkliche Entscheidung die nächste, zuletzt beispielsweise die Entmachtung der unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft und die Übertragung ihrer Aufgaben an den von der PiS gestellten Justizminister [1]. Nun könnte man einwenden, dass solche Gesetze in einem Rechtsstaat vom Verfassungsgericht überprüft werden können, doch auch hier wurde die PiS bereits aktiv und hat das Gericht zum einen umbesetzt und zum anderen bis zur Arbeitsunfähigkeit reformiert [2].

Nach Ungarn ist damit ein zweites Land auf einem Kurs, der sich nur schwer mit den freiheitlich-demokratischen Vorstellungen der EU vereinbaren lässt. Zwar vermag ich nicht abzuschätzen, welche der beiden Regierungen dabei weiter über die Grenzen des Vertretbaren hinausgeht oder künftig noch hinausgehen will, allerdings ist in Bezug auf Polen besonders die Geschwindigkeit besorgniserregend, mit der das Land den Boden europäischer Werte verlässt. Die EU, aber auch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, müssen daher im Interesse dieser europäischen Werte dringend dafür sorgen, dass Polen künftig genau zwei Optionen hat: Sich entweder an geltendes europäisches Recht zu halten oder von der EU suspendiert zu werden.
Nur wenn das absolut klar ist und auch konsequent umgesetzt wird, dürfte es eine Chance geben, dass sich die Nationalkonservativen in Polen zusammenreißen. Denn ob die Mehrheit der Polen noch immer so begeistert vom Kurs ihrer Regierung wäre, wenn als Konsequenz Milliarden an EU-Fördergeldern wegfallen und der Ausschluss aus der EU droht, halte ich für fraglich.
Sollte sich die EU jedoch als Papiertiger entpuppen, werden nicht nur die Nationalisten in Polen diese Schwäche zu nutzen wissen und das Wertefundament der EU untergraben. Auch deshalb dürfen Einschränkungen der Grundrechte, der unabhängigen Justiz oder der Medien- und Pressefreiheit in Polen keinesfalls toleriert werden.

Zwar bliebe auch bei einem solch konsequenten Vorgehen der EU abzuwarten, ob die polnische Regierung dann auf einen Kurs entlang der Grenze des Zulässigen einschwenkt oder weiter mit klaren Rechtsbrüchen die offene Konfrontation sucht, aber zumindest wäre deutlich, dass die EU ihre Werte und Grundsätze verteidigt. Regierung und Bevölkerung Polens müssten sich entsprechend darauf einstellen, dass das Land bei weiteren Verstößen gegen europäische Normen eben auf eine Mitgliedschaft in der EU verzichten muss.


[1] Tagesschau Artikel vom 29.01.2016 zur Justizreform in Polen (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[2] Artikel auf Spiegel-Online vom 23.12.2015 zu den Reformen des Verfassungsgerichts (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

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