mister-ede.de » Steuerpolitik https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Sozial-ökologische Marktwirtschaft statt Laissez-faire-Neoliberalismus oder Sozialismus https://www.mister-ede.de/politik/sozial-oekologische-marktwirtschaft/8866 https://www.mister-ede.de/politik/sozial-oekologische-marktwirtschaft/8866#comments Sun, 08 Sep 2019 13:21:52 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8866 Weiterlesen ]]> Die Gesellschaft zerreißt zusehends, die Demokratie wird Stück für Stück ausgehöhlt und die Natur immer weiter zerstört. Es muss sich ganz dringend etwas ändern!
Der menschenverachtende, demokratieschlachtende und umweltvernichtende Laissez-faire-Neoliberalismus gehört endlich auf den Friedhof der Wirtschaftssysteme. Allerdings nicht, um auf selbigem die Leiche des Sozialismus auszugraben. Denn allen Heilsversprechen zum Trotz endete bisher jedes sozialistische Experiment in Rechtlosigkeit und Unterdrückung. Wer „Mehr Sozialismus wagen!“ ruft, dem antworte ich deshalb: „Weniger Diktatur riskieren!“
Was wir stattdessen brauchen, ist einen Aufbruch zu einer Sozial-ökologischen Marktwirtschaft in einem föderalen, freiheitlich-demokratischen Europa.

Laissez-faire-Neoliberalismus, Staatskapitalismus und Sozialismus

Der Laissez-faire-Neoliberalismus und der Staatskapitalismus z.B. in China sind zwei Spielarten des Kapitalismus, die trotz ihrer Unterschiede eng miteinander verwandt sind. In beiden Systemen verschmelzen Politik und Wirtschaft faktisch zu einem einzigen Akteur. Im Laissez-faire-Neoliberalismus sind es die wirtschaftlich Starken und Mächtigen, die immer mehr Einfluss auf die Politik nehmen – mit Parteisponsoring, Lobbykampagnen, dem Institut Neue Soziale Marktwirtschaft oder der Bertelsmann-Stiftung. So bestimmen hierzulande und weltweit Unternehmen selbst mit, welche Regeln für sie gelten, wie hoch dieser oder jener Abgasgrenzwert oder eine Steuer sein soll. Im Staatskapitalismus sind diesbezüglich nur die Vorzeichen umgedreht. Dort ist es die politische Spitze, die nicht nur ordnungspolitische Macht über die Wirtschaft hat, sondern die großen Konzerne in weiten Teilen auch selbst beherrscht. Die chinesische Führung gibt also nicht nur den Rahmen vor, sondern legt gleichzeitig fest, wie Unternehmen diesen Rahmen ausfüllen sollen. Nur, wer ist in solchen Wirtschaftssystemen dann noch Kontrolleur und wer Kontrollierter?

Eine wehrhafte und nachhaltige Demokratie zeichnet sich durch ein funktionierendes System an „Checks and Balances“ aus. Die Gewaltenteilung ist daher ein unverzichtbares Element jeder demokratischen Grundordnung. Und dasselbe gilt für eine Marktwirtschaft. Neben den Konsumentinnen und Konsumenten, die frei über ihren Konsum entscheiden können und sollen, braucht es sowohl die staatliche Gewalt, die mit aller Macht versucht, die Wirtschaft in einen gemeinwohlfördernden Rahmen zu drücken, als auch jene unternehmerische Kraft, die innerhalb dieses ordnungspolitischen Rahmens alles gibt, um effektiv und effizient zu wirtschaften. Erst dieser Widerstreit der verschiedenen Kräfte macht aus einer Marktwirtschaft ein funktionierendes Wirtschaftssystem. Wie zuvor beschrieben, ist das aber weder im Staatskapitalismus noch im Laissez-faire-Neoliberalismus gegeben. Dort fehlt es an den gegeneinander gerichteten Interessen und so macht sich eine politisch-wirtschaftliche Machtclique ihre eigenen Gesetze. Und im Sozialismus ist zwar vieles anders, aber genau das nicht. Auch dort gibt es nur diese eine Instanz, die sowohl den Rahmen festlegt als ihn auch selbst ausfüllt – „der VEB Baukombinat wurde beauftragt 100 Wohnung zu bauen“. Es fehlt damit aber an genau dem, was ein nachhaltig funktionierendes Wirtschaftssystem ausmacht: Die Unabhängigkeit der rahmensetzenden staatlichen Gewalt von den rahmenfüllenden Akteuren, also Produzenten wie Konsumenten. Insofern kann aber auch der Sozialismus kein Fortschritt und schon gar kein Ausweg sein, denn auch dort würde sich schnell wieder jener allmächtige Führungskader etablieren, der sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert.

Sozial-ökologische Marktwirtschaft

Wofür ich wirtschaftspolitisch stattdessen eintrete, ist eine Sozial-ökologische Marktwirtschaft. Das heißt zum einen, die Wiedererlangung des Primats der Politik über die Wirtschaft und das Aufräumen mit dem laissez-faire-neoliberalen „Markt-vor-Staat“-Irrglauben. Das heißt aber auch, den ordnungspolitischen Rahmen künftig so zu setzen, dass er den Herausforderungen unserer Zeit tatsächlich gerecht wird. Das gilt für die soziale Frage, das Auseinanderdriften von Arm und Reich, die Umbrüche am Arbeitsmarkt durch Robotik, Digitalisierung und Globalisierung, aber eben auch für die ökologische Frage – Nitrat in Böden und Grundwasser, (Mikro-)Plastik in den Weltmeeren, anthropogene Treibhausgase in der Atmosphäre oder die Endlichkeit der Ressourcen auf unserem Erdball.

Was den sozialen Rahmen anbelangt, so muss dieser künftig so gestaltet werden, dass das Auseinanderdriften der Gesellschaft in eine kleine reiche Vermögenselite und eine breite vermögenslose Masse gestoppt und die Ungleichheit wieder auf ein nach ökonomischen und vielmehr noch ethischen Gesichtspunkten verträgliches Maß zurückgefahren wird. Es braucht dazu unter anderem eine höhere Besteuerung der Vermögensmasse, höhere Steuern auf Spitzeneinkommen und Kapitalerträge sowie die Einführung einer Finanzmarktsteuer. Umgekehrt braucht es die Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen durch einen höheren Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer und Entlastungen bei den Sozialabgaben, ein ordentliches Kindergeld für alle Kinder und eine sanktionsfreie Mindestsicherung für alle Bürgerinnen und Bürger. Es braucht dazu aber genauso auch mehr Tarifbindung, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken, einen fairen Mindestlohn, Lohnzuschläge bei Leiharbeit und Befristung, den Aufbau eines sozialen Arbeitsmarktes für all jene, die trotz guter Qualifikation und Leistungswillen keine Chancen am regulären Arbeitsmarkt haben, eine soziale Absicherung für Crowd- und Clickworker und noch so unendlich vieles mehr, um wieder zu einer Gesellschaft zu werden, in der es einer breiten Masse möglich ist, durch Arbeit zu Wohlstand zu gelangen.
Daneben können und dürfen wir als Gesellschaft aber auch nicht über unsere ökologischen Verhältnisse leben. Das heißt beispielsweise, dass Emissionen künftig so besteuert werden müssen, dass auch ein tatsächlicher Anreiz zur Emissionsvermeidung entsteht. Im Verkehrsbereich müssen Alternativen zum CO2-intensiven Individualverkehr entwickelt werden. In Bezug auf Ressourcenschonung sind außerdem höhere Recyclingquoten und eine Verpackungssteuer sinnvolle Maßnahmen oder die Pflicht z.B. für Smartphone-Hersteller, Akkus und andere Teile ersetzbar zu gestalten. Wenn wir als Gesellschaft wollen, dass Produkte länger halten, braucht es dafür aber gar nicht unbedingt detaillierte technische Vorgaben. Es reicht aus, den Garantie- und den anschließenden Gewährleistungszeitraum zu verlängern. Unternehmen werden dann von sich aus schauen, wie sie einen solchen neuen ordnungspolitischen Rahmen wieder effizient ausfüllen, also nicht allzu oft kostenlos reparieren, umtauschen oder zurücknehmen müssen.

Einzelmaßnahmen vs. Konzept

Man kann die Liste der notwendigen Maßnahmen für eine Umgestaltung hin zu einer Sozial-ökologischen Marktwirtschaft beliebig fortsetzen. Für die meisten Einzelmaßnahmen gilt dabei, dass sie verzichtbar wären, wenn denn alle anderen Maßnahmen erfolgreich umgesetzt würden. Wenn alle Erwachsenen genügend Geld haben, braucht es nicht mehr zwingend ein hohes Kindergeld. Bei einem hohen Kindergeld braucht es nicht mehr zwingend eine Gebührenfreiheit für KiTa-Plätze. Es bedeutet umgekehrt aber auch, dass aus vielen Einzelmaßnahmen noch lange kein Konzept wird. Das ist beispielsweise ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Kinderarmut in den letzten 20 Jahren – Einzelmaßnahmen gab es in diesem Bereich genügend, aber eben kein Konzept, schon gar kein stimmiges.
Wenn ich also von einer Sozial-ökologischen Marktwirtschaft spreche, meine ich damit mehr als eine Liste von Einzelmaßnahmen. Vielmehr geht es um eine Grundhaltung, aus der heraus sich dann konkrete Einzelmaßnahmen ableiten lassen. Am ehesten lässt sich die Grundhaltung dabei mit einem Vergleich verdeutlichen. Der Laissez-faire-Neoliberalismus steht für eine Marktwirtschaft mit einem schwachen und nur reaktiven Staat. Ich möchte hingegen eine Marktwirtschaft mit einem starken und aktiv gestaltenden Staat!

Das Primat der Politik

Ziel des Laissez-faire-Neoliberalismus ist, das Primat der Politik weitestgehend durch ein Primat des Kapitals zu ersetzen. Hierzu wurde das staatliche Gemeinwesen in den letzten 50 Jahren auf verschiedene Weise ausgehöhlt. Zum einen wurde der ordnungspolitischen Rahmen immer weiter und weicher gestaltet. So viele Bereiche wie möglich sollten dem Markt untergeordnet werden – auch die Daseinsvorsorge, der Soziale Wohnungsbau, die Alterssicherung – und zwar so umfassend wie es nur irgend geht, also ohne Mietpreisbindung, ohne Verbraucher- oder Umweltschutz und ohne Steuern oder Sozialabgaben. Zum anderen, und das ist noch viel gravierender, wurde von laissez-faire-neoliberalen Wirtschafts- und Staatenlenkern in den letzten Jahrzehnten eine globale Wirtschaftsstruktur etabliert, in der die Politik vom Schiedsrichter zum Spielball, vom „maker“ zum „taker“ degradiert wurde – eine Tatsache, die hierzulande totgeschwiegen wird und dennoch in aller Munde ist. Nicht mehr der Staat entscheidet über den ordnungspolitischen Rahmen für das Kapital, seien es nun Großkonzerne, Stiftungen, Investmentfonds oder Superreiche, sondern das Kapital entscheidet, in welcher ordnungspolitische Umgebung es sich ansiedelt, wo es wohnhaft wird, ein Werk errichtet oder eine Firmenzentrale baut. Damit stehen nicht länger Unternehmen mit ihren Produkten im Wettbewerb zueinander, sondern gleich die Staaten selbst mit ihren ordnungspolitischen Rahmen. Das ist die Perversion einer Marktwirtschaft und dennoch gehört es als Schlagwort vom „Wirtschaftsstandort Deutschland“ bzw. von der „Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“ zum Alltag der wirtschaftspolitischen Debatte im Vorzeigeland des Laissez-faire-Neoliberalismus.

Die Wiederherstellung des Primats der Politik ist unter diesen Gegebenheiten kein leichtes Unterfangen. Gleichwohl ist es für eine Sozial-ökologische Marktwirtschaft zwingend erforderlich, denn nur wenn die demokratisch legitimierten Volksvertreterinnen und Volksvertreter überhaupt in der Lage sind, einen ordnungspolitischen Rahmen zu setzen, können sie diesen auch sozial und ökologisch ausgestalten.
Dem laissez-faire-neoliberalen Zerrbild des Gemeinwesens als „gierigem, verschwenderischem, störendem, verbietendem, einschränkendem Staat“ – wer möchte einen solchen Staat schon stärken – muss deshalb zunächst die Idee und das Bild eines Staates als „fairem Schiedsrichter“, „solidarischem Beistand“, „Schutzengel“ oder „Retter in der Not“ entgegengesetzt werden. Einen solchen Staat möchte man als Bürgerin oder Bürger doch schon viel eher fit und verlässlich an seiner Seite wissen. Und mit einer demokratischen Mehrheit im Rücken kann der Staat an vielen Stellen auch wieder dazu befähigt werden, der Wirtschaft eine soziale und ökologische Richtung zu geben. Das gilt vor allem dort, wo die Ordnungsrahmen nicht in Wettbewerb zueinander stehen. Die Paketzustellung innerhalb Deutschlands ist ein typisches Beispiel. Hier könnte der deutsche Gesetzgeber sowohl im Sozialen (Branchen-Mindestlohn) wie im Ökologischen (emissionsfreie Zustellung) sehr viel mehr machen, weil es sich um eine Dienstleistung handelt, die man nur in Deutschland selbst durchführen kann. In diesem Fall ist es also völlig unerheblich, welche ordnungspolitischen Rahmen für die Paketzustellung in Frankreich oder Polen gelten.

Daneben braucht es aber auch Konzepte, um das Primat der Politik in all jenen Bereichen wiederherzustellen, in denen es durch die laissez-faire-neoliberale Struktur der Weltwirtschaft ausgehebelt wurde. Was machen wir also überall dort, wo die Konkurrenz der unterschiedlichen ordnungspolitischen Rahmen zu einer Abwärtsspirale von Umwelt- und Sozialstandards, zu ruinösem Steuerwettbewerb und immer weniger Arbeitnehmerrechten führt?
Wenn der Gesetzgeber in Deutschland heute deutlich mehr Platz für Legehennen beschließt, stehen die Legebatterien morgen im EU-Ausland und die Eier werden einfach importiert. Um dieser Konkurrenz der Ordnungspolitik zu entgehen, muss deshalb wenigstens eine rudimentäre Rahmensetzung auf jener Ebene ermöglicht werden, auf der auch das Marktgeschehen stattfindet. Im Falle der Legehennen ist das auf europäischer Ebene gegeben und so hat die EU bereits 2012 die konventionelle Käfighaltung im gesamten Binnenmarkt komplett verbieten können. In vielen anderen Bereichen hat die EU aber bis heute keine oder nur eine sehr beschränkte Kompetenz zur Rahmensetzung, z.B. im sozialen Bereich, bei Steuern, bei Arbeitnehmerrechten. Das heißt, über ganz zentrale Elemente des ordnungspolitischen Rahmens – wie hoch sind Sozialabgaben, wie hoch die Stromsteuer, wie hoch der Mindestlohn, wie stark der Kündigungsschutz – entscheiden noch immer die einzelnen EU-Länder für sich alleine und zwar viel zu oft im Gegeneinander.
Eine Sozial-ökologische Marktwirtschaft ist deshalb nur im Zusammenspiel mit europäischem Föderalismus denkbar. Es braucht eine Europäische Republik, die Vereinigten Staaten von Europa, einen Europäischen Bundesstaat, eine Europäische Föderation oder ein ähnliches Konstrukt, um eine demokratisch legitimierte rahmensetzende Gewalt auf jener Ebene anzusiedeln, auf der auch der Binnenmarkt steht, also auf der europäischen Ebene.

Ein föderales, freiheitlich-demokratisches und sozial-ökologisches Europa

Die Absatzüberschrift ist die Kurzfassung dessen, was ich für eine erstrebenswerte Zukunft für Europa halte. Es braucht eine föderale Struktur, um der europäischen Wirtschaft auf demokratischem Wege wieder einen adäquaten Ordnungsrahmen setzen zu können und zwar auch bei Steuern, Arbeitnehmerrechten oder Sozialstandards. Die dadurch entstehenden Freiräume für die Politik müssen dann aber auch auf allen Ebenen konsequent genutzt werden, um den europäischen Binnenmarkt zu einer Sozial-ökologischen Marktwirtschaft umzugestalten.

Gleichwohl bleibt damit aber noch immer eine wesentlich Frage unbeantwortet: Wie können wir auch anderen Erdteilen helfen, ein solches Gesellschafts- und Wirtschaftssystem aufzubauen? Denn auch ein CO2-neutrales, an Fangquoten haltendes, arbeitnehmerfreundliches Europa ist nur ein Schritt zu einer nachhaltigen, sozial-ökologischen Weltwirtschaft. Ein Teil der Antwort kann aber darin liegen, die im Laissez-faire-Neoliberalismus vorherrschende Freihandels-Doktrin durch eine sozial-ökologische Fairhandels-Maxime zu ersetzen. Mit Blick auf den chinesischen Staatskapitalismus, arabische Scheichtümer oder afrikanische Militärregime stößt aber natürlich auch das an seine Grenzen. Hier bleibt dann vermutlich nur die altbewährte Strategie, schneller, besser und geschickter zu sein.

Noch ein Wort zum Sozialismus

Warum ich den Sozialismus als Wirtschaftssystem ablehne, habe ich dargestellt. Allerdings werden manche nun sagen, der Sozialismus sei über die Wirtschaft hinaus vielmehr ein Gesellschaftssystem und insofern greife der Gedanke einer Sozial-ökologischen Marktwirtschaft zu kurz. Für mich ist allerdings klar, dass ich an unserem grundlegenden Gesellschaftssystem, der freiheitlich-demokratischen Ordnung, gar nichts ändern möchte, weil ich darin mit Abstand den besten Schutz dessen sehe, was mir in einer Gesellschaft wichtig ist – Pluralismus, Menschenrechte, die bürgerlichen Freiheiten.
Und de facto ist bisher jedes sozialistische Land auf der Welt als Diktatur geendet, egal ob in der DDR, auf Kuba, in Venezuela, bei Lenin, Stalin oder Mao. Dass eine kleine, reiche Führungsclique entsteht, ist aus meiner Sicht ja gerade die logische Konsequenz daraus, dass wirtschaftliche und politische Macht im Sozialismus grundsätzlich in eine Hand gegeben werden. Insofern halte ich es diesbezüglich aber mit Albert Einstein, der mal gesagt haben soll, „die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Auch deshalb werbe ich für einen Aufbrauch zu einem anderen Ziel, nämlich einer Sozial-ökologischen Marktwirtschaft.


Text als PDF: Sozial-ökologische Marktwirtschaft statt Laissez-faire-Neoliberalismus oder Sozialismus


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400 Euro monatlich für jedes Kind:

Jedes Kind ist gleich viel wert! Daher soll künftig nicht mehr das Einkommen der Eltern darüber entscheiden, mit wie viel Euro der Staat ein Kind fördert. Egal ob erstes, zweites oder drittes Kind, egal ob Baby oder fast schon erwachsen – der Staat zahlt ein Kindergeld von 400 Euro monatlich.

11 Milliarden durch Diesel und Dienstwägen:

Aktuell wird der Diesel mit 10 Mrd. Euro an den Zapfsäulen subventioniert und bei den günstigen Konditionen für die steuerliche Absetzbarkeit von Dienstwägen schätzt der Bundesrechnungshof einen Subventionsanteil von rund 4 Milliarden Euro [1]. Selbst wenn man beim Diesel eine Kompensation über die KfZ-Steuer gegenrechnet und das Dienstwagenprivileg nicht ganz abschafft, sondern nur einschränkt, bleibt ein Einsparpotential von gut 11 Milliarden Euro jährlich.

Abschaffung Kinderfreibetrag, Anpassung sonstiger Förderung:

Mit dem einheitlichen Kindergeld von 400 Euro soll auch der Förderungsdschungel gelichtet und die Kinderförderung entbürokratisiert werden. Der Kinderfreibetrag, der einkommensstarke Familien aktuell mit rund 260 Euro je Kind entlastet, wird daher ersatzlos gestrichen. Der Kinderzuschlag, durch den bei maximaler Nutzung aktuell eine Förderung von ca. 350 – 370 Euro pro Kind möglich ist, sollte mindestens überarbeitet werden. Und auch andere Förderungen, die beispielsweise wegen des bürokratischen Aufwands kaum genutzt werden, sollten überdacht und ggf. angepasst oder abgeschafft werden. Das Ziel muss künftig lauten: Kinder fördern, nicht Bürokratie!

Keine Anrechnung auf Hartz IV:

Um effektiv etwas gegen Kinderarmut zu unternehmen, müssen die Hartz-IV-Leistungen in Bezug auf Kinder überdacht werden. Sinnvoll erscheint, künftig den Regelsatz vollständig durch das Kindergeld von 400 Euro zu ersetzen und die Kinder nur noch bei Wohnkostenzuschüssen und Ähnlichem zu berücksichtigen. Letztlich soll ja die Kinderförderung von der Gesellschaft aus Steuermitteln gleistet werden und nicht primär Aufgabe der Arbeitsagentur sein. Umgekehrt darf dann aber auch keine Anrechnung des Kindergelds auf die Hartz-IV-Leistungen der übrigen Haushaltsangehörigen stattfinden, sodass das höhere Kindergeld auch tatsächlich bei den Familien ankommt.

Kopplung an gewöhnlichen Aufenthalt:

Für den Anspruch auf Kindergeld sollte künftig der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder maßgeblich sein. Haben Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland, sollte kein oder nur ein eingeschränkter Anspruch auf Kindergeld bestehen.

Kosten / Nutzen:

Millionen Kinder werden durch das einheitliche Kindergeld aus der Armut geholt. Familien werden gestärkt und von bürokratischen Hürden bei der Kinderförderung befreit. Deutschland investiert damit in seine Zukunft. Hingegen werden zwei andere Steuersubventionen abgeschafft, die auf dem Weg in eine ökologische Zukunft mehr schaden als nutzen. Ein Staat, der dicke Dienstwägen subventioniert, braucht sich nicht wundern, wenn er seine Klimaziele verfehlt. Und seit der Dieselaffäre ist bekannt, dass der Diesel zwar etwas weniger CO2 ausstößt, aber dafür andere Probleme in unseren Innenstädten verursacht. Insgesamt führt der Vorschlag daher zu einer Win-Win-Situation für Kinder und Klima, für Familien und saubere Luft.

Finanzierung:

Wenn sich bei Diesel und Dienstwägen 11 Milliarden Euro einsparen lassen, sind die zusätzlichen Ausgaben für das Kindergeld zu einem guten Teil finanziert. Weitere Finanzierungsmöglichkeiten sind die Anhebung von Tabak- und Alkoholsteuer oder die Einführung einer Verpackungs- oder Plastiksteuer.

Positive Effekte für den Handel:

Durch die Umschichtungen im Haushalt dürften positive Effekte auf die Wirtschaft ausgelöst werden. Viele werden auch ohne Subventionen weiterhin teure Dienstwägen kaufen, so dass nur marginale Effekte auf die Automobilindustrie zu erwarten sind. Beim Diesel werden sich die Kosten stärker verteilen, weil er häufig im gewerblichen Bereich (Güter-Transport, Handwerker, Taxi) zum Einsatz kommt. Das höhere Kindergeld wird hingegen den Konsum und die Binnennachfrage recht direkt ankurbeln, was insbesondere dem Handel zu Gute kommen dürfte.


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[1] Im Sonderbericht 2017 des Bundesrechnungshofes werden die Dienstwagen- (S.42) und Dieselsubventionen (S.43) auf Basis des Jahres 2015 berechnet (Link zum Sonderbericht 2017 auf www.bundesrechnungshof.de)

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Arbeitsproduktivität, Arbeitnehmerentgelte und Nettolöhne 1970 – 2016 in der BRD https://www.mister-ede.de/politik/arbeitsproduktivitat-usw-brd/8555 https://www.mister-ede.de/politik/arbeitsproduktivitat-usw-brd/8555#comments Tue, 24 Oct 2017 17:00:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8555 Weiterlesen ]]> Nachfolgendes Schaubild stellt die Entwicklung der Arbeitsproduktivität, der Arbeitnehmerentgelte und der Nettolöhne jeweils pro Arbeitsstunde im Zeitraum von 1970 – 2016 in der Bundesrepublik Deutschland dar:

Quelle der Daten:

Eigene Berechnungen auf Basis der vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 18, Reihe 1.5, 2016, Seite 36 (Tabelle 1.9) und 50 (Tabelle 1.14) veröffentlichten Daten.

Link zur entsprechenden PDF des Statistischen Bundesamtes auf www.destatis.de

Anmerkung:

Das Schaubild bezieht sich in den Jahren 1970 – 1991 auf die Entwicklung in Westdeutschland und von 1991 – 2016 auf die Entwicklung in Gesamtdeutschland.

Getroffene Annahmen:

1) Für das Schaubild wird angenommen, dass sich Arbeitsproduktivität, Arbeitsentgelte und Nettolöhne im Jahr 1991 (Datenumbruch) in Gesamtdeutschland genauso entwickelt haben wie in Westdeutschland.

2) Für die Aussagekraft des Schaubilds wird angenommen, dass sich die Arbeitsproduktivität der Erwerbstätigen (Selbstständige und Arbeitnehmer zusammen) genauso entwickelt hat wie die Arbeitsproduktivität der Arbeitnehmer.

Erläuterung:

Im Jahr 2016 stellten Erwerbstätige je Arbeitsstunde 2,7-mal so viel her wie im Jahr 1970. Im selben Zeitraum stiegen die von den Arbeitgebern gezahlten realen Arbeitnehmerentgelte je Arbeitsstunde (Bruttolöhne inkl. Arbeitgeberanteil an den Sozialabgaben) um den Faktor 2,35 und die realen Nettostundenlöhne der Arbeitnehmer (Bruttolöhne abzüglich Steuern und Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung) um das 1,8-fache.


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Das Durchschnittseinkommen:

Das Durchschnittseinkommen gibt das arithmetische Mittel aller Einkommen einer Gruppe (z.B. Personen oder Haushalte) an. Es kann sowohl für Bruttoeinkommen als auch für Nettoeinkommen bestimmt werden.

Das Medianeinkommen (mittleres Einkommen):

Zur Berechnung des Medianeinkommens, oft auch mittleres Einkommen genannt, werden alle Einkommen einer Gruppe (z.B. Personen oder Haushalte) nach ihrer Höhe geordnet. Jenes Einkommen, das die Person oder der Haushalt in der Mitte dieser Liste hat, ist das Medianeinkommen. In der Regel wird das Medianeinkommen auf Basis der Nettoeinkommen berechnet, z.B. in Form von verfügbaren Haushaltseinkommen.

Median-Äquivalenzeinkommen:

Das Äquivalenzeinkommen wird zum Vergleich zwischen unterschiedlichen Haushaltsformen (Singlehaushalte, Zweipersonenhaushalte, Haushalte mit Kindern) herangezogen und rechnet das Nettoeinkommen, beispielsweise einer Familie mit zwei Kindern, auf das Nettoeinkommen eines Haushalts einer alleinlebenden Person um. Das Median-Äquivalenzeinkommen ist dementsprechend das umgerechnete Einkommen, das sich in der Mitte der nach der Höhe der Einkommen geordneten Liste befindet. Haushalte deren Äquivalenzeinkommen bei 60% oder weniger des Median-Äquivalenzeinkommens liegen, gelten als armutsgefährdet.

Beispiel:

Betrachtet werden 11 Haushalte von alleinlebenden Personen mit unterschiedlichem Nettoeinkommen.

Das Durchschnittseinkommen dieser 11 Haushalte beläuft sich auf 2.018 Euro. Das Medianeinkommen bzw. mittlere Einkommen liegt hingegen bei 1.600 Euro. Da es sich hierbei um die Haushalte von alleinlebenden Personen handelt, entsprechen die Haushaltseinkommen ohne weitere Umrechnungen dem Äquivalenzeinkommen dieser Haushalte. Das in der Mitte liegende Einkommen (Person 6) in Höhe von 1.600 Euro ist das Median-Äquivalenzeinkommen der betrachteten Haushalte. Die Armutsgefährdungsgrenze, die bei 60% des Median-Äquivalenzeinkommens liegt, beträgt in diesem Beispiel also 960 Euro.

Deutschland [1]:

2014 betrug das Durchschnittseinkommen von Alleinlebenden 2.497 Euro brutto und 1.913 Euro netto. Nach Ergebnissen der Untersuchung EU-SILC betrug das Median-Äquivalenzeinkommen aller Haushalte in Deutschland 1.644 Euro. Entsprechend lag der Schwellenwert für die Armutsgefährdung bei Alleinlebenden bei 987 Euro und bei Familien mit 2 Kindern bei 2.072 Euro. Werden die Werte der Fortschreibung des Mikrozensus 2011 verwendet, lagen die Schwellenwerte für die Armutsgefährdung sogar noch niedriger, bei 917 Euro für Alleinlebende bzw. 1.926 Euro bei Familien mit 2 Kindern. Im Bundesdurchschnitt kamen somit 16,7% der erwachsenen Personen (EU-SILC) bzw. 15,4% der Haushalte (Mikrozensus) in Deutschland auf ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze.

Verwechslungsgefahr und falsche Vorstellungen:

Liest oder hört man, dass die Armutsgefährdungsquote bei 60% des Einkommens oder des Durchschnitts liegt, und berechnet den Schwellenwert dann fälschlicherweise vom durchschnittlichen Nettoeinkommen, so kommt man auf falsche Beträge, die wesentlich höher sind als die tatsächlichen Schwellenwerte für die Armutsgefährdung. Dies kann zur falschen Vorstellung führen, dass ein Single mit 1.147 Euro Nettoeinkommen oder ein kinderloser Zweipersonen-Haushalt mit 2.294 Euro Nettoeinkommen als armutsgefährdet eingestuft wird. Hierdurch könnte wiederum der Eindruck entstehen, dass die Anzahl der armutsgefährdeten Personen übertrieben sei. Genau das ist allerdings gerade nicht der Fall.


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[1] Statistisches Jahrbuch 2016 des Bundesamtes für Statistik, S. 169, 179, 180 (Link zur PDF auf www.destatis.de)

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Trumps Wirtschaftspolitik: Auf dem Weg zu einem nationalistischen Neoliberalimus https://www.mister-ede.de/politik/trumps-wirtschaftspolitik/7673 https://www.mister-ede.de/politik/trumps-wirtschaftspolitik/7673#comments Mon, 30 Jan 2017 16:01:20 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=7673 Weiterlesen ]]> Donald Trump ist ein selbstverliebter Großkotz ohne Empathie und ohne Anstand – daran besteht kein Zweifel. Allerdings werden wir mit diesem neuen US-Präsidenten leben müssen und so stellt sich, trotz aller Vorbehalte, die Frage, wie Trumps Wirtschaftspolitik künftig aussehen und wie sie sich auf uns auswirken wird.

In Bezug auf den Außenhandel verdichten sich nun die Anzeichen, dass wir es tatsächlich mit einer höchst protektionistischen US-Politik zu tun bekommen werden. Dies zeigen Trumps Aufkündigung des transpazifischen Handelsabkommens TPP und seine Ankündigung, die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA neu verhandeln zu wollen. Daneben scheint sich der neue US-Präsident aber auch auf einen Konfrontationskurs mit der Welthandelsorganisation WTO zu begeben. Hierauf deutet seine Forderung hin, auf ausländische Waren, z.B. aus Mexiko, Strafzölle erheben zu wollen, selbst wenn diese Waren unter vollständig marktwirtschaftlichen Bedingungen hergestellt werden. Mit den GATT-Regeln der WTO zum freien Handel wären solche Maßnahmen entsprechend nicht zu vereinbaren.
Noch ist zwar völlig offen, ob Donald Trump wirklich bereit ist, die USA aus der WTO zu führen oder mögliche Schiedsverfahren einfach auszusitzen, doch für Unternehmen, die zurzeit Waren in die USA exportieren, drohen damit in den nächsten Jahren schwere Zeiten anzubrechen. Möglicherweise zielt Trumps Konfrontationskurs aber auch darauf ab, unter Androhung beispielsweise eines NATO-Austritts neue GATT-Regeln durchzusetzen oder gar zu versuchen, z.B. mit Großbritannien und dem engeren Commonwealth eine gänzlich neue Welthandelsordnung unter Führung der USA aufzubauen.

Während sich damit im Außenhandel der USA ein nationalistischer Protektionismus abzeichnet, scheint der neue US-Präsident die Binnenwirtschaft hingegen auf einen Neoliberalismus mit maximaler Deregulierung und weitestgehender Privatisierung ausrichten zu wollen. So hat Donald Trump bereits wenige Stunden nach seinem Amtsantritt Obama-Care eingeschränkt und das Recht für jeden US-Bürger auf eine Krankenversicherung abgeschafft. Weitere Schritte werden sicher bald folgen, um das Geschäft mit der Krankheit wieder vollständig in die Hand der Privatwirtschaft zu legen und zwar ganz ohne staatliche Beschränkungen. Und auch die Rückabwicklung der schärferen Finanzmarktregulierung, wie sie der US-Kongress nach der Finanzkrise eingeführt hat, scheint im Einvernehmen zwischen neu gewähltem US-Präsidenten und republikanischer Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat bereits beschlossene Sache zu sein. Neben dieser Deregulierungspolitik, die Trump auch auf Umweltgesetze und andere Bereiche ausweiten will, setzt der neue Mann im weißen Haus vor allem auf eine Steuerreform, mit der Reiche und Unternehmen massiv entlastet werden sollen.
Insgesamt gestaltet Donald Trump damit seine Wirtschaftspolitik im Inland ganz im Stile der „Reaganomics“ des einstigen US-Präsidenten Ronald Reagan. Er etabliert ein Wirtschaftssystem mit schwachem staatlichem Rahmen und äußerst weitem Freiraum für unternehmerische Tätigkeiten. Für das Gemeinwohl und die soziale Gerechtigkeit wird dabei, anders als noch unter Obama, künftig wohl kein Platz mehr sein.

Es bleibt nun abzuwarten, ob diese Kombination aus nationalistischem Protektionismus und einem Neoliberalismus mit schwachem Staat am Ende tatsächlich zu dem wirtschaftlichen Erfolg führt, den sich Trump davon erhofft. Für ein Gelingen spricht, dass die Innovationskraft in den USA, gerade in Bezug auf die Digitalisierung, enorm ist und diese Hightech-Produkte auch weiterhin weltweit gefragt sein werden. Schaffen es die USA außerdem, mit dem engeren Commonwealth einen gemeinsamen Handelsraum zu bilden, durch den ein englischsprachiger Markt mit fast einer halben Milliarde Menschen entsteht, könnte Trumps Wirtschaftspolitik aufgehen.
Umgekehrt sprechen jedoch die enge Verflechtung der globalen Wertschöpfungsketten und der US-Bedarf an Rohstoffen für Schlüsseltechnologien gegen eine erfolgreiche Abkapselung der USA vom Welthandel. Dass allerdings bei einer offenen US-Wirtschaft die Deregulierung von Finanzmärkten und die geplanten Steuersenkungen wirklich zu mehr Investitionen und mehr Jobs in der heimischen Wirtschaft und nicht irgendwo im Ausland führen, kann man dann zumindest bezweifeln.


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„Den Deutschen geht es doch eigentlich gut.“ Wirklich? https://www.mister-ede.de/politik/deutschen-geht-es-doch-gut/5799 https://www.mister-ede.de/politik/deutschen-geht-es-doch-gut/5799#comments Sun, 04 Dec 2016 08:21:19 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5799 Weiterlesen ]]> „Den Deutschen geht es doch eigentlich gut“, gleich dreimal ist mir dieser Satz im Laufe der vergangenen Woche begegnet – in einer längeren Diskussion mit einem Bekannten, am Rande einer Diskussionsveranstaltung im Gespräch mit David Schrock, stellvertretender Landesvorsitzender der Europa-Union NRW, und in ähnlicher Form in einem Artikel auf Carta.info von Klaus Vater (SPD), der früher Pressesprecher des BMG und auch schon stellvertretender Regierungssprecher war.
Nun will ich überhaupt nicht bestreiten, dass es zig Millionen Menschen gibt, denen es in Deutschland gut geht. Dennoch bringt mich dieser Satz, den man in allen drei Kontexten um ein, „ich verstehe gar nicht, warum sich die Leute beklagen“, ergänzen kann, zum Kopfschütteln. In seiner Pauschalität blendet er nämlich die Fehlentwicklungen der letzten Jahre aus und blickt auf einen Durchschnitt, der wenig bis gar nichts über die Lebenssituation des Einzelnen aussagt. Tatsächlich ist es sogar wenig verwunderlich, dass zahlreiche Bürger unseres Landes einen anderen Eindruck haben. Warum ihr Gefühl nicht falsch ist und sie völlig zu Recht beklagen, dass hierzulande vieles im Argen liegt, soll in diesem Artikel dargestellt werden.

Blicken wir zunächst auf die Entwicklung der allgemeinen Kosten der Lebensführung. Anfang 1998 lag der Mehrwertsteuersatz noch bei 15%, wurde aber seitdem auf 19% erhöht [1]. Auch viele andere Verbrauchssteuern, z.B. für Benzin, wurden im Laufe der Zeit angehoben und überdies müssen die Bürger heute zusätzliche Abgaben stemmen, wie beispielsweise die EEG-Umlage für die erneuerbaren Energien. Die Lebenshaltung wurde in Deutschland somit durchaus teurer und gerade diejenigen, die wenig Geld in der Tasche haben und dieses vollständig für den notwendigen Lebensbedarf ausgeben müssen, spüren das natürlich besonders.

Schauen wir als nächstes auf die gesetzliche Rente. Weder heute noch vor 20 Jahren war sie die einzige Alterssicherung, allerdings ist völlig klar, dass jene, die in ihrem Leben kein weiteres Vermögen aufbauen konnten, auf eben diese Rente angewiesen sind.
1995 lag das Rentenniveau beim Renteneintritt noch bei etwa 54%, heute liegt es hingegen bei nur noch rund 48% [2] und das, obwohl gleichzeitig das Rentenzugangsalter der Gesamtgesellschaft von 60,1 Jahren im Jahr 2000 auf 61,9 Jahre im Jahr 2015 angestiegen ist [3]. Hinzu kommt, dass die 2001 als Ersatz für die bis dahin geltende Berufsunfähigkeitsrente eingeführte Erwerbsminderungsrente oftmals unzureichend ist und außerdem seit 2005 die Rentenbezüge teilweise versteuert werden müssen [4].
Genauso gab es auch beim Kindergeld, also der staatlichen Förderung für Kinder einkommensschwacher Eltern, keinen Zuwachs, sondern eher einen Verfall. Von 2002 bis 2015 stieg das Kindergeld um 22% für das erste und zweite Kind, um 26% für das dritte Kind und wiederum um 22% für jedes weitere Kind [5].
Der Verbraucherpreisindex ist allerdings im selben Zeitraum ebenfalls um 21% angestiegen [6]. Das klingt zwar zunächst ausgeglichen, jedoch muss hierbei berücksichtigt werden, dass Eltern heute zahlreiche neue Ausgaben tragen müssen. Beispielsweise ist der Computer samt Internetanschluss inzwischen unerlässlich für die schulische Bildung und statt des früheren Förderunterrichts für leistungsschwache Schüler ist heute die privat zu finanzierende Nachhilfe zum Standard geworden. Auch die einst üblichen Zusatzangebote der Schulen, z.B. im Bereich Musik, Sport oder Technik, wurden vielerorts eingespart und müssen heute von den Eltern aus eigener Tasche bezahlt werden – sofern sie es sich denn überhaupt noch leisten können.

Dann denken wir an den Arbeitsmarkt. Die Zahl der Leiharbeiter hat sich von 181.000 im Jahr 1997 auf inzwischen 951.000 erhöht [7]. Auch die Zahl der Befristungen hat sich bei jüngeren Arbeitnehmern seit den 90ern mehr als verdoppelt [8]. Überdies gibt es zahlreiche Arbeitnehmer, die früher zur Stammbelegschaft eines Unternehmens gehört hätten, inklusive Tarifvertrag, jedoch heute über Subunternehmer und Werkverträge beschäftigt sind und dieselbe Tätigkeit für einen weit geringeren Lohn durchführen müssen.
Natürlich gibt es innerhalb dieser Beschäftigtengruppe auch Leiharbeiter, die gut bezahlt sind, Zeitarbeiter, die über einen solchen Vertrag einen Einstieg in ein Unternehmen schaffen, oder hochbezahlte Informatiker, die von ihrem Arbeitgeber für fünfstellige Beträge monatsweise in verschiedene andere Betriebe entsendet werden. Aber es gibt darunter eben auch Paketzusteller, Reinigungskräfte oder Regaleinräumer, die zum Teil unter obskuren Bedingungen mit Minilöhnen regelrecht ausgebeutet werden.
Zusätzlich hat die berüchtigte Hartz-Gesetzgebung aus der Zeit der Agenda-2010-Reformen zahlreiche Menschen spürbar schlechter gestellt. So fallen Arbeitslose heute schon wesentlich schneller aus dem Arbeitslosengeld-I auf Hartz-IV-Niveau und es gibt z.B. verschärfte Zumutbarkeitsregeln für die Aufnahme einer neuen Tätigkeit. Überdies müssen sich Hartz-IV-Empfänger zum gläsernen Bürger machen lassen und selbst die Kinder oder die Eltern von Hartz-IV-Beziehern werden für die Unterhaltssicherung zur Kasse gebeten.

Wir haben in Deutschland also eine Alterssicherung, die für den Einzelnen spürbar schlechter ist als vor 20 Jahren. Wir haben Eltern mit geringen und mittleren Einkommen, die in der Relation heute weniger Kinderförderung erhalten als Anfang des Jahrtausends. Wir haben Millionen Arbeitnehmer, die prekär beschäftigt sind und von Minilöhnen leben müssen. Und dazu haben wir dann auch noch ein zum Teil demütigendes Hartz-IV-System, das zu einem schnelleren und tieferen Sturz aus der Mitte der Gesellschaft führt.
Natürlich geht es in Deutschland nicht allen 80 Millionen Einwohnern schlecht. Aber wenn es 15 oder 20 Millionen Menschen gibt, die am finanziellen Rand der Gesellschaft leben müssen oder im Rentenalter dort leben werden, kann man das auch nicht einfach wegwischen. Der Satz, „den Deutschen geht es doch eigentlich gut“, ist zwar in seiner pauschalen Durchschnittsbetrachtung richtig, sobald man aber auf einzelne Gruppen in der Gesellschaft schaut, erkennt man recht schnell, dass eine solche Betrachtungsweise in die Irre führt.

Blickt man zusätzlich noch auf das andere Ende der Skala und sieht die spürbare Entlastung von Vermögenden und Besserverdienenden, kann man durchaus von einer Politik der sozialen Spaltung sprechen. In etwa dem gleichen Zeitraum wurde nämlich die Vermögenssteuer abgeschafft, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge eingeführt und der Spitzensteuersatz abgesenkt. Wer also im Jahr 1997 ein Vermögen in Höhe von 5 Millionen Euro hatte und hieraus Kapitalerträge in Höhe von 300.000 Euro bezog, musste davon ganz grob 150.000 Euro an Steuern (Vermögenssteuer, Einkommensteuer + Soli) zahlen. Heute muss eine solche Person hingegen gerademal mit rund 85.000 Euro Steuern (Abgeltungsteuer + Soli) rechnen. So lässt sich dann natürlich auch eine um vier Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuer oder die EEG-Umlage gut verkraften.
Dass sich allerdings umgekehrt Millionen Bürger in unserem Land von einer solchen Politik des Fordern und Förderns veräppelt fühlen, weil offensichtlich von den ärmeren Schichten immer mehr gefordert wird, während die reicheren Schichten ordentlich gefördert werden, ist kein Wunder. Und wenn dann auch noch beispielsweise Managerboni hinzu kommen, die gezahlt werden, obwohl das betreffende Unternehmen wegen Managementfehlern massiv Stellen abbauen muss, oder Milliardenhilfen für Banken gewährt werden, die am Ende natürlich nur denjenigen nutzen, die bei diesen Geldhäusern ihr Vermögen liegen haben, ist es absolut verständlich, dass viele Bürger eine wachsende Ungerechtigkeit in Deutschland beklagen.


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[1] Bundeszentrale für politische Bildung u.a. zur Entwicklung der MwSt.-Steuersätze (Link zum Beitrag auf www.bpb.de)

[2] Bundeszentrale für politische Bildung u.a. zum Rentenniveau (Link zum Beitrag auf www.bpb.de)

[3] PDF der Deutschen Rentenversicherung u.a. zum Zugangsalter (Link zur PDF auf www.deutsche-rentenversicherung.de)

[4] Übersicht der Deutschen Rentenversicherung zur Rentenbesteuerung (Link zur Übersicht auf www.deutsche-rentenversicherung.de)

[5] PDF der Universität Duisburg Essen zur Entwicklung des Kindergelds (Link zur PDF auf www.sozialpolitik-aktuell.de)

[6] PDF des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung des Verbraucherpreisindex (Link zur PDF auf www.destatis.de)

[7] Statistik der Arbeitsagentur zu verschiedenen Beschäftigungsformen (Stand November 2016) (Link zur Statistik auf arbeitsagentur.de)

[8] Statistik des Statistischen Bundesamtes zum Anteil der befristet Beschäftigten (Link zur Statistik auf www.destatis.de)

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Unions-Debakel bei der Erbschaftssteuerreform https://www.mister-ede.de/politik/debakel-bei-erbschaftssteuer/5296 https://www.mister-ede.de/politik/debakel-bei-erbschaftssteuer/5296#comments Sat, 27 Aug 2016 13:22:06 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5296 Weiterlesen ]]> Als das Bundesverfassungsgericht vor einigen Jahren die aktuellen Begünstigungen für Erben großer Betriebsvermögen als verfassungswidrig einstufte, räumte es der Politik gleichzeitig eine für eine Neuregelung durchaus ausreichende mehrjährige Frist ein. Dennoch verstrich diese von den Verfassungsrichtern gesetzte Frist im Sommer dieses Jahres, ohne dass eine Neuregelung in Kraft getreten war.
Zwar wurde, so wie im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbart, im Bundestag ein Vorschlag hierzu ausgearbeitet, dieser wurde jedoch von den Bundesländern abgelehnt – völlig zu Recht, wie ich meine. Ihrerseits fordern die Bundesländer nun eine stärkere Einschränkung der fragwürdigen Privilegien und damit eine Aufkommenssteigerung aus der Erbschaftssteuer, die aus Sicht der Länder wohl gerne bei 20 – 25% liegen dürfte.
Deshalb wäre es jetzt eigentlich an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble endlich eine Einigung zwischen Bund und Bundesländern auf den Weg zu bringen. Doch anstatt seinen Job, für den er bezahlt wird, in Deutschland zu machen, mischt sich Schäuble lieber unentwegt in die Politik von Griechenland oder Spanien ein. Hätte er früher einen Vorschlag ausgearbeitet, der im Bundesrat auch Chancen auf eine Zustimmung hat, wäre das Debakel sicherlich vermieden worden.
So aber sind nun tatsächlich Arbeitsplätze in Gefahr, weil der Bundesfinanzminister nicht in der Lage war, sich mit den 16 Landesfinanzministern auf einen vernünftigen Kompromiss zu einigen. Wieder einmal haben sich damit das Verdrängen von Problemen und das jahrelange tatenlose Zuwarten gerächt. Zwar haben die Länder bereits angekündigt, zum Schutz von Wirtschaft und Arbeitsplätzen auch die Rückwirkung eines Kompromisses zu ermöglichen, aber dafür muss es natürlich erst mal eine Einigung geben. Die Unsicherheiten durch die verkorkste Erbschaftssteuerreform sind hingegen jetzt schon vorhanden.


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Vorschlag für eine Reform der Einkommen- und Abgeltungssteuertarife (www.mister-ede.de – 15.03.2016)

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Vorschlag für eine Reform der Einkommen- und Abgeltungssteuertarife https://www.mister-ede.de/politik/reform-einkommensteuertarife/4884 https://www.mister-ede.de/politik/reform-einkommensteuertarife/4884#comments Tue, 15 Mar 2016 20:03:42 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4884 Weiterlesen ]]> Der nachfolgende Vorschlag für eine Reform der Einkommen- und Abgeltungssteuertarife verfolgt mehrere Ziele gleichzeitig. Ein erstes Ziel ist die höhere Besteuerung von Kapitalerträgen durch eine Anhebung der Abgeltungssteuer von derzeit 25% auf 32%. Ein zweites Ziel ist die höhere Besteuerung von Einkommen ab ca. 95.000 Euro pro Jahr und die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 51% ab einem Einkommen über 500.000 Euro. Mit den angestrebten Mehreinnahmen von grob 10 – 14 Mrd. Euro soll dann das dritte Ziel, eine Anhebung des Grundfreibetrags auf 12.000 Euro, zu einem großen Teil finanziert werden. Alle weiteren steuerlichen Regelungen, z.B. die gemeinsame Veranlagung von Verheirateten, bleiben auf Basis des neuen Tarifs erhalten.

Wird der Einkommensteuertarif dem Vorschlag entsprechend geändert, werden ausgehend von einer Einzelperson alle Einkommensteuerzahler durch die Anhebung des Grundfreibetrags bis zu einem Einkommen von 75.000 Euro gleichmäßig um genau 580,09 Euro jährlich entlastet und wer bislang weniger als 580,09 Euro Einkommensteuer gezahlt hat, muss überhaupt keine Einkommensteuer mehr zahlen. Bei einem Einkommen über 75.000 Euro steigt hingegen der Einkommensteuertarif im Vergleich zum aktuellen Tarif um 3 Prozentpunkte auf 45% an, wodurch ab einem Einkommen von ca. 95.000 Euro durch diese Steuerreform keine Entlastung mehr stattfindet, sondern eine Belastung. Bei einem Einkommen über 250.000 Euro steigt der Grenzsteuersatz weiter auf 48% (aktuell 45%) und über 500.000 Euro steigt der Grenzsteuersatz nochmals um 3 Prozentpunkte auf den neuen Spitzensteuersatz von 51%.

Vorschlag für eine Reform der Einkommen- und Abgeltungssteuertarife:

§ 32a (Einkommensteuertarif) des Einkommensteuergesetzes (EStG)[1] wird wie folgt geändert:

In Satz 1 werden die Nummern 1 – 5 gestrichen und durch nachfolgende Nummern ersetzt:

„1. bis 12 000 Euro (Grundfreibetrag):
0;

2. von 12 000 Euro bis 13 669 Euro:
(995,91 • y + 2 065) • y;

3. von 13 670 Euro bis 53 665 Euro:
(225,40 • z + 2 397) • z + 372,39;

4. von 53 666 Euro bis 75 000 Euro:
0,42 • x – 8 974,23;

5. von 75 001 Euro bis 250 000 Euro:
0,45 • x – 11 224,23;

6. von 250 001 Euro bis 500 000 Euro:
0,48 • x – 18 724,23;

7. von 500 001
0,51 • x – 33 724,23;“

§32d (Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen) des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird wie folgt geändert:

In Absatz 1, Satz 1 wird die Zahl „25 Prozent“ durch die Zahl „32 Prozent“ ersetzt.

In Absatz 1, Satz 3 wird die Zahl „25 Prozent“ durch die Zahl „32 Prozent“ ersetzt.

Absatz 1 Satz 4 wird durch folgenden Satz ersetzt: „Die Einkommensteuer beträgt damit (e – 3,125q) / (3,125 + k)“

In Absatz 5, Satz 1 wird die Zahl „25 Prozent“ durch die Zahl „32 Prozent“ ersetzt.

§43a (Bemessung der Kapitalertragsteuer) des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird wie folgt geändert:

In Absatz 1, Satz 1, Nummer 1 wird die Zahl „25 Prozent“ durch die Zahl „32 Prozent“ ersetzt.

In Absatz 1, Satz 2 wird die Zahl „25 Prozent“ durch die Zahl „32 Prozent“ ersetzt.

Alle weiteren Anpassungen, die zur Umsetzung der Reform der Einkommen- und Abgeltungssteuertarife notwendig sind, werden vorgenommen.


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[1] Einkommensteuergesetz (EStG) auf www.gesetze-im-internet.de

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Konzept einer Emissions-Besteuerung im Energiesektor https://www.mister-ede.de/politik/emissions-besteuerung/3190 https://www.mister-ede.de/politik/emissions-besteuerung/3190#comments Mon, 24 Nov 2014 08:55:30 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3190 Weiterlesen ]]> Die Reduktion der Emission von Treibhausgasen ist ein wesentlicher Schritt bei der Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft. Für eine deutliche Reduktion sollten allerdings die allgemeinen länderübergreifenden Ansätze, wie z.B. der europaweite Handel mit CO2-Zertifikaten, durch länderspezifische Maßnahmen ergänzt werden. Hierdurch wäre es dann möglich, zielgerichtet Verbesserungen in den emissionsintensiven Bereichen der jeweiligen Volkswirtschaft zu erreichen.

Je nach Volkswirtschaft können solche Bereiche die Energieerzeugung (Strom, Wärme), die Mobilität, aber auch die Viehwirtschaft z.B. bei der Rinderhaltung sein. Im Gegensatz zu Frankreich, das bei seiner Energieproduktion sehr stark auf Atomenergie setzt, was wiederum andere Probleme mit sich bringt, sollten Länder wie Deutschland, aber auch z.B. Polen, zur Reduktion der Treibhausgasemissionen verstärkt ihre Energiewirtschaft in den Blick nehmen.

Grundansatz:

Der Grundansatz des folgenden Konzeptes zur Emissions-Besteuerung im Energiesektor ist eine produktionsorientierte Besteuerung unter Berücksichtigung der länderspezifischen Situation, des technischen Fortschritts und den Vorteilen der Kraft-Wärme-Kopplung.

Steuerfreie Emission:

Zunächst wird ein Wert („Freiwert“) für die erlaubte Emission je produzierter Kilowattstunde Strom bzw. Wärme festgelegt. Dieser „Freiwert“ sollte nach Möglichkeit so gewählt sein, dass länderspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden und die effizienten Kraftwerke eines Landes diesen „Freiwert“ nicht übersteigen.

Beispiel für die Festlegung der „Freiwerte“: Für jede eingespeiste Kilowattstunde Strom darf ein Kraftwerk 0,8 kg CO2 produzieren und für jede eingespeiste Kilowattstunde Wärmeenergie darf ein Kraftwerk 0,3 kg CO2 produzieren.

Durch Multiplikation der eingespeisten Strom- und Wärmeleistung mit den jeweiligen „Freiwerten“ errechnet sich der gesamte Wert der Emissionen, die ein Kraftwerk ausstoßen darf, ohne zusätzlich besteuert zu werden.

Steuerpflichtige Emission:

Zunächst wird auch hier ein Steuersatz festgelegt, der die länderspezifischen Gegebenheit berücksichtigen sollte.

Beispiel für die Festlegung des Steuersatzes: Für jede ausgestoßene Tonne CO2, welche die steuerfreie Emission überschreitet, wird eine Steuer in Höhe von 10 Euro erhoben.

Ein Kraftwerk, das aufgrund seiner Strom- bzw. Wärmeeinspeisung 5,5 Mio. Tonnen CO2 im Jahr emittieren darf, allerdings 6 Mio. Tonnen CO2 ausstößt, muss dann für 0,5 Mio. Tonnen jeweils 10 Euro pro Tonne zahlen. Insgesamt hätte der Kraftwerksbetreiber somit 5.000.000 Euro zusätzliche Steuern zu entrichten.

Nachteile:

Nachteilig an einer solchen Lösung ist die Gefahr von Verlagerungseffekten, die bei gesamteuropäischen Konstruktionen so nicht bestehen würden. Sind die Abstände zwischen der Steuerlast, z.B. zwischen Polen und Deutschland, zu groß, können Energieversorger geneigt sein, bei gleichem CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde Kraftwerke im einen Land stillzulegen und den Strom aus dem Nachbarland zu beziehen. Durch eine parallele Weiternutzung des CO2-Zertifikate-Handels auf EU-Ebene wird das Verlagerungsproblem allerdings minimiert.

Vorteile:

Der größte Vorteil einer solchen Besteuerung ist die Begrenzung der Maßnahme auf die Energieerzeugung. Hierdurch kann mit relativ geringem Aufwand eine Schadstoffreduktion bei den Hauptemissionsquellen von Treibhausgasen in Deutschland erreicht werden. Ferner schafft die Nutzung von „Freiwerten“ für Wärme Anreize zum Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungssystemen. Auch eine Ausweitung z.B. auf Dampf oder andere in Industrieprozessen weitergenutzte Nebenprodukte der Stromerzeugung ist denkbar, um die effizientere Nutzung der Kraftwerke zu forcieren.
Daneben erlaubt die Berücksichtigung länderspezifischer Faktoren bei der Festsetzung von „Freiwerten“ und Steuersätzen im Gegensatz zum europäischen CO2-Zertifikate-Handel eine differenzierte Klimaschutzpolitik. Deutschland könnte somit ambitionierter voranschreiten als z.B. wirtschaftlich schwächere Länder in der EU. Auch eine Ausweitung auf den Ausstoß anderer Schadstoffe, wie z.B. Kohlenstoffmonoxid, ist möglich.
Ein weiterer großer Vorteil ist die überproportional ansteigende Steuerlast bei ineffizienten Kraftwerken, während effiziente Kraftwerke durch die „Freiwerte“ kaum oder gar keine zusätzlichen Steuern entrichten müssten. Außerdem ist durch die Besteuerung einzelner Kraftwerke gewährleistet, dass Energieunternehmen eine Reduktion des CO2-Ausstoßes je produzierter Kilowattstunde nicht durch Ausgleichsmaßnahmen, z.B. durch die Hinzunahme von Windkraftanlagen, erreichen können, sondern nur durch eine tatsächliche Reduktion des CO2-Ausstoßes oder der effizienteren Nutzung des jeweiligen Kraftwerks. Überdies kann durch eine regelmäßige Prüfung der „Freiwerte“ und gegebenenfalls durch eine Reduktion dieser Grenzen dem technischen Fortschritt Rechnung getragen werden.
Zusätzlich zum wachsenden Anreiz für eine Umstellung auf eine klimaeffiziente Energieproduktion bietet eine solche Besteuerung, im Gegensatz zu einem Verbot, noch den Vorteil einer finanziellen Entschädigung für die Allgemeinheit. Durch die parallele Weiternutzung des CO2-Zertifikate-Handels ist überdies gewährleistet, dass nicht an anderer Stelle die Anreize zur Reduktion der CO2-Emissionen aufgehoben werden.

Nutzung der Steuereinnahmen:

Grundsätzlich kann eine solche Steuer in die Haushalte von Bund oder Länder fließen. Besonderen Charme hätte es allerdings, die anfallenden Steuern für die Einspeisevergütung zu nutzen. Auch wenn die Verbrauch nur um Bruchteile eines Cents je kWh entlastet würden, wäre damit zumindest deutlich, dass diese Steuer nicht zur Finanzierung des Staates genutzt wird, sondern ihren Zweck in der Lenkungswirkung hat.

Fristen oder Staffelungen:

Nachdem eine solche Besteuerung nicht der Beschaffung von Finanzmitteln dient, kann ein solches Gesetz auch langsam eingeführt werden. Die Lenkungswirkung würde sich dennoch entfalten, weil Unternehmen bei ihren Investitionsentscheidungen stets die Erwartung für die Zukunft berücksichtigen.
Möglich wäre also, eine solche Steuerregelung zu verabschieden, diese aber erst z.B. zum 1.1.2018 wirksam werden zu lassen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine solche Steuer zwar schon zum 1.1.2015 einzuführen, aber höhere „Freiwerte“ festzulegen, die sich mit der Zeit reduzieren, oder einen niedrigeren Steuersatz je ausgestoßener Tonne CO2 festzulegen und diesen dann kontinuierlich ansteigen zu lassen.

Anmerkung:

Auch wenn die angegeben „Freiwerte“ und Steuersätze von ihrer Größenordnung einigermaßen passen müssten, sind diese nur als Beispielwerte zu verstehen. Ich beschäftige mich zwar intensiv mit der Frage, wie Anreize für ein gemeinwohlorientiertes, in diesem Fall umweltschonendes, Wirtschaften gesetzt werden können, allerdings bin ich kein Energieexperte.


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Ursache für den Investitionsstau: Schuldenabbau oder Steuerpolitik? https://www.mister-ede.de/politik/ursache-fuer-investitionsstau/2835 https://www.mister-ede.de/politik/ursache-fuer-investitionsstau/2835#comments Fri, 18 Jul 2014 08:16:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2835 Weiterlesen ]]> Gestern sendete das ARD-Magazin Kontraste einen Beitrag über den Investitionsstau in Deutschland und seine Ursachen. Die Autoren machen für die fehlenden Investitionsgelder vor allem das Ziel des ausgeglichenen Haushalts verantwortlich, aus meiner Sicht ist allerdings nicht dies, sondern das Versprechen, unter keinen Umständen die Steuern zu erhöhen, die Ursache für das Fehlen der notwendigen Milliarden.

Zurzeit haben wir in Deutschland eine Staatsverschuldung von rund 78% des BIP. Das sind rund 500 Milliarden Euro mehr, als für die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums erforderlich wären und entspricht etwa dem kompletten Bundeshaushalt von zwei Jahren. Insgesamt ist es wesentlich mehr als das, was für einen gesunden Staat sinnvoll ist, gerade dann, wenn zukünftig zu zahlende Renten und Pensionen bei dieser Staatsverschuldung noch gar nicht berücksichtigt sind! Aus meiner Sicht ist daher der ausgeglichene Haushalt eine zwingend erforderliche Maßnahme, um Deutschland zurück in die Spur zu führen.

Vielmehr ist der Investitionsstau mit einer Steuerpolitik zu erklären, die mit niedrigen Steuern auf Kapitalerträge, Spitzeneinkommen oder Erbschaften nicht die Möglichkeiten nutzt, in Zeiten einer gut laufenden Wirtschaft auch die starken Schultern entsprechend an der Finanzierung des Gemeinwesens zu beteiligen. Dazu kommen Steuerhinterziehung und legale Formen der Steuervermeidung oder so Dinge, wie das Fehlen einer Finanztransaktionssteuer. Absolut haben wir zwar einen Rekord bei den Steuereinnahmen, rechnet man allerdings die Inflation heraus oder schaut auf die relative Staatsquote, dann ist das Niveau sogar zurückgegangen. Wenn man jetzt noch bedenkt, wie die Belastungen der Durchschnittsbürger (z.B. MwSt.-Erhöhungen) zugenommen hat, erkennt man, dass in den letzten Jahren umgekehrt bestimmte Gruppen sehr von der Steuerpolitik profitiert haben.

Daher ist aus meiner Sicht nicht die „schwarze Null“ für den Investitionsstau verantwortlich, sondern die schwarze Steuerpolitik.

Kontraste-Beitrag zum Investitionsstau und zur schwarzen Null vom 17.07.2014 (www.ardmediathek.de)

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