linked: „Ökonomie der Zeit: Does Time Matter?“

Vor kurzem hat die EU ein Ende der Zeitumstellung im Jahr 2021 beschlossen und nun sind die einzelnen EU-Mitgliedsländer am Zug, sich für eine dauerhafte Zeit, Sommer- oder Winterzeit, zu entscheiden. Prof. Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, und Martin Braml, Doktorand am Ifo-Institut München, haben sich deshalb ausführlich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkung die Wahl der Zeitzonen auf die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben hat, z.B. falls in Europa ein Flickenteppich unterschiedlicher Uhrzeiten entstehen sollte. Ihr Ergebnis: Langfristig im Prinzip gar keine. In dem gut recherchierten Beitrag zeigen die beiden Wissenschaftler an zahlreichen Beispielen, wie sich das gesellschaftliche Leben einfach auf die jeweils gültige Uhrzeit einstellt. So öffnen beispielsweise die wichtigen europäischen Börsen zeitgleich, auch wenn das in Großbritannien durch die Zeitverschiebung einen um eine Stunde früheren Handelsstart bedeutet. Der Schluss liegt daher nahe, dass die Börsen auch künftig gemeinsam öffnen werden, egal welche Uhrzeit das für die einzelne Börse bedeutet. Felbermayr und Braml zeigen aber auch am Beispiel Spanien, wie die Uhrzeit von einer gesamten Gesellschaft ignoriert wird und sich das Leben nach der tatsächlichen Sonnenuhrzeit ausrichtet. Obwohl die Sonne dort später auf und untergeht als in Deutschland, haben die Spanier seit Franco dieselbe Zeitzone wie wir in Deutschland oder Österreich. Sie kompensieren das aber ganz einfach, indem sie bezogen auf die nun geltende Uhrzeit später aufstehen, später zu Mittag und zu Abend essen und später ins Bett gehen. Die Autoren fassen dies in die prägnante Formel „Sonne schlägt Franco“.

Der Beitrag von Felbermayr und Braml gehört damit zu den wenigen, die sich sachlich und ausgewogen mit der Thematik beschäftigen und nicht mit Untergangszenarien Angst schüren. Hilfreich ist vor allem, dass sich die beiden Wissenschaftler die Mühe gemacht haben, nicht nur einen Einzelaspekt herauszugreifen und zu beleuchten, sondern eine Gesamtbetrachtung der Auswirkungen vorzunehmen und dabei auch die Fähigkeit der Menschen zu berücksichtigen, sich auf neue Gegebenheiten einzustellen.

„Ökonomie der Zeit: Does Time Matter?“ von Prof. Felbermayr und Martin Braml findet sich in der Zeitschrift für Wirtschaftspolitik „Wirtschaftsdienst“, 99. Jahrgang, 2019, Heft 4, S. 257-261. Der Text ist auch online abrufbar: „Ökonomie der Zeit: Does Time Matter?“ auf archiv.wirtschaftsdienst.eu


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