Legales Outsourcing und illegale Scheinselbständigkeit

Aus verschiedenen Gründen kann es für Unternehmen interessant sein, einzelnen Tätigkeiten nicht durch eigene Angestellte sondern durch externe Leistungserbringer durchführen zu lassen. Häufigkeit oder Menge der benötigten Arbeitsleistung können hier eine Rolle spielen, aber auch Spezialisierung, Flexibilität oder die niedrigere Kapitalbindung sind Gründe für das Outsourcing, also die Auslagerung von Unternehmenstätigkeiten.

Wird eine Arbeitsleistung nur selten benötigt, macht es wenig Sinn hierfür eigene Mitarbeiter einzustellen. Der Bäcker wird in aller Regel seinen Ofen nicht selbst reparieren, und der Fliesenleger nicht sein Werkzeug selbst herstellen. So können sich Bäcker und Fliesenleger auf ihre Hauptarbeit konzentrieren. Auch bei größeren Unternehmen macht eine solche Spezialisierung Sinn.

Statt die fertigen Waren mit einem eigenen Fuhrpark und eigenen Fahrern ausliefern zu lassen, kann ein Unternehmen auch eine externe Spedition beauftragen. Zum einen sind Speditionen auf den Transport spezialisiert, zum anderen kann sich das Unternehmen auf sein eigenes Spezialgebiet, z.B. Getränkeherstellung, konzentrieren. Bei größeren Unternehmen spielt aber neben dieser Spezialisierung und organisatorischen Konzentration auf das Kerngeschäft auch die Flexibilität und die Kapitalbindung eine Rolle.
So kann die Auslieferung mit einer Spedition flexibler gestaltet werden, wenn z.B. die zu transportierenden Mengen schwanken. Bei Bedarf werden dann einfach mehr oder weniger Aufträge vergeben. Diese Flexibilität ist mit eigenen Fahrern und Fahrzeugen nicht so leicht zu erreichen. Entweder müssen ständig Fahrzeuge ge- oder verkauft werden, Mitarbeiter eingestellt oder entlassen werden, oder das Unternehmen muss mit Über- oder Unterkapazitäten leben.
Auch die Kapitalbindung ist niedriger, wenn externe Anbieter einzelne Aufgaben übernehmen. Ein Unternehmen muss weder in eine Fahrzeughalle, noch in die Fahrzeuge investieren, wenn es auf eine externe Spedition zurückgreift. Somit stehen die finanziellen Mittel z.B. für neue Produktionsanlagen zur Verfügung.

Neben Spezialisierung, Flexibilität und niedrigerer Kapitalbindung, spielt zunehmend aber auch die Absenkung der Lohnkosten eine Rolle. Das Unternehmen ist nicht mehr direkt Arbeitgeber, sondern der externe Leistungserbringer ist in dieser Rolle. Damit gilt für die Angestellten nicht mehr der Tarif des Unternehmens, und Arbeitnehmervertretung oder Mitbestimmung bleiben außen vor. Auch wenn dies gesellschaftlich natürlich nicht wünschenswert ist, verboten ist eine solche Gestaltung nicht. Die Auslagerung von Reinigungspersonal ist ein gutes Beispiel, bei dem in aller Regel weder die Kapitalbindung noch die Flexibilität im Vordergrund steht.

Illegal hingegen ist es, nur so zu tun als ob es sich um einen eigenständigen externen Anbieter handelt, tatsächlich aber der externe Anbieter vollständig vom Unternehmen abhängig ist, also scheinselbständig. Aber genau diese Abgrenzung zwischen echter Selbständigkeit und Scheinselbständigkeit ist oft schwer.
So kann ein Spediteur mit eigenem LKW durchaus selbständig tätig sein. Übernimmt er allerdings nur Aufträge für ein einzelnes Unternehmen, dann kann dies ein Zeichen für Scheinselbstständigkeit sein. Ein weiteres Zeichen wäre es, wenn das Unternehmen zusätzlich auch die Bereitstellung der Fahrzeuge übernimmt und ein noch deutlicheres Zeichen, wenn es diese Konstruktion mehrfach verwendet, also offensichtlich als Initiator in Erscheinung tritt.
Allerdings gibt es auch gute Gründe, warum ein Selbstständiger nur für ein einzelnes Unternehmen arbeitet. So kann es vorkommen, dass in der Gründungsphase nur wenige Kunden vorhanden sind, oder zu einem späteren Zeitpunkt ein Teil der Kunden wegfällt. Vielleicht zahlt ein Auftraggeber auch entsprechend gut, so dass es wirtschaftlicher ist, mit den vorhandenen Kapazitäten nur diesen zu bedienen.

Aber nicht nur bei einzelnen Beschäftigten, sondern auch bei der verstärkten Gestaltung des Outsourcings mit eigenen Tochterunternehmen oder anderen eng verzahnten Unternehmen ist die Abgrenzung schwierig. Wird Reinigungs- oder Verkaufspersonal über eine Leiharbeitsfirma angestellt, so ist dies nicht verboten. Illegal ist es nur dann, wenn diese Leiharbeitsfirma gar nicht wirklich am Markt tätig ist, sondern nur geschaffen wurde um z.B. Tarifverträge zu umgehen.

Man kann daher neben legalem Outsourcing, bei dem die Spezialisierung im Vordergrund steht, und legalem aber unerwünschtem Outsourcing, bei dem die Spezialisierung einzig auf Lohndumping beruht, die Scheinselbstständigkeit als illegales und unerwünschtes Outsourcing betrachten.
Außer den Vorteilen des Outsourcings und den Problemen der Abgrenzung, kann es aber auch Nachteile für auslagernde Unternehmen geben. So kann es zu einem Verlust von Knowhow oder Fähigkeiten im Unternehmen kommen oder die Vernetzung zwischen verschiedenen Funktionsbereichen im Unternehmen beeinträchtigt werden. Zusätzlich muss natürlich auch der Gewinn des externen Leistungserbringers mitfinanziert werden.

Insgesamt ist es weder angebracht Outsourcing zu verteufeln noch die Nachteile und Probleme auszublenden. Während aber Unternehmen innerhalb eines vorgegeben Rahmens für sich die Vor- und Nachteile abwägen müssen, ist es die Aufgabe des Gesetzgebers diesen Rahmen zu gestalten. Durch Branchen-Mindestlöhne oder möglicherweise veränderte Steuergestaltungen kann z.B. der Anreiz zu legalem aber gesellschaftlich unerwünschten Outsourcing minimiert werden. Daneben kann auch die Grenze von legalem Outsourcing zu illegaler Scheinselbstständigkeit z.B. durch Vermutungsregelungen verändert werden.

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