mister-ede.de » Integrationspolitik https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Flüchtlingspolitik: Große Koalition meldete 2016 Insolvenz an https://www.mister-ede.de/politik/insolvenz-fluechtlingspolitik/5980 https://www.mister-ede.de/politik/insolvenz-fluechtlingspolitik/5980#comments Thu, 12 Jan 2017 10:57:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5980 Weiterlesen ]]> Was die Regierungsparteien im vergangenen Jahr in der Flüchtlingspolitik beschlossen haben, kommt einem Ausverkauf des Asylrechts und des Flüchtlingsschutzes gleich. Schon zu Beginn des Jahres 2016 verabschiedete die Große Koalition ihr Asylpaket II und schränkte damit den Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter deutlich ein. Betroffen von dieser Gesetzesverschärfung sind inzwischen unter anderem weit über 100.000 Syrer [1], die nun zwei volle Jahre warten müssen bis sie ihre Kinder, Ehegatten oder Eltern nach Deutschland nachholen dürfen. Angesichts der katastrophalen Situation in Syrien und des Bombenhagels der vergangenen Monate auf Aleppo macht diese Entscheidung fassungslos. Aber auch im Hinblick auf die vielen unbegleiteten Minderjährigen, die von ihren Familien oftmals zuerst in eine sichere Umgebung vorausgeschickt wurden, gleicht dieser Beschluss einem Offenbarungseid. Nun müssen für sie in Deutschland ein Vormund und eine jugendgerechte Unterbringung organisiert werden, während ihre Familien irgendwo außerhalb des Landes in oftmals menschenunwürdigen oder gefährlichen Umgebungen ausharren müssen. Anstatt den Flüchtlingsschutz, das Kindeswohl und den Schutz von Ehe und Familie zum Maßstab der Regierungspolitik zu machen, wurde damit wieder Abschreckung und Abschottung zur Leitlinie der Großkoalitionäre.

Doch die restriktive Flüchtlings- und Asylpolitik des vergangenen Jahres fand mit dem Asylpaket II nur ihren Anfang. Als kurze Zeit später das EU-Türkei-Abkommen unterzeichnet wurde, sagte die Bundesregierung humanitäre Kontingente und die Schaffung regulärer Wege nach Deutschland zu, sobald die Zahl der aus der Türkei kommenden Schutzsuchenden zurückgegangen ist. Spätestens seit dem Herbst des letzten Jahres wurde dann allerdings deutlich, dass die Bundesregierung von diesem Versprechen nichts mehr wissen will. So erhielten lediglich wenige hundert Flüchtlinge die Möglichkeit, regulär nach Deutschland zu kommen, und auch die Einrichtung des dauerhaften humanitären Aufnahmemechanismus für schutzbedürftige Personen ist inzwischen wieder von der Agenda verschwunden.
Selbiges gilt auch für die bereits 2015 zugesagte Beteiligung an der Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien, die eigentlich bis zum September 2017 abgeschlossen sein sollte. Hier nahm Deutschland von bislang 98.255 zur Verteilung vorgesehenen Flüchtlingen bis zum 10. Januar 2017 gerademal 1.099 auf, obwohl anteilsmäßig eine Übernahme von rund 30.000 Schutzsuchenden geplant gewesen ist [2]. Im Gegenteil versucht die Bundesregierung nun sogar, trotz der massiven Belastung der beiden Länder durch die hohe Zahl der dort bereits lebenden Flüchtlinge, Rückführungen nach Italien und Griechenland zu forcieren.

Zusätzlich wurde im vergangenen Jahr allerdings auch das Asylrecht in Deutschland in einer Art und Weise verschärft, dass man den Eindruck gewinnen muss, Flüchtlingsschutz heißt hierzulande mittlerweile, analog zu einem Sonnenschutz, Schutz vor Flüchtlingen. Überdies wurde vor einigen Wochen mit Abschiebungen in größerem Umfang nach Afghanistan begonnen, also der Verbringung in ein Land, das von Ministern als sicher eingestuft wurde, die es selbst nur in Kampfmontur bereisen. Zunehmend drängt sich damit die Frage auf, ob die Worte „christlich“ oder „sozial“ im Namen der Regierungsparteien inzwischen nicht gestrichen werden sollten, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.
Von der Wahrnehmung der humanitären Verantwortung Deutschlands ist, anders als noch im Zeitraum von Herbst 2015 bis Frühjahr 2016, heute zumindest nichts mehr zu spüren. Und auch von der Solidarität mit den von den Fluchtbewegungen in die EU stark betroffenen Ländern am Rande des Schengenraums ist die deutsche Politik mittlerweile wieder genauso weit entfernt wie vor 2015. Langfristig wird sich Deutschland damit jedoch keinen Gefallen tun und so könnte es bald wieder soweit sein, dass sich Merkel wünscht, „die Zeit zurückdrehen zu können“.


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[1] Asylgeschäftsstatistik 2016 des BAMF (Link zur PDF auf www.bamf.de)

[2] PDF der EU-Kommission zum Stand der Umverteilung der 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland (Link zur PDF auf ec.europa.eu)

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Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung der letzten 12 Monate https://www.mister-ede.de/politik/fluechtlingspolitik-12-monate/5368 https://www.mister-ede.de/politik/fluechtlingspolitik-12-monate/5368#comments Fri, 16 Sep 2016 11:25:40 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5368 Weiterlesen ]]> Um die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einordnen zu können, muss man sich zunächst vergegenwärtig, wo Deutschland vor einem Jahr stand. Das Dublin-System der EU funktionierte schon lange nicht mehr und die Zahl der Asylbewerber aus europäischen Ländern (vor allem vom Balkan) war spürbarer gestiegen. Dennoch wurde das BAMF weiter klein gespart und es gab z.B. keine Ansätze, um die reguläre Arbeitsmigration zu erleichtern. Ein funktionierende Migrations- und Asylsystem gab es in Deutschland daher weder auf dem Papier noch in der Realität.

Was gut gemacht wurde:

Mit der Balkankonferenz und einem Umdenken in der Balkanpolitik konnte die Zahl der Asylgesuche deutlich reduziert werden. Die Gelder für den UNHCR und das Welternährungsprogramm wurden massiv aufgestockt. Ankommende Flüchtlinge werden seit der Implementierung des EU-Türkei-Abkommens direkt in Griechenland registriert. Auch Italien ist mittlerweil in der Lage, die Registrierung ordnungsgemäß durchzuführen. Zusammen mit der Stärkung der europaweiten Verwendung des Eurodac-Systems wurde damit die unkontrollierte Wanderung weitestgehend unterbunden. Daneben konnte in Zusammenarbeit mit der Türkei die Zahl der irregulären Einreisen von der Türkei nach Griechenland von über 200.000 pro Monat in der Hochzeit des letzten Jahres auf aktuell einige Hundert bis wenige Tausend pro Monat deutlich reduziert werden. Auch ein weiterer Anstieg der Flüchtlingszahlen auf der Mittelmeerroute konnte mit Vor-Ort-Hilfen in Afrika verhindert werden.
In Deutschland selbst hat die Bundesregierung mit der spürbaren Aufstockung der BAMF-Mitarbeiter und der finanziellen Entlastung von Kommunen und Bundesländern sowie dem Integrationsgesetzt zur Rückkehr zur Normalität beigetragen.

Was nicht gut gemacht wurde:

Die Kommunen und Länder waren allerdings zu lange überfordert, ein Fehler, der der Bundesregierung angekreidet werden muss. Schäuble hätte deutlich schneller und unbürokratischer Hilfsmittel bereitstellen müssen und es wäre auch seine Aufgabe gewesen, solche Not-, Hilfs- und Förderprogramme aktiv voranzutreiben. Daneben war auch die Kommunikation der Bundesregierung katastrophal, vor allem die regierungsinternen Streitigkeiten wie bei der Obergrenze.

Zwischenfazit:

Über Jahre haben Politiker aller Parteien den Bereich Flucht / Asyl / Migration schleifen lassen und komplett vernachlässigt. Wenn man sich anschaut, wo Deutschland vor einem Jahr stand und wo es heute steht, war die Politik der Bundesregierung außerordentlich erfolgreich. Nachdem aber vieles einfach erst mal nachgeholt werden musste, ist trotz der guten Arbeit noch lange kein befriedigender Zustand erreicht.

Was noch immer fehlt:

Im Bundesministerium für Migration und Asyl fehlen weiterhin 4.000 bis 5.000 Mitarbeiter. Es ist durchaus möglich, diese Mitarbeiter auch für andere Bereiche einzusetzen, aber sie müssen zumindest ausgebildet sein, so dass es eine Kapazität gibt, um auf eine Krisensituation z.B. in der Ukraine, der Türkei oder eben Syrien angemessen reagieren zu können. Auch für vielleicht mal außerhalb Deutschlands anstehende Prüfungen von Schutzgesuchen, z.B. vor Ort in der Türkei, sollten solche Kapazitäten aufgebaut werden. Gerade wenn außerhalb Deutschlands die Schutzquote geringer ist, weil der Schutz auf Härtefälle beschränkt ist, ist von deutlich mehr zu prüfenden Anträgen auszugehen.

Daneben bleibt das ganze Kapitel Arbeitsmigration bis heute komplett unbehandelt genauso wie die Frage humanitärer Kontingente, die mit Punkt 4 des EU-Türkei-Statements vom 18.3.2016 vereinbart wurden. Wenn man irreguläre Migration durch reguläre ersetzen will, müssen solche regulären Wege, abseits der Familienzusammenführung, aber auch tatsächlich geschaffen werden. Dann könnte auch ein europäischer Ansatz folgen, um die irreguläre Migration von Nordafrika über das Mittelmeer zu reduzieren, z.B. mit Rücknahme-Abkommen ähnlich wie mit der Türkei.

Auch ein langfristiges Integrationskonzept konnte die Bundesregierung bislang nicht vorlegen. Es müsste für einen Syrer endlich klargestellt sein, dass er zurückkehren muss, sobald dort Frieden einkehrt und sofern er nicht genügend „Leistungspunkte“ erworben hat. Wer nichts leistet, verliert seinen Schutzanspruch, sobald der Schutzgrund entfällt. Hingegen sollte bleiben dürfen, wer hier etwas leistet und damit ja zeigt, dass er ein Zugewinn für unsere Gesellschaft ist.
Als Leistung kommt dabei beispielsweise in Betracht, einen gewissen Stand bei der deutschen Sprache zu besitzen, keine grobe Straftat begangen zu haben und einen Arbeitsplatz oder passable Zeugnisse vorweisen zu können. Wünschenswert wäre daneben auch eine Neuordnung der Ministerien, so dass ganz klar ein Minister für Integration für all diese Aufgaben zuständig ist.

Fazit:

Die Bundesregierung hat im letzten Jahr wahrscheinlich mehr für eine gute Migrations- und Integrationspolitik getan als alle Regierungen seit der Wiedervereinigung zusammen.
Gleichwohl konnte in diesem Jahr nur ein Teil der Versäumnisse aufgeholt werden. Dass noch immer kein langfristiges Integrationskonzept, kaum reguläre Wege nach Deutschland und keine Ideen für den Umgang mit Schutzsuchenden außerhalb Europas existieren, muss allerdings auch der zu spät handelnden und zerstrittenen Bundesregierung angelastet werden.


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Ein Ministerium für Integration, Gleichstellung und Inklusion https://www.mister-ede.de/politik/integration-gleichst-inklusion/5366 https://www.mister-ede.de/politik/integration-gleichst-inklusion/5366#comments Fri, 16 Sep 2016 11:08:20 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5366 Weiterlesen ]]> Vor einigen Monaten hatte ich schon einmal für ein neues Ministerium geworben, ein Ministerium für Migration und Integration. Denkbare wäre allerdings auch eine Kombination der Bereiche Integration, Gleichstellung und Inklusion entlang der Frage, wie einem Individuum, vom alleinerziehenden Vater über den ankommenden Flüchtling bis zum blinden Abiturienten, die bestmögliche Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft geboten werden kann. Frauen dürfen im Job nicht mehr an eine gläserne Decke stoßen, Personen mit ausländischen Namen auf der Suche nach einer Wohnung nicht mehr vor gläserne Mauern laufen oder Rollstuhlfahrer nicht mehr vor Treppen verzweifeln.

Anstatt diese drei Themenbereiche weiterhin gänzlich getrennt voneinander von verschiedenen Beauftragten bearbeiten zu lassen, sollte deshalb über eine Bündelung in einem vollwertigen Ministerium nachgedacht werden. Gelingt es effektive Gegenmaßnahmen zu entwickeln, um den unbewussten Ausschluss oder die bewusste Ausgrenzung von Personen aus der Gesellschaft zu reduzieren, hilft das sowohl der Integration als auch der Gleichstellung oder der Inklusion.
Ein weiterer Vorteil eines solchen Ministeriums wäre es, dass diese Querschnittsthemen nicht als Beiwerk einzelner Ministerien untergehen. Inklusion ist z.B. keine Frage von Schule und Bildung alleine, sondern muss genauso auf Fragen des Wohnens oder Arbeitens ausgedehnt betrachtet werden. Auch die Integration endet nicht mit dem BAMF-Bescheid, sondern fängt dort erst an. Und auch die Gleichstellung hat noch mit etwas mehr als nur der Familie zu tun. Außerdem bekämen diese ganzen Themen mit einem eigenen Ministerium auch einen eigenen Etat und endlich auch eine eigene Stimme am Kabinettstisch.

Insgesamt denke ich, es ist die Kernaufgabe eines Landes, benachteiligten Menschen zu helfen, damit sie ihre Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft wahrnehmen können. Dies mit einem eigenen Ministerium zu verdeutlichen, wäre ein klares Signal für mehr Chancengerechtigkeit in Deutschland. Daneben hätte es aber auch zahlreiche organisatorische Vorteile, wenn die Themenbereiche Integration, Gleichstellung und Inklusion in einem solchen Ministerium gebündelt würden.


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Braucht Deutschland ein Ministerium für Migration und Integration? https://www.mister-ede.de/politik/ministerium-fuer-integration/4761 https://www.mister-ede.de/politik/ministerium-fuer-integration/4761#comments Sun, 07 Feb 2016 11:03:04 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4761 Weiterlesen ]]> Bislang sind in Deutschland die Zuständigkeiten in der Flüchtlingspolitik sehr zersplittert und z.B. auf der Bundesebene auf verschiedene Ministerien verteilt. So ist das von Thomas de Maizière (CDU) geführte Innenministerium für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig und lädt alljährlich zur Islamkonferenz ein, während wiederum die Bundesregierung mit Aydan Özoğuz (SPD) eine eigene Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration hat und bis 2013 z.B. den Integrationsgipfel organisierte. Daneben ist für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt das Arbeits- und Sozialministerium von Andrea Nahles (SPD) zuständig und das Familienministerium von Manuela Schwesig (SPD) z.B. für die schutzbedürftigen Kinder unter den Flüchtlingen. Hinzu kommen überdies noch die Länder und Kommunen, die neben der Unterbringung auch beispielsweise für die Gesundheitsversorgung, Sprachkurse oder die Eingliederung ins Schulsystem verantwortlich sind.

Um die große Herausforderung der Integration von hunderttausenden Menschen zu bewältigen, wäre deshalb ein Ministerium für Migration und Integration, in dem die verschiedenen Zuständigkeiten gebündelt werden, eine Überlegung wert. So könnte ein solches Ministerium für das BAMF verantwortlich sein, die Koordination von Bundes- und Landesebene verbessern und weitere Aufgaben rund um das Flüchtlingsthema übernehmen. Vorstellbar wäre beispielsweise, die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge in einem solchen Ministerium zentral zu organisieren und Länder und Kommunen z.B. durch eine vom Bund finanzierte Krankenversicherung zu entlasten. Ebenso wären eine bundeseinheitliche Verwaltung von Integrationsmaßnahmen, die Umsetzung eines Punktesystems für eine verbesserte spätere Bleibeperspektive von Flüchtlingen oder auch die zentrale Organisation von Rückführungen nicht schutzberechtigter Personen, z.B. direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus, denkbar.
Daneben könnte einem solchen Ministerium aber auch in einem anderen Punkt eine Schlüsselrolle zukommen. Denn, unabhängig der aktuellen Flüchtlingssituation muss sich Deutschland sowieso darauf vorbereiten, jene Menschen, die künftig aus der EU oder über ein modernes Einwanderungsgesetz von außerhalb zum Ausgleich der demographischen Lücke nach Deutschland kommen, gut zu integrieren. Auch hierfür wäre ein solches Ministerium prädestiniert, das dann z.B. den Dialog mit den islamischen Verbänden suchen, den kulturelle Austausch zwischen Migranten und Einheimischen fördern oder den Kampf gegen die Diskriminierung von Migranten forcieren kann.

Angesichts der vorhandenen Koordinationsprobleme in der Flüchtlingskrise und der großen Integrationsaufgabe scheint mir eine Debatte über ein solches Ministerium durchaus sinnvoll. Denn, selbst wenn die Zahl der Flüchtlinge zurückgeht, werden Migration und Integration für Deutschland immer wichtigere Themen werden, die in einem eigenen Ministerium sicher besser aufgehoben wären als im aktuellen Kompetenzwirrwarr.


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Flüchtlinge: Bundesregierung schafft Rechtsstaat ab https://www.mister-ede.de/politik/politik-schafft-rechtsstaat-ab/4374 https://www.mister-ede.de/politik/politik-schafft-rechtsstaat-ab/4374#comments Mon, 14 Sep 2015 19:03:20 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4374 Weiterlesen ]]> Menschenunwürdige Flüchtlingsquartiere von München bis Hamburg, Grenzkontrollen, dumpfer Populismus und möglicherweise bald Enteignungen – die Bundesregierung verliert die Kontrolle und ist dabei, den Rechtsstaat in Deutschland abzuschaffen.

Wer glaubt, Art. 1 GG würde in Deutschland uneingeschränkt gelten, kann sich in jeder Notunterkunft für Flüchtlinge eines Besseren belehren lassen. Die Menschenwürde wird mit Füßen getreten und die Bundesregierung schaut einfach nur zu. Wo sind denn die Milliarden, die einst für die Bankenrettung aufgebracht wurden? Wo ist das Engagement, das in der Finanzkrise gezeigt wurde? Es ist offensichtlich, dass diese Regierung nicht willens oder nicht in der Lage ist, das wichtigste Grundrecht in Deutschland einzuhalten, den Schutz der Menschenwürde.

Aber auch andere Rechtsbrüche werden von den Bundes- und Landesregierungen in Kauf genommen. Wer dachte, das Recht auf Privateigentum sei gewährleistet, muss sich nur den Vorschlag zu Zwangsvermietung an Flüchtlinge anschauen, um zu erkennen, dass auch dieses grundgesetzlich geschützte Recht bald wohl nicht mehr existieren wird. Dabei stellt sich die Frage, wieso dort, wo dies möglich ist, entsprechende Häuser nicht einfach gekauft werden. Dass dies teurer ist als eine Zwangsbewirtschaftung des Wohnraums, reicht definitiv nicht als Rechtfertigung aus, um einfach mal so nebenbei Art. 14 außer Kraft zu setzen.

Daneben werden die europäischen Regeln des Dublin-Abkommens und des Schengen-Abkommens einfach nicht beachtet. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum Flüchtlinge ohne Registrierung einfach nach Schweden geschickt werden. Selbst wenn Schweden dem zustimmt, kann Deutschland nicht einfach ohne Not einen Vertrag brechen, der ja nicht nur zwischen Schweden und der BRD geschlossen wurde, sondern eine Vereinbarung mit vielen weiteren Vertragspartnern ist.
Genauso unverständlich ist es, dass die Binnengrenzen zu Österreich seit gestern de facto geschlossen sind, obwohl die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme, nämlich eine Gefährdungslage, überhaupt nicht vorliegen. So war es die Bundesregierung selbst, die in den letzten Wochen mehrfach ausführte, dass durch die Migration keine Gefahr besteht. Doch selbst wenn man die Einführung von Grenzkontrollen als gerechtfertigt ansieht, so erlaubt das noch lange nicht, den Zugverkehr einzustellen und damit den Grenzverkehr komplett zu unterbinden. Diese Form der Abschottung ist nirgends vorgesehen und ist in keinster Weise mit europäischem Recht vereinbar.

Im Ergebnis hält sich diese Bundesregierung mittlerweile nur noch an jene Bestandteile des Grundgesetztes, die ihr gefallen, an jene Gesetze, die sie umzusetzen vermag, und an jene europäischen Verträge, deren Einhaltung ihr opportun erscheinen. Der Rechtsstaat war gestern, heute ist Deutschland nur noch eine Merkelkratie im Notstandsmodus.

Ergänzung 17.9.2015: Was die Grenzkontrollen anbelangt, so kommt es auf die Frage an, ob die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist. Hier bin ich in Bezug auf die letzten Tage mittlerweile zu einer anderen Einschätzung gelangt, weshalb ich die Grenzkontrollen als vertretbar erachte. Per Stand heute bezweifle ich aber wieder, dass die öffentliche Ordnung noch immer gefährdet ist. Die Grenzkontrollen sollten daher wieder auf das obere Ende des Normalmaßes reduziert werden.


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Nachgefragt: Fragen an die Bundesregierung zur Änderungen des Bleiberechts https://www.mister-ede.de/politik/fragen-zum-bleiberecht/4140 https://www.mister-ede.de/politik/fragen-zum-bleiberecht/4140#comments Tue, 04 Aug 2015 08:11:02 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4140 Weiterlesen ]]> Anfang dieses Monats ist eine Änderungen des Bleiberechts für Flüchtlinge in Deutschland in Kraft getreten, durch die es „gut integrierten“ Flüchtlingen künftig erleichtert werden soll, in Deutschland bleiben zu können oder zumindest eine längere Duldung zu erhalten. Für die Bewertung der Integrationsleistung der einzelnen Personen wird dabei auf Schulbesuche, Abschlüsse oder einen vorhandenen Ausbildungsplatz abgestellt.
Allerdings frage ich mich in diesem Zusammenhang, ob das nicht unfair gegenüber jenen Flüchtlingen ist, die aufgrund einer Krankheit, eines Traumas oder einer Behinderung einfach nicht so leistungsfähig sind und damit auch die Anforderungen für diese bevorzugte Behandlung schwerer erfüllen können, also zum Beispiel keine Ausbildungsstelle finden. Um dies jetzt aber nicht verkürzt und gefühlsmäßig, sondern rational und voll umfänglich beantworten zu können, habe ich meine Frage(n) an die zuständigen Stellen gerichtet, also an das für das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration verantwortliche Bundesinnenministerium sowie an die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Aydan Özoğuz (SPD).

Hier sind zunächst meine Fragen und weiter unten nach einem Fazit die Antworten:

1. Nachdem das neue Bleiberecht die frühere Möglichkeit einer Aufenthaltsgenehmigung bei gut integrierten Jugendlichen vorsieht, habe ich folgende Fragen:

Haben Jugendliche mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit, z.B. aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder Traumata durch Krieg und Vertreibung, dieselben Chancen wie gesunde und leistungsstarke Jugendliche, eine Aufenthaltsgenehmigung nach diesen Vorschriften zu erhalten?

Wie wird verhindert, dass nur leistungsstarke Jugendliche in den Genuss dieses Vorteils kommen? Gibt es entsprechende Härtefallregelungen?

2. Nachdem das neue Bleiberecht Personen mit einer Ausbildungsstelle eine längere Duldung ermöglicht und diese damit anders behandelt als Personen ohne eine Ausbildungsstelle, habe ich folgende Fragen:

Haben Personen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit, z.B. aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder Traumata durch Krieg und Vertreibung, dieselben Chancen wie gesunde und leistungsstarke Personen, in Deutschland einen Ausbildungsplatz zu finden und von dieser Regelung zu profitieren?

Wie wird verhindert, dass nur leistungsstarke Personen in den Genuss dieses Vorteils kommen? Gibt es entsprechende Härtefallregelungen?

3. Abschließende Frage zur Vereinbarkeit mit Art. 3 III S. 2 GG:

Ist aus Sicht des Bundesinnenministeriums / der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration die Anknüpfung an die gute Integration bzw. an das Vorhandensein eines Ausbildungsplatzes mit dem Grundgesetz und insbesondere mit Art. 3 III S. 2 GG, „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, vereinbar?

Fazit:

Zu 1) Zwar gibt es keine expliziten Härtefallregeln für diese Situation, aber Personen, die durch eine Behinderung oder andere Beeinträchtigungen benachteiligt werden könnten, können andere Schutzklauseln für sich in Anspruch nehmen. Außerdem haben schwächer begabte Personen keine Nachteile, weil auf den Besuch einer Schule und nicht gleich auf einen Diplom-Abschluss abgestellt wird. Diese Verbesserung ist aus meiner Sicht daher uneingeschränkt zu begrüßen.

Zu 2) Auch in Bezug auf die 1-jährige Duldung können neben der Aufnahme einer Ausbildung auch andere Härtefallgründe in Betracht kommen. Hier jedoch fallen jene durch das Raster, die entweder nicht das richtige Talent mitbringen oder einfach nicht das Glück haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Zu Begrüßen sind daher Sonderprogramme, die hier eine Förderung bieten.
Dennoch hat diese Neuregelung einen gewissen selektiven Charakter, weil jene, die gut in das Profil Deutschlands passen, leichter eine bevorzugte Behandlung erfahren können. Allerdings, auch wenn ich dies bei humanitären Angelegenheiten als schwierig empfinde, befürchte ich, dass in der aktuellen Situation dem Umgang mit der Realität der Vorrang vor dem Beharren auf Wunschbildern einzuräumen ist.

Zu 3) Aus meiner Sicht ist die Verfassungskonformität durch die Kombination mit anderen Schutzvorschriften und Maßnahmen gegeben, auch wenn ich das Anknüpfen an einen Ausbildungsplatz zumindest als nicht unkritisch ansehe.

Antwortschreiben des BMI vom 07.08.2015:

Antworten des BMI zu 1) Die Bleiberechtsregelung nach § 25a AufenthG für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende setzt in der Regel den erfolgreichen Besuch einer Schule oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss voraus. Eine Härtefallklausel ist in § 25a AufenthG nicht vorgesehen.
Dafür ist es nach der allgemeinen Bleiberechtsregelung des § 25b AufenthG möglich wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen von den Regelerteilungsvoraussetzungen der Lebensunterhaltssicherung und der hinreichenden Deutschkenntnisse abzuweichen (§ 25b Absatz 3 AufenthG).
Traumatisierte oder behinderte Jugendliche kommen zudem auch für weitere humanitäre Aufenthaltsrechte, z.B. nach § 25 Absatz 4oder 5 AufenthG, in Betracht, so dass sie genauso wie „leistungsstarke Jugendliche“ eine Bleibeperspektive in Deutschland erhalten können.

Antworten des BMI zu 2) Mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung ist in § 60a Absatz 2 AufenthG klarstellend ergänzt worden, dass die Aufnahme einer Berufsausbildung ein dringender persönlicher Grund zur Erteilung einer Duldung sein kann.
Daneben sieht das Aufenthaltsgesetz aber auch die Erteilung einer Duldung aus dringenden humanitären Gründen vor (siehe § 60a Absatz 2 Satz 3 AufenthG), so dass auch die von Ihnen angesprochenen Personen ggf. eine Ermessensduldung erhalten können.
Die Bundesregierung und die übrigen Partner der „Allianz für Aus- und Weiterbildung 2015 – 2018“ wollen gemeinsam daran arbeiten, sowohl mehr leistungsstarke junge Menschen für die beruf¬liche Bildung zu gewinnen als auch mehr jungen Menschen mit schlechteren Startchancen, jungen Menschen mit migrationsbedingten Problemlagen sowie Menschen mit Behinderung eine betriebliche Berufsausbildung zu ermöglichen. Etwa durch die neu in § 130 SGB III eingeführte Maßnahme der Assistierten Ausbildung sollen mehr lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge Menschen zu einem beruflichen Abschluss gebracht und die Unter¬nehmen bei der Ausbildung unterstützt werden. Die Assistierte Ausbildung steht auch Geduldeten offen. Zudem können Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für behinderte und schwerbehinderte Jugendliche geleistet werden, wenn die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine Ausbildung vorliegen und eine Ausbildung sonst nicht erreicht werden kann.

Antworten des BMI zu 3) Das Aufenthaltsgesetz hält verschiedene Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen bereit, die gerade auch behinderten Personen zu Gute kommen können. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz kann mithin nicht erkannt werden.


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Die Zentrifugalkraft des Politikversagens: Grexit, PEGIDA und „Charlie Hebdo“ https://www.mister-ede.de/politik/zentrifugalkraft-des-versagens/3425 https://www.mister-ede.de/politik/zentrifugalkraft-des-versagens/3425#comments Sat, 10 Jan 2015 17:19:28 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3425 Weiterlesen ]]> In diesen Tagen kommt das Versagen der europäischen Politik wieder sehr deutlich zum Vorschein. Unabhängig von den Farben der Parteien und der politischen Ausrichtung der jeweiligen Regierung ist zu konstatieren, dass es in den letzten Jahrzehnten in keinster Weise gelungen ist, die wesentlichen gesellschaftlichen Fragen innerhalb der EU zu beantworten und damit das Fundament für eine stabile Gesellschaftsordnung in Europa und der Welt zu legen.
Neben dem völlig unbearbeiteten Thema des weltweiten Bevölkerungswachstums bei endlichen Ressourcen und dem stiefmütterlich behandelten Klimawandel zeigt sich das Versagen der europäischen Politik zum Beispiel in einer suboptimalen Russlandpolitik oder nicht ausreichend integrativen und angleichenden Maßnahmen für EU-Neu-Mitglieder. Die Destabilisierung der europäischen Gesellschaften und die zum Teil aufgeheizte Stimmungslage in den Bevölkerungen ist deshalb aus meiner Sicht eine mehr oder weniger direkte Folge einer Politik, die sich im Zentrum häufig nur um sich selbst dreht und dabei die zahlreichen Kernfragen unserer Zeit unbeantwortet lässt. Dieses Politikversagen führt dazu, dass die Bürger Europas zum Teil zusammen mit den ungelösten Problemen im eigenen Land an den Rand gedrängt werden und die europäische Gesellschaft auf diese Weise auseinandergetrieben wird.

Die katastrophale Lage im Osten der Ukraine mit all den Unsicherheiten für die Ukraine selbst, aber auch für Russland und die EU, kann ohne Weiteres darauf zurückgeführt werden, dass auch 25 Jahren nach dem Zerfall der Sowjetunion die Antwort auf die Frage fehlt, wie eine Zusammenarbeit zweier in einigen Bereichen doch recht unterschiedlichen Gesellschaften, in Russland und der EU, ermöglicht werden kann. Das Auseinanderdriften von Russland und der EU ist damit im Prinzip nicht das Ergebnis einer gescheiterten Politik, sondern das Resultat aus dem völligen Vergessen oder Verdrängen der Notwendigkeit einer Russlandpolitik.

Ähnlich lange wie der Fall des Eisernen Vorhangs ist es auch schon her, dass die Einführung des Euro als gemeinsame Währung beschlossen wurde, allerdings auch hier gibt es noch immer keine befriedigende Antwort auf die für die Währungsunion durchaus wichtige Frage, wie eine weitere politische Integration der EU oder der Eurozone gelingen kann. Schaut man sich die Eurokrise an, so ist sie in weiten Teilen auf genau diese fehlende Antwort zurückzuführen und so treibt auch hier das Politikversagen die europäische Gesellschaft kräftig auseinander, wie sich z.B. an der griechischen Schuldenschnitt- bzw. Grexit-Debatte zeigt. Genauso könnte aber auch LuxLeaks als Symbol für die fehlende europäische Integration herhalten oder allgemein der ins Selbstschädigende gehende Wettbewerb der EU-Länder untereinander. Wenn Facebook nur wenige Prozent Steuern zahlt und ein Einzelhändler seine Gewinne hochversteuern muss, dann verstärkt auch dies die Fliehkräfte in dieser europäischen Gesellschaft und zwar bis weit in ihre Mitte hinein.

Aber auch andere wesentliche Fragen der europäischen Integration, ob es zum Beispiel Austritts- oder Ausschlussmöglichkeiten aus der EU geben sollte, wenn beispielsweise ein Land die europäischen Grundwerte missachtet, sind weiter offen. Genauso sind andere Integrationsprobleme, wie die großen gesellschaftlichen und insbesondere wirtschaftlichen Unterschiede innerhalb der Union z.B. zu den Ländern der Schwarzmeer-Region, auch nach der mittlerweile über 8-jährigen EU-Mitgliedschaft von Bulgarien und Rumänien ungelöst. Wenn aber z.B. über Jahre die Probleme der Roma, egal ob nun in Rumänien, Frankreich oder Deutschland, nicht gelöst werden, ist es nicht verwunderlich, dass sich nicht nur die Roma an den Rand der Gesellschaft verbannt sehen, sondern durch eine solche dauerhafte Ausgrenzung auch neue und zusätzliche Problematiken entstehen.
Daneben können genauso die Verdrängungsängste mancher Menschen, die sich in Deutschland aber auch z.B. in Dänemark oder Großbritannien bisweilen in nationalistischen Tendenzen zeigen, teilweise darauf zurückgeführt werden, dass viele Fragen der europäischen Integration eben noch immer nur unbeantwortet im Raum stehen.

Offen ist in Europa auch die Frage, wie das Auseinanderdriften von Arm und Reich global wie auch in Europa selbst abgemildert, unterbunden oder umgekehrt werden kann, und auch in Deutschland sind grundlegende Probleme, wie das Anwachsen von Arbeitsarmut oder Altersarmut, seit Jahren bekannt, aber ungelöst. Ganz im Gegenteil wird sogar beharrlich an der Absenkung des Rentenniveaus festgehalten und auch eine bessere Lohnentwicklung im Bereich der Schlecht- oder Nichtqualifizierten, z.B. durch eine steuerliche Entlastung von Geringverdienern oder die Einführung progressiver Sozialversicherungsabgaben, ist nicht absehbar.
Während somit die Probleme Arbeitsarmut und Altersarmut weitestgehende ignoriert werden, wachsen auch hier wieder die Fliehkräfte und drängen einen Teil der Bürger zuerst an den wirtschaftlichen Rand und dann teilweise an den politischen Rand, ob nun zur AfD, zu PEGIDA oder zu dem, was es zwischen Verschwörungstheorie und „Lügenpresse“ sonst noch alles gibt.

Umgekehrt steht, gerade mit Blick auf Frankreich und Großbritannien, dafür weiterhin die Frage nach gelingender Integration im Raum. Genauso haben wir in Deutschland, obwohl uns diese Frage schon seit Jahrzehnten begleitet, bislang noch keine wirkliche Antwort hierfür gefunden. So muss man wohl auch den Anschlag auf „Charlie Hebdo“, zumindest so wie es sich zurzeit darstellt, viel weniger mit Islamismus, IS oder Al-Qaeda erklären und vielmehr mit einem massiven Politikversagen in der EU. Nicht ein irgendwie gearteter Islamismus hat gemordet, sondern ganz konkret drei hier aufgewachsene Menschen, die sich am Rand der Gesellschaft soweit radikalisiert haben, dass sie diese Gesellschaft, in der sie lebten, nur noch als ihren Feind betrachtet haben. Europaweit über eintausend Syrien- oder IS-Heimkehrer sind damit die Antwort auf die von der Politik unbeantwortete Frage nach gelingender Integration.

Damit rächt sich nun deutlich die jahrelange Praxis von regierenden Politikern, die Kernfragen der Gesellschaft unbeantwortet zu lassen und die wenig prestige- und dafür umso konfliktträchtigeren Themen weiträumig zu umgehen. Nicht erst seit den Anschlägen von Paris ist klar, dass Integrationspolitik versagt hat, nicht erst seit 10 Tagen gibt es in Griechenland wirtschaftliche Verwerfungen, nicht erst seit der Europawahl ist Le Pen in Frankreich stark und eine breite Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien gibt es in Deutschland auch nicht erst seit der AfD. Was wir heute in den Nachrichten sehen, ist nicht plötzlich über uns gekommen, sondern das Resultat des Politikversagens der letzten drei Jahrzehnte.


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Intrikation ist da gar nicht! https://www.mister-ede.de/4-fun/intrikation-ist-da-gar-nicht/3181 https://www.mister-ede.de/4-fun/intrikation-ist-da-gar-nicht/3181#comments Fri, 14 Nov 2014 13:12:05 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3181 Weiterlesen ]]> Die Mutter, die da gegen ein Flüchtlingsheim demonstriert, hat zwar recht, aber wir können ja jetzt nicht von Flüchtlingen verlangen, dass sie eine Teletubbie-Sprache lernen, nur weil die Mutti es zeit ihres Lebens nicht geschafft hat, sich der deutschen Sprache zu bemächtigen.

Schöner Beitrag der NDR-Sendung Extra 3 vom 12.11.2014 zum unschönen Widerstand gegen ein Flüchtlingsheim (Link zum Beitrag auf www.ndr.de).

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Die AfD macht es sich in der rechten Ecke gemütlich https://www.mister-ede.de/politik/die-afd-und-die-rechte-ecke/3033 https://www.mister-ede.de/politik/die-afd-und-die-rechte-ecke/3033#comments Wed, 17 Sep 2014 19:26:01 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3033 Weiterlesen ]]> Als sich vor einiger Zeit die AfD gründete, war sie zunächst eine Ein-Themen-Partei, die sich mit der Euro-Rettungspolitik beschäftigte und diese kritisierte, bzw. die Kritik vieler Bürger an den diversen Rettungsmaßnahmen aufgriff und zum Teil kanalisierte. Allerdings schon mit der Ausformulierung ihrer eigenen Vorschläge einer alternativen Stabilisierungspolitik zeigte die AfD eine gewisse Tendenz zu einer entsolidarisierten Europapolitik mit Renationalisierungsbestrebungen. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 hat die Partei dann weitere Themen mit überwiegen rechts-konservativen Positionen besetzt.
Nach der Bundestagswahl ist die AfD aus meiner Sicht dann allerdings nochmal ein gutes Stück weiter gewandert und fischt mittlerweile sehr bewusst sehr weit außen im rechten Milieu. Wenn man die Programmatik zur Europawahl oder zu den jetzigen Landtagswahlen sieht, dann macht es sich die AfD genau in jener Ecke gemütlich, in die sich Lucke nie drängen lassen wollte.
War zunächst noch vorstellbar, dass die AfD die liberale Rolle der FDP aufgreift, hat sich die AfD mittlerweile deutlich am rechten national-konservativen Rand angesiedelt. Luckes Aussage, die AfD sei die neue FDP, trifft daher wohl eher insoweit zu, als auch die AfD im Wesentlichen heiße Luft produziert, ohne dass etwas hinter ihren Vorschlägen steckt.
So wie die Parole vom „einfacheren, niedrigeren und gerechteren Steuersystem“ nur eine leere populistische Phrase war, mit der kein einziges Problem gelöst wurde, so sind auch die Forderungen der AfD nur Flötenklang. Mit einer restriktiven Ausländerpolitik wird weder Integration besser gelingen noch die demographische Lücke auf dem Arbeitsmarkt geschlossen und bezogen auf EU-Ausländer ist sowas auch nicht vereinbar mit dem friedenssicherenden europäischen Projekt mit seinen offenen Grenzen.
Vielleicht war mit Luckes Vergleich zur FDP aber auch das Spitzenpersonal der Partei gemeint, das sich ebenfalls für nichts zu schade ist und auch noch versucht den letzten Rest Haltung gegen Wählerstimmen einzutauschen.

Wer aber mit Minarettverboten auf Stimmenfang geht und auf eine Haltung aus Wackelpudding setzt, um den rechten Rand bedienen zu können, der wird für die meisten Wähler schnell unattraktiv. Nach der Wanderung der AfD hin zur rechte Ecke kann ich mir daher vorstellen, dass wir bei den letzten Landtagswahlen den Anfang gesehen haben – den Anfang vom Ende der AfD.

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