Dauerhafte Sommerzeit- oder ewige Winterzeit – wofür sind die Nachbarn Deutschlands?

Im Jahr 2021 soll die Zeitumstellung enden. Auf Vorschlag der EU-Kommission haben Europaparlament und Rat deshalb beschlossen, dass die EU-Länder in den kommenden Monaten melden sollen, ob sie künftig die dauerhafte Sommerzeit (MESZ) oder die ewige Winterzeit (MEZ) einführen wollen. Es soll damit vermieden werden, dass ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Zeitzonen in Europa entsteht. Für die Frage, wie sich Deutschland entscheiden soll, ist daher nicht nur ein Blick auf das hiesige Meinungsbild sinnvoll, sondern auch darauf, wie sich unsere Nachbarländer entschieden haben oder entscheiden werden.

Hierzulande gibt es eine klare Präferenz für die dauerhafte Sommerzeit. Millionen Deutsche hatten sich 2018 an der EU-Konsultation beteiligt und sich mit einer deutlichen Mehrheit für diese Variante entschieden [1]. Und auch in repräsentativen Umfragen von Meinungsforschungsinstituten werden immer wieder ähnliche Ergebnisse gemessen. Selbiges gilt für unsere Nachbarn Luxemburg und Österreich. Auch dort gab es eine rege Beteiligung an der EU-Konsultation und eine klare Mehrheit für die dauerhafte Sommerzeit. Die inzwischen zerbrochene österreichische Bundesregierung hatte deshalb bereits im März mitgeteilt, sie bevorzuge die Sommerzeit, auch wenn man sich in Österreich einem deutsch-italienischen Winterzeit-Regime zur Not unterordnen würde, um als kleines Land keine Zeitinsel zwischen den großen Nachbarn zu bilden [2].
In den übrigen Nachbarländern Deutschlands war die Beteiligungsquote an der EU-Konsultation zwar zu gering, um eine wirkliche Aussagekraft zu haben. In Frankreich hat allerdings das Parlament inzwischen eine eigene Bürgerbefragung durchgeführt, an der sich über 2 Mio. Franzosen beteiligt haben. Das Ergebnis ist auch dort, dass sich 59% der Franzosen eine dauerhafte Sommerzeit wünschen, nur 37% die ewige Winterzeit [3]. Und auch bei Polen ist bekannt, dass eine breite Mehrheit für die Einführung der dauerhaften Sommerzeit ist [4]. Der zuständige Ausschuss im polnischen Parlament stimmte hierfür bereits 2017 und war damit sogar einer der Auslöser für die jetzige EU-Gesetzgebung zur Abschaffung der Zeitumstellung.

Falls sich Deutschland nun ebenfalls für die dauerhafte Sommerzeit entscheidet, ist anzunehmen, dass sich auch die kleineren Nachbarländer einer solch großen französisch-deutsch-polnisch-österreichischen Sommerzeitzone anschließen würden. Es erscheint daher durchaus sinnvoll, diesen Weg zu beschreiten, um einen Flickenteppich in Europa zu verhindern und zu einer gemeinsamen Zeit für Deutschland und seine Nachbarländer zu gelangen.


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linked: „Ökonomie der Zeit: Does Time Matter?“ (www.mister-ede.de – 12.05.2019)

Wie Winterzeit-Befürworter die Sommerzeit mit Falschbehauptungen madig machen (www.mister-ede.de – 28.10.2018)


[1] Ergebnisse der EU-Konsultation zur Zeitumstellung (Link zur PDF auf eur-lex.europa.eu)

[2] Artikel auf Vienna.at vom 27.03.2019 zur österreichischen Haltung (Link zum Artikel auf www.vienna.at)

[3] Politico-Artikel vom 06.03.2019 zur Konsultation des franz. Parlaments (Link zum Artikel auf www.politico.eu

[4] ZDF-Beitrag vom 30.3.2019 zum Meinungsbild in Polen (Link zum Beitrag auf www.zdf.de)

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