mister-ede.de » geringfügige Beschäftigung https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Macron steht für ein geeintes Europa, aber eines der neoliberalen Ideologie https://www.mister-ede.de/politik/macron-neoliberale-ideologie/8378 https://www.mister-ede.de/politik/macron-neoliberale-ideologie/8378#comments Sun, 30 Apr 2017 17:03:54 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8378 Weiterlesen ]]> Es ist natürlich nicht falsch, wenn Emmanuel Macron von vielen Medien als Europafreund bezeichnet wird. Denn im Gegensatz zu Marine Le Pen, die zurück in den Nationalstaat will, setzt Macron auf das europäische Miteinander. Doch worüber die Medien nicht berichten: Für welches Europa Macron eigentlich steht – ein Europa der neoliberalen Ideologie.

Als Wirtschaftsminister scheiterte Macron an der Bevölkerung

Von 2014 bis 2016 war Macron bereits für zwei Jahre französischer Wirtschaftsminister und trat in dieser Zeit für einen Abbau des Sozialstaats, für eine Begrenzung der Arbeitnehmerrechte, für Rentenkürzungen und deregulierte Märkte ein. In einem ersten Reformschritt wollte er dafür unter anderem die Arbeitszeit verlängern, die Zahl der Flächentarife massiv zurückfahren und den Kündigungsschutz aufweichen. Letztendlich scheiterte er allerdings mit seinen weitgehenden Vorschlägen nicht nur am Widerstand des linken Flügels der französischen Sozialisten, sondern vor allem am Widerstand der Bevölkerung. So gingen im Frühjahr 2016 an manchen Tagen weit über eine Million Franzosen im Rahmen der landesweiten Proteste von „Nuit debout“ gegen diese Reformen auf die Straße und im weiteren Verlauf kam es dann auch zu Generalstreiks und Straßenblockaden, die Frankreich lahmlegten.

Macrons Politik ist nicht sozialliberal, sondern kapitalliberal

Aber auch im jetzigen Wahlkampf betonte Macron immer wieder, dass er die französische Wirtschaft in Schwung bringen will, indem er die staatlichen und gewerkschaftlichen Institutionen schwächt und im Gegenzug dafür der Wirtschaft und dem Kapital weitgehende Freiheiten einräumt. Seine Politik ist also keinesfalls sozialliberal, wie das in einigen Medien behauptet wird, sondern durch und durch kapitalliberal.
Macron steht damit, wie kein Zweiter unter den angetretenen Präsidentschaftskandidaten, für die neoliberale Ideologie. Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht, das ist seine Philosophie. Der schwache Staat, der euphemistisch gerne als „schlank“ bezeichnet wird, ist sein Ziel. Für das Gemeinwesen, den sozialen Ausgleich und das Solidarprinzip wird es unter ihm als Präsidenten hingegen keinen Platz mehr in der französischen Politik geben.

Macron ist ein französischer Gerhard Schröder

Blickt man auf Macrons bisherige politische Arbeit und sein Wahlprogramm, wird deutlich, dass er ein Agenda-Politiker im Stile von Gerhard Schröder ist. Dieser hat in seiner Regierungszeit in Deutschland Vermögende und Einkommensstarke steuerlich massiv entlastet, die jahrzehntelang gut funktionierende staatliche Rente zugunsten der privaten Riester-Rente aufgeweicht, auf dem Arbeitsmarkt die tarifliche Beschäftigung durch Leih- und Zeitarbeit und geringfügige Beschäftigung ausgehöhlt und das soziale Sicherungssystem auf Hartz-IV eingeschmolzen. Was hierzulande seither Realität ist, droht nun auch der französischen Bevölkerung, wenn sich Macron am 7. Mai in der Stichwahl durchsetzt und zum Präsidenten gewählt wird.
Gerade für jene Franzosen, die mit Macron die Hoffnung auf ein besseres Leben verbinden, könnte es daher ein bitteres Erwachen geben. Es ist daher nicht ganz unwahrscheinlich, dass ein Sieg Macrons am Ende Le Pen als französische Präsidentin nicht verhindert, sondern lediglich ihren Amtsantritt um 5 Jahre nach hinten verschiebt.

Mit Macron droht dem europäischen Projekt eine fatale Entwicklung

Aber auch für das europäische Miteinander droht mit Macron eine fatale Entwicklung, weil seine europäische Agenda anstelle grundlegender Reformen ein schlichtes „Weiter so“ vorsieht. Trägt er damit allerdings in den kommenden Jahren zur Verfestigung der vorhandenen Struktur der EU im Sinne der neoliberalen Ideologie bei, sind erhebliche Kollateralschäden vorprogrammiert. Denn steigt mit Macron auch Frankreich voll in den gemeinwohlschädlichen Dumpingwettbewerb der EU-Staaten bei Steuern, Löhnen und Sozialleistungen ein, wird sich die Abwärtsspirale innerhalb der EU künftig noch wesentlich schneller drehen. Die Folgen würden die Bürger aller EU-Länder spüren und so könnten z.B. die italienische Movimento Cinque Stelle oder die österreichische FPÖ noch mehr an Zulauf gewinnen. Im schlimmsten Falle birgt also ein Sieg Macrons die Gefahr, dass in den nächsten Jahren in Österreich Heinz-Christian Strache und in Italien Beppe Grillo die Staatsführungen übernehmen.


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„Den Deutschen geht es doch eigentlich gut.“ Wirklich? https://www.mister-ede.de/politik/deutschen-geht-es-doch-gut/5799 https://www.mister-ede.de/politik/deutschen-geht-es-doch-gut/5799#comments Sun, 04 Dec 2016 08:21:19 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5799 Weiterlesen ]]> „Den Deutschen geht es doch eigentlich gut“, gleich dreimal ist mir dieser Satz im Laufe der vergangenen Woche begegnet – in einer längeren Diskussion mit einem Bekannten, am Rande einer Diskussionsveranstaltung im Gespräch mit David Schrock, stellvertretender Landesvorsitzender der Europa-Union NRW, und in ähnlicher Form in einem Artikel auf Carta.info von Klaus Vater (SPD), der früher Pressesprecher des BMG und auch schon stellvertretender Regierungssprecher war.
Nun will ich überhaupt nicht bestreiten, dass es zig Millionen Menschen gibt, denen es in Deutschland gut geht. Dennoch bringt mich dieser Satz, den man in allen drei Kontexten um ein, „ich verstehe gar nicht, warum sich die Leute beklagen“, ergänzen kann, zum Kopfschütteln. In seiner Pauschalität blendet er nämlich die Fehlentwicklungen der letzten Jahre aus und blickt auf einen Durchschnitt, der wenig bis gar nichts über die Lebenssituation des Einzelnen aussagt. Tatsächlich ist es sogar wenig verwunderlich, dass zahlreiche Bürger unseres Landes einen anderen Eindruck haben. Warum ihr Gefühl nicht falsch ist und sie völlig zu Recht beklagen, dass hierzulande vieles im Argen liegt, soll in diesem Artikel dargestellt werden.

Blicken wir zunächst auf die Entwicklung der allgemeinen Kosten der Lebensführung. Anfang 1998 lag der Mehrwertsteuersatz noch bei 15%, wurde aber seitdem auf 19% erhöht [1]. Auch viele andere Verbrauchssteuern, z.B. für Benzin, wurden im Laufe der Zeit angehoben und überdies müssen die Bürger heute zusätzliche Abgaben stemmen, wie beispielsweise die EEG-Umlage für die erneuerbaren Energien. Die Lebenshaltung wurde in Deutschland somit durchaus teurer und gerade diejenigen, die wenig Geld in der Tasche haben und dieses vollständig für den notwendigen Lebensbedarf ausgeben müssen, spüren das natürlich besonders.

Schauen wir als nächstes auf die gesetzliche Rente. Weder heute noch vor 20 Jahren war sie die einzige Alterssicherung, allerdings ist völlig klar, dass jene, die in ihrem Leben kein weiteres Vermögen aufbauen konnten, auf eben diese Rente angewiesen sind.
1995 lag das Rentenniveau beim Renteneintritt noch bei etwa 54%, heute liegt es hingegen bei nur noch rund 48% [2] und das, obwohl gleichzeitig das Rentenzugangsalter der Gesamtgesellschaft von 60,1 Jahren im Jahr 2000 auf 61,9 Jahre im Jahr 2015 angestiegen ist [3]. Hinzu kommt, dass die 2001 als Ersatz für die bis dahin geltende Berufsunfähigkeitsrente eingeführte Erwerbsminderungsrente oftmals unzureichend ist und außerdem seit 2005 die Rentenbezüge teilweise versteuert werden müssen [4].
Genauso gab es auch beim Kindergeld, also der staatlichen Förderung für Kinder einkommensschwacher Eltern, keinen Zuwachs, sondern eher einen Verfall. Von 2002 bis 2015 stieg das Kindergeld um 22% für das erste und zweite Kind, um 26% für das dritte Kind und wiederum um 22% für jedes weitere Kind [5].
Der Verbraucherpreisindex ist allerdings im selben Zeitraum ebenfalls um 21% angestiegen [6]. Das klingt zwar zunächst ausgeglichen, jedoch muss hierbei berücksichtigt werden, dass Eltern heute zahlreiche neue Ausgaben tragen müssen. Beispielsweise ist der Computer samt Internetanschluss inzwischen unerlässlich für die schulische Bildung und statt des früheren Förderunterrichts für leistungsschwache Schüler ist heute die privat zu finanzierende Nachhilfe zum Standard geworden. Auch die einst üblichen Zusatzangebote der Schulen, z.B. im Bereich Musik, Sport oder Technik, wurden vielerorts eingespart und müssen heute von den Eltern aus eigener Tasche bezahlt werden – sofern sie es sich denn überhaupt noch leisten können.

Dann denken wir an den Arbeitsmarkt. Die Zahl der Leiharbeiter hat sich von 181.000 im Jahr 1997 auf inzwischen 951.000 erhöht [7]. Auch die Zahl der Befristungen hat sich bei jüngeren Arbeitnehmern seit den 90ern mehr als verdoppelt [8]. Überdies gibt es zahlreiche Arbeitnehmer, die früher zur Stammbelegschaft eines Unternehmens gehört hätten, inklusive Tarifvertrag, jedoch heute über Subunternehmer und Werkverträge beschäftigt sind und dieselbe Tätigkeit für einen weit geringeren Lohn durchführen müssen.
Natürlich gibt es innerhalb dieser Beschäftigtengruppe auch Leiharbeiter, die gut bezahlt sind, Zeitarbeiter, die über einen solchen Vertrag einen Einstieg in ein Unternehmen schaffen, oder hochbezahlte Informatiker, die von ihrem Arbeitgeber für fünfstellige Beträge monatsweise in verschiedene andere Betriebe entsendet werden. Aber es gibt darunter eben auch Paketzusteller, Reinigungskräfte oder Regaleinräumer, die zum Teil unter obskuren Bedingungen mit Minilöhnen regelrecht ausgebeutet werden.
Zusätzlich hat die berüchtigte Hartz-Gesetzgebung aus der Zeit der Agenda-2010-Reformen zahlreiche Menschen spürbar schlechter gestellt. So fallen Arbeitslose heute schon wesentlich schneller aus dem Arbeitslosengeld-I auf Hartz-IV-Niveau und es gibt z.B. verschärfte Zumutbarkeitsregeln für die Aufnahme einer neuen Tätigkeit. Überdies müssen sich Hartz-IV-Empfänger zum gläsernen Bürger machen lassen und selbst die Kinder oder die Eltern von Hartz-IV-Beziehern werden für die Unterhaltssicherung zur Kasse gebeten.

Wir haben in Deutschland also eine Alterssicherung, die für den Einzelnen spürbar schlechter ist als vor 20 Jahren. Wir haben Eltern mit geringen und mittleren Einkommen, die in der Relation heute weniger Kinderförderung erhalten als Anfang des Jahrtausends. Wir haben Millionen Arbeitnehmer, die prekär beschäftigt sind und von Minilöhnen leben müssen. Und dazu haben wir dann auch noch ein zum Teil demütigendes Hartz-IV-System, das zu einem schnelleren und tieferen Sturz aus der Mitte der Gesellschaft führt.
Natürlich geht es in Deutschland nicht allen 80 Millionen Einwohnern schlecht. Aber wenn es 15 oder 20 Millionen Menschen gibt, die am finanziellen Rand der Gesellschaft leben müssen oder im Rentenalter dort leben werden, kann man das auch nicht einfach wegwischen. Der Satz, „den Deutschen geht es doch eigentlich gut“, ist zwar in seiner pauschalen Durchschnittsbetrachtung richtig, sobald man aber auf einzelne Gruppen in der Gesellschaft schaut, erkennt man recht schnell, dass eine solche Betrachtungsweise in die Irre führt.

Blickt man zusätzlich noch auf das andere Ende der Skala und sieht die spürbare Entlastung von Vermögenden und Besserverdienenden, kann man durchaus von einer Politik der sozialen Spaltung sprechen. In etwa dem gleichen Zeitraum wurde nämlich die Vermögenssteuer abgeschafft, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge eingeführt und der Spitzensteuersatz abgesenkt. Wer also im Jahr 1997 ein Vermögen in Höhe von 5 Millionen Euro hatte und hieraus Kapitalerträge in Höhe von 300.000 Euro bezog, musste davon ganz grob 150.000 Euro an Steuern (Vermögenssteuer, Einkommensteuer + Soli) zahlen. Heute muss eine solche Person hingegen gerademal mit rund 85.000 Euro Steuern (Abgeltungsteuer + Soli) rechnen. So lässt sich dann natürlich auch eine um vier Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuer oder die EEG-Umlage gut verkraften.
Dass sich allerdings umgekehrt Millionen Bürger in unserem Land von einer solchen Politik des Fordern und Förderns veräppelt fühlen, weil offensichtlich von den ärmeren Schichten immer mehr gefordert wird, während die reicheren Schichten ordentlich gefördert werden, ist kein Wunder. Und wenn dann auch noch beispielsweise Managerboni hinzu kommen, die gezahlt werden, obwohl das betreffende Unternehmen wegen Managementfehlern massiv Stellen abbauen muss, oder Milliardenhilfen für Banken gewährt werden, die am Ende natürlich nur denjenigen nutzen, die bei diesen Geldhäusern ihr Vermögen liegen haben, ist es absolut verständlich, dass viele Bürger eine wachsende Ungerechtigkeit in Deutschland beklagen.


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[1] Bundeszentrale für politische Bildung u.a. zur Entwicklung der MwSt.-Steuersätze (Link zum Beitrag auf www.bpb.de)

[2] Bundeszentrale für politische Bildung u.a. zum Rentenniveau (Link zum Beitrag auf www.bpb.de)

[3] PDF der Deutschen Rentenversicherung u.a. zum Zugangsalter (Link zur PDF auf www.deutsche-rentenversicherung.de)

[4] Übersicht der Deutschen Rentenversicherung zur Rentenbesteuerung (Link zur Übersicht auf www.deutsche-rentenversicherung.de)

[5] PDF der Universität Duisburg Essen zur Entwicklung des Kindergelds (Link zur PDF auf www.sozialpolitik-aktuell.de)

[6] PDF des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung des Verbraucherpreisindex (Link zur PDF auf www.destatis.de)

[7] Statistik der Arbeitsagentur zu verschiedenen Beschäftigungsformen (Stand November 2016) (Link zur Statistik auf arbeitsagentur.de)

[8] Statistik des Statistischen Bundesamtes zum Anteil der befristet Beschäftigten (Link zur Statistik auf www.destatis.de)

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Lohnaufstockung und die Folgen: Als der Staat zum Lohndumping einlud https://www.mister-ede.de/politik/lohnaufstockung-und-folgen/4703 https://www.mister-ede.de/politik/lohnaufstockung-und-folgen/4703#comments Wed, 13 Jan 2016 20:03:16 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4703 Weiterlesen ]]> 20 Jahre ist es her, dass sich Bündnis 90/Die Grünen mit besten Absichten auf den Weg machten, die Sozialhilfe durch eine Grundsicherung zu ersetzen [1]. Ein Ziel war es damals, auf diese Weise niedrige Einkommen durch staatliche Leistungen abzufedern und so die Armut zu reduzieren.

Im Rahmen der beiden Regierungsbeteiligungen seit 1998 wurde dies dann insbesondere ab 2002 im Rahmen der Hartz-Reformen zusammen mit der SPD auch umgesetzt und damit jene Personengruppe geboren, die heute unter dem Namen „Aufstocker“ bekannt ist.
Jedoch gepaart mit Veränderungen bei den Zumutbarkeitsregeln, so dass ein Arbeitsloser ein Arbeitsangebot kaum noch ausschlagen konnte, und der gleichzeitigen Weigerung der SPD einen Mindestlohn einzuführen, weil die Gewerkschaften diesen damals ablehnten, entstand eine für Arbeitgeber günstige Situation. Wo es keine Tarifbindung gab oder Tarife durch Scheingewerkschaften ausgehandelt wurden, konnten sie ihre Löhne erheblich nach unten schrauben und trotzdem auf ein großes Reservoir an Arbeitskräften zurückgreifen, die dann ihren Lohn über die Arbeitsagentur aufstocken mussten.
Erst 15 Jahre später, wenn 2017 der Mindestlohn wirklich allgemeinverbindlich ist und es auch keine Ausnahmen für Tarifverträge mehr gibt, wird das Aufstocken aufgrund von Lohndumping der Vergangenheit angehören und diese milliardenteure Lücke wieder geschlossen sein.

Doch auch künftig bleiben kritische Fragen zu diesem Instrument berechtigt. Ist es zum Beispiel wirklich wünschenswert, dass zahlreiche berufstätige Alleinerziehende erst noch eine solche Aufstockung beantragen müssen, statt von Anfang an eine ausreichende finanzielle Unterstützung zu erhalten? Auch wenn die Grundsicherung und die Möglichkeit des Aufstockens unseren Sozialstaat abrunden, so kann es doch nicht verdecken, dass damit an vielen Stellen nur die immer größer klaffenden Lücken bei den Sozialleistungen ausgebügelt werden.
Auch wenn das größte Problem, der zusätzliche Anreiz zum Lohndumping, mittlerweile beseitigt wurde, muss deshalb weiterhin darauf geachtet werden, dass nicht mit dem Hinweise, im Zweifel greife eine Grundsicherung, der Sozialstaat schleichend ausgehöhlt wird und Selbstverständliches, z.B. eine anständige Förderung von Kindern und Eltern, zu einer ausnahmsweise gewährten Hilfe für Bedürftige wird.


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Die Begrenzung des Lohndumpings und der Aushöhlung der Tarifstruktur (www.mister-ede.de – 08.01.2013)


[1] Tagesschau vor 20 Jahren unter anderem zum Treffen der Grünen im thüringischen Ilmenau 1996 (Link zum Video auf www.tagesschau.de)

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Kaiser Wilhelm II. wird bei „Hart aber Fair“ zum rot-grünen Vordenker https://www.mister-ede.de/medien/hart-aber-fair-niedrigloehne/2029 https://www.mister-ede.de/medien/hart-aber-fair-niedrigloehne/2029#comments Sat, 08 Jun 2013 17:55:11 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2029 Weiterlesen ]]> Mit dem Thema Niedriglöhne hat die „Hart aber Fair“ Sendung am 13.05.2013 ja ein durchaus interessantes und wichtiges Thema bearbeitet. Der Verlauf der Diskussion ließ mich dann aber doch zweifeln, ob die dort versammelte Mannschaft überhaupt selbst das Thema durchdrungen hatte.

So gab Martin Lindner (FDP) zu bedenken, „die Zeitarbeits- und Werkverträge sind damals von rot-grün eingeführt worden“. Befristung ist allerdings schon länger möglich und dass Kaiser Wilhelm II Genosse oder Grüner war, ist mir auch nicht bekannt. Immerhin sind Werkverträge seit über 110 Jahren im BGB geregelt.

Und auch wenn ich natürlich die Ziele des Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche Schneider teile, nämlich Lohndumping und außertarifliche Beschäftigung zu minimieren, ist die Forderung nach einem Verbot von Werkverträgen nicht sonderlich sinnvoll. Man kommt ja auch nicht auf die Idee Diebstahl durch das Abschaffen von Eigentum zu reduzieren.

Zugegeben hin und wieder gab es sogar sachlich richtige Einwände, allerdings wirkte das in diesem Gesamtzusammenhang eher so, als ob der ein oder andere Diskutant einfach ein, zwei Thesen auswendig gelernt hatte. Sehr schade eigentlich, denn insgesamt sind über 20 Mio. Menschen in Deutschland entweder selbst, oder in ihrer Familie von Arbeitslosigkeit, Lohndumping, Befristung, Dauer-Praktika oder Aufstocken betroffen.

Aber nun denn, zumindest in der letzten Woche hat sich Plasberg dann wieder mit einem Thema in seiner Kragenweite beschäftigt „Festgeldkonto schlägt echte Liebe – Was lehrt uns der Bayernsieg?“. Ja und dann kam die Flut.

Link zur „Hart aber Fair“ Sendung vom 13.05.2013 auf www.wdr.de

Glossar: Der Werkvertrag (www.mister-ede.de)

Legales Outsourcing und illegale Scheinselbständigkeit (www.mister-ede.de – 02.06.2013)

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Legales Outsourcing und illegale Scheinselbständigkeit https://www.mister-ede.de/politik/outsourcing-legal-illegal/2008 https://www.mister-ede.de/politik/outsourcing-legal-illegal/2008#comments Sun, 02 Jun 2013 15:45:59 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2008 Weiterlesen ]]> Aus verschiedenen Gründen kann es für Unternehmen interessant sein, einzelnen Tätigkeiten nicht durch eigene Angestellte sondern durch externe Leistungserbringer durchführen zu lassen. Häufigkeit oder Menge der benötigten Arbeitsleistung können hier eine Rolle spielen, aber auch Spezialisierung, Flexibilität oder die niedrigere Kapitalbindung sind Gründe für das Outsourcing, also die Auslagerung von Unternehmenstätigkeiten.

Wird eine Arbeitsleistung nur selten benötigt, macht es wenig Sinn hierfür eigene Mitarbeiter einzustellen. Der Bäcker wird in aller Regel seinen Ofen nicht selbst reparieren, und der Fliesenleger nicht sein Werkzeug selbst herstellen. So können sich Bäcker und Fliesenleger auf ihre Hauptarbeit konzentrieren. Auch bei größeren Unternehmen macht eine solche Spezialisierung Sinn.

Statt die fertigen Waren mit einem eigenen Fuhrpark und eigenen Fahrern ausliefern zu lassen, kann ein Unternehmen auch eine externe Spedition beauftragen. Zum einen sind Speditionen auf den Transport spezialisiert, zum anderen kann sich das Unternehmen auf sein eigenes Spezialgebiet, z.B. Getränkeherstellung, konzentrieren. Bei größeren Unternehmen spielt aber neben dieser Spezialisierung und organisatorischen Konzentration auf das Kerngeschäft auch die Flexibilität und die Kapitalbindung eine Rolle.
So kann die Auslieferung mit einer Spedition flexibler gestaltet werden, wenn z.B. die zu transportierenden Mengen schwanken. Bei Bedarf werden dann einfach mehr oder weniger Aufträge vergeben. Diese Flexibilität ist mit eigenen Fahrern und Fahrzeugen nicht so leicht zu erreichen. Entweder müssen ständig Fahrzeuge ge- oder verkauft werden, Mitarbeiter eingestellt oder entlassen werden, oder das Unternehmen muss mit Über- oder Unterkapazitäten leben.
Auch die Kapitalbindung ist niedriger, wenn externe Anbieter einzelne Aufgaben übernehmen. Ein Unternehmen muss weder in eine Fahrzeughalle, noch in die Fahrzeuge investieren, wenn es auf eine externe Spedition zurückgreift. Somit stehen die finanziellen Mittel z.B. für neue Produktionsanlagen zur Verfügung.

Neben Spezialisierung, Flexibilität und niedrigerer Kapitalbindung, spielt zunehmend aber auch die Absenkung der Lohnkosten eine Rolle. Das Unternehmen ist nicht mehr direkt Arbeitgeber, sondern der externe Leistungserbringer ist in dieser Rolle. Damit gilt für die Angestellten nicht mehr der Tarif des Unternehmens, und Arbeitnehmervertretung oder Mitbestimmung bleiben außen vor. Auch wenn dies gesellschaftlich natürlich nicht wünschenswert ist, verboten ist eine solche Gestaltung nicht. Die Auslagerung von Reinigungspersonal ist ein gutes Beispiel, bei dem in aller Regel weder die Kapitalbindung noch die Flexibilität im Vordergrund steht.

Illegal hingegen ist es, nur so zu tun als ob es sich um einen eigenständigen externen Anbieter handelt, tatsächlich aber der externe Anbieter vollständig vom Unternehmen abhängig ist, also scheinselbständig. Aber genau diese Abgrenzung zwischen echter Selbständigkeit und Scheinselbständigkeit ist oft schwer.
So kann ein Spediteur mit eigenem LKW durchaus selbständig tätig sein. Übernimmt er allerdings nur Aufträge für ein einzelnes Unternehmen, dann kann dies ein Zeichen für Scheinselbstständigkeit sein. Ein weiteres Zeichen wäre es, wenn das Unternehmen zusätzlich auch die Bereitstellung der Fahrzeuge übernimmt und ein noch deutlicheres Zeichen, wenn es diese Konstruktion mehrfach verwendet, also offensichtlich als Initiator in Erscheinung tritt.
Allerdings gibt es auch gute Gründe, warum ein Selbstständiger nur für ein einzelnes Unternehmen arbeitet. So kann es vorkommen, dass in der Gründungsphase nur wenige Kunden vorhanden sind, oder zu einem späteren Zeitpunkt ein Teil der Kunden wegfällt. Vielleicht zahlt ein Auftraggeber auch entsprechend gut, so dass es wirtschaftlicher ist, mit den vorhandenen Kapazitäten nur diesen zu bedienen.

Aber nicht nur bei einzelnen Beschäftigten, sondern auch bei der verstärkten Gestaltung des Outsourcings mit eigenen Tochterunternehmen oder anderen eng verzahnten Unternehmen ist die Abgrenzung schwierig. Wird Reinigungs- oder Verkaufspersonal über eine Leiharbeitsfirma angestellt, so ist dies nicht verboten. Illegal ist es nur dann, wenn diese Leiharbeitsfirma gar nicht wirklich am Markt tätig ist, sondern nur geschaffen wurde um z.B. Tarifverträge zu umgehen.

Man kann daher neben legalem Outsourcing, bei dem die Spezialisierung im Vordergrund steht, und legalem aber unerwünschtem Outsourcing, bei dem die Spezialisierung einzig auf Lohndumping beruht, die Scheinselbstständigkeit als illegales und unerwünschtes Outsourcing betrachten.
Außer den Vorteilen des Outsourcings und den Problemen der Abgrenzung, kann es aber auch Nachteile für auslagernde Unternehmen geben. So kann es zu einem Verlust von Knowhow oder Fähigkeiten im Unternehmen kommen oder die Vernetzung zwischen verschiedenen Funktionsbereichen im Unternehmen beeinträchtigt werden. Zusätzlich muss natürlich auch der Gewinn des externen Leistungserbringers mitfinanziert werden.

Insgesamt ist es weder angebracht Outsourcing zu verteufeln noch die Nachteile und Probleme auszublenden. Während aber Unternehmen innerhalb eines vorgegeben Rahmens für sich die Vor- und Nachteile abwägen müssen, ist es die Aufgabe des Gesetzgebers diesen Rahmen zu gestalten. Durch Branchen-Mindestlöhne oder möglicherweise veränderte Steuergestaltungen kann z.B. der Anreiz zu legalem aber gesellschaftlich unerwünschten Outsourcing minimiert werden. Daneben kann auch die Grenze von legalem Outsourcing zu illegaler Scheinselbstständigkeit z.B. durch Vermutungsregelungen verändert werden.

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Glossar: Der Werkvertrag https://www.mister-ede.de/politik/der-werkvertrag/2002 https://www.mister-ede.de/politik/der-werkvertrag/2002#comments Sun, 02 Jun 2013 15:45:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2002 Weiterlesen ]]> Der Werkvertrag ist ein Vertragstyp, der in §631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) seit der Einführung des BGB im Jahr 1900 geregelt ist [1]. Beim Werkvertrag handelt es sich genauso wie beim Kauf- Miet- oder Dienstvertrag um einen gegenseitigen Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung beschrieben ist. Hierbei versucht der Werkvertrag das „Bestellen eines Werkes“  juristisch durch Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien zu beschreiben, so wie der Kaufvertrag den „Kauf einer Sache“ beschreibt.

Kauf-, Miet-, Dienst- und Werkverträge eint dabei, dass es auf der einen Seite einen Leistungserbringer und auf der anderen Seite einen Leistungsnehmer gibt. Der Leistungsnehmer ist im Kaufvertrag der Käufer, beim Mietvertrag der Mieter, beim Dienst- und Werkvertrag der Auftraggeber. Der Leistungserbringer ist im Kaufvertrag der Verkäufer, im Mietvertrag der Vermieter, und bei Dienst- und Werkvertrag der Auftragnehmer, z.B. ein Handwerker oder ein Babysitter. Durch den entsprechenden Vertrag wird der Leistungserbringer zum erbringen der vertraglich vereinbarten Leistung verpflichtet und im Gegenzug der Leistungsnehmer zur Gegenleistung, also z.B. zum entrichten des Kaufpreise oder der Miete.
Allerdings unterscheiden sich die Verträge in der Form der Leistung, die zu erbringen ist. Nach einem Kauf will der Käufer Eigentümer einer Sache sein, die vorher einem anderen gehörte. Bei der Miete will der Mieter z.B. eine Wohnung, ein Auto oder ein Werkzeug nutzen, ohne Eigentümer zu werden. Im Mietvertrag geht es also um die Überlassung einer Sache auf Zeit. Bei einem Dienstvertrag besteht die Leistung in einem Dienst, bzw. umgangssprachlich in Arbeitszeit. So stehen beim Babysitten oder bei der Betreuung von Personen in aller Regel die geleisteten Arbeitsstunden im Vordergrund.

Auch der Werkvertrag beinhaltet eine eigene Form von Leistung, die zu erbringen ist. So bestimmt §631 Absatz 2 BGB „Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein“ [2]. Ein solches Werk kann z.B. die Reparatur eines Autos, die Installation von elektrischen Leitungen, oder die schicke neue Modefrisur sein. Werkverträge sind damit genauso wenig aus dem Alltag wegzudenken, wie eben Kauf- oder Mietverträge, denn durch diese differenzierte Ausgestaltung einzelner Vertragstypen ist es nämlich möglich an die verschiedenen Verträge unterschiedliche Bedingungen zu knüpfen. So regelt z.B. §634 BGB speziell für den Werkvertrag wie mit Mängeln umzugehen ist. Der Kündigungsschutz im Mietrecht oder die Gewährleistung bei Kaufverträgen sind ähnliche Beispiele für solche spezielle Regelungen bei anderen Vertragstypen.

Jedoch ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Vertragstypen nicht immer leicht, und gerade die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag ist schwierig. Wird ein Gärtner gerufen, der den Garten im Frühjahr auf Vordermann bringen soll, so ist dies ein Werkvertrag, da er für einen sauberen Garten, also einen Erfolg sorgen soll. Vereinbart man mit dem Gärtner hingegen, dass er jede Woche für zwei Stunden den Garten pflegt, handelt es sich viel eher um einen Dienstvertrag, da der Gärtner einen wöchentlichen Dienst verrichtet.
Eine weitere Abgrenzungsproblematik kann sich bei Werkverträgen aber auch deshalb ergeben, weil ein Teil der Leistung aus „Arbeit“ besteht. Hierdurch entsteht eine Ähnlichkeit zu Arbeitsverträgen, an die sich aber besondere Folgen wie Kündigungsschutz, Tarifbindungen und weiteres anschließen. Neben dem Werkvertrag ist auch der Dienstvertrag von diesem Problem betroffen, da hier die Arbeitsleistung einen noch wesentlicheren Teil der Leistung darstellt. Sowohl das legale Outsourcing als auch illegale Scheinselbstständigkeit zur Umgehung von Arbeitsverträgen ist daher oftmals mit Werk- oder Dienstverträgen verbunden.


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Weitere Beiträge zum Thema Werkvertrag auf www.mister-ede.de


[1] Peters, F. in:  Staudinger (Eckpfeiler des BGB), Berlin 2005, S. 676 f.

[2] Gesetzestext abrufbar bei Gesetze-im-Internet (Link zu §631 BGB auf www.gesetze-im-internet)

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https://www.mister-ede.de/politik/der-werkvertrag/2002/feed 0
Eine Reform des Arbeitsmarktes https://www.mister-ede.de/politik/eine-reform-des-arbeitsmarktes/1769 https://www.mister-ede.de/politik/eine-reform-des-arbeitsmarktes/1769#comments Fri, 18 Jan 2013 10:39:49 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1769 Weiterlesen ]]> Über 40 Mio. Beschäftigte gibt es in Deutschland. Die Mehrheit der Bevölkerung ist auf einen funktionierenden Arbeitsmarkt angewiesen. Der deutsche Arbeitsmarkt steht allerdings vor großen Problemen. Hohe Lohnnebenkosten, eine Fülle prekärer Beschäftigungsverhältnisse und die verfallenden Reallöhne sind neben der stetig hohen Arbeitslosigkeit die Hauptprobleme auf dem Arbeitsmarkt.

Die Probleme des Arbeitsmarktes (www.mister-ede.de – 04.05.2012)

Die Auswirkungen von hohen Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 23.12.2012)

Eine Betrachtung der geringfügigen Beschäftigung (www.mister-ede.de – 02.01.2013)

So führt dies gerade bei einfachen Tätigkeiten dazu, dass für Arbeitssuchende statt echter Vollzeitstellen oft nur Leiharbeit oder Minijobs zur Verfügung stehen und dort wo es noch Vollzeitbeschäftigung gibt, der Arbeitslohn kaum noch zum leben reicht. Eine Reform des Arbeitsmarktes ist daher aus meiner Sicht notwendig.

Um den Arbeitsmarkt attraktiver zu gestalten, müssen vor allem die Belastungen des Produktionsfaktors Arbeit reduziert werden. Die hohen Lohnnebenkosten verteuern reguläre Beschäftigung und die aktuelle Ausgestaltung mit einem einheitlichen Abgabesatz geht hauptsächlich zu Lasten der Geringverdiener. Eine Absenkung und Umgestaltung der Lohnnebenkosten ist daher notwendig um den Arbeitsmarkt insgesamt attraktiver zu machen.

Absenkung der Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 26.12.2012)

Neben einer Absenkung der Lohnnebenkosten muss auch ein Blick auf den Lohnverfall geworfen werden. Durch die hohe Zahl der Arbeitssuchenden bei gleichzeitig wenigen offenen Stellen, wird ein ungesunder Preiswettbewerb ausgelöst, der den Lohnverfall zur Folge hat. Dieser Entwicklung muss mit einem Mindestlohn Rechnung getragen werden. Überdies müssen aber auch die Angebots- und die Nachfrageseite des Arbeitsmarktes betrachtet werden.
In Bezug auf das Arbeitsangebot ist eine konsequente Förderung der Arbeitnehmerqualifikationen durch Weiterbildungsmaßnahmen notwendig. Die Antwort auf sich schnell verändernde Anforderungsprofile der Wirtschaft müssen flexiblere Umschulungsangebote sein.
Gleichzeitig bedarf es auch der Erhöhung der Nachfrage nach Arbeitskräften. Sowohl mit Beschäftigungsmaßnahmen als auch mit einer veränderten Wirtschaftspolitik muss das Arbeitsplatzangebot ausgeweitet werden.
Durch diese Veränderungen bei Angebot, Nachfrage und Preis lässt sich die Schieflage am Arbeitsmarkt mit vielen Arbeitssuchenden und wenigen Arbeitsplätzen etwas abmildern.

Programm für Beschäftigung und zur Bekämpfung der Arbeitnehmerarmut (www.mister-ede.de – 04.05.2012)

Über die Veränderungen der marktwirtschaftlichen Anreize für den Arbeitsmarkt hinaus, ist aber auch eine Anpassung des gesetzlichen Rahmens im Hinblick auf die außertarifliche Beschäftigung notwendig. So müssen Leiharbeit und befristete Anstellungen auf das notwendige Maß begrenzt werden. Auch die niedrigeren Sozialabgaben auf Minijobs führen zu Verwerfungen und müssen überdacht werden.
Insgesamt ist der Aushöhlung tariflicher Strukturen mit dem Ziel des Lohndumpings ein Riegel vorzuschieben, damit die Arbeitgeber Ihre Position nicht ausnutzen können.

Die Begrenzung des Lohndumpings und der Aushöhlung der Tarifstruktur (www.mister-ede.de – 08.01.2013)

Die Absenkung der Lohnnebenkosten, die Begrenzung der prekären Beschäftigung, der Mindestlohn, die Förderung der Arbeitnehmerqualifikation und die aktive Beschäftigungspolitik bringen so den Arbeitsmarkt deutlich voran.
Insbesondere eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten kommt nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch den Arbeitgebern zu Gute. Beide Seiten profitieren ebenfalls von der Qualifikationsförderung, und wenn man davon ausgeht, dass ein Mindestlohn auch die Kaufkraft steigern wird, dann ist auch dieser nicht nur zum Nachteil von Handel und Wirtschaft.
Besonders Geringverdiener profitieren hier aber in mehrfacher Hinsicht. Zum einen garantiert ein Mindestlohn eine Untergrenze, zum anderen hilft gerade dieser Gruppe die aktive Arbeitsmarktpolitik.

Ein kommunaler Beschäftigungspakt (www.mister-ede.de – 24.04.2012)

Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, dass Geringverdiener bei einer entsprechenden Gestaltung der Lohnnebenkosten überproportional entlastet werden oder durch eine Umschichtung hin zu regulärer Beschäftigung profitieren.

Eine solche Reform des Arbeitsmarktes ist für mich daher wünschenswert. Insgesamt würde mit Hilfe solcher Regelungen der Arbeitsmarkt zu Gunsten der Schwächeren sozialer ausgestaltet. Arbeitsarmut, Lohn- und Sozialdumping würden begrenzt, die Attraktivität des Arbeitsmarktes gesteigert.

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Die Begrenzung des Lohndumpings und der Aushöhlung der Tarifstruktur https://www.mister-ede.de/politik/begrenzung-des-lohndumpings/1740 https://www.mister-ede.de/politik/begrenzung-des-lohndumpings/1740#comments Tue, 08 Jan 2013 09:35:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1740 Weiterlesen ]]> Ein Kernproblem des heutigen Arbeitsmarktes ist die konsequente Aushöhlung tariflicher Strukturen durch 450-Euro-Jobs, Werkverträge, befristete Anstellungen oder Leiharbeit. So entstehen Beschäftigungsverhältnisse, die zu Gunsten des Arbeitsgebers auf dem Rücken der Arbeitnehmer gestaltet werden. Zwar haben diese Anstellungsformen für sich genommen alle eine Existenzberechtigung, man muss umgekehrt aber auch feststellen, dass diese Varianten heute von Unternehmen massiv ausgenutzt werden. Die Substitution regulärer Arbeit durch solche Verträge war nicht das Ziel, findet aber zunehmend statt.

450-Euro-Jobs:

Als 630-DM-Jobs eingeführt, bieten die 450-Euro-Jobs grundsätzlich einen guten Rahmen für Nebenjobs. Hierdurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass Menschen, die nicht Teil- oder gar Vollzeit arbeiten können, relativ leicht eine Beschäftigung finden. Schüler oder Studenten nutzen dies genauso wie Hausfrauen oder Rentner.
In Zeiten von hohen Beschäftigungszahlen ist es auch sicherlich eine sinnvolle Regelung, allerdings bei der aktuell hohen Arbeitslosigkeit führt dies zu deutlichen Verzerrungen am Arbeitsmarkt. Gäbe es genügend reguläre Arbeitsstellen, dann könnten Arbeitssuchende solche Angebote ablehnen, so aber werden sie geradezu in diese Jobs gedrängt.

Die 450-Euro-Jobs (www.mister-ede.de – 06.01.2013)

Eine Angleichung der Lohnnebenkosten wäre eine sinnvolle Maßnahme, um die finanziellen Anreize für Arbeitgeber abzuschaffen und so die Verlagerung von regulärer Beschäftigung hin zu Minijobs zu beenden.

Werkverträge:

Werkverträge sind aus dem deutschen Recht nicht wegzudenken. Fast jeder Reparatur durch einen Handwerker liegt ein Werkvertrag zu Grunde. Im Wirtschaftsleben bieten Maschinenhersteller nicht nur Maschinen, sondern oft auch das Schulungs- oder Reparaturteam mit an. Hierdurch kommt aber dann der Tarifvertrag des Maschinenherstellers zur Anwendung und nicht der Tarifvertrag des Unternehmens in dem die Reparaturen durchgeführt werden.
In dieser Funktion ist der Werkvertrag sicher nützlich und gut. Problematisch ist es dann, wenn nicht nur das periphere Personal, sondern gleich die komplette Arbeitnehmerschafft mit angeboten wird. Mittlerweile kaufen Unternehmen nicht mehr Maschinen ein, sondern die Produktion von X Stück. Der Maschinenhersteller entwickelt die notwendigen Maschinen, besorgt und beschäftigt das Personal und schuldet lediglich die Fertigung von Produkten.

Der Auftraggeber kann auf diese Art sicher planen, hat ein geringes Risiko und vor allem wird bei der Produktion der eigene Haustarifvertrag nicht angewendet. Evtl. würden stärkere Gewerkschaften und engagierte Betriebsräte helfen, aber leider empfinde ich die Gewerkschaften in diesem Bereich als zu zahm.

Befristete Anstellung:

Auch für dieses Instrument gibt es gute Gründe. Bei Schwangerschaftsvertretungen oder Vertretung bei längeren Krankheiten kann so eine Befristung sinnvoll angewendet werden. Ich kann auch nachvollziehen, dass Arbeitgeber z.B. bei Unternehmenserweiterungen oftmals sehr unsicher sind, ob sich beispielsweise die Absatzzahlen wie gewünscht entwickeln. Allerdings darf nicht die komplette unternehmerische Unsicherheit zu Lasten der Arbeitnehmer gehen. Nun bringt ein Verbot von wiederholter Befristung nicht viel, solange dann immer wieder andere Mitarbeiter herangezogen werden. Als effektiv empfinde ich hier nur eine Beschränkung der Menge. So könnte es Unternehmen z.B. nur gestattet werden, bis zu 5% der Arbeitnehmer befristet zu beschäftigen.

Leiharbeit:

Für die Leiharbeit gilt selbiges. Es ist ein sinnvolles Instrument, um Auftragsspitzen abzufangen oder flexibel auf den Arbeitsbedarf bei Unternehmen reagieren zu können. Mittlerweile werden aber zunehmend auch Stammmitarbeiter über Leihfirmen beschäftigt.
Auch hier wird ein sinnvolles Instrument von Unternehmen ausgenutzt, um die Lohnkosten zu drücken. Ähnlich wie bei der befristeten Anstellung könnte hier schlicht die Menge beschränkt werden. So könnte der Leiharbeiteranteil im Jahresschnitt auf 5 oder 10% der Stammbelegschaft begrenzt werden. Bei Überschreitungen werden einfach Gebühren erhoben, durch die es für Unternehmen schlicht unrentabel wird, Mitarbeiter zu kündigen und als Leiharbeiter wieder einzustellen.

Fazit:

Bei manchen Konstruktionen mit hauseigenen Tochterfirmen frage ich mich, ob das nicht mehr Ähnlichkeit mit Scheinfirmengeflechten als mit echten Konzernstrukturen hat. Aber auch dort, wo der legale Rahmen eingehalten wird, wirft die Aushöhlung der Tarifstrukturen durch solche Arbeitsverträge ein schlechtes Bild auf die Arbeitgeber.
Es zeigt sich aber auch, dass grundlegende Probleme, wie z.B. die hohe Arbeitslosigkeit oder die hohen Lohnnebenkosten, die Fehlentwicklung massiv unterstützen. Wenn man das Lohndumping begrenzen will, helfen meines Erachtens daher nicht nur Beschränkungen in den einzelnen Bereichen. Es muss vielmehr konsequent an einer Absenkung der Lohnnebenkosten gearbeitet werden und die Qualifikation und Weiterbildung muss verstärkt werden.

Absenkung der Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 26.12.2012)

Maßnahmen zur Qualifikationsförderung (www.mister-ede.de – 30.04.2012)

Auch die Schaffung solidarfinanzierter Arbeitsstellen, z.B. bei Kommunen, ist aus meiner Sicht sinnvoll, um den überfluteten Arbeitsmarkt etwas zu entlasten.

Ein kommunaler Beschäftigungspakt (www.mister-ede.de – 24.04.2012)


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Die Entwicklung der Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 22.12.2012)

Mit einem Mindestlohn Perspektiven schaffen (www.mister-ede.de – 12.12.2012)

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Die 450-Euro-Jobs https://www.mister-ede.de/politik/die-450-euro-jobs/1726 https://www.mister-ede.de/politik/die-450-euro-jobs/1726#comments Sun, 06 Jan 2013 08:54:48 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1726 Weiterlesen ]]> Sie dienen als Synonym für Arbeitnehmerarmut genauso wie für erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik. Die heutigen 450-Euro-Jobs mobilisieren Arbeitskräfte und vernichten reguläre Beschäftigung, sie stärken die Sozialkassen bei gleichzeitigem Sozialdumping. Auf der einen Seite werden gewisse Probleme beseitigt, auf der anderen Seite entstehen neue Verwerfungen.
Als 630-DM-Job eingeführt, sollte diese Form der Beschäftigung helfen, die Schattenwirtschaft zu reduzieren und die Aushöhlung der Sozialversicherungssysteme zu minimieren. Durch die Regelungen wurden Nebenbeschäftigungen sozialversicherungspflichtig, was zum einen die Attraktivität dieser Minijobs für Arbeitgeber reduzierte, zum anderen die Einnahmen der Sozialversicherung erhöhte.

Eine Betrachtung der geringfügigen Beschäftigung (www.mister-ede.de – 02.01.2013)

Allerdings wurden die Abgaben auf 630-DM-Jobs niedriger angesetzt als dies bei regulären Beschäftigungsverhältnissen der Fall war. Nachdem für die Gruppe der Rentner die Rentenversicherung genauso unnötig ist, wie eine Arbeitslosenversicherung für Schüler oder Studenten, scheint dies gerechtfertigt. Auch die Krankenversicherung ist für viele Nebenjobber eigentlich schon vorhanden. Sowohl Rentner sind krankenversichert, als auch die Ehepartner oder die auszubildenden Kindern über die Gestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung als Familienversicherung. Statt der üblichen Lohnnebenkosten von über 40%, die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt werden, wird hier deshalb nur ein niedrigerer Pauschalbetrag von etwa 30% angesetzt, der dann komplett vom Arbeitgeber zu zahlen ist. Mittlerweile von 630-DM- über 325-Euro- und 400-Euro-Job auf den 450-Euro-Job im Jahr 2013 gewachsen, kann diese Form der Beschäftigung also durchaus eine sinnvolle Ergänzung sein.

Das Ganze setzt aber einen gewissen Rahmen voraus. Durch die niedrigeren Lohnnebenkoste ist es für Arbeitgeber finanziell attraktiver 450-Euro-Jobber einzustellen, als echte Vollzeitstellen zu schaffen. Daher kann eine solche Konstruktion nur dann funktionieren, wenn Arbeitnehmer nicht auf diese Jobs angewiesen sind. Gäbe es genügend reguläre Arbeitsstellen, dann könnten Arbeitssuchende einen solchen 450-Euro Job ablehnen und die 450-Euro-Jobs würden lediglich helfen zusätzliche Arbeitspotentiale bei Studenten, Hausfrauen oder Rentnern zu mobilisieren.
Solange aber durch eine hohe Arbeitslosigkeit, Arbeitssuchende in solche Beschäftigungsverhältnisse gedrängt werden, führt dies schnell zu einer Ausnutzung dieser Situation durch manche Arbeitgeber. Verschärft wurde diese Problematik durch die Absenkungen der Zumutbarkeitsgrenzen für Arbeitssuchende. Trotz schlechter Arbeitsbedingungen, finden die Arbeitgeber auf diese Weise Personal, um mit Minijobs die Lohnkosten zu drücken. Besonders bei Tätigkeiten, die nur eine kurze Einarbeitungszeit benötigen, oder keine besonderen Fähigkeiten voraussetzen, wird die Verzerrung deutlich spürbar.
So entstehen aber natürlich weitere Probleme, denn zum einen wird damit reguläre Beschäftigung vernichtet, zum anderen ist für solche Arbeitnehmer das Aufstocken zwingend nötig und damit ist Arbeits- und Altersarmut die logische Folge.

Das Fazit zu den Minijobs ist dementsprechend durchwachsen. Die Einführung der Sozialversicherungsabgaben war ein Meilenstein und hat die Sozialkassen nachhaltig gestärkt. Allerdings bleibt durch den niedrigeren Abgabesatz ein gewisser finanzieller Anreiz für Arbeitgeber bestehen, reguläre Beschäftigung in Minijobs zu verwandeln. Flankiert durch die Absenkung der Zumutbarkeitsregeln, hat sich dadurch die Situation am Arbeitsmarkt aus meiner Sicht weiter zu Ungunsten der Arbeitnehmer verschlechtert.
Solange also die Arbeitslosigkeit, vor allem bei ungelernten Arbeitnehmern, so hoch ist, dürften die Minijobs nicht noch durch niedrigere Lohnnebenkosten finanziell attraktiver sein, als reguläre Beschäftigung. Um gewöhnliche Arbeitsstellen zu fördern, müssten die Lohnnebenkosten umgekehrt sogar für Minijobs noch höher liegen, als das bei normalen Anstellungen der Fall ist. Es wäre aber bei den derzeitig hohen Lohnnebenkosten in Deutschland falsch, wenn dies zur Forderung führen würde, die Minijobs noch stärker zu belasten. Richtig wäre es hingegen, insgesamt eine deutliche Absenkung der Lohnnebenkosten zu forcieren.

Absenkung der Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 26.12.2012)

Aus meiner Sicht sind also nicht die 450-Euro-Jobs das Problem, sondern die zu hohen Lohnnebenkosten in Deutschland und das fehlende Angebot regulärer Beschäftigung für diejenigen, die es wünschen.


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Die Probleme des Arbeitsmarktes (www.mister-ede.de – 04.05.2012)

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Eine Betrachtung der geringfügigen Beschäftigung https://www.mister-ede.de/politik/geringfuegige-beschaeftigung/1718 https://www.mister-ede.de/politik/geringfuegige-beschaeftigung/1718#comments Wed, 02 Jan 2013 17:41:30 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1718 Weiterlesen ]]> Von geringfügiger Beschäftigung spricht man bei Beschäftigungsverhältnissen, die von einem begrenzten Umfang sind. Ferienjobs, Studentenjobs oder eine Nebenbeschäftigung gehören in diese Kategorie. Mittlerweile müssen sich aber auch immer mehr Menschen, die keine Vollzeitstelle finden, mit solchen Jobs behelfen. Gleichzeitig ist es für Arbeitgeber finanziell attraktiv, genau solche Beschäftigungsverhältnisse zu nutzen.

Die Grundproblematik:

Arbeitgeber müssen neben dem Lohn auch die Sozialbeiträge bezahlen. Die Lohnnebenkosten sind daher von entscheidender Bedeutung für die Lohnkosten. In Deutschland liegt dieser Anteil der Lohnebenkosten zurzeit bei etwa 35% der gesamten Lohnkosten, die ein Arbeitgeber zu tragen hat.
Daneben gibt es gesetzlich geregelt schon seit über hundert Jahren Formen von Nebenbeschäftigungen, die zum Teil von den Sozialabgaben und Steuern befreit sind. Die sogenannte geringfügige Beschäftigung, wobei es den Namen erst später gab, ist die Möglichkeit zum Zuverdienst in einem begrenzten Umfang [1].

Die Auswirkungen von hohen Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 23.12.2012)

Die Entwicklung:

Solange es genügend reguläre Beschäftigung gibt, stellen die Zuverdienstregelungen kein Problem dar. Im Deutschland der 60er Jahre nutzten höchstens Schüler, Studenten oder Hausfrauen diese Möglichkeit des Nebenjobs. Fehlende Sozialbeiträge konnten in der Zeit der Vollbeschäftigung nicht festgestellt werden, und wer eine reguläre Beschäftigung suchte, der hatte gute Chancen diese auch zu finden.

Bei der Harmonisierung der unterschiedlichen Sozialversicherungszweige im Jahr 1976 spielte somit hauptsächlich die Vereinheitlichung der unterschiedlichen Vorschriften eine Rolle [2]. Die aus dem Kaiserreich stammende Reichsversicherungsordnung und viele Einzelregelung sollten in einem gemeinsamen Sozialgesetzbuch vereinheitlicht werden. Bei der abschließenden Debatte des Bundestages waren somit Sozialdumping, Schwarzarbeit oder Probleme bei den Sozialkassen kein Thema, weder für die Regierung, noch für die Opposition [3]. In der Folge bestand auch weiterhin die Möglichkeit zur sozialversicherungsfreien Beschäftigung.

Die Fehlentwicklungen:

Erst durch die seit den 70er Jahren steigende Arbeitslosigkeit entwickelte sich hier ein zunehmendes Problem. Zum einen mussten immer mehr Arbeitslose finanziert werden, zum anderen gingen die Einnahmen der Sozialversicherung zurück. Steigende Lohnnebenkosten [4] und damit eine Verteuerung regulärer Arbeit waren die Folge.
Außerdem hat sich durch die freien Arbeitskräfte und den fehlenden Arbeitsplätzen eine Situation ergeben, in der Arbeitgeber auch bei schlechten oder gar ungesetzlichen Arbeitsbedingungen leichter an Mitarbeiter kamen, und Arbeitnehmer sich bei den Forderungen an die Arbeitgeber gegenseitig unterboten. Insgesamt ist so die Schattenwirtschaft seit den 70er Jahren deutlich angestiegen [5]. Überdies haben die Ausfälle von Sozialbeiträgen zu einer weiteren Erhöhung der Lohnnebenkosten geführt, wodurch die Schwarzarbeit finanziell zusätzlich an Attraktivität gewonnen hat.

Weiter steigende Arbeitslosigkeit und Sozialabgaben haben die Wirtschaftlichkeit Deutschlands immer mehr geschwächt. Mitte der 90er Jahre waren bei gleichzeitig explodierender Schattenwirtschaft Millionen Menschen arbeitslos. Die schwachen Sozialversicherungssysteme führten zu Beruhigungsaussagen wie „die Rente ist sicher“ von Norbert Blüm. Eine Triebfeder dieser Entwicklung ist die Finanzierung vieler Sozialleistungen über die Beschäftigten, wodurch der Faktor Arbeit konsequent verteuert wird.

Die Lösungsversuche:

Im Jahr 1999 hat daher die rot-grüne Regierung mit der Einführung der 630-Mark-Jobs versucht diese Probleme abzumildern. Nachdem immer mehr Menschen in sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse gedrängt wurden, sollte durch die Einführung der 630-DM-Jobs damit Schluss sein. Seitdem muss der Arbeitgeber auch bei geringfügig Beschäftigten einen Beitrag zur Sozialversicherung leisten. Zum einen sollte der Anreiz für Arbeitgeber reduziert werden, reguläre Arbeit in kostengünstigen Nebenjobs umzuwandeln, zum anderen sollte Finanzierungsbasis der Sozialkassen gestärkt werden. Gleichzeitig wurde durch eine stärkere Steuerfinanzierung der Sozialkassen versucht die Lohnnebenkosten insgesamt abzusenken um die regulär Beschäftigten wieder etwas zu entlasten.

Allerdings konnte so lediglich eine Stabilisierung des Lohnnebenkostenniveaus erreicht werden. Überdies boten auch die 630-DM Jobs durch die niedrigeren Sozialabgaben, immer noch eine gewisse Attraktivität für die Arbeitgeber. Insgesamt hat sich der Bereich der geringfügig Beschäftigten sogar noch weiter ausgeweitet.


[1] Wikipedia-Eintrag zur geringfügigen Beschäftigung (Link zum Eintrag auf de.wikipedia.org)

[2] Bundestag-Drucksache 7/5457 vom 23.06.1976 (Link zur Drucksache als PDF-File auf dip21.bundestag.de)

[3] Plenarprotokoll der 256. Bundestagssitzung der 7. Wahlperiode am 01.07.1976 (Link zum Plenarprotokoll als PDF-File auf dip21.bundestag.de)

[4] Gutachten für das Sächsische Ministerium für Wirtschaft und Arbeit aus dem August 2006, S. 20  (Link zum Gutachten als PDF-File auf www.sozialpolitik-aktuell.de)

[5] Untersuchung des IAW und RWI im Auftrag des BMAS, “Abschätzung des Ausmaßes der Schwarzarbeit”, 2010, S. 91   (Link zum Forschungsbericht als PDF-File auf www.bmas.de)

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