Die Entwicklung der Lohnnebenkosten
Das deutsche Sozialversicherungssystem ist eine tragende Säule unserer Gesellschaft. Schon kurz nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurden erste Sozialversicherungen eingeführt. Dies war notwendig um den gesellschaftlichen Veränderungen der Industrialisierung Rechnung zu tragen. Außerdem traf der revolutionäre Geist der Aufklärung, der sich auf dem ganzen Kontinent ausbreitete, auf die Arbeiterbewegungen in den aufkommenden Industriezentren. Ohne gesellschaftliche Verbesserungen wären die politischen Eliten aus Adel und Kaiser und damit das gesamte Konstrukt Deutschlands gefährdet gewesen.
Nachdem es sich zu Beginn um eine reine Versicherung für die Arbeiter handelte, wurden die Kosten dieses Systems auch auf die Arbeitskosten gelegt. Fortan musste ein Teil des Lohns in die Sozialversicherung eingezahlt werden, was bei einer hohen Zahl an Arbeitern und niedrigen Leistungen aus dieser Kasse auch gut möglich war. Im Laufe der Zeit wurden dann aber die Leistungen immer weiter erhöht. So wurde eine Arbeitslosenversicherung eingeführt oder das Renteneintrittsalter im Vergleich zu 1890 gesenkt [1]. Bei der Krankenversicherung fallen heute wesentlich höhere Kosten an, als noch vor 100 Jahren und auch die demografische Entwicklung lässt die Kosten der Rente steigen. All diese zusätzlichen Leistungen müssen heute über den Lohn finanziert werden.
Der Einwand, dass sich durch die demografische Entwicklung lediglich die Kosten von der Schule zur Rente verschieben würden, ist deshalb auch nicht korrekt. Denn im Gegensatz zu den lohnfinanzierten Leistungen aus der Rentenkasse, werden die Kosten für Schule oder das Kindergeld durch die steuerfinanzierte Staatskasse getragen.
Aber nicht nur die steigenden Leistungen aus der Sozialversicherung, auch ein Rückgang der Einzahlerbasis verschärft das Problem. Im Vergleich zu 1950 sind die Kapitaleinkünfte, von denen keine Beiträge zur Sozialversicherung geleistet werden, deutlich stärker gestiegen, als der sozialversicherungspflichtige Lohn [2].
Sowohl die höheren Leistungen, als auch die Umschichtung von Arbeits- zu Kapitaleinkommen führen zu einer deutlichen Steigerung der Lohnnebenkosten. Insgesamt muss mittlerweile etwa 35% dessen, was ein Arbeitgeber zahlt, in die Sozialversicherung abgeführt werden. Hat ein Arbeitgeber Kosten für einen Angestellten von 2.000 Euro im Monat, dann zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer davon rund 700 Euro in die Sozialversicherung ein.
* Quelle zu den Prozentzahlen: Wikipedia-Eintrag zu den Lohnnebenkosten (Link zum Eintrag auf de.wikipedia.org)
Das führt zu steigenden Lohnkosten und verteuert die Arbeit in Deutschland. Schwarzarbeit oder der Versuch von Unternehmen durch Leiharbeit und anderes den Reallohn zu drücken, sind unter anderem eine Folge der hohen Lohnnebenkosten.
Ähnliche Artikel:
Die Ursprünge der Sozialversicherung (www.mister-ede.de – 21.12.2012)
Die Auswirkungen von hohen Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 23.12.2012)
[1] Wikipedia-Eintrag zur gesetzlichen Rentenversicherung (de.wikipedia.org)
[2] Abbildung im Arbeitspapier “Teilhabe und Lohnentwicklung in Deutschland und im internationalen Vergleich von der Nachkriegszeit bis heute” von Rainer Land, Oktober 2008 auf S.8 (PDF-File auf www.soeb.de)