Die 450-Euro-Jobs

Sie dienen als Synonym für Arbeitnehmerarmut genauso wie für erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik. Die heutigen 450-Euro-Jobs mobilisieren Arbeitskräfte und vernichten reguläre Beschäftigung, sie stärken die Sozialkassen bei gleichzeitigem Sozialdumping. Auf der einen Seite werden gewisse Probleme beseitigt, auf der anderen Seite entstehen neue Verwerfungen.
Als 630-DM-Job eingeführt, sollte diese Form der Beschäftigung helfen, die Schattenwirtschaft zu reduzieren und die Aushöhlung der Sozialversicherungssysteme zu minimieren. Durch die Regelungen wurden Nebenbeschäftigungen sozialversicherungspflichtig, was zum einen die Attraktivität dieser Minijobs für Arbeitgeber reduzierte, zum anderen die Einnahmen der Sozialversicherung erhöhte.

Eine Betrachtung der geringfügigen Beschäftigung (www.mister-ede.de – 02.01.2013)

Allerdings wurden die Abgaben auf 630-DM-Jobs niedriger angesetzt als dies bei regulären Beschäftigungsverhältnissen der Fall war. Nachdem für die Gruppe der Rentner die Rentenversicherung genauso unnötig ist, wie eine Arbeitslosenversicherung für Schüler oder Studenten, scheint dies gerechtfertigt. Auch die Krankenversicherung ist für viele Nebenjobber eigentlich schon vorhanden. Sowohl Rentner sind krankenversichert, als auch die Ehepartner oder die auszubildenden Kindern über die Gestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung als Familienversicherung. Statt der üblichen Lohnnebenkosten von über 40%, die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt werden, wird hier deshalb nur ein niedrigerer Pauschalbetrag von etwa 30% angesetzt, der dann komplett vom Arbeitgeber zu zahlen ist. Mittlerweile von 630-DM- über 325-Euro- und 400-Euro-Job auf den 450-Euro-Job im Jahr 2013 gewachsen, kann diese Form der Beschäftigung also durchaus eine sinnvolle Ergänzung sein.

Das Ganze setzt aber einen gewissen Rahmen voraus. Durch die niedrigeren Lohnnebenkoste ist es für Arbeitgeber finanziell attraktiver 450-Euro-Jobber einzustellen, als echte Vollzeitstellen zu schaffen. Daher kann eine solche Konstruktion nur dann funktionieren, wenn Arbeitnehmer nicht auf diese Jobs angewiesen sind. Gäbe es genügend reguläre Arbeitsstellen, dann könnten Arbeitssuchende einen solchen 450-Euro Job ablehnen und die 450-Euro-Jobs würden lediglich helfen zusätzliche Arbeitspotentiale bei Studenten, Hausfrauen oder Rentnern zu mobilisieren.
Solange aber durch eine hohe Arbeitslosigkeit, Arbeitssuchende in solche Beschäftigungsverhältnisse gedrängt werden, führt dies schnell zu einer Ausnutzung dieser Situation durch manche Arbeitgeber. Verschärft wurde diese Problematik durch die Absenkungen der Zumutbarkeitsgrenzen für Arbeitssuchende. Trotz schlechter Arbeitsbedingungen, finden die Arbeitgeber auf diese Weise Personal, um mit Minijobs die Lohnkosten zu drücken. Besonders bei Tätigkeiten, die nur eine kurze Einarbeitungszeit benötigen, oder keine besonderen Fähigkeiten voraussetzen, wird die Verzerrung deutlich spürbar.
So entstehen aber natürlich weitere Probleme, denn zum einen wird damit reguläre Beschäftigung vernichtet, zum anderen ist für solche Arbeitnehmer das Aufstocken zwingend nötig und damit ist Arbeits- und Altersarmut die logische Folge.

Das Fazit zu den Minijobs ist dementsprechend durchwachsen. Die Einführung der Sozialversicherungsabgaben war ein Meilenstein und hat die Sozialkassen nachhaltig gestärkt. Allerdings bleibt durch den niedrigeren Abgabesatz ein gewisser finanzieller Anreiz für Arbeitgeber bestehen, reguläre Beschäftigung in Minijobs zu verwandeln. Flankiert durch die Absenkung der Zumutbarkeitsregeln, hat sich dadurch die Situation am Arbeitsmarkt aus meiner Sicht weiter zu Ungunsten der Arbeitnehmer verschlechtert.
Solange also die Arbeitslosigkeit, vor allem bei ungelernten Arbeitnehmern, so hoch ist, dürften die Minijobs nicht noch durch niedrigere Lohnnebenkosten finanziell attraktiver sein, als reguläre Beschäftigung. Um gewöhnliche Arbeitsstellen zu fördern, müssten die Lohnnebenkosten umgekehrt sogar für Minijobs noch höher liegen, als das bei normalen Anstellungen der Fall ist. Es wäre aber bei den derzeitig hohen Lohnnebenkosten in Deutschland falsch, wenn dies zur Forderung führen würde, die Minijobs noch stärker zu belasten. Richtig wäre es hingegen, insgesamt eine deutliche Absenkung der Lohnnebenkosten zu forcieren.

Absenkung der Lohnnebenkosten (www.mister-ede.de – 26.12.2012)

Aus meiner Sicht sind also nicht die 450-Euro-Jobs das Problem, sondern die zu hohen Lohnnebenkosten in Deutschland und das fehlende Angebot regulärer Beschäftigung für diejenigen, die es wünschen.


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Die Probleme des Arbeitsmarktes (www.mister-ede.de – 04.05.2012)

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