Griechenland-Krise: Herr Schäuble, Sie haben sich verzockt!

Vor rund acht Monaten verkündete Wolfgang Schäuble nach der Wahl von Alexis Tsipras zum neuen griechischen Ministerpräsidenten die Linie der Union. Syriza sollte das zweite Hilfsprogramm erfolgreich bis zum 28.2. umsetzen, um die letzte Tranche aus diesem Paket zu erhalten. Dann erst wollte man evtl. über ein neues Programm reden [1].

Offenkundig fühlte sich Schäuble im Verbund der Eurogruppe sicher, weshalb er versuchte, Griechenland den Geldhahn zuzudrehen, so dass Tsipras entweder ein hartes Auflagenpaket hätte akzeptieren müssen oder das Land aus dem Euro führen. Doch wie wir heute wissen, kam es gänzlich anders.
Denn Schäubles griechisches Pendant Varoufakis machte eine andere Rechnung auf. Nachdem Griechenland nahe einem Primärüberschuss ist, brauchte und braucht es neue Kredite nur, um alte Kredite samt Zinsen begleichen zu können. Wäre Griechenland in den letzten Monaten in den Staatsbankrott bzw. zu einem Grexit gedrängt worden, dann hätten die Gläubiger auf die Rückzahlung von ein paar hundert Milliarden Euro verzichten müssen, während sich Griechenland mit deutlich weniger Schulden innerhalb oder außerhalb des Euros hätte stabilisieren können. Zwar glaube ich Varoufakis, wenn er sagt, dass er den Grexit nicht wollte. Klar ist aber, und das hat er selbst mehrfach geäußert, dass er ihn als gangbaren Weg empfand und somit ohne Weiteres in Kauf genommen hätte.

Schäuble, der nur stellvertretend für die Austeritäts-Hardliner der Eurogruppe steht, hatte somit nie eine Chance diesen Poker zu gewinnen, denn entweder musste er Griechenland nachgeben oder die Eurogruppe wäre vor einem Scherbenhaufen gestanden. Trotzdem kämpfte er verbissen auf verlorenem Posten, bis das „Nein“ der griechischen Bevölkerung Juncker, Hollande und Merkel zum Einlenken zwang. Während damit Varoufakis seine Aufgabe erfüllt hatte und Tsipras sein Hauptziel, nämlich ein deutliches Entgegenkommen der Gläubiger, erreichte, musste sich Schäuble geschlagen geben, weil er wohl nicht mit einem solchen Rückhalt für Syriza und diesem außerordentlichen Durchhaltevermögen des griechischen Volkes rechnete.

Ginge es dabei nur um eine politische Niederlage unseres Finanzministers, könnte der Vorgang einfach abgehakt werden. Doch dieses Pokerspiel bzw. der Bluff von Schäuble und den anderen Hardlinern der Eurogruppe war nicht nur sinnlos, sondern auch immens teuer. Neben dem Vertrauen, das auf politischer Ebene zerstört wurde, hat die 6-monatige Hängepartie das Wachstum in Griechenland gekostet und die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone gebremst. Überdies wurde eine Kapitalflucht ausgelöst, welche die Intra-Euro-Verbindlichkeiten Griechenlands von Anfang Januar bis Ende Juli 2015 um rund 75 Milliarden Euro steigen ließ und im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um 90 Mrd. Euro [2]. Wenn also heute griechische Banken mit 25 Mrd. Euro rekapitalisiert werden müssen, so ist dies eine der direkten und teuren Folgen des fatalen Pokerspiels der Austeritäts-Hardliner.

Egal wie die heutige Wahl in Griechenland ausgeht, bleibt damit im Ergebnis festzuhalten: Herr Schäuble, Sie haben sich gnadenlos verzockt!


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[1] Artikel bei FAZ-Online vom 12.02.2015 (Link zum Artikel auf www.faz.net)

[2]
Stand der Intra-Euro-Verbindlichkeiten am 31.07.2014 38,2 Mrd. Euro (Link zur PDF auf www.bankofgreece.gr)
Stand der Intra-Euro-Verbindlichkeiten am 31.12.2014 54,5 Mrd. Euro (Link zur PDF auf www.bankofgreece.gr)
Stand der Intra-Euro-Verbindlichkeiten am 31.07.2015 128,2 Mrd. Euro (Link zur PDF auf www.bankofgreece.gr)

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