Konzept einer Emissions-Besteuerung im Energiesektor

Die Reduktion der Emission von Treibhausgasen ist ein wesentlicher Schritt bei der Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft. Für eine deutliche Reduktion sollten allerdings die allgemeinen länderübergreifenden Ansätze, wie z.B. der europaweite Handel mit CO2-Zertifikaten, durch länderspezifische Maßnahmen ergänzt werden. Hierdurch wäre es dann möglich, zielgerichtet Verbesserungen in den emissionsintensiven Bereichen der jeweiligen Volkswirtschaft zu erreichen.

Je nach Volkswirtschaft können solche Bereiche die Energieerzeugung (Strom, Wärme), die Mobilität, aber auch die Viehwirtschaft z.B. bei der Rinderhaltung sein. Im Gegensatz zu Frankreich, das bei seiner Energieproduktion sehr stark auf Atomenergie setzt, was wiederum andere Probleme mit sich bringt, sollten Länder wie Deutschland, aber auch z.B. Polen, zur Reduktion der Treibhausgasemissionen verstärkt ihre Energiewirtschaft in den Blick nehmen.

Grundansatz:

Der Grundansatz des folgenden Konzeptes zur Emissions-Besteuerung im Energiesektor ist eine produktionsorientierte Besteuerung unter Berücksichtigung der länderspezifischen Situation, des technischen Fortschritts und den Vorteilen der Kraft-Wärme-Kopplung.

Steuerfreie Emission:

Zunächst wird ein Wert („Freiwert“) für die erlaubte Emission je produzierter Kilowattstunde Strom bzw. Wärme festgelegt. Dieser „Freiwert“ sollte nach Möglichkeit so gewählt sein, dass länderspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden und die effizienten Kraftwerke eines Landes diesen „Freiwert“ nicht übersteigen.

Beispiel für die Festlegung der „Freiwerte“: Für jede eingespeiste Kilowattstunde Strom darf ein Kraftwerk 0,8 kg CO2 produzieren und für jede eingespeiste Kilowattstunde Wärmeenergie darf ein Kraftwerk 0,3 kg CO2 produzieren.

Durch Multiplikation der eingespeisten Strom- und Wärmeleistung mit den jeweiligen „Freiwerten“ errechnet sich der gesamte Wert der Emissionen, die ein Kraftwerk ausstoßen darf, ohne zusätzlich besteuert zu werden.

Steuerpflichtige Emission:

Zunächst wird auch hier ein Steuersatz festgelegt, der die länderspezifischen Gegebenheit berücksichtigen sollte.

Beispiel für die Festlegung des Steuersatzes: Für jede ausgestoßene Tonne CO2, welche die steuerfreie Emission überschreitet, wird eine Steuer in Höhe von 10 Euro erhoben.

Ein Kraftwerk, das aufgrund seiner Strom- bzw. Wärmeeinspeisung 5,5 Mio. Tonnen CO2 im Jahr emittieren darf, allerdings 6 Mio. Tonnen CO2 ausstößt, muss dann für 0,5 Mio. Tonnen jeweils 10 Euro pro Tonne zahlen. Insgesamt hätte der Kraftwerksbetreiber somit 5.000.000 Euro zusätzliche Steuern zu entrichten.

Nachteile:

Nachteilig an einer solchen Lösung ist die Gefahr von Verlagerungseffekten, die bei gesamteuropäischen Konstruktionen so nicht bestehen würden. Sind die Abstände zwischen der Steuerlast, z.B. zwischen Polen und Deutschland, zu groß, können Energieversorger geneigt sein, bei gleichem CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde Kraftwerke im einen Land stillzulegen und den Strom aus dem Nachbarland zu beziehen. Durch eine parallele Weiternutzung des CO2-Zertifikate-Handels auf EU-Ebene wird das Verlagerungsproblem allerdings minimiert.

Vorteile:

Der größte Vorteil einer solchen Besteuerung ist die Begrenzung der Maßnahme auf die Energieerzeugung. Hierdurch kann mit relativ geringem Aufwand eine Schadstoffreduktion bei den Hauptemissionsquellen von Treibhausgasen in Deutschland erreicht werden. Ferner schafft die Nutzung von „Freiwerten“ für Wärme Anreize zum Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungssystemen. Auch eine Ausweitung z.B. auf Dampf oder andere in Industrieprozessen weitergenutzte Nebenprodukte der Stromerzeugung ist denkbar, um die effizientere Nutzung der Kraftwerke zu forcieren.
Daneben erlaubt die Berücksichtigung länderspezifischer Faktoren bei der Festsetzung von „Freiwerten“ und Steuersätzen im Gegensatz zum europäischen CO2-Zertifikate-Handel eine differenzierte Klimaschutzpolitik. Deutschland könnte somit ambitionierter voranschreiten als z.B. wirtschaftlich schwächere Länder in der EU. Auch eine Ausweitung auf den Ausstoß anderer Schadstoffe, wie z.B. Kohlenstoffmonoxid, ist möglich.
Ein weiterer großer Vorteil ist die überproportional ansteigende Steuerlast bei ineffizienten Kraftwerken, während effiziente Kraftwerke durch die „Freiwerte“ kaum oder gar keine zusätzlichen Steuern entrichten müssten. Außerdem ist durch die Besteuerung einzelner Kraftwerke gewährleistet, dass Energieunternehmen eine Reduktion des CO2-Ausstoßes je produzierter Kilowattstunde nicht durch Ausgleichsmaßnahmen, z.B. durch die Hinzunahme von Windkraftanlagen, erreichen können, sondern nur durch eine tatsächliche Reduktion des CO2-Ausstoßes oder der effizienteren Nutzung des jeweiligen Kraftwerks. Überdies kann durch eine regelmäßige Prüfung der „Freiwerte“ und gegebenenfalls durch eine Reduktion dieser Grenzen dem technischen Fortschritt Rechnung getragen werden.
Zusätzlich zum wachsenden Anreiz für eine Umstellung auf eine klimaeffiziente Energieproduktion bietet eine solche Besteuerung, im Gegensatz zu einem Verbot, noch den Vorteil einer finanziellen Entschädigung für die Allgemeinheit. Durch die parallele Weiternutzung des CO2-Zertifikate-Handels ist überdies gewährleistet, dass nicht an anderer Stelle die Anreize zur Reduktion der CO2-Emissionen aufgehoben werden.

Nutzung der Steuereinnahmen:

Grundsätzlich kann eine solche Steuer in die Haushalte von Bund oder Länder fließen. Besonderen Charme hätte es allerdings, die anfallenden Steuern für die Einspeisevergütung zu nutzen. Auch wenn die Verbrauch nur um Bruchteile eines Cents je kWh entlastet würden, wäre damit zumindest deutlich, dass diese Steuer nicht zur Finanzierung des Staates genutzt wird, sondern ihren Zweck in der Lenkungswirkung hat.

Fristen oder Staffelungen:

Nachdem eine solche Besteuerung nicht der Beschaffung von Finanzmitteln dient, kann ein solches Gesetz auch langsam eingeführt werden. Die Lenkungswirkung würde sich dennoch entfalten, weil Unternehmen bei ihren Investitionsentscheidungen stets die Erwartung für die Zukunft berücksichtigen.
Möglich wäre also, eine solche Steuerregelung zu verabschieden, diese aber erst z.B. zum 1.1.2018 wirksam werden zu lassen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine solche Steuer zwar schon zum 1.1.2015 einzuführen, aber höhere „Freiwerte“ festzulegen, die sich mit der Zeit reduzieren, oder einen niedrigeren Steuersatz je ausgestoßener Tonne CO2 festzulegen und diesen dann kontinuierlich ansteigen zu lassen.

Anmerkung:

Auch wenn die angegeben „Freiwerte“ und Steuersätze von ihrer Größenordnung einigermaßen passen müssten, sind diese nur als Beispielwerte zu verstehen. Ich beschäftige mich zwar intensiv mit der Frage, wie Anreize für ein gemeinwohlorientiertes, in diesem Fall umweltschonendes, Wirtschaften gesetzt werden können, allerdings bin ich kein Energieexperte.


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Ein Update für die soziale Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 15.01.2013)

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