mister-ede.de » Italien http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Wie wird sich die Corona-Pandemie in Deutschland, Europa und der Welt weiterentwickeln? http://www.mister-ede.de/politik/corona-deutschland-europa/8963 http://www.mister-ede.de/politik/corona-deutschland-europa/8963#comments Tue, 31 Mar 2020 20:56:21 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8963 Weiterlesen ]]> Viele Menschen treibt aktuell diese eine Frage um: Wie wird sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln? Eine Antwort auf diese Frage kann aktuell aber niemand seriös geben. Es ist noch ungewiss, wie das Virus auf sommerliche Temperaturen reagiert. Und sollten beispielsweise Impfstoffe oder Medikamente verfügbar werden, ändert sich die Situation ebenfalls schlagartig. Aber auch wenn man solche Wendungen außen vor lässt, ist es aktuell schwierig, eine einigermaßen zuverlässige Aussage über den Fortgang der Seuche zu treffen.

Eine Ursache hierfür sind die grundsätzlichen Probleme, die sich aus diesem speziellen Katastrophen-Ereignis ergeben. Das Coronavirus selbst ist nicht wahrnehmbar, aber eben auch viele Infizierte haben keine oder kaum Symptome, fallen also nicht auf.
Würden die Erkrankten direkt am ersten Tag blaue Punkte im Gesicht bekommen, wäre es viel einfacher. So aber kann es über mehrere Tage oder, wenn die ersten Fälle als Grippe oder Erkältung fehlinterpretiert werden, auch über Wochen zu einem unbemerkten breitflächigen Seuchenausbruch kommen. Anfang Februar tobte das Coronavirus bereits kräftig in Norditalien und dennoch erahnte dort niemand die Gefahr. Während man also beispielsweise nach einem nuklearen Super-GAU recht genau die Kontamination einer Gegend messen kann, ist es bei Covid-19 damit schon schwer, die Ausgangsfrage zu beantworten, wie viele Infizierte es zu einem gewissen Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gibt.
Die einzige Möglichkeit, um eine Aussage über die Verbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung und seine Ausbreitungsgeschwindigkeit zu treffen, ist daher über Tests, die aktuell jedoch nur mit labortechnischen Untersuchungen möglich sind. Sofern Tests durchgeführt werden, kann damit auf mehreren Wegen die Verbreitung des Corona-Virus untersucht werden:
Man kann alle Menschen in einem Gebiet testen und bekommt damit einen sehr schnellen und präzisen Überblick über die aktuelle Verbreitung des Virus und bei regelmäßiger Wiederholung auch über die Ausbreitungsgeschwindigkeit. Sofern es irgendwann Schnelltests gibt, wird das sicherlich eine Überlegung wert sein. Solange jedoch Labore nötig sind, wird man die für solche Massentests nötigen Kapazitäten aber nur in Einzelfällen, z.B. für eine kleine Stadt, bereitstellen können.
Was in Deutschland stattdessen praktiziert wird, ist deshalb eine selektive Testung z.B. symptomatischer Patienten oder von Kontaktpersonen bestätigter Covid-19-Fälle. Bei dieser Variante ist allerdings völlig klar, dass es eine gewisse Zahl an unentdeckten Infektionen gibt. Man kann also nicht genau auf die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung schließen. Nachdem sich aber in Deutschland durch die von Anfang an vielen Tests das Verhältnis der unbekannten zu den bekannten Infektionen im Verlauf der Epidemie nur geringfügig verändern sollte, kann aus diesen Daten dennoch recht schnell und präzise auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit geschlossen werden.
In vielen Ländern der Welt reichen die Testkapazitäten aber selbst hierfür nicht bzw. nicht mehr aus. In diesem Fall kann dann nur noch auf Basis der an Corona verstorbenen Menschen näherungsweise zurückgerechnet werden, wie viele Infizierte es etwa zwei Wochen zuvor gab. Aber auch dafür ist es natürlich zwingend erforderlich, dass zumindest auf das Virus getestet wird.

Gerade jedoch in China, wo es offenkundig am Willen mangelt, aber auch in den vielen Entwicklungs- und Schwellenländern mit deutlich schwächerer Diagnostik als in Europa, fehlt es an solchen umfassenden Tests und validen Daten. Daher lassen sich im Moment selbst aus den jeweiligen Todeszahlen solcher Länder keine Rückschlüsse auf den dortigen Stand der Corona-Ausbreitung ziehen. So könnte es abweichend zu den offiziellen Zahlen in Mexiko-Stadt, Bogota oder Nairobi auch bereits dutzende Corona-Tote und tausende Infizierte geben und es bekommt im Moment nur noch niemand mit, weil es einfach an ausreichenden Tests fehlt.
In Europa hingegen dürften zumindest die Todeszahlen einigermaßen stimmen, was für die Welt allerdings nichts Gutes erahnen lässt. Bei etwa 30.000 Toten und einer angenommenen durchschnittlichen Letalität (Sterberate) von 2,5% haben sich seit Beginn der europäischen Corona-Epidemie Ende Januar über 1 Mio. Menschen in Europa infiziert. Und da das eine Rückwärtsrechnung ist, handelt es sich bei dieser Zahl um den geschätzten Stand der Infektionen Mitte März. Innerhalb von 8 Wochen haben also ein paar dutzend Flugreisende aus China diese enorme Infektionswelle ausgelöst.
Und nun ist Europa bestimmt nicht das Maß aller Dinge. Insbesondere was Pandemien anbelangt, sind ostasiatische Staaten wesentlich erfahrener und Länder wie Süd-Korea oder Singapur sind überdies straffer organisiert und uns auch technisch weit voraus. Dass aber die Entwicklung ebenso in Amerika, Indien oder gar Afrika wesentlich anders und besser sein sollte als in Europa, kann ich mir jedoch kaum vorstellen. Und einen Beleg dafür, dass diese Einschätzung nicht ganz falsch zu sein scheint, haben in den letzten Tagen die USA geliefert. So zeigte sich dort nach dem Hochfahren der Testungen innerhalb kürzester Zeit ein ganz anderes Ausmaß der Seuchenverbreitung, als es die Zahlen bis dahin hätten vermuten lassen.
Was heißt das aber nun für die Frage, wie sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln wird? Natürlich wäre es möglich, dass außer den USA, dem Iran und Europa die Welt ansonsten den Erreger gut im Griff hat. Vielleicht fühlt sich das Coronavirus ja nur in diesen Breitengraden der nördlichen Hemisphäre wohl. Womöglich fehlt es in vielen Ländern der Welt aber auch einfach nur an der Ausrüstung, um die Corona-Epidemie frühzeitig vor einem Überquellen der Krankenhäuser zu bemerken. Und ob China oder auch Japan die Corona-Pandemie wirklich schon hinter sich haben, ist zurzeit leider ebenfalls nicht sicher. So könnten am Ende Süd-Korea und Singapur mit ihrem sehr frühen und energischen Handeln zu den wenigen Ausnahmen gehören, falls es tatsächlich in einigen Wochen zu einer weltweiten Katastrophe kommen sollte.

Während man aber auf der globalen Ebene wegen der schlechten Datenlage nur Vermutungen anstellen kann, sind für Europa zumindest rudimentäre Einschätzungen möglich. So sind bis heute in Italien 12.500 Menschen und in Spanien über 8.000 Menschen an Covid-19 verstorben. Für Mitte März – kurz zuvor spielte Atalanta Bergamo noch in der Champions League auswärts in Valencia – lässt sich damit für diese beiden Länder eine gute halbe Million Infizierter errechnen, was einem Anteil von ca. 0,5% der dortigen Bevölkerung entspricht. Sowohl Italien wie auch Spanien sind somit noch weit weg von einer schützenden Herdenimmunität, während gleichzeitig die Situation dort schon jetzt höchst kritisch, geradezu chaotisch ist. Und leider ist für Italien und insbesondere für Spanien auch in den nächsten Tagen keine Verbesserung der Lage in Sicht. Zum einen werden die dort getroffenen Maßnahmen – in Italien früher als in Spanien – erst mit einiger Verzögerung die Infektionen reduzieren und noch später die Zahl der Intensivpatienten und Toten. Zum anderen sind in beiden Ländern die Kapazitätsgrenzen für eine adäquate Versorgung bereits jetzt erreicht und dürften nun sukzessive in immer mehr Landesteilen gesprengt werden.
Eine ähnliche Entwicklung könnte auch in anderen europäischen Staaten folgen. Das gilt insbesondere für Frankreich, das zwischen den beiden aktuell am härtesten betroffenen europäischen Ländern liegt, genauso wie für Österreich und die Schweiz mit der Nähe zu Norditalien und auch für Großbritannien, das erst äußerst spät reagierte und ein sehr schwaches Gesundheitssystem hat. Alleine aus der Rückrechnung der Todeszahlen kann man jedoch noch keine Aussage darüber treffen, ob es auch im Rest Europas so schlimm wird wie in Italien oder Spanien.
Blickt man zusätzlich auf die Zahl der Neuinfektionen, geben die Daten aus der Schweiz aber zumindest etwas Anlass zur Hoffnung. Nach dem frühen Shutdown des Landes bleibt dort die Zahl der Neuinfektion inzwischen relativ konstant. Sollte sich dieser Trend auch in anderen Teilen Europas einstellen, könnte manche europäische Region noch einmal knapp an der Katastrophe vorbeischrammen und mit einem blauen Auge davonkommen. Das allerdings wird man wohl erst in ein, zwei Wochen sehen können und muss man sich dann auch von Land zu Land noch einmal genauer anschauen.

Ähnliches gilt für Deutschland. Zwar gibt es hierzulande eine ausreichend gute Datenlage, um eine Verlangsamung des mittleren täglichen Anstiegs der Infektionen von über 30% Mitte März, auf 20% Ende letzter Woche und aktuell unter 10% relativ verlässlich messen zu können.

Aber auch hier ist es für eine Aussage zu früh, denn selbst ein täglicher Anstieg der Infektionen von 2% würde nach nur wenigen Wochen zu italienischen Zuständen führen. Man wird daher noch die nächsten Tage abwarten müssen, um sagen zu können, ob sich der Anstieg nur einem niedrigen Niveau annähert oder tatsächlich zeitnah eine Trendwende gelingt und aus dem Anstieg ein Rückgang wird. Wäre das der Fall und die Zahl der Corona-Infektionen würde wieder deutlich abnehmen, könnte man allerdings für Deutschland recht zuverlässig sagen, dass zumindest unter Beibehaltung der strikten Shutdown-Maßnahmen die Epidemie hierzulande kontrolliert werden kann.
Gleichwohl wird sich die Zahl der schweren Erkrankungen und der Verstorbenen auch bei diesem Szenario in den nächsten zwei, drei Wochen noch deutlich erhöhen, weil sich der Anstieg dieser Fallzahlen erst mit zeitlicher Verzögerung zum Anstieg der Neuinfektionen vollzieht. Und während die Gesundheitsbehörden bis zum 16.3. noch weniger als 10.000 Personen meldeten, bei denen die Testergebnisse positiv ausfielen, waren es in den darauf folgenden zwei Wochen mehr als 50.000 Menschen, die untersucht und positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Diesen Zahlen gegenüber standen am 31.3. innerhalb des RKI-Meldesystems 1.486 Covid-19-Erkrankte in intensivmedizinischer Betreuung [1]. Es ist nun zu erwarten, dass sich ihre Anzahl im Laufe der nächsten Tage entsprechend dem Infektionsanstieg vervielfachen wird. Bei über 7.000 im Rahmen dieses Systems sofort belegbaren Intensivbetten sollten die Kapazitäten bis Ende nächster Woche aber reichen und weitere Intensivplätze sind auch noch in der Hinterhand. Es ist daher absolut richtig, einen Teil der Betten jetzt zu nutzen, um Erkrankte aus den stark betroffenen Ländern Europas zu versorgen. Klar wird damit allerdings auch, dass der Anstieg der Fallzahlen in Deutschland nicht mehr allzu lange andauern darf, weil ansonsten selbst diese großen Kapazitäten nicht mehr ausreichen werden.
Darüber hinaus wird sich Deutschland darauf einstellen müssen, schwer erkrankte Personen bundesweit auf die vorhandenen Intensivplätze zu verteilen. Denn wie für die Welt und Europa gilt auch für Deutschland, dass es bei der Ausbreitung des Coronavirus große regionale Unterschiede gibt. Besonders in Süd- und Westdeutschland ist das Virus aktuell deutlich weiter verbreitet, was dazu führen könnte, dass die Kapazitäten des Gesundheitssystems dort trotz Verlangsamung des Infektionsgeschehen nicht mehr ausreichen, während in anderen Teilen der Republik noch über längere Zeit Intensivbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. Für ein solches Szenario, also eine Verlegung von täglich hunderten Erkrankten über weitere Strecken, sollten sich die entsprechenden Organisationen und Institutionen (Luftrettung, Bundeswehr) daher vorbereiten, um im Ernstfall genügend Transportkapazitäten bereitstellen zu können.
Daneben wird man auch beobachten müssen, inwiefern es Unterschiede zwischen großen Metropolen und weniger dicht besiedelten Gegenden gibt. Es wäre zum Beispiel nicht sonderlich verwunderlich, wenn das in weiten Teilen eher ländlich strukturierte Mecklenburg-Vorpommern weniger stark von der Epidemie getroffen werden würde als die Bundeshauptstadt Berlin. Auch in diesem Fall sollten die ungenutzten Kapazitäten in diesen Regionen konsequent zur Entlastung stärker betroffener Gebiete genutzt werden.

Die erheblichen regionalen Unterschiede führen allerdings auch dazu dass eine Prognose für Deutschland schwer ist. Klar, solange die Zahl der bundesweiten täglichen Neuinfektionen weiter mehr oder weniger schnell steigt, befindet sich Deutschland auf dem Weg in die schlimmste humanitäre Katastrophe seit der Nachkriegszeit. Aber auch wenn die Zahl der Neuerkrankungen im bundesschnitt konstant bliebe oder zurückginge, sollte das nicht zu einer zu frühen Entwarnung führen. Wenn die aktuellen Ausgangsbeschränkungen in weiten Teilen des Landes eine schnelle Abnahme der Neuinfektionen bewirken, kann das nämlich überdecken, dass es in einzelnen Bundesländern, Städten, Kreisen oder auch Dörfern weiterhin zu einem Anstieg der Fallzahlen kommt. So liegt beispielsweise der durchschnittliche tägliche Anstieg der Neuinfektionen in NRW seit Mitte März stets 2 bis 5 Prozentpunkte unter dem Bundesschnitt.

Umgekehrt müssen dann aber auch andere Regionen über diesem Bundesschnitt liegen. Und genauso gibt es innerhalb der einzelnen Bundesländer erhebliche Unterschiede. Während nur jeder 16. Nordrhein-Westfale in Köln lebt, kommen 10% der Corona-Fälle des Landes von dort – Tendenz steigend. Selbst zwischen direkt benachbarten und strukturell ähnlichen Landkreisen und, wie man an Gangelt sieht, sogar Gemeinden kann es riesige Unterschiede geben. Bei einer Lockerung der aktuellen Maßnahmen könnte daher sehr schnell eine neue zweite Infektionswelle über eine noch immer weitestgehend nicht immune Bevölkerung rollen. Ein Ischgl hat ja für ein solches Szenario offenkundig ausgereicht und das nächste Ischgl könnte genauso gut auf Sylt liegen.

Was aber heißt das nun für Deutschland? Sowohl die Daten aus der Schweiz wie auch die spürbare Verlangsamung des Anstiegs in Deutschland deuten an, dass eine Trendwende schaffbar ist. Dafür allerdings muss der Shutdown noch mindestens ein, zwei Wochen weitergehen und auch danach wird es erheblicher Einschränkungen bedürfen. Möglicherweise wird es dabei auch zu der Situation kommen, dass die Epidemie zwar in weiten Teilen des Landes unter Kontrolle ist, es aber immer wieder zu verschiedenen regionalen Ausbrüchen der Seuche kommt. Auch hierauf wird man sich vorbereiten müssen, sobald erkennbar wird, dass sich die Lage in Deutschland insgesamt allmählich wieder verbessert. Während man für die Welt nur vermuten kann und für weite Teile Europas nur hoffen, ist für Deutschland damit zumindest ein ganz vorsichtiger Optimismus erlaubt.


Text als PDF: Wie wird sich die Corona-Pandemie in Deutschland, Europa und der Welt weiterentwickeln


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[1] Täglicher Lagebericht des RKI vom 31.3.2020 (Lagebericht als PDF auf www.rki.de)

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Corona-Epidemie in Deutschland: Es braucht wesentlich restriktivere Maßnahmen! http://www.mister-ede.de/politik/corona-epidemie-deutschland/8950 http://www.mister-ede.de/politik/corona-epidemie-deutschland/8950#comments Thu, 12 Mar 2020 08:37:24 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8950 Weiterlesen ]]> Um einen massiven Corona-Ausbruch, wie wir ihn in Italien aktuell erleben, in Deutschland zu verhindern, braucht es unverzügliches und konsequentes Handeln. Folgendes ist jetzt zwingend erforderlich:

Nachdem wir es in den letzten Wochen in Italien bereits mit mehreren zehntausenden oder gar hunderttausenden Infizierten zu tun hatten, ist zuvörderst an die Vernunft insbesondere von Italien-Rückkehrern der letzten Tage zu appellieren, sich selbst zu isolieren, um nicht Ausgangspunkt eines weiteren Infektionsgeschehens zu werden! Genauso wichtig sind neben individuellen Schutzmaßnahmen aber auch effektive staatliche Maßnahmen gegen die Corona-Epidemie in Deutschland.
Die Grenzen nach Österreich und in die Schweiz sind mit sofortiger Wirkung partiell zu schließen und zeitnah auch alle anderen Grenzen inklusive der Seegrenzen. Die partielle Schließung soll die Einstellung des grenzüberschreitenden Zug- und Busverkehrs, die Schließung kleinerer Grenzübergänge und Einreisekontrollen an den großen Grenzübergängen beinhalten. Im Personenverkehr dürfen in nächster Zeit nur noch deutsche Staatsbürger und Personen mit Wohnsitz in Deutschland unter der Auflage einer zweiwöchigen häuslichen Quarantäne einreisen. Alle anderen Ankommenden müssen hingegen auf eigenen Kosten am jeweiligen Grenzübergang für zwei Wochen in Quarantäne bleiben, bevor sie nach Deutschland einreisen dürfen. Im Güterverkehr können hiervon abweichende Regelungen getroffen werden und für Berufspendler von diesseits und jenseits der Grenze kann es unter Auflagen ebenfalls Ausnahmen geben.
Zusätzlich zu Einreisen über den Land- und Seeweg ist der Flugverkehr einzuschränken. Aus allen Teilen der Welt dürfen, wie an den Land- und Seegrenzen, deutsche Staatsbürger und Personen mit Wohnsitz in Deutschland nur noch unter der Auflage einer zweiwöchigen häuslichen Quarantäne einreisen und alle anderen Ankommenden nur noch nach zweiwöchiger Quarantäne auf eigene Kosten am jeweiligen Flughafen.
Diese Maßnahmen sollten für mindestens 30 Tage gelten und auch alle anderen west- und mitteleuropäischen Länder innerhalb und außerhalb der EU sollten unverzüglich dieselben Maßnahmen ergreifen, um in Europa einzelne Cluster zu bilden und die allzu schnelle Ausbreitung einzudämmen.

Des Weiteren müssen innerhalb Deutschlands Maßnahmen zur Verlangsamung oder Unterbindung der Seuchenausbreitung getroffen werden: Alle Großveranstaltungen in Deutschland sind abzusagen, denn das Risiko solcher Veranstaltungen mit Besuchern aus dem ganzen Bundesgebiet liegt vor allem darin, dass ein einzelner und bis dahin unerkannter Infizierter dort leicht zum Ausgangspunkt für dutzende neuer Infektionsherde in ganz Deutschland werden kann. In den besonders betroffenen Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und NRW müssen zusätzlich aber auch unbedingt kleinere Veranstaltungen abgesagt werden, insbesondere wenn es sich um überregionale Veranstaltungen handelt, wie z.B. Fußballspiele der Regionalliga und höherer Ligen.
Darüber hinaus ist der länderübergreifende öffentliche Personenverkehr mit diesen drei Bundesländern sowie den Metropolen Berlin und Hamburg einzustellen. Das gilt ebenso für den innerdeutschen Flugverkehr mit diesen fünf Hotspots. Auch hier geht es um eine zielführende Clusterbildung zur Bekämpfung der Verbreitung und zum Schutz der bislang noch weniger stark betroffenen Regionen in Nord- und Ostdeutschland.
Außerdem sollten die Universitäten und Hochschulen deutschlandweit bis 30.4. alle Lehraktivitäten aussetzen, damit studienbedingte Reiseaktivitäten entfallen. Unternehmen, Behörden und Organisationen sind aufzufordern, nicht zwingend erforderliche Reisen, z.B. Lehrgänge, zu verschieben. Auf generelle Schul- und KiTa-Schließungen sollte hingegen verzichtet werden. Zwar gibt es dort ein erhöhtes Ansteckungsrisiko, aber da die meisten Schüler und Lehrer aus der näheren Umgebung kommen, gibt es kein übermäßiges zusätzliches Verbreitungsrisiko. Ob sich ein Schüler nun morgens in der Schule bei einem Mitschüler oder bei demselben Mitschüler abends in der Disco ansteckt, macht halt keinen Unterschied.

Weitere Maßnahmen für die besonders betroffenen Kommunen sollten, wie im Fall Heinsberg, je nach Bedarf hinzukommen. Denkbar sind die Schließung von Schulen, KiTas und öffentlichen Einrichtungen, die Absage aller Veranstaltungen wie z.B. Gottesdiente oder Vereinsabende, Anordnungen zur häuslichen Quarantäne, Ausgangssperren oder auch die vollständige Abriegelung einer Gebietsköperschaft.

Sicher, all diese Maßnahmen sind hart und schränken das Leben in Deutschland erheblich ein. Aber Ziel muss sein, für die nächste Zeit weitere Neuinfektionen aus dem Ausland zu verhindern und die Infektionsherde innerhalb Deutschlands lokal in den Kommunen und regional in den Bundesländern einzudämmen.
Dass solche harte Maßnahmen nun notwendig sind, hängt damit zusammen, dass vor vier Wochen nicht adäquat gehandelt wurde. Und ob wir in vier Wochen noch viel härtere Maßnahmen brauchen, z.B. einen kompletten Shut-down wie in Italien, hängt davon ab, ob wenigstens jetzt adäquat reagiert wird. Es ist also höchste Zeit zu handeln.


Text als PDF: Corona-Epidemie in Deutschland: Es braucht wesentlich restriktivere Maßnahmen!


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Diese mindestens 20.000 Infizierten standen Mitte Februar noch einem riesigen Reservoir an Corona-freien Menschen gegenüber, die zu diesem Zeitpunkt völlig arglos waren. Hierdurch dürfte die Zahl der Erkrankten in Italien in den letzten Wochen noch erheblich gestiegen sein. Zwar gab es schon kurz darauf erste Quarantäne-Maßnahmen und Sperrzonen, die das Infektionsgeschehen sicher verlangsamt haben, dennoch gehe ich davon aus, dass es in Italien inzwischen weit über 100.000 Menschen gibt, die den Corona-Virus in sich tragen.

Aus meiner Sicht ist es daher absolut unverständlich, dass Deutschland und andere EU-Länder den Flugverkehr mit Italien nicht längst komplett eingestellt haben. Das muss nun schleunigst erfolgen und selbiges gilt für Zug- und Fernbusverbindungen. Daneben sollte auch der Flug-, Zug- und Fernbusverkehr mit den bereits ebenfalls stark betroffenen Nachbarländern Schweiz und Österreich ausgesetzt werden.
Zur Kontrolle und Erfassung sowohl der Italien-Rückkehrer wie auch von Einreisenden aus der Schweiz und Österreich sollten alle Autobahnübergänge mit umfassenden Kontrollen ausgestattet werden und alle anderen Grenzübergänge zur Schweiz und nach Österreich geschlossen werden. Desweiteren sollte die Bundesregierung die Schweizer und Österreich bitten, ihrerseits die Durchreise für Deutsche aus Italien ebenfalls nur nach Kontrolle und Erfassung zu erlauben, um eine Umgehung der Grenzkontrollen für Italienrückkehrer deutlich zu erschweren. Für die erfassten Rückkehrer aus Italien, der Schweiz und aus Österreich ist im Anschluss an die Einreise eine obligatorische zweiwöchige häusliche Quarantäne anzuordnen. Deutsche, die durch die Einstellung des öffentlichen Personenverkehrs aus Italien, Österreich und der Schweiz dort stranden, sollten zentral vom Bund zurückgeholt und ebenfalls kontrolliert, erfasst und in häusliche Quarantäne geschickt werden. Bereits jetzt sollten diese Maßnahmen ebenso für die westlichen Grenzen zu den Benelux-Ländern und Frankreich angekündigt werden, um über die nächsten Tage noch ein Zeitfenster für eine eigenständige quarantänefreie Rückreise offen zu halten. Spätestens zu Beginn der nächsten Woche, sollte dann allerdings auch hier der (Personen-)Grenzverkehr auf ein Minimum reduziert werden.

Nachdem wir es in den letzten Wochen in Italien bereits mit mehreren zehntausenden oder gar hunderttausenden Infizierten zu tun hatten, wäre es ein großes Wunder gewesen, wenn nicht bereits jetzt zahlreiche Infizierte aus Italien nach Deutschland zurückgekehrt wären. Und tatsächlich lassen sich viele Infektionsherde in Deutschland auf Italien-Aufenthalte zurückführen, wobei davon auszugehen ist, dass es noch einige weitere Infizierte gibt, die das nicht mal merken, weil sie weitgehend ohne Symptome sind.
Es ist daher an die Vernunft insbesondere von Italien-Rückkehrern der letzten Tage zu appellieren, sich selbst zu isolieren, um nicht Ausgangspunkt eines weiteren Infektionsherdes zu werden. Da es allerdings bereits jetzt einige unkontrollierte Ausbrüche in Deutschland gibt, müssen überdies auch hierzulande Gegenmaßnahmen getroffen werden, um die Verbreitung einzudämmen. Zentral ist dabei die Absage aller Großveranstaltungen, denn das Risiko solcher Veranstaltungen mit Besuchern aus dem ganzen Bundesgebiet liegt insbesondere darin, dass ein einzelner und bis dahin unerkannter Infizierter dort leicht zum Ausgangspunkt für dutzende neue Infektionsherde in ganz Deutschland werden kann.
Daneben sollten in den besonders betroffenen Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und NRW auch kleinere Veranstaltungen abgesagt werden, insbesondere dann, wenn es sich nicht um rein lokale Veranstaltungen handelt, wie z.B. Fußballspiele der Regionalliga und höherer Ligen.
Außerdem gilt es, stark betroffene Gemeinden, Landkreise oder auch Bundesländer frühzeitig von ihrer Umgebung abzukoppeln. Die Aussetzung des innerdeutschen Flugverkehrs von und nach Baden-Württemberg, Bayern und NRW sowie des länderübergreifenden Zug- und Busverkehrs mit diesen drei Bundesländern sollte deshalb dringend geprüft werden.
Auch über eine präventive Abkopplung von Berlin und Hamburg vom öffentlichen Verkehr sollte nachgedacht werden, um die umliegenden Regionen vor den Infektionsgefahren des jeweiligen Ballungszentrums zu schützen.
Desweiteren sollten in allen besonders stark betroffenen Kommunen nach dem Vorbild Heinsberg Geschäfte nur unter besonderen Schutzvorkehrungen geöffnet bleiben und alle Schulen und KiTas geschlossen, die öffentliche Verwaltung auf ein Minimum reduziert und jegliche Versammlungen, wie Gottesdiente oder Vereinsabende, abgesagt werden.

Es ist natürlich unglaublich ärgerlich, dass die Bundesregierung nicht schon vor 2 oder 3 Wochen durch eine konsequente Beschränkung des Reiseverkehrs mit Italien und obligatorischer häuslicher Quarantäne von Italienrückkehrern zahlreiche Infektionsherde in Deutschland verhindert hat. Viele Maßnahmen, die jetzt zusätzlich zur konsequenten Abriegelung Deutschlands von anderen betroffenen Ländern und Weltregionen notwendig werden, hätte man sich damit erspart. Aber mit der Reduzierung von Veranstaltungen und der Eindämmung des Virus zum einen in den besonders betroffenen Kommunen und darüber hinaus in den drei am stärksten betroffenen Bundesländern kann die Ansteckungsgefahr innerhalb Deutschlands weiterhin gering gehalten werden.
Allerdings muss dieser Weg nun auch zügig und konsequent beschritten werden, denn ansonsten geht es uns in Deutschland in zwei Wochen so wie den Italienern heute.


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Hiervon entfallen auf Italien 9.172 Erkrankungen, auf Frankreich 1.412, auf Spanien 1.231, auf Deutschland 1.224 und auf die weiteren EU-Länder ca. 1.400 Erkrankungen – insgesamt sind das rund 14.500 Fälle in der EU [1]. Fast jeder zweite Corona-Infizierte außerhalb Chinas lebt somit in der Europäischen Union. Hier gibt es mehr Infizierte als in ganz Südostasien zusammen, obwohl von Bombay über Jakarta bis Tokio 2 Mrd. Menschen zum Teil in direkter Nachbarschaft zum Ausbruchsland China leben. Gut, vielleicht sind die Zahlen aus Vietnam nicht gar so zuverlässig wie aus Italien. Aber dass das Nachbarland Japan die Corona-Verbreitung mit 530 bestätigten Fällen im Gegensatz zum viel weiter entfernten Europa so einigermaßen unter Kontrolle hat, sollte einem dann doch zu denken geben.

Die EU liegt rund 10 Flugstunden von China entfernt. Das heißt, der Personenverkehr beschränkt sich fast ausschließlich auf den Luftverkehr. Es wäre daher vergleichsweise leicht gewesen, alle Flugreisende aus Risikoländern – Anfangs aus China, recht schnell auch aus Südkorea – für 72 Stunden samt Flugzeug in Quarantäne zu nehmen und in dieser Zeit einen Abstrich zu machen. Sobald man einen infizierten Fluggast findet, hätte man dann die übrigen Passagiere länger in Quarantäne behalten und das Flugzeug gründlich desinfizieren können.
Natürlich wäre das bei täglich alleine in Deutschland rund 5.000 Einreisen aus China ein gewisser Aufwand gewesen. Und natürlich hätte auch das nicht gänzlich ausgeschlossen, dass sich jemand kurz vor dem Flug ansteckt und so durch die Kontrollen rutscht. Aber die Zahl der Erstinfizierten in Europa hätte sich durch eine solche Vorsichtsquarantäne wohl um ein gutes Stück reduzieren lassen und mit etwas Glück hätten wir jetzt 10.000 Infizierte und ein gewaltiges Problem weniger.
Dass sich das Corona-Virus in der EU so breit niederlassen konnte, hängt insofern vor allem mit einer verantwortungslosen Überheblichkeit europäischer Politik zusammen, die durchweg den Eindruck vermittelte, das Virus stelle vielleicht für Schwellenländer ein Problem dar, aber keinesfalls für die hochentwickelten Staaten Europas.

Und dass sich das Virus anschließend zudem in so hoher Geschwindigkeit quer über den Kontinent ausbreiten konnte, liegt daran, dass sich hinter dieser völlig unangebrachten europäischen Überheblichkeit auch noch eine erschreckende Inkompetenz verbirgt.
Spätestens nachdem Mitte Februar klar war, dass sich das Corona-Virus unbemerkt in Italien verbreitet hat und keine Infektionsketten mehr feststellbar sind, hätten bei allen Verantwortlichen in Europa die Alarmglocken schrillen müssen – alleine sie taten es nicht. So lehnte man sich auch in der Bundesregierung erst nochmal zwei Wochen mit maximaler Naivität zurück, bevor man dann schließlich doch auf die Idee kam, einen Krisenstab einzurichten. Wie viele Menschen bis zu diesem Zeitpunkt schon infiziert aus Italien nach Deutschland oder in andere europäische Länder gereist waren – keiner weiß es. Und anstatt dann wenigstens sofort mit einer konsequenten Eindämmungspolitik wie in China, z.B. durch vorübergehende Reisebeschränkungen nach Italien, die weitere Verbreitung spürbar zu erschweren, hat man das Corona-Virus nochmal zwei Wochen munter durch Europa ziehen lassen. Eine denkbar schlechte Entscheidung angesichts der Tatsache, dass es sich bei Zentraleuropa um eines der am dichtesten besiedelten und stärksten vernetzten Gebiete der Welt handelt, mit hoher Mobilität der Bevölkerung, vielen öffentlichen Verkehren und einem veranstaltungsreichen öffentlichen Leben. Was zur Hölle haben sich Gesundheitsminister Spahn und Innenminister Seehofer dabei denn bitte gedacht? Dass es dem Virus in Italien so gut gefällt, dass es nicht nach Deutschland kommt?

Die wochenlange Arbeitsverweigerung deutscher und europäischer Politik rächt sich nun bitter. Durch die viel zu späten Reise- und Versammlungsbeschränkungen und das Fehlen routinemäßiger Kontrollen von Reisenden aus Italien und anderen Risikogebieten ist davon auszugehen, dass inzwischen zahlreiche unerkannte Corona-Infizierte in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern angekommen sind. Der Überblick über die Infektionsketten dürfte zumindest in Mitteleuropa gänzlich und dauerhaft verloren gegangen sein. Damit ist die Lage soweit außer Kontrolle, dass eine Epidemie nicht mehr zu verhindern ist, sondern nur noch ihr Ausmaß beeinflusst werden kann.
Selbst die vollständige Abriegelung Italiens würde die Ausbreitung in Deutschland und anderen Ländern Mitteleuropas nicht mehr stoppen. Gegebenenfalls könnten sich noch einige osteuropäische Staaten durch Grenzschließungen bzw. Einreisequarantänen weitgehend Corona-frei halten. Aber auch dafür könnte es schon zu spät sein.

In Frankreich, Deutschland, Spanien, den anderen mitteleuropäischen Ländern und besonders natürlich Italien haben wir es hingegen bereits mit einer unkontrollierten Ausbreitung zu tun. In einer solchen Situation helfen – solange es keine Impfung gibt – nur noch isolierende Maßnahmen, um die Verbreitung wenigstens zu reduzieren.
Halten sich alle Menschen vier Wochen lang innerhalb ihrer jeweiligen Kommune auf, so bleiben all jene Kommunen samt ihrer Einwohner Corona-frei, in denen es bislang keine Erkrankten gibt. Und bleiben alle Menschen die nächste Zeit gleich ganz zuhause, geht das Ansteckungsrisiko sogar fast überall gegen null.
Insofern führen natürlich auch die Absagen größerer Veranstaltungen, die Schließungen von Unis, Schulen und KiTas, der Verzicht auf Großraumbüros oder die Einstellung des öffentlichen Personenverkehrs zu einer Verlangsamung der Infektionswelle. Weiterhin bleibt es selbstverständlich zielführend, bei Einreisenden aus anderen Risikogebieten der Welt durch geeignete Maßnahmen, z.B. eine obligatorische Quarantäne, die Corona-Freiheit sicherzustellen.
Es war ein schwerer Fehler, das nicht direkt bei den täglich 5.000 Einreisenden aus China gemacht zu haben. Und es war ein nicht minder schwerer Fehler, Italien nach dem dortigen Ausbruch nicht frühzeitig abgekapselt zu haben. Den restlichen Ländern der Welt ist wohl zu raten, mit Blick auf die EU und die nun in Mitteleuropa grassierende Corona-Epidemie einen ähnlichen Fehler nicht zu wiederholen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Europäer weiterhin keine wirkungsvollen Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus treffen.

Nach den aktuellen Infektionszahlen erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Zahl der Corona-Infizierten in der EU in wenigen Wochen die Zahl der Infizierten in China übersteigt und Europa zum größten Corona-Risikogebiet wird. Sollte es soweit kommen, dürften Kontrollen und Quarantänen für Reisende aus Europa die Folge sein.
Nachdem bereits jetzt das Leben für 60 Mio. Italiener still steht, würden damit dann auch noch kollektive Ausreisesperren und ein völliger Shutdown der ganzen EU folgen. Und alles nur, weil man nicht rechtzeitig gehandelt und ein paar tausend Chinareisende für einige Tage sicherheitshalber in Quarantäne geschickt hat.


[1] Zahlen der John Hopkins Universität aufbereitet auf Tagesschau.de

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Bundesregierung versteckt sich in der Flüchtlingspolitik hinter Orbán und Kaczyński http://www.mister-ede.de/politik/bundesregierung-versteckt-sich/8520 http://www.mister-ede.de/politik/bundesregierung-versteckt-sich/8520#comments Wed, 20 Sep 2017 17:57:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8520 Weiterlesen ]]> In der Flüchtlingspolitik verhält sich Deutschland im Jahr 2017 nicht anders als im Jahr 2014. Damals beendete die italienische Regierung ihre Rettungsmission „Mare nostrum“, mit der Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken bewahrt wurden, weil unter anderem die Bundesregierung nicht zu einer finanziellen Beteiligung an den Kosten des Einsatzes bereit war. Doch auch heute macht sich Deutschland wieder klein und schaut angestrengt weg, wenn es um die Solidarität mit Griechenland und Italien bei der Versorgung von Flüchtlingen geht.
So ist es bezeichnend, dass kein anderes EU-Land eine höhere Zahl offener Kontingentplätze zur Umverteilung von Flüchtlingen vor sich her schiebt als das reiche und sich selbst immer als solidarisch empfindende Deutschland. Vor zwei Jahren, am 14. September 2015, beschloss der Rat der EU, dass Deutschland und andere EU-Länder bis Herbst 2017 aus Griechenland und Italien eine gewisse Zahl an Flüchtlingen aufnehmen müssen, um die beiden Mittelmeer-Anrainer zu entlasten. Aber auch gegen Ende des Umverteilungs-Programms hat Deutschland noch immer 19.684 Plätze nicht besetzt und ist damit Spitzenreiter bei der Unsolidarität unter den EU-Ländern [1].

Gleichzeitig versteckt sich Deutschland, das pro Kopf ein BIP von 38.100 Euro hat, in der Flüchtlingspolitik immer wieder hinter Ländern wie Polen (11.000 Euro BIP pro Kopf) und Ungarn (11.500 Euro BIP pro Kopf). Doch ist es wirklich fair, dass die Bundesregierung von Ungarn und Polen, die bei der Wirtschaftskraft zu den Schlusslichtern in der EU gehören, die Aufnahme von Flüchtlingen einfordert? Wäre es nicht vielmehr Aufgabe der wirtschaftlich starken und reichen EU-Länder, die ein stabiles Wachstum und eine niedrige Arbeitslosigkeit haben, sich solidarisch zu zeigen und jenen EU-Mitgliedern zu helfen, die sich in einer Notlage befinden?
Und wenn man schon kritisiert, dass sich manche EU-Länder aus der europäischen Solidarität ausklinken, wieso kritisiert die Bundesregierung dann nicht Großbritannien oder Dänemark, die ebenfalls keine Flüchtlinge aus Griechenland oder Italien übernehmen? Stattdessen kommt immer wieder der Verweis auf Polen und Ungarn, als ob diese beiden Länder in jener Verantwortung stünden, aus der sich Deutschland, Österreich oder die Niederlande längst gestohlen haben. Zumindest bei mir entsteht da der Eindruck, dass Orbán und Kaczyński, an deren Politik es unbestreitbar viel zu kritisieren gibt, ideale Sündenböcke sind, um die Verantwortung der Bundesregierung für eine konzeptlose, unzulängliche und bisweilen inhumane Flüchtlingspolitik zu kaschieren. Wenn also Karin Bensch auf tagesschau.de kommentiert: „Es ist unerträglich, dass nur einige wenige EU-Länder wie zum Beispiel Schweden und Deutschland den größten Teil aller Flüchtlinge aufgenommen haben und andere Länder sich aus innenpolitischen Gründen wegducken“ [2], so antworte ich ihr: „Unerträglich ist für mich die Scheinheiligkeit der Bundesregierung, sich bei der Flüchtlingspolitik als solidarisch und human darzustellen, während man sich in Berlin de facto hinter Orbán und Kaczyński versteckt.“


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[1] Mitteilung der EU-Kommission zum aktuellen Stand (18.09.2017) der Umverteilung abgerufen am 20.09.2017 (PDF mit aktualen Zahlen auf ec.europa.eu)

[2] Kommentar vom 06.09.2017 von Karin Bensch zur Flüchtlingspolitik auf Tagesschau.de (Link zum Kommentar auf www.tagesschau.de)

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Flüchtlingspolitik: Große Koalition meldete 2016 Insolvenz an http://www.mister-ede.de/politik/insolvenz-fluechtlingspolitik/5980 http://www.mister-ede.de/politik/insolvenz-fluechtlingspolitik/5980#comments Thu, 12 Jan 2017 10:57:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5980 Weiterlesen ]]> Was die Regierungsparteien im vergangenen Jahr in der Flüchtlingspolitik beschlossen haben, kommt einem Ausverkauf des Asylrechts und des Flüchtlingsschutzes gleich. Schon zu Beginn des Jahres 2016 verabschiedete die Große Koalition ihr Asylpaket II und schränkte damit den Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter deutlich ein. Betroffen von dieser Gesetzesverschärfung sind inzwischen unter anderem weit über 100.000 Syrer [1], die nun zwei volle Jahre warten müssen bis sie ihre Kinder, Ehegatten oder Eltern nach Deutschland nachholen dürfen. Angesichts der katastrophalen Situation in Syrien und des Bombenhagels der vergangenen Monate auf Aleppo macht diese Entscheidung fassungslos. Aber auch im Hinblick auf die vielen unbegleiteten Minderjährigen, die von ihren Familien oftmals zuerst in eine sichere Umgebung vorausgeschickt wurden, gleicht dieser Beschluss einem Offenbarungseid. Nun müssen für sie in Deutschland ein Vormund und eine jugendgerechte Unterbringung organisiert werden, während ihre Familien irgendwo außerhalb des Landes in oftmals menschenunwürdigen oder gefährlichen Umgebungen ausharren müssen. Anstatt den Flüchtlingsschutz, das Kindeswohl und den Schutz von Ehe und Familie zum Maßstab der Regierungspolitik zu machen, wurde damit wieder Abschreckung und Abschottung zur Leitlinie der Großkoalitionäre.

Doch die restriktive Flüchtlings- und Asylpolitik des vergangenen Jahres fand mit dem Asylpaket II nur ihren Anfang. Als kurze Zeit später das EU-Türkei-Abkommen unterzeichnet wurde, sagte die Bundesregierung humanitäre Kontingente und die Schaffung regulärer Wege nach Deutschland zu, sobald die Zahl der aus der Türkei kommenden Schutzsuchenden zurückgegangen ist. Spätestens seit dem Herbst des letzten Jahres wurde dann allerdings deutlich, dass die Bundesregierung von diesem Versprechen nichts mehr wissen will. So erhielten lediglich wenige hundert Flüchtlinge die Möglichkeit, regulär nach Deutschland zu kommen, und auch die Einrichtung des dauerhaften humanitären Aufnahmemechanismus für schutzbedürftige Personen ist inzwischen wieder von der Agenda verschwunden.
Selbiges gilt auch für die bereits 2015 zugesagte Beteiligung an der Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien, die eigentlich bis zum September 2017 abgeschlossen sein sollte. Hier nahm Deutschland von bislang 98.255 zur Verteilung vorgesehenen Flüchtlingen bis zum 10. Januar 2017 gerademal 1.099 auf, obwohl anteilsmäßig eine Übernahme von rund 30.000 Schutzsuchenden geplant gewesen ist [2]. Im Gegenteil versucht die Bundesregierung nun sogar, trotz der massiven Belastung der beiden Länder durch die hohe Zahl der dort bereits lebenden Flüchtlinge, Rückführungen nach Italien und Griechenland zu forcieren.

Zusätzlich wurde im vergangenen Jahr allerdings auch das Asylrecht in Deutschland in einer Art und Weise verschärft, dass man den Eindruck gewinnen muss, Flüchtlingsschutz heißt hierzulande mittlerweile, analog zu einem Sonnenschutz, Schutz vor Flüchtlingen. Überdies wurde vor einigen Wochen mit Abschiebungen in größerem Umfang nach Afghanistan begonnen, also der Verbringung in ein Land, das von Ministern als sicher eingestuft wurde, die es selbst nur in Kampfmontur bereisen. Zunehmend drängt sich damit die Frage auf, ob die Worte „christlich“ oder „sozial“ im Namen der Regierungsparteien inzwischen nicht gestrichen werden sollten, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.
Von der Wahrnehmung der humanitären Verantwortung Deutschlands ist, anders als noch im Zeitraum von Herbst 2015 bis Frühjahr 2016, heute zumindest nichts mehr zu spüren. Und auch von der Solidarität mit den von den Fluchtbewegungen in die EU stark betroffenen Ländern am Rande des Schengenraums ist die deutsche Politik mittlerweile wieder genauso weit entfernt wie vor 2015. Langfristig wird sich Deutschland damit jedoch keinen Gefallen tun und so könnte es bald wieder soweit sein, dass sich Merkel wünscht, „die Zeit zurückdrehen zu können“.


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[1] Asylgeschäftsstatistik 2016 des BAMF (Link zur PDF auf www.bamf.de)

[2] PDF der EU-Kommission zum Stand der Umverteilung der 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland (Link zur PDF auf ec.europa.eu)

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Abschiebeforderung nach Berlin-Anschlag: Sankt Florian bei Union und Grünen zu Gast http://www.mister-ede.de/politik/sankt-florian-union-und-gruene/5904 http://www.mister-ede.de/politik/sankt-florian-union-und-gruene/5904#comments Sat, 24 Dec 2016 09:49:07 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5904 Weiterlesen ]]> Es hat nicht lange auf sich warten lassen, bis die Politik nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz mit populistischen Antworten reagierte. Schon am Folgetag der Terrorattacke forderte die CSU um Horst Seehofer lauthals eine Art Abschottungskultur und das Ende der Flüchtlingsaufnahme. Sieht man davon ab, dass die Zahl der nach Deutschland kommenden Schutzsuchenden sowieso längst zurückgegangen ist, zeigte sich nur wenige Stunden später auch, wie daneben der bayerische Ministerpräsident mit seinem Populismus lag. Denn der Täter gehörte überhaupt nicht zu jener Personengruppe, die im Zuge der Flüchtlingskrise von 2015 nach Europa kam, sondern war schon 2011 in die EU eingereist. Was also von der CSU vorschnell gefordert wurde, ist zum einen längst Realität und zum anderen hat es mit dem konkreten Anschlag nichts zu tun.
Vielmehr muss man nun umgekehrt bei den Unionsparteien nachfragen, wieso sie jahrelang abgelehnt haben, den Italienern zu helfen, die seit dem Arabischen Frühling einen enormen Zuzug von Flüchtlingen erleben. Vielleicht hätte das dazu beigetragen, Anis Amri durch eine Abschiebung nach Tunesien an einem Anschlag in der EU zu hindern. Doch damals hat die Bundesregierung noch aktiv weggeschaut, obwohl man gemeinsam mit Italien in Bezug auf schnelle Ausweisungen sicherlich etwas hätte bewegen können.

Einen Schönheitsfehler hat eine solche von Egoismus geprägte europäische Denkweise aber sowieso. Was nutzen konsequente Abschiebungen von Gefährdern, wie sie mittlerweile nicht nur von der CSU und Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sondern auch von Cem Özdemir (Grüne) und seiner Partei gefordert werden, wenn Tunesien dann nicht gleichzeitig geholfen wird, mit diesen Terroristen fertig zu werden. Wäre es denn besser gewesen, wenn Anis Amri einen Anschlag auf eine tunesische Hotelanlage durchgeführt hätte? Und wäre es wirklich zielführend, wenn Tunesien, das erst vor 5 Jahren demokratisch wurde, durch solche Leute in ein ähnliches Chaos gestürzt würde wie Libyen?
Was Union und Grüne jetzt fordern, erinnert deshalb nicht nur an das Sankt-Florians-Prinzip, sondern erscheint auch schlicht kontraproduktiv, wenn es um die langfristige Sicherheit Europas geht.

Zumindest von einer Oppositionspartei wie den Grünen hätte man daher erwarten dürfen, dass sie den Finger in die tatsächlichen Wunden legt. Wenn es nämlich deutschen Sicherheitsbehörden nicht möglich ist, die ca. 200 in Deutschland befindlichen und nicht inhaftierten Gefährder ordentlich zu überwachen, dann ist das das Ergebnis eines massiven Regierungs- und Staatsversagens.
Selbst wenn man die Unterstützerkreise dieser Gefährder hinzuzählt, kommt man laut offiziellen Angaben auf deutlich weniger als 600 Personen [1]. Um eine vollständige Überwachung dieser potentiellen Terroristen in Deutschland zu gewährleisten, wären, großzügig gerechnet, rund 20.000 Beamte notwendig bzw. grob 2 Mrd. Euro für Personal- und Sachkosten, die sogar zum Teil über Steuern und Sozialabgaben wieder zurück in den Staatshaushalt fließen würden. Außerdem könnte der Bund mit BKA und Bundespolizei bei diesen anscheinend sehr mobilen Gefährdern die Überwachung übernehmen, womit Fehler bei der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Landesbehörden verhindert würden. Sobald ein Gefährder dann eine Straftat begeht oder Auflagen verletzt, kann er wenigstens eine gewisse Zeit aus dem Verkehr gezogen oder, wenn es Tat und Persönlichkeitsprofil hergeben, sogar anschließend in Sicherheitsverwahrung genommen werden.

Außerdem ist es vielleicht nicht nur Zufall, dass Anis Amri am Ende in Italien dingfest gemacht wurde, das mehr Polizeibeamte im Dienst hat als die Bundesrepublik mit 20 Millionen mehr Einwohnern. Kommen in Deutschland gerade mal 30 Polizeibeamte auf 10.000 Einwohner, sind es in Italien 47 [2].
Zugegeben, Italien hat mit der Mafia auch ein größeres Kriminalitätsprobleme und die Zahl der Polizeibeamten sagt noch nichts über die Sicherheit in einem Land aus, das zeigen Finnland oder Norwegen mit nur 15 Polizisten je 10.000 Einwohner. Aber bei der hiesigen Sozialstruktur, der Lage mitten in Europa und der vorhandenen Gefährdung durch Terrorismus kann man sich schon fragen, warum Deutschland nicht wenigstens, wie z.B. Belgien, auf 40 Polizisten je 10.000 Einwohner kommt.
Doch anstatt diese Missstände und Fehler klar zu benennen, wird lieber nach Abschiebungen nach Tunesien gerufen. Bei den Regierungsparteien mag dieser ablenkende Populismus ja noch verständlich sein, aber für die grüne Opposition ist das ein echtes Armutszeugnis. Natürlich muss es künftig möglich werden, irregulär einreisende Tunesier wieder abzuschieben, wenn sie keinen Schutzanspruch haben. Ein Verschiebebahnhof für terroristische Gefährder, wie es Anis Amri war, nutzt allerdings niemandem. Für den Kampf gegen den Terror braucht es deshalb vor allem gut ausgerüstete und funktionierende Sicherheitsapparate, egal ob nun in Deutschland, Italien oder Tunesien.


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[1] Artikel zu Gefährdern von Zeit-Online vom 21.12.2016 (Link zum Artikel auf www.zeit.de)

[2] Zahl der Polizeibeamte 2010-2012 laut Eurostat (Schlüsseldaten über Europa, S. 45) (Link zur PDF auf ec.europa.eu)

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Die alten Politikeliten haben ausgedient http://www.mister-ede.de/politik/politikeliten-haben-ausgedient/5871 http://www.mister-ede.de/politik/politikeliten-haben-ausgedient/5871#comments Fri, 16 Dec 2016 16:33:56 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5871 Weiterlesen ]]> Das Jahr 2016 hat nochmal bestätigt, was sich davor schon mehr als deutlich abzeichnete – die alten Politikeliten haben ausgedient. Nachdem sie die westlichen Demokratien jahrelang anführten, werden die Clintons und Camerons dieser Welt nun reihenweise abgestraft. Mit einer verfehlten Politik haben diese alten Eliten die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben und während sie selbst auf der Wohlfühlseite der Profiteure standen, fühlen sich nennenswerte Teile des Volkes von diesem Establishment regelrecht verraten.

Deshalb hat vor zwei Jahren in Griechenland nicht Syriza gewonnen, sondern vor allem das bisherige Establishment verloren. Genauso haben sich in Spanien die Wähler nicht Podemos und Ciudadanos zugewendet, sondern vor allem von den zum Teil korrupten spanischen Eliten abgewendet. Und auch in den USA hat nicht Donald Trump gesiegt, sondern vor allem Hillary Clinton, das Aushängeschild der US-amerikanischen Politikelite, eine deftige Klatsche einstecken müssen. Ebenso wurde in Österreich das Establishment bei der Präsidentschaftswahl regelrecht weggefegt und in die Stichwahl kamen der grüne Kandidat van der Bellen und der nationalistische Hofer. Vermutlich war der Einzug van der Bellens sogar eine glückliche Fügung, denn ein SPÖ- oder ein ÖVP-Kandidat hätten die Stichwahl gegen den FPÖ-Mann Hofer wahrscheinlich krachend verloren. Und auch die AfD in Deutschland überzeugt ja ihre Wählerschaft nicht mit guten und fundierten Argumenten, sondern vor allem mit dem ewigen Mantra „Merkel muss weg!“

Sehr deutlich wird die Ablehnung der herrschenden Eliten auch bei Volksabstimmungen, bei denen sich Wähler gegen das Establishment stellen können, ohne dabei gleich für eine populistische Partei stimmen zu müssen. Entsprechend war der Brexit nicht das Ergebnis einer gelungen Überzeugungsarbeit der Brexiteers, sondern vielmehr eine rote Karte, mit der zum einen David Cameron und zum anderen die EU-Eliten vom Platz gestellt wurden. Ähnliches gilt auch für die Volksabstimmung in den Niederlanden bezüglich des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine oder das von Matteo Renzi angesetzte Verfassungsreferendum in Italien.
Was sich also bei Wahlen und Volksentscheiden in Europa und den USA zeigt, ist weniger Ausdruck eines Rechts- oder Linksrucks, sondern vor allem ein klares Votum gegen diese Elite, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine Politik gemacht hat, die das Auseinanderdriften der Gesellschaft beförderte. Insofern gilt eben einfach, was schon Abraham Lincoln feststellte, „man kann nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen.“


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Nachgefragt: Die EU und die humanitäre Katastrophe an den EU-Außengrenzen http://www.mister-ede.de/politik/eu-humanitaere-katastrophe/5329 http://www.mister-ede.de/politik/eu-humanitaere-katastrophe/5329#comments Tue, 06 Sep 2016 18:17:48 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5329 Weiterlesen ]]> Liebe EU,

ich würde gerne von Dir wissen, wo das Problem liegt. Schon seit vier Jahren sterben jeden Monat im Durchschnitt einige hundert Menschen an Deinen EU-Außengrenzen.

Daher meine Fragen an Dich:
Kannst Du diese humanitäre Katastrophe nicht beenden?
Willst Du diese humanitäre Katastrophe nicht beenden?
Oder ist das für Dich nicht mal eine humanitäre Katastrophe?

Ich würde auch gerne von Dir wissen, warum es noch keine regulären Wege in die EU gibt. Du hast doch schon am 18.3.2016 zusammen mit den Regierungschefs der EU-Länder in Punkt 4 des EU-Türkei-Statements erklärt, freiwillige humanitäre Kontingente einzurichten, sobald die Zahl der irregulären Einreisen von der Türkei in die EU deutlich zurückgeht. Das ist nun längst der Fall und der 1:1-Mechanismus hat seinen Sinn erfüllt, aber von Deinen versprochenen humanitären Kontingenten ist noch immer nichts zu sehen.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Dein EU-Bürger, Mister Ede

Die Fragen habe ich bei debatingeurope.eu eingereicht, einer Plattform für Bürgerfragen an die EU. Nachdem ich aber bislang noch nie erlebt habe, dass dort auch tatsächlich geantwortet wird, frage ich das auch einfach hier im Blog.
Vielleicht bezieht die EU ja doch mal Stellung und erklärt, wieso das Massensterben an den EU-Außengrenzen auch im vierten Jahr in Folge ungebremst weitergeht.


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Zur aktuellen italienischen Staatsverschuldung (2016) http://www.mister-ede.de/politik/italien-staatsschulden-2016/5305 http://www.mister-ede.de/politik/italien-staatsschulden-2016/5305#comments Mon, 29 Aug 2016 11:34:50 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5305 Weiterlesen ]]> Vorweg ist zur italienischen Staatsverschuldung festzuhalten, dass Schuldpapiere im Wert von 130% des BIP, die zu einem großen Teil von Inländern gehalten werden, ziemlicher Nonsens sind. Alle Bürger zahlen auf diese Weise über ihre Steuern jene Zinsen, die dann manche Bürger wieder zurückbekommen. Ein solcher Zustand deutet daher meist auf eine gewisse Feigheit der entsprechenden Politiker hin, die eine letztendliche Finanzierung von Vorhaben über eine steigende Verschuldung gerne in die Zukunft verschieben.

Ansonsten ist für die Betrachtung von Staatsschulden wichtig, sowohl zwischen der Verschuldung im Inland und der Auslandsverschuldung zu unterscheiden als auch die Währungsform (Fremdwährung / Landeswährung) zu berücksichtigen.
Viele Länder müssen ihre Kredite in einer Fremdwährung aufnehmen und haben insofern keinen Einfluss auf die verwendete Währung. Hier kann man die Höhe der Staatsschulden gut ins Verhältnis zum BIP setzen. Andere Länder sind hingegen wirtschaftlich stark genug und ausreichend vertrauenswürdig, um Staatsanleihen in der eigenen Landeswährung ausgeben zu können. Bei Problemen oder einer drohenden Überschuldung kann dann die Notenbank über geldpolitische Maßnahmen eingreifen. Gerade wenn viele Inländer die Schuldtitel erwerben, spielt für diese Länder die Höhe der Staatsschulden im Verhältnis zum BIP kaum eine Rolle.

Bei Italien muss man also berücksichtigen, dass die Staatsschulden nicht auf eine eigene Landeswährung, sondern auf Euro lauten. Hierdurch spielt es kaum eine Rolle, dass die italienischen Staatspapiere überwiegend von inländischen Personen und Unternehmen gehalten werden, denn auch die Inländer können im Zweifelsfall ihre Euro in jedem anderen Euroland anlegen. Außerdem hat Italien für sich alleine nicht die Möglichkeit, die aus der Verschuldung resultierende Zinslast zu beeinflussen. In diesem Punkt kommt Italien aber der hohe Anteil der im Inland gehaltenen Staatspapiere entgegen. Bei einer Neuanlage zu einem höheren Zinssatz stehen den steigenden Zinskosten des italienischen Staates gleichzeitig auch höhere Zinseinnahmen der inländischen Gläubiger gegenüber.
Insgesamt ist die hohe Staatsverschuldung Italiens also ein Problem, nicht nur weil durch den Euro im Gegensatz zu einer Landeswährung die Risiken steigen, sondern auch, weil der zunehmende Abstand zu eher schwach verschuldeten Euro-Ländern eine gemeinsame Zinspolitik unmöglich macht. Eine konkrete Ausfallgefahr ausgehend vom italienischen Staat ist allerdings nicht erkennbar. Eher liegen in Italien die Risiken im Finanzsektor, was in Kombination mit der hohen Staatsverschuldung dann jedoch durchaus beunruhigen kann.


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