mister-ede.de » Austeritätspolitik https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Mit Le Pen droht Europa ein Ende mit Schrecken, mit Macron ein Schrecken ohne Ende! https://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384 https://www.mister-ede.de/politik/le-pen-macron-und-europa/8384#comments Thu, 04 May 2017 19:34:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8384 Weiterlesen ]]> Es ist kein Geheimnis, dass Marine Le Pen für ein Ende der EU eintritt und zurück in den Nationalstaat will. Insofern bedarf es, was Le Pen anbelangt, keiner großen Erläuterungen. Gewinnt sie bei den französischen Stichwahlen um das Präsidentenamt am kommenden Sonntag, droht der EU, die nach dem Brexit bereits angezählt ist, das endgültige Scheitern. Doch auch mit Emmanuel Macron als nächstem Präsidenten Frankreichs sieht die Zukunft des europäischen Projektes alles andere als rosig aus.

Bereits in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister von 2014 – 2016 hat sich Macron als neoliberaler Ideologe entpuppt und auch in seinem jetzigen Wahlkampf hat er immer wieder erklärt, an dieser aktuellen EU der neoliberalen Ideologie festhalten zu wollen. Obwohl also die europäische Integration inzwischen zum Stillstand gekommen ist, sogar mit dem Brexit schon ein Zerfallsprozess eingesetzt hat, will Macron keine substanziellen Reformen am europäischen Projekt durchsetzen. Vielmehr beharrt er auf einem strikten „Weiter so“ und einem nochmals verstärkten gegenseitigen Wettbewerb der Nationalstaaten. Entsprechend wird Macron nach einem Wahlsieg dafür sorgen, dass sich Frankreich mit niedrigeren Steuern für Reiche und Vermögende, Lohn- und Sozialkürzungen sowie einem Abbau von Arbeitnehmerrechten einen Wettbewerbsvorteil innerhalb des EU-Binnenmarkts gegenüber den europäischen Partnern verschafft. Wenn aber künftig auch Frankreich kräftig an dieser Abwärtsspirale im Standortwettbewerb dreht, wird das erhebliche negative Auswirkungen für die restliche EU haben.

Deutschland wird in diesem Fall unter Druck geraten, den in den letzten Jahren begonnen Kurs der internen Aufwertung wieder zu verlassen, was insbesondere jenen Ländern schadet, die aufgrund der gemeinsamen Euro-Währung keine Abwertungsmöglichkeiten gegenüber Deutschland haben. Vor allem Italien, dessen Staatsfinanzen und Bankensystem bereits jetzt am Rande eines Kollaps stehen, würde durch die wachsende wirtschaftliche Konkurrenz aus Frankreich und Deutschland noch mehr in die Bredouille geraten. Aber auch der spanischen und portugiesischen Wirtschaft, die in den vergangenen zwei Jahren zumindest wieder einen leichten Aufwärtstrend verzeichnen konnte, droht damit der nächste schwere Schlag. Verzichten diese Länder auf ähnlich harte Einschnitte, wie Macron sie in Frankreich plant, werden bei ihnen Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizite steigen und die nächste Wirtschaftskrise in diesen Ländern wäre vorprogrammiert. Gehen sie allerdings denselben Weg wie Frankreich, droht die gesamte Eurozone in eine Rezessionsspirale zu geraten, wie wir sie bereits in der Folge der fatalen Austeritätspolitik erleben mussten.

Erneut werden die Leidtragenden dieser Entwicklung vor allem die normalen Bürger der EU-Länder sein – besonders innerhalb des Euro-Währungsraums. Entweder werden sie von steigender Arbeitslosigkeit betroffen sein oder von unsichereren Beschäftigungsverhältnissen, der Lockerung des Kündigungsschutzes und sinkenden Reallöhnen und Renten. Außerdem werden sie am stärksten unter dem Abbau des Sozialstaats, z.B. geringerem Kindergeld oder schlechterem Krankenversicherungsschutz, leiden.
Doch auch für die europäischen Einkommens- und Vermögenseliten könnte die Rechnung nicht aufgehen. Zwar werden sie von niedrigeren Steuern profitieren und ihre Unternehmen von geringeren Arbeitskosten und einem flexibleren Arbeitsmarkt. Doch ob diese Vorteile am Ende den Schaden einer von Macron ausgelösten europaweiten Rezession übersteigen, ist fraglich.

Klar ist hingegen, dass mit Macrons Wirtschaftspolitik eine wesentliche Grundlage des europäischen Einigungsprozesses zerstört wird, nämlich das Versprechen, gemeinsam in Europa den Wohlstand für alle Beteiligten zu mehren. Möglicherweise wird also gerade Macron, der im französischen Präsidentschaftswahlkampf als Fan dieser EU auftritt, ungewollt zu ihrem Totengräber. Insbesondere in jenen Ländern, in denen es bereits jetzt eine starke nationalistische Strömung gibt, könnte Macron mit seiner Politik des verschärften Standortwettbewerbs wie ein Brandbeschleuniger wirken.
Im schlimmsten Falle wäre dann zwar Le Pen in Frankreich verhindert worden, allerdings zum Preis, dass in anderen EU-Ländern die Nationalisten die Oberhand gewinnen. Aber selbst in Frankreich könnte es am Ende darauf hinauslaufen, dass Le Pen in fünf Jahren bei den nächsten Präsidentschaftswahlen von enttäuschten Macron-Wählern doch noch in den Élysée-Palast geschickt wird.

Insofern muss man zwar jedem, dem an einem europäischen Miteinander gelegen ist, abraten, Le Pen zu wählen und Europa damit den Todesstoß zu versetzen. Allerdings muss man auch Macron dringend davon abraten, seine angekündigte Politik tatsächlich zu verwirklichen und damit das Dahinsiechen Europas fortzusetzen.


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Die drei Hauptströmungen der Europa-Debatte https://www.mister-ede.de/politik/stroemungen-europa-debatte/8343 https://www.mister-ede.de/politik/stroemungen-europa-debatte/8343#comments Fri, 21 Apr 2017 17:04:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8343 Weiterlesen ]]> Eurokrise, Flüchtlingskrise, Brexit – all das hat dafür gesorgt, dass es heute in der Öffentlichkeit so viel Aufmerksamkeit für das europäische Projekt gibt wie nie zuvor. Geprägt wird die Debatte dabei von drei Hauptströmungen, die im Folgenden näher betrachtet werden:

Rollback ins Nationale:

Eine Vielzahl nationalistischer Kräfte in Europa möchte die europäische Integration am liebsten auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen und den Kontinent wieder in Nationalstaaten aufspalten. Ihr Narrativ ist, dass sich der Nationalstaat in der Vergangenheit bewährt habe und auch heute besser als die gemeinschaftlichen europäischen Institutionen in der Lage sei, die Interessen der Bürger zu vertreten. Dabei spielt diesen Kräften zurzeit in die Hände, dass es die europäischen Institutionen bei zahlreichen Problemen tatsächlich nicht mehr schaffen, befriedigende Lösungen zu finden. So können die Nationalisten die für die Bevölkerungen der EU-Mitgliedsländer spürbaren und sichtbaren Schwachstellen der EU für ihre Erzählung nutzen, ohne den Beweis antreten zu müssen, dass die Nationalstaaten, wenn sie für sich alleine wären, diese Probleme wirklich besser lösen könnten.
Wichtige Vertreter dieser Hauptrichtung sind z.B. die britische UKIP, die vehement für den Brexit geworben hat, der französische Front National um die rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, die deutsche AfD, die österreichische FPÖ und die italienische Partei Movimento Cinque Stelle (Fünf-Sterne-Bewegung) um Beppe Grillo.

Status quo verteidigen:

Für ein Beibehalten der EU in ihrer jetzigen Form treten vor allem diejenigen ein, die zu den Gewinnern der bisherigen Ausgestaltung des europäischen Miteinanders gehören und deshalb wenig bis gar kein Interesse daran haben, etwas zu ändern. Hierzu gehören insbesondere die Eigentümer und Vertreter jener Unternehmen, die vom gemeinsamen Binnenmarkt und dem Wettbewerb der EU-Länder stark profitieren. Bleibt es bei der aktuellen Konstruktion, können sich deren Unternehmen weiterhin in manchen EU-Ländern das Steuerdumping, in anderen das Lohn- und Sozialdumping und in nochmals anderen EU-Ländern z.B. niedrige Umweltschutzauflagen zunutze machen. Hinzugesellen sich aber auch einige Betriebsräte und Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften, die weit weg sind von Fehlentwicklungen wie wachsendem Niedriglohnsektor und prekärer Beschäftigung und daher ebenfalls für den Erhalt der EU in ihrer bisherigen Struktur plädieren. Mit dem Status quo gut leben können außerdem Politiker wie Viktor Orbán, die keine tiefere Integration und schon gar keine gestärkten europäischen Institutionen möchten, deren Länder allerdings weiterhin vom Binnenmarkt und den EU-Fördergeldern profitieren sollen.
Zu diesen konservativen Kräften hinzuzählen muss man allerdings auch den parteilosen französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron, der sich in seinem Wahlkampf nicht für einen Umbau Europas stark gemacht hat, sondern für eine Agenda-Politik in Frankreich, wie sie Gerhard Schröder einst in Deutschland durchführte. Zum Kreis derer, die vor allem die jetzige EU erhalten und bestenfalls an einzelnen Stellschrauben moderat drehen wollen, gehören außerdem Wolfgang Schäuble, der anstelle tiefgreifender Reformen lediglich einen Euro-Aufseher zur Durchsetzung des Spardiktats in Südeuropa befürwortet, genauso wie der in Deutschland stark gehypte #PulseOfEurope, der zum Fahnenschwenken für die aktuelle EU aufruft, statt substanzielle Veränderungen an dieser EU einzufordern.

Europäische Integration neu denken:

Last but not least gibt es dann noch all jene, die das europäische Miteinander weiterentwickeln und die europäische Integration neu denken wollen. Allerdings sind die Anhänger dieser Strömung quer über das politische Spektrum verteilt, weshalb es innerhalb dieser Gruppe sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, wie ein Europa der Zukunft am Ende gestaltet sein sollte und wie ein Weg dorthin aussehen könnte. Trotz dieser Vielfalt lassen sich diese progressiven pro-europäischen Kräfte aber dennoch auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Sie erkennen die Strukturprobleme der jetzigen EU an, beispielsweise das Demokratiedefizit, und erachten es deshalb für das europäische Miteinander als unabdingbar, diese Konstruktionsfehler der EU durch grundlegende Reformen zu beseitigen.
Zu dieser Gruppe gehören zahlreiche Politiker von Linken und Grünen sowie einige der SPD und auch z.B. die EU-Parlamentarier Manfred Weber (CSU) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Hinzu kommen außerdem verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen, wie die Union Europäischer Föderalisten, die sich für ein föderales Europa einsetzt, oder die Bewegung DIEM25 um den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, die europaweit Dialoge für ein neues Europa durchführt. Aber auch die Wissenschaftlerin Ulrike Guérot, die ihre Vorstellung einer European Republic in ihrem Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“ niedergeschrieben hat und dieser Blog, der sich unter anderem für eine europäische Verfassung stark macht, sind zu dieser Gruppe progressiver Pro-Europäer zu zählen.


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Warum der Fraport-Deal für Griechenland gut ist https://www.mister-ede.de/wirtschaft/fraport-deal-mit-griechenland/5941 https://www.mister-ede.de/wirtschaft/fraport-deal-mit-griechenland/5941#comments Wed, 04 Jan 2017 20:08:22 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5941 Weiterlesen ]]> Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass bei der Griechenland-„Rettung“ viele Fehler gemacht wurden. Vor allem der Kürzungs- und Sparzwang hat die Krise in Griechenland eher verschlimmert als gelöst. Gleichwohl gab es unter den vielen Maßnahmen auch einzelne, die durchaus positiv zu bewerten sind. Genau hierzu gehört die Vergabe der Betriebsrechte für 14 griechische Flughäfen an die Frankfurter Fraport AG, die u.a. Betreiber des Frankfurter Flughafens ist.

Anders als das bisweilen behauptet wird, handelt es sich dabei nämlich nicht um einen Ausverkauf Griechenlands, sondern lediglich um die Einräumung eines mehrjährigen Nutzungsrechts. Griechenland bleibt somit weiterhin alleiniger Eigentümer seiner Infrastruktur und nach Ablauf des Vertrages können die Betriebsrechte erneut vergeben werden und zwar auch an irgendeinen anderen Betreiber. Außerdem muss Fraport neben dem Kaufpreis jährliche Nutzungsgebühren zahlen und Griechenland an den erwirtschafteten Gewinnen beteiligen. Überdies muss die Fraport AG viele weitere Auflagen erfüllen und z.B. regelmäßig in die griechischen Flughäfen investieren.
Insgesamt handelt es sich daher keineswegs um einen Mega-Deal zugunsten von Fraport, sondern um ein für Griechenland durchaus faires Geschäft. Genauso sehen das anscheinend auch die Anleger, weshalb der Kurs der Fraport-Aktie zurzeit 5% niedriger ist als bei Vertragsschluss Ende 2015. Möglicherweise musste sogar die deutsche Politik erst Druck auf den mehrheitlich im Staatsbesitz befindlichen deutschen Flughafenbetreiber ausüben, damit dieser überhaupt auf das Geschäft eingeht, obwohl es sich eben nicht gerade um eine Goldgrube handelt. Immerhin konnte so zumindest das Signal ausgesendet werden, dass die von Wolfgang Schäuble maßgeblich mitgestaltete Griechenland-„Rettung“ allmählich vorangeht.

Der wirkliche Vorteil dieses Deals ist aber ein anderer und zwar, dass Fraport ein halbstaatliches deutsches Infrastrukturunternehmen mit einem hochprofitablen Frankfurter Flughafen als Sicherheit im Rücken ist. So geben am Ende dieselben Kreditgeber dasselbe Geld für dieselbe Investition, z.B. in eine neue Gepäcksortieranlage auf einem griechischen Flughafen. Nur, über Fraport fallen dafür vielleicht Zinsen in Höhe von 1% an, während ein griechischer Flughafenbetreiber im Moment gar keine Kredite bekäme oder lediglich zu deutlich schlechteren Konditionen. Und wer könnte den Anlegern zurzeit verdenken, dass sie das Gefühl haben, bei Fraport in Frankfurt ist das Geld sicher und bei Hellas-Himmelfahrt auf Mykonos möglicherweise nicht?
Was für einen Vorteil hätte es also für Griechenland, die Einheimischen, den Tourismus oder die lokale Wirtschaft gehabt, wenn weiterhin das Geld für notwendige Reparaturen oder sinnvolle Investitionen für die griechischen Flughäfen gefehlt hätte, weil es zuvor schon von hohen Zinsen aufgefressen worden wäre? Das wäre unproduktiv gewesen, hätte null Perspektiven geschaffen und lediglich jenen genutzt, die die hohen Zinsen kassiert hätten, z.B. der Deutschen Bank.

Wenn jetzt hingegen Fraport für die 1,5 Mrd. Euro Kaufpreis plus Investitionen nur 20 Millionen Euro Zinsen zahlen muss und sich Griechenland dafür Zinskosten in Höhe von vielleicht 60 Millionen Euro spart, sinken schonmal die Finanzierungskosten für die 14 Flughäfen um 40 Millionen Euro bzw. grob 2 Euro pro Passagier. Und durch die mit dem Fraport-Deal entstandene Möglichkeit wieder zu investieren, lassen sich vielleicht auch noch Passagierzahlen steigern, zusätzliche Umsätze generieren oder Betriebskosten senken.
Die befristete Vergabe der Betriebsrechte für die Flughäfen an Fraport hat für Griechenland also durchaus große Vorteile. Es wäre deshalb falsch, diesen Deal zu verdammen, nur weil die Austeritätspolitik, die Griechenland aufgezwungen wird, ein riesiger Quatsch ist.


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[1] Wikipedia-Eintrag zur Schuldenverwaltung für das Osmanische Reich (Link zum Eintrag auf wikipedia.org)

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Auteritätspolitik: Iberischer Herbststurm https://www.mister-ede.de/politik/iberischer-herbststurm/4630 https://www.mister-ede.de/politik/iberischer-herbststurm/4630#comments Sun, 04 Oct 2015 17:54:15 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4630 Weiterlesen ]]> Wenn sich heute die Portugiesen und dann im Dezember die Spanier zur Wahlurne begeben, könnte es für Merkel, Schäuble und ihre Spardoktrin allmählich ungemütlich werden. Nachdem im Verlauf der Eurokrise bereits die Austeritätsbefürworter Sarkozy (Frankreich), Monti (Italien) und Samaras (Griechenland) ihre Regierungsämter verloren haben, droht nun auch in den beiden anderen von der Austerität geplagten Ländern die Regierung aus dem Amt geblasen zu werden.

Bereits im Januar wurden alle Warnhinweise auf einen Wetterumschwung auf der Peloponnes ignoriert, bis das griechische Gewitter Merkels Austeritätspläne endgültig verhagelte und nun könnte ein iberischer Herbststurm folgen.
Sowohl in Portugal als auch in Spanien haben die amtierenden austeritätsbefürwortenden Regierungen in Umfragen keine Mehrheiten mehr, so dass in Portugal eine Ablösung durch den Sozialisten Antonio Costa möglich ist. Das Land, das immer noch unter den Kürzungen und einer hohe Arbeitslosigkeit leidet, wird zwar häufig als Musterbeispiel gelungener Austerität angeführt, jedoch sehen das die Menschen vor Ort anscheinend etwas anders. Gleichzeitig ist die finanzielle Lage bei langsamen Wachstum, rund 130% Verschuldung im Verhältnis zum BIP und einer Zinslast von 5% des BIP (Vgl. Zinslastquote Deutschland 1,7%) in Portugal nicht viel besser als in Griechenland. Auch wenn die Volkswirtschaft insgesamt besser aufgestellt ist, steht das Land aufgrund der hohen Zinslast erheblich unter Druck und auch im Nachbarland Spanien ist die Situation nicht viel angenehmer. Ein nur langsam anziehendes Wachstum, ein steigender Schuldenberg von rund 98% des BIP und eine Zinslastquote von 3,3% sind keine sonderlich gute Ausgangslage, um das Hauptproblem, eine konstante und sehr hohe Arbeitslosigkeit, in den Griff zu bekommen. Zusätzlich gerät die Regierung in Spanien auch noch durch die beiden recht erfolgreichen austeritätsablehnenden Neugründungen Podemos und Ciudadanos unter Druck, was ihre Aussicht auf den Erhalt der Regierungsmehrheit zusätzlich schmälert.

So wie der konservativen Ministerpräsidenten Samaras samt der einseitigen Austeritätspolitik im Januar aus dem Amt gespült wurde, könnte nun auch auf der iberischen Halbinsel das Festhalten am strikten Sparkurs bei mangelnder Investitionsbereitschaft staatlicherseits direkt in einem solchen Sturm münden. Während sich in der Eurozone an der einen Stelle, auf der Peleponnes, die Wogen nach Zugeständnissen der Austeritätspolitiker allmählich wieder glätten, drohen sich so nun an anderer Stelle die dunklen Wolken der Austerität in einem Gewitter zu entladen.


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Eurokrise: Haben sich die Austeritätspolitiker ins Aus manövriert? https://www.mister-ede.de/politik/austeritaetspolitik-im-aus/4622 https://www.mister-ede.de/politik/austeritaetspolitik-im-aus/4622#comments Sun, 04 Oct 2015 16:13:36 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4622 Weiterlesen ]]> Vor rund einem Jahr hatte sich die Eurokrise, deren Ursachen unter anderem in den Divergenzen von Wettbewerbsfähigkeit und Bonität innerhalb der Eurozone liegen und die durch den externen Schock der Lehman-Pleite mit anschließender Finanzkrise ausgelöst wurde, etwas beruhigt.
Zwar hatte sich nichts an der grundlegenden Problematik geändert, doch durch zahlreiche geldpolitische Maßnahmen der EZB wurde die Eurokrise, die bis heute anhält, zumindest ein wenig überdeckt.

Wären im Jahr 2014 nach der Europawahl Maßnahmen ergriffen worden, um die Arbeitslosigkeit in den besonders stark betroffenen Ländern zu reduzieren, das Wachstum in Südeuropa anzukurbeln und die Notfallfinanzierung Griechenlands zu gewährleisten, hätte die Sparpolitik in einer gelockerten Form fortgesetzt werden können. Jedoch entschieden sich die Verfechter des harten Austeritätskurses, die unter anderem aus Deutschland und Finnland kamen, für ein unnachgiebiges Festhalten an ihrer Spar- und Kürzungsdoktrin. Entsprechend verhallte auch die Bitte des griechischen Ministerpräsidenten Samaras, das Griechenland-Programm anzupassen, um auf der einen Seite dem erneut drohenden Staatsbankrott vorzugreifen und auf der anderen Seite die Einseitigkeit der Austerität zu beenden. In der Folge war Samaras, dessen Partei auf europäischer Ebene eine Schwester von CDU/CSU ist, gezwungen, den Weg von Neuwahlen zu beschreiten, an deren Ende dann eine Syriza-Regierung stand, die eine Fortsetzung der Austerität strikt ablehnte. Einige Monate und eine milliardenteure Hängepartie später musste dann der zuvor eisern verteidigte Austeritätskurs aufgegeben werden, um ein Zerbrechen der Eurozone zu verhindern.

Hätten sich die Austeritätspolitiker schon 2014 mit Samaras auf Anpassungen des Hilfsprogramms und faire Auflagen geeinigt, so wäre es vermutlich nie zu Neuwahlen und diesem Erdrutschsieg der Syriza und auch den teuren Folgen gekommen. Somit haben sich die Austeritätspolitiker in Bezug auf Griechenland durch ihre harte Haltung am Ende selbst ins eigene Fleisch geschnitten.
Aber auch in Spanien oder Portugal droht sich dieses Fiasko nun zu wiederholen. Zwar werden beide Länder immer wieder als Musterbeispiele gelungener Austerität angeführt, allerdings sehen das die Menschen vor Ort etwas anders. Sowohl die aktuelle spanische Regierung um den konservativen Ministerpräsidenten Rajoy als auch die portugiesische Regierung um den konservativen Ministerpräsidenten Passos Coelho, beide wie Samaras aus den europäischen Schwesterparteien der Union, haben erheblich an Zustimmung verloren und könnten ihre Regierungsmehrheiten bei den anstehenden Wahlen verlieren.
Sollten aber auch in diesen beiden Ländern die Befürworter des Spar- und Kürzungskurses abgewählt werden und jene Parteien eine Mehrheit erhalten, die diese harte und einseitige Austerität ablehnen, hätten Schäuble und andere Austeritäts-Hardliner ihre Gestaltungsspielräume weitestgehend verloren. Denn, nach Sarkozy (Frankreich), Berslusconi bzw. Monti (Italien) und Samaras (Griechenland) müssten dann zwei weitere Unterstützer des Austeritätskurses ihr Regierungsamt aufgeben. Die unnachgiebige Haltung von Schäuble und Co. könnte damit zu genau jenem Ergebnis führen, welches es aus deren Sicht zu verhindern galt: Einen Überhang an Austeritätsgegnern in der Eurozone.


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Griechenland-Krise: Die späte und daher teure Einsicht der Union https://www.mister-ede.de/politik/spaete-und-teure-einsicht/4422 https://www.mister-ede.de/politik/spaete-und-teure-einsicht/4422#comments Sun, 20 Sep 2015 09:32:38 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4422 Weiterlesen ]]> Es war ein langer Weg, bis die Union endlich zu der Einsicht gelangte, dass im Falle eines Scheiterns der Griechenland-Rettung für die Eurozone viel mehr auf dem Spiel steht als für Griechenland selbst.

Zunächst hielt die Euro-Gruppe nach der Wahl von Alexis Tsipras zum griechischen Ministerpräsidenten an ihrer Forderung fest, dass Griechenland das zweite Hilfsprogramm bis zum 28.2. erfolgreich abschließen muss, um eine letzte Tranche von 7,2 Mrd. Euro zu erhalten und Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm zu ermöglichen [1]. Nachdem Syriza dazu aber nicht bereit war und bei einer Nicht-Einigung ein immenser Schaden für die Eurozone entstanden wäre, musste diese Linie Ende Februar verlassen werden. Griechenland wurde daher eine weitere Verlängerung des Programms bis zum 30.6. gewährt und auch bei den Auflagen sollte es ein Entgegenkommen geben.

Dennoch gelang es Tsipras nicht, innerhalb dieser neuen Frist eine Reformliste vorzulegen, die von den Gläubigern akzeptiert wurde, was vor allem an den Hardlinern in der Euro-Gruppe und ihren überzogenen Forderungen an Griechenland lag. Im Gegenzug kam es daher auch nie zur Auszahlung der Tranche von 7,2 Mrd. Euro aus dem zweiten Hilfspaket und stattdessen wurden bis in den Mai die letzten Reserven in Griechenland zusammengekratzt und Verpflichtungen mit kurzfristigen Krediten erfüllt, bevor dann im Juni der IWF nicht mehr bedient werden konnte. Fristgerecht, aber eben unabgeschlossen, lief dann am 30.6. das zweite Hilfsprogramm nach der Ankündigung des Referendums durch Alexis Tsipras aus.
Doch obwohl die EZB den Liquiditätszufluss stoppte und damit das Schließen der Banken und Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland erzwang, unterstützte das griechische Volk mit seinem „Oxi“ auch weiterhin genau diesen Kurs des Ministerpräsidenten. Wie schon im Februar musste die Euro-Gruppe deshalb einlenken, damit Griechenland nicht in den Staatsbankrott oder gar in den Grexit rutscht und der Eurozone ein gewaltiger Schaden entsteht. Und so wurde auch ohne Abschluss des zweiten Programms ein drittes Paket mit deutlich milderen Auflagen und einem deutlich höheren Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro vereinbart.

Wenn nun aber der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Ralph Brinkhaus in der Bundestagsdebatte zum dritten Hilfspaket begründet, „Griechenland bleibt so oder so auf unserem Deckel“ [2], und Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, in einer Diskussion auf Phoenix [3] feststellt, dass die neuen Kredite sowieso zu einem großen Teil nur dazu dienen, die alten Kredite samt Zinsen bei uns zu bezahlen, fragt man sich, warum diese Einsicht erst so spät kommt.
Die grundlegende Situation ist dieselbe wie vor sieben Monaten und schon im Januar hätten diese Schlüsse gezogen und so die milliardenteure Hängepartie vermieden werden können.
Hätte man sich nach der Tsipras‘ Wahl zeitnah auf ein ähnliches Programm wie das jetzt vereinbarte geeinigt, wäre die griechische Wirtschaft in diesem Jahr schon wieder gewachsen und der griechische Staat hätte aller Voraussicht nach selbst bei zusätzlichen Sozialmaßnahmen noch einen niedrigen Primärüberschuss erzielt. Selbst die Schuldenquote Griechenlands wäre schon 2015 rückläufig gewesen, wenn man frühzeitig auf eine faire Vereinbarung gesetzt hätte. Überdies wäre es vermutlich nie zu jener massiven Kapitalflucht gekommen, die nun eine bis zu 25 Milliarden Euro schwere Bankenrekapitalisierung notwendig macht.

So aber wurde durch das Pokern von Schäuble und Co. in den letzten Monaten vieles von dem zerstört, was zuvor mühsam aufgebaut wurde und nun wieder aufgebaut werden muss. Das einzige was aus deutscher Sicht positiv anzumerken ist: Die Kosten für die vorwiegend von Schäuble begangenen Fehler tragen zu über 70% nicht wir hier in Deutschland, sondern die Bevölkerungen unserer Euro-Partner z.B. in der Slowakei, in Slowenien, im Baltikum, in Österreich oder Belgien.


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[1] Artikel bei FAZ-Online vom 12.02.2015 (Link zum Artikel auf www.faz.net)

[2] Bundestagsdebatte vom 19.08.2015 ab Minute 29:30 (Link zum Video auf www.youtube.com)

[3] Phoenix Runde vom 19.08.2015 ab Minute 10:30 (Link zum Video auf www.youtube.com)

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Offenkundig fühlte sich Schäuble im Verbund der Eurogruppe sicher, weshalb er versuchte, Griechenland den Geldhahn zuzudrehen, so dass Tsipras entweder ein hartes Auflagenpaket hätte akzeptieren müssen oder das Land aus dem Euro führen. Doch wie wir heute wissen, kam es gänzlich anders.
Denn Schäubles griechisches Pendant Varoufakis machte eine andere Rechnung auf. Nachdem Griechenland nahe einem Primärüberschuss ist, brauchte und braucht es neue Kredite nur, um alte Kredite samt Zinsen begleichen zu können. Wäre Griechenland in den letzten Monaten in den Staatsbankrott bzw. zu einem Grexit gedrängt worden, dann hätten die Gläubiger auf die Rückzahlung von ein paar hundert Milliarden Euro verzichten müssen, während sich Griechenland mit deutlich weniger Schulden innerhalb oder außerhalb des Euros hätte stabilisieren können. Zwar glaube ich Varoufakis, wenn er sagt, dass er den Grexit nicht wollte. Klar ist aber, und das hat er selbst mehrfach geäußert, dass er ihn als gangbaren Weg empfand und somit ohne Weiteres in Kauf genommen hätte.

Schäuble, der nur stellvertretend für die Austeritäts-Hardliner der Eurogruppe steht, hatte somit nie eine Chance diesen Poker zu gewinnen, denn entweder musste er Griechenland nachgeben oder die Eurogruppe wäre vor einem Scherbenhaufen gestanden. Trotzdem kämpfte er verbissen auf verlorenem Posten, bis das „Nein“ der griechischen Bevölkerung Juncker, Hollande und Merkel zum Einlenken zwang. Während damit Varoufakis seine Aufgabe erfüllt hatte und Tsipras sein Hauptziel, nämlich ein deutliches Entgegenkommen der Gläubiger, erreichte, musste sich Schäuble geschlagen geben, weil er wohl nicht mit einem solchen Rückhalt für Syriza und diesem außerordentlichen Durchhaltevermögen des griechischen Volkes rechnete.

Ginge es dabei nur um eine politische Niederlage unseres Finanzministers, könnte der Vorgang einfach abgehakt werden. Doch dieses Pokerspiel bzw. der Bluff von Schäuble und den anderen Hardlinern der Eurogruppe war nicht nur sinnlos, sondern auch immens teuer. Neben dem Vertrauen, das auf politischer Ebene zerstört wurde, hat die 6-monatige Hängepartie das Wachstum in Griechenland gekostet und die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone gebremst. Überdies wurde eine Kapitalflucht ausgelöst, welche die Intra-Euro-Verbindlichkeiten Griechenlands von Anfang Januar bis Ende Juli 2015 um rund 75 Milliarden Euro steigen ließ und im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um 90 Mrd. Euro [2]. Wenn also heute griechische Banken mit 25 Mrd. Euro rekapitalisiert werden müssen, so ist dies eine der direkten und teuren Folgen des fatalen Pokerspiels der Austeritäts-Hardliner.

Egal wie die heutige Wahl in Griechenland ausgeht, bleibt damit im Ergebnis festzuhalten: Herr Schäuble, Sie haben sich gnadenlos verzockt!


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[1] Artikel bei FAZ-Online vom 12.02.2015 (Link zum Artikel auf www.faz.net)

[2]
Stand der Intra-Euro-Verbindlichkeiten am 31.07.2014 38,2 Mrd. Euro (Link zur PDF auf www.bankofgreece.gr)
Stand der Intra-Euro-Verbindlichkeiten am 31.12.2014 54,5 Mrd. Euro (Link zur PDF auf www.bankofgreece.gr)
Stand der Intra-Euro-Verbindlichkeiten am 31.07.2015 128,2 Mrd. Euro (Link zur PDF auf www.bankofgreece.gr)

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https://www.mister-ede.de/politik/schauble-hat-sich-verzockt/4397/feed 0
Griechenland-Krise: Die Vereinbarung von Primärüberschüssen https://www.mister-ede.de/politik/vereinbarung-primaersaldo/4243 https://www.mister-ede.de/politik/vereinbarung-primaersaldo/4243#comments Fri, 14 Aug 2015 13:20:14 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4243 Weiterlesen ]]> In der Verhandlung zwischen Griechenland und den europäischen Institutionen über die Auszahlung weiterer Hilfsgelder stehen als griechische Gegenleistung für zusätzliche Kredite immer wieder Zielvorgaben für den griechischen Primärsaldo der kommenden Jahre im Blickpunkt. Noch vor einigen Monaten wurden in der öffentlichen Debatte Forderungen von einem Primärüberschuss in Höhe von 4% pro Jahr laut, während im Laufe der Verhandlungen dann nur noch 1% für die Jahre 2015 und 2016 im Gespräch waren. Nach aktuellen Meldungen [1] sollen als Zielwerte für den Primärsaldo nun -0,25% für 2015, 0,5% für 2016, 1,75% für 2017 und 3,5% für 2018 vereinbart werden.
Aus ökonomischer und politischer Sicht ist die Fokussierung auf diesen Unterpunkt allerdings nur begrenzt sinnvoll. Trotzdem gibt es einen Grund, warum diese Vereinbarung eine so wichtige Rolle bei den Verhandlungen spielt.

Warum ist die Vereinbarung von Primärüberschüssen aus politischer Sicht nur eingeschränkt tauglich?

Für die Entwicklung des Primärsaldos gibt es viele Faktoren und nur einen Teil kann eine Regierung selbst beeinflussen. Wächst die griechische Wirtschaft wieder und steigt damit das Steueraufkommen, so ergibt sich eine gänzlich andere Finanzsituation als bei einem erneuten langanhaltenden Wirtschaftsabschwung mit noch weiter steigender Arbeitslosigkeit.
Es ist Griechenland natürlich zu wünschen, dass sich die Wirtschaft schnell erholt und ein ausgeglichener Primärsaldo oder gar Überschüsse möglich werden. Ob es 2017 dann aber für 1,75% oder 2018 sogar für 3,5% reicht, kann heute noch niemand sagen. Insofern hat die Vorgabe von Primärüberschüssen ein wenig etwas von der Forderung nach einer Schönwettergarantie und daran ändert sich auch nichts, wenn nun vorübergehend auf allzu hohe Primärüberschüsse verzichtet wird.

Nachdem also die Wirtschaftentwicklung ähnlich wie das Wetter stets ungewiss ist, wäre aus politischer Sicht die Vereinbarung konkreter Maßnahmen als Gegenleistung für die weitere Bereitstellung von Finanzmitteln sinnvoller. Voraussetzungen für weiter Kredite könnten dann z.B. der Abschluss einer Kooperation mit einem Partnerland zur Verbesserung der Steuereintreibungskompetenzen sein oder ein Vertrag mit der EU-Kommission zum gemeinsamen Aufbau eines digitalen Grundbuchwesens. Insofern kann auch der Privatisierungsfonds, wenn er denn ordentlich ausgestaltet ist, die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland mehr beeinflussen als eine vertraglich festgehaltene Zielvorgabe für den Primärsaldo.
Als Ergänzung macht die Vereinbarung solcher Ziele zwar durchaus Sinn, der Fokus sollte aus politischer Sicht aber auf jene Punkte gerichtet sein, die von der griechischen Regierung auch aus eigener Kraft erfüllt werden können.

Warum ist die Vereinbarung von Primärüberschüssen aus ökonomischer Sicht nur teilweise hilfreich?

Wenn mit der griechischen Regierung Zielvorgaben vereinbart werden sollen, stellt sich die Frage, welche Kennzahlen hierfür überhaupt geeignet sind.
Sieht man davon ab, dass kurzfristig vor allem etwas gegen Armut und Arbeitslosigkeit unternommen werden muss, sollte mittelfristig das Ziel sein, Griechenlands Volkswirtschaft auf einen Wachstumspfad zu führen und dabei gleichzeitig die Verschuldung abzusenken. Für die nächsten beiden Jahre muss daher darauf hingewirkt werden, dass die griechische Wirtschaft wieder wächst und dabei die Schuldenquote zumindest nicht weiter ansteigt. Letzteres ist ganz allgemein immer dann der Fall, wenn ein Land folgende Gleichung erfüllt:

Haushaltssaldo in Prozent der Schuldenlast < nominales Wirtschaftswachstum der Volkswirtschaft

Dabei ist völlig irrelevant, wie diese Gleichung erfüllt wird, ob z.B. durch ausreichend hohe Primärüberschüsse, durch einen Rückgang der Zinslast oder durch ein entsprechendes Wachstum der griechischen Volkswirtschaft. Daher sollten die Zielvereinbarungen für die nächsten Jahre (2015 – 2017) aus ökonomischer Sicht auch auf die Erfüllung dieser Gleichung und nicht alleine auf Primärüberschüsse ausgerichtet sein.

Würde es gelingen, die nominale Wirtschaftsleistung um 3% zu steigern, kann Griechenland bei seiner aktuellen Schuldenquote von rund 180% ein Haushaltsdefizit von ca. 5,4% seines BIP aufweisen, ohne dass sich dadurch die Schuldenquote des Landes weiter verschlechtert. Ob nun aber ein solches Haushaltsdefizit von 5,4% durch einen Primärüberschuss von 1% des BIP und Zinskosten in Höhe von 6,4% (1 – 6,4 = -5,4) entsteht oder durch ein Primärdefizit in Höhe von 2% des BIP und Zinskosten von 3,4% (-2 – 3,4 = -5,4), ist hierfür nicht von Bedeutung.
Aus ökonomischer Sicht sollte daher vor allem abgewogen werden, ob es zielführender ist, das reale Wachstum in Griechenland anzukurbeln und z.B. um 1% zu erhöhen oder im griechischen Staatshaushalt einen zusätzlichen Primärüberschuss, in diesem Fall in Höhe von ca. 1,8% des BIP, zu erreichen. Beides führt zu demselben Ergebnis bei der Schuldenquote, wobei der Weg über den Primärüberschuss weitere Einschnitte im griechischen Staatshaushalt bedeutet, während ein zusätzliches Wachstum helfen könnte die hohe Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

Wieso sind Primärüberschüsse dennoch ein Knackpunkt in den Verhandlungen?

Aus politischer Sicht sollten Vereinbarung getroffen werden, welche die griechische Seite auch aus eigener Kraft einhalten kann und aus ökonomischer Sicht sind der Haushaltssaldo und die Wachstumsrate die wesentlicheren Kennziffern. Dennoch spielen die Primärüberschüsse eine wichtige Rolle.

Der Haushaltssaldo setzt sich aus dem Primärsaldo und den Zinskosten zusammen. Umso höher der Primärüberschuss ist, umso höher können auch die Zinskosten sein, ohne dass sich am Haushaltssaldo etwas ändert. Nachdem Griechenland seine Verbindlichkeiten aber zu einem großen Teil bei Gläubigern außerhalb Griechenlands hat, fließen die Zinszahlungen regelmäßig aus Griechenland bzw. der griechischen Volkswirtschaft ab. Blickt man also auf die Zahlungsströme, wird deutlich, warum die griechische Seite ungerne einen großen Primärüberschuss vereinbaren will, sondern auf ein Entgegenkommen der Gläubiger bei den Zinskonditionen drängt. Hierdurch verblieben mehr Finanzmittel in Griechenland, die dann im Haushalt Spielräume für andere Maßnahmen eröffnen würden.
Umgekehrt wird so aber auch die Position der übrigen Euroländer und anderen Geldgeber verständlich, weil diese Griechenland bereits jetzt vergünstigte Zinskonditionen gewähren und damit schon einen Teil dazu beitragen, dass die Erfüllung der obigen Gleichung nicht allzu fern ist. Für die Geldgeber ist die Vereinbarung von Primärüberschüssen daher vor allem eine Festlegung für die griechische Regierung, damit auch diese durch die Konsolidierung des Staatshaushaltes zur Erfüllung der obigen Gleichung beiträgt.

Eine Faire Vereinbarung von Primärüberschüssen:

Betrachtet man die hinter der Vereinbarung von Primärüberschüssen stehende Verteilungsfrage, so kommt man auf der Suche nach Objektivität nicht umher, die Entstehungsgeschichte dieser Kredite kurz zu beleuchten.
Griechenland war 2010 aus diversen Gründen pleite und üblicherweise wäre in diesem Fall ein Schuldenschnitt durchgeführt worden. In der damaligen Situation sollte dies jedoch unter allen Umständen vermieden werden, weshalb Griechenland jene Kredite bekam, die heute z.B. bei EZB oder IWF abgelöst werden müssen. Es wäre daher unfair, Griechenland nun mit diesen Verbindlichkeiten alleine zu lassen, allerding ebenso unfair wäre es, würde die griechische Regierung ganz aus der Pflicht genommen.
Nachdem sich die Rettungsschirme ihrerseits sehr günstig finanzieren können, würde eine faire Vereinbarung wohl ein gewisses Entgegenkommen bei den Zinskonditionen vorsehen und auf allzu hohe Primärüberschüsse verzichten. Der Ansatz für 2015 und 2016 kann deshalb durchaus als fair angesehen werden, allerdings 2017 und vor allem 2018 fällt er zu hoch aus. Ein Zielwert von 1,5% – 2% für 2018 wäre hier sicherlich angemessener.


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[1] Aufstellung auf Tagesschau.de vom 12.08.2015 (Link zum Beitrag auf www.tagesschau.de)

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https://www.mister-ede.de/politik/vereinbarung-primaersaldo/4243/feed 0
Eurokrise: Syriza ist nur die Folge und nicht die Ursache https://www.mister-ede.de/politik/syriza-ist-nur-die-folge/4072 https://www.mister-ede.de/politik/syriza-ist-nur-die-folge/4072#comments Wed, 29 Jul 2015 16:05:55 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4072 Weiterlesen ]]> Als ich vor rund zwei Jahren in einem Beitrag fragte, was denn passiert, wenn in einem nationalen Parlament eine anti-europäische Partei die Mehrheit erhält, und auch davor warnte, dass eine fortgesetzte Austeritätspolitik sich bei kommenden Wahlen in den Krisenländern rächen könnte, war in Deutschland bereits davon die Rede, dass die Krise vorüber sei. Zwar gab es Podemos in Spanien noch nicht und in Griechenland lag Syriza noch ein gutes Stück hinter der konservativen Regierungspartei von Samaras, allerdings schon damals war die Annahme eines schnellen Endes der Krise nach Wahlerfolgen von Beppe Grillo in Italien und des Front National in Frankreich eine mehr als naive Sichtweise.

Im September / Oktober des letzten Jahres drohte dann in Griechenland das Kartenhaus der Austerität endgültig in sich zusammenzufallen, weil zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Rettungspolitik eine unübersehbare Lücke klaffte. Das Land war weit von einer Gesundung entfernt, die Wirtschaft war eingebrochen und der Finanzbedarf wuchs deutlich über die Prognosen hinaus, wodurch die Zinsen für griechische Staatsanleihen schon gute zwei Monate vor der Ankündigung von Neuwahlen wieder rasant anstiegen.
Nachdem in der Logik der Austerität Griechenland für zusätzliche Kredite aus europäischen Töpfen weitere Anpassungen, sprich Einschnitte, hätte zusagen müssen, die aber der damalige konservative griechische Ministerpräsident so nicht mehr durch das Parlament bekommen hätte, sah Samaras die Auflösung des griechischen Parlaments und Neuwahlen als einzigen Ausweg aus der verfahrenen Situation. Hätte man schon damals von Seiten der Euro-Gruppe ein Angebot gestrickt, das dem jetzigen dritten Hilfspaket ähnelt, dann wäre Syriza heute vermutlich keine griechische Regierungspartei. Insofern waren schon die Neuwahlen eine klare Folge der fehlgeschlagenen Krisenpolitik in Griechenland und die logische Konsequenz aus der Forderung, die Austerität auf Gedeih und Verderb fortzuführen. Aber auch, dass Syriza aus der Wahl im Januar als stärkste Kraft hervorgegangen ist, kann nicht wirklich verwundern, wenn man sich die prekäre soziale Situation im Land vor Augen führt, die nach fünf Jahren dieser Rettungspolitik vorhanden ist. Vor allem das Beharren auf immer weiteren Einschnitten, die in der Vergangenheit doch nur den Wirtschaftsabschwung verstärkten, statt ihn zu mildern, trieb damit die Wähler regelrecht in die Arme der Syriza.

Von der verfehlten einseitigen Austeritätspolitik über Wahlerfolge linker und rechter Populisten bei der Europawahl bis zur griechischen Syriza-Regierung führt daher ein ziemlich gerader Weg, der womöglich nicht in Athen zu Ende ist. Zwar wird Griechenland, wenn alles gut läuft, nun ein weiteres Hilfspaket erhalten, aber an der grundsätzlichen Problematik der wachstumshemmenden Ausrichtung auf Austerität in der Eurozone ändert das nichts. Und so dürfte auch weiterhin z.B. Le Pen in Frankreich ein leichtes Spiel haben, wenn es darum geht, Menschen mit der Angst vor Sozialabbau und Wohlstandsverlust gegen die EU aufzuwiegeln.


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