mister-ede.de » Zypern https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Flüchtlingspolitik: Alternativen zur Ägäis-Route https://www.mister-ede.de/politik/alternativen-zur-aegaeis-route/4841 https://www.mister-ede.de/politik/alternativen-zur-aegaeis-route/4841#comments Fri, 11 Mar 2016 08:39:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4841 Weiterlesen ]]> In der öffentlichen Diskussion über die Verhandlungen mit der Türkei zur Begrenzung der Migrationsbewegung in der Ägäis, wird immer wieder angeführt, dass ein Abkommen mit der Türkei ins Leere läuft, weil die Flüchtlinge im Zweifel einfach auf andere Routen ausweichen. Ob ein solches Szenario tatsächlich realistisch ist, soll ein genauerer Blick auf die möglichen Ausweichrouten zeigen.

Die Entwicklung der Flüchtlingsrouten:

Vergleicht man die Zahlen, flohen und fliehen seit etwa vier Jahren über die Staaten Nordafrikas und das Mittelmeer grob 200.000 Personen pro Jahr, während über die Türkei nach Griechenland bis zum Frühjahr 2015 nur einige tausend Schutzsuchende kamen. Dies änderte sich ab diesem Zeitpunkt, vermutlich weil erkennbar wurde, dass dieser Weg für Flüchtlinge mit weniger Risiko und Aufwand verbunden, aber genauso erfolgsversprechend ist. In den Sommermonaten 2015 reisten dann zum Teil 200.000 Flüchtlinge in einem einzigen Monat irregulär über die Türkei in Griechenland und damit der EU ein und selbst jetzt im Winter lag diese Zahl mit z.B. 67.000 Einreisen im Januar 2016 äußerst hoch.
Dies zeigt allerdings, dass es sich bei der Ägäis-Route schon um eine besondere Route und nicht nur um eine unter vielen handelt. Die geografischen Verhältnisse mit kilometerlangen Seegrenzen bei zum Teil wenigen Kilometern Abstand zwischen türkischem Festland und griechischen Inseln sind für eine irreguläre Einreise in die EU weit besser geeignet, als das bei allen bisherigen Wegen der Fall war. Gerade deshalb dürfte es für Schlepper und Flüchtlinge allerdings schwer werden, diese Route einfach durch eine andere zu ersetzen, zumal für die irreguläre Migration von monatlich 100.000 Menschen auch erst wieder eine gewisse Infrastruktur aufgebaut werden muss.

Alternative Routen:

Die naheliegendste Alternative ist der Geografie entsprechend eine Fluchtroute von der Türkei über das Schwarze Meer nach Bulgarien. Bei einem Abkommen mit der Türkei könnte allerdings genau das schon berücksichtigt werden, so dass einem Ausweichverhalten automatisch vorgebeugt wäre.
Nördlich der Türkei sind Wege über Russland denkbar, allerdings erscheint eine Fluchtbewegung in dieser Dimension über Russland bei aller Phantasie höchst unwahrscheinlich. Hingegen scheitern die südlich der Türkei gelegenen Fluchtrouten über Zypern daran, dass das EU-Mitglied bislang nicht in den kontrollfreien Schengenraum integriert ist.
Damit verbleiben jedoch nur wieder jene Fluchtrouten über Nordafrika, die von den Flüchtlingen, wenn es denn geht, gemieden werden. Hinzu kommt, dass die EU diesbezüglich ihre Kooperation mit Marokko, Algerien und Tunesien weiter vertieft, weshalb auch dort eine Entwicklung wie in der Ägäis zurzeit unwahrscheinlich ist. Übrig bleibt somit alleine die Fluchtroute über das Gebiet des früheren Libyens z.B. nach Lampedusa oder Malta. Doch selbst wenn sich an der dortigen Situation vorerst nichts ändert und es nicht gelingt, mit Hilfe einer neuen Regierung zu einer stabilen Lage an der libyschen Küste zu kommen, wird diese Route nur zum Teil einen Ersatz darstellen können. Immerhin ist es ein gewaltiger Unterschied, ob mit einem Boot im Mittelmeer eine Strecke von 3 oder 300 Kilometern überwunden werden muss und das zeigt sich eben auch darin, dass der sprunghafte Anstieg der Flüchtlingszahlen im Frühjahr 2015 eng mit der Ägäis-Route verbunden ist.

Fazit:

Kommt es zu einer Vereinbarung mit der Türkei, welche die irreguläre Migration in die EU deutlich erschwert, z.B. durch ein Rückführungsabkommen, wird der Druck auf andere Fluchtrouten zunehmen. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass dort ähnliche Dimensionen bei den Flüchtlingszahlen erreicht werden, wie auf der Ägäis-Route von der Türkei nach Griechenland. Die Vermutung, dass ein Abkommen mit der Türkei wegen eines Ausweichverhaltens der Flüchtlinge ins Leere läuft, ist deshalb zumindest gewagt.


Ähnliche Artikel:
Flüchtlinge in der EU: Grenzsicherung durch Rückführungsabkommen (www.mister-ede.de – 05.02.2016)

EU-Türkei-Gipfel: Verbleib von Flüchtlingen in der Türkei (www.mister-ede.de – 07.03.2016)

Flüchtlinge in der Ägäis: NATO-Einsatz vs. Rückführungsabkommen (www.mister-ede.de – 21.02.2016)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/alternativen-zur-aegaeis-route/4841/feed 0
Fehlannahmen zu Griechenland und den Folgen der Griechenland-Wahl https://www.mister-ede.de/politik/fehlannahmen-griechenland/3502 https://www.mister-ede.de/politik/fehlannahmen-griechenland/3502#comments Thu, 22 Jan 2015 17:50:37 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3502 Weiterlesen ]]> Zurzeit kursieren in Deutschland drei große Fehlannahmen rund um die griechische Wirtschaftsituation und die Folgen der Griechenland-Wahl.

Zunächst ist es eine Mär, dass Griechenland aus dem Euro ausscheiden will. Weder Syriza noch sonst eine politische Kraft in Griechenland will den Euro verlassen, weil diese Währung für Griechenland große Vorteile bietet. Nicht nur der Staat, sondern auch die Unternehmen können mit Hilfe des bislang harten Euro zum Beispiel Vorprodukte beziehen oder sich in dieser Währung finanzieren, ohne dass Anleger Angst vor Währungsverlusten haben müssen. Selbst wenn der Euro für Griechenland an anderer Stelle ungünstig ist, hat Griechenland mit dem Euro einen großen Standortvorteil z.B. gegenüber der Türkei, den die wenigsten aufgeben wollen. Insofern wird Griechenland nicht aus dem Euro ausscheiden, solange nicht die übrigen Euro-Staaten ihrerseits versuchen, das Land aus der Gemeinschaftswährung heraus zu drängen.
Eine zweite Fehlannahme ist, dass die Staatsschulden das größte Problem Griechenlands darstellen. Tatsächlich sind diese zwar weit aus dem Ruder gelaufen, aber aufgrund der aktuellen Niedrigzinspolitik sowie der Akzeptanz griechischer Staatsanleihen als Sicherheiten durch die EZB und ihre Bereitschaft zum Aufkauf von Staatsanleihen, hält sich die griechische Zinslast, die aus den massiven Schulden resultiert, noch in Grenzen. Das weit größere Problem für Griechenland ist die relative Perspektivlosigkeit sowie die mangelnde Bereitschaft der starken Euro-Mitgliedsstaaten durch Reallohnsteigerung das Preisniveau deutlich anzuheben. Solange sich nichts an dieser Situation ändert, wird Griechenland mit oder ohne Schuldenschnitt zwischen Rezession und Deflation umher taumeln, weshalb die Schulden für sich alleine genommen eher ein nachrangiges Problem darstellen.
Kommt es allerdings zu Diskussionen über einen Schuldenschnitt oder über zusätzliche Hilfsgelder für Griechenland, dürfte es sich um eine weitere Fehleinschätzung handeln, wenn davon ausgegangen wird, dass sich solche Auseinandersetzungen dann auf Griechenland begrenzen lassen. Fraglich ist z.B., ob Irland ohne Zugeständnisse bereit wäre, einen Schuldenschnitt oder ein Hilfsprogramm für Griechenland mitzutragen. Aber auch Zypern, Portugal oder Spanien könnten Erleichterungen, z.B. Investitionshilfen, einfordern. Umgekehrt wäre es aber auch denkbar, dass Länder, wie z.B. Frankreich oder Italien, mit Verweis auf die heimische Wirtschaftssituation neuerliche Hilfen verweigern.

Berücksichtigt man alle drei Fehlannahmen, dann tritt Griechenland bei einem Regierungswechsel einfach aus dem Euro aus und erhält bei der Rückzahlung der Staatsschulden etwas mehr Zeit. Lässt man diese Fehleinschätzungen aber beiseite, muss im Falle eines Regierungswechsels in Griechenland in den nächsten Monaten eine für die gesamte Eurozone tragfähige Lösung gefunden werden oder Griechenland droht durch einseitige Maßnahmen, z.B. durch einen Zahlungsstopp, die Eurozone in Schieflage zu bringen.


Ähnliche Artikel:
Griechenlands Schuldendienst und der Grexit (www.mister-ede.de – 12.01.2015)

Glossar: Die Zinslastquote (von Staaten)

Mehr zum Thema Eurokrise auf www.mister-ede.de

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/fehlannahmen-griechenland/3502/feed 0
Eine Bilanz nach fünf Jahren Euro-Rettungspolitik https://www.mister-ede.de/politik/bilanz-euro-rettungspolitik/2192 https://www.mister-ede.de/politik/bilanz-euro-rettungspolitik/2192#comments Tue, 15 Oct 2013 06:21:13 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2192 Weiterlesen ]]> Wir schreiten durch das sechste Jahr der Finanzkrise nach dem Zusammenbruch von Lehman im Herbst 2008. Den Unsicherheiten an den Kapitalmärkten und der Gefahr einer Pleitewelle bei Banken begegnete die europäische Politik damals mit weitreichenden Stützungsmaßnahmen. Deutschland fing die Hypo-Real-Estate auf, beteiligte sich an der Commerzbank und stellte zahlreichen Landesbanken Notkredite zur Verfügung. Ähnlich war das in anderen Ländern, wie Spanien, Italien oder Frankreich.
Irland, das einen sehr großen Bankensektor hat, kam hierdurch genauso ins straucheln wie Griechenland, welches diverse weitere Probleme hatte. Auch Portugal und Spanien, bei denen die Bankenkrise zusätzlich durch eine Immobilienkrise begleitet wurde, sind in eine scharfe Rezession gestürzt.
Anders als bei nationalen Währungen war es den Nationalstaaten dabei nicht möglich, die eigene Verschuldungsproblematik durch Währungsabwertungen in den Griff zu bekommen. Daneben führte der Währungsverbund dazu, dass ohne eine Abwertung der Währung Geld aus dem Land, also z.B. von Spanien nach Deutschland fließen konnte. Die wegen fehlender Abwertungsmöglichkeiten stärkere Rezession und die leichtere Abflussmöglichkeit für Kapital haben in der Folge den Finanzbedarf der Krisenländer enorm steigen lassen. Ab diesem Zeitpunkt setzte dann eine spezifische Euro-Rettungspolitik ein.

Betrachtet man nun den ursprünglichen Auslöser, also die Bankenkrise, dann fällt auf, dass 2009 und 2010 noch eine Bankenregulierung, eine Finanzmarktsteuer oder eine gemeinsame Bankenaufsicht im Fokus der öffentlichen Diskussion standen. Das ist heute anders, obwohl sich tatsächlich nur wenig geändert hat.
Kleinere Erfolge sind Überwachung und Kennzeichnungspflichten beim Computerhandel und höhere Eigenkapitalanforderungen für Banken.  Es fehlt allerdings immer noch eine Finanzmarktsteuer, welche die Finanzwirtschaft an den Folgekosten beteiligt, und  genauso wenig gibt es eine gemeinsame Bankenaufsicht oder gar Abwicklungsmechanismen für marode Banken. Von Trennbankensystem oder Licht im Schattenbankensektor ganz zu schweigen.
Geht es also um die Frage nach der Krisenanfälligkeit des europäischen Finanzwesens, dann fällt die Antwort heute nicht wesentlich besser aus als 2008. Insofern ist die Bilanz im Hinblick auf eine Verhinderung einer neuen Bankenkrise eher mager.

Nun geht es mir aber im speziellen um die Frage der Euro-Rettungspolitik und ihren Auswirkungen. Schaut man aber auf die Rettungs-Maßnahmen, dann ist erneut zu erkennen, dass wenig unternommen wurde um die krisenhafte Situation zu beseitigen. Ähnlich wie bei der Bankenkrise ist die einzige wirkliche Antwort gewesen, dass versucht wurde den Finanzbedarf der Krisenländer zu decken.
Dabei gab es zwar einen kleineren Schuldenschnitt in Griechenland und im weiteren Verlauf die Beteiligung von zyprischen Sparbüchern, aber der weitaus größere Teil des Finanzbedarfs wurde durch Hilfskredite aus EFSF, ESM und Griechenland-Paketen gestemmt. Auch die EZB hat durch den Aufkauf von Staatsanleihen dazu beigetragen den Finanzbedarf der Länder zu decken.
So konnte eine Staatspleite verhindert und damit auch ein möglicher Zusammenbruch der Eurozone abgewendet werden, jedoch änderte sich wenig an der schlechten wirtschaftlichen Lage der Länder. Statt einer langsamen Verbesserung der Situation, hat sich dort im Anschluss zum Teil sogar eine regelrechte Abwärtsspirale in Gang gesetzt.

Die steigenden Staatsschulden und damit steigenden Zinskosten haben zu höheren Ausgaben für die Krisenländer geführt. Gleichzeitig hatte der Sparkurs der Regierungen eine Rezession mit höherer Arbeitslosigkeit und damit steigenden Sozialkosten, sowie deutlich sinkenden Steuereinnahmen zur Folge. Obwohl die Staaten die Leistungen drastisch kürzten und die Steuern angehoben haben, konnten die Defizite nicht oder kaum gesenkt werden. Das mehr oder weniger konstante Defizit von Spanien, das seit 2009 jedes Jahr rund 100 Mrd. Euro beträgt, ist ein gutes Beispiel für die verfahrene Situation [1].
Insgesamt haben die Krisenstaaten heute also höhere Schulden, eine deutlich niedrigere Wirtschaftskraft, höhere Arbeitslosigkeit, eine schlechtere soziale Absicherung und vor allem immer noch keine wirkliche Perspektive. Mit den Notkrediten wurde im Grunde lediglich Zeit gekauft. Das ganze aber zu einem Preis, den die Krisenländer kaum oder gar nicht bezahlen können.

Die Folgen gehen dabei weit über die wirtschaftliche und finanzielle Dimension hinaus, denn auch in der sozialen Dimension werden Arbeitslosigkeit und Armut zu einer riesigen Belastung für die dortigen Gesellschaften. Bei den nächsten Wahlen in diesen Ländern könnte sich die krisenhafte Situation somit auch in den Parlamenten widerspiegeln. Der Zulauf an Wählern zu den Parteien am linken und rechten Rand und die wachsende Europaskepsis belegen das schon heute [2].

Aber nicht nur in den Krisenländern ist die Entwicklung beunruhigend. Auch wenn es in der Öffentlichkeit kaum beachtet wird, liegt die Verschuldung in Deutschland weit oberhalb der Maastricht-Kriterien.
Zwar profitiert Deutschland auf der einen Seite von den niedrigen Zinsen, weil Staat und Unternehmen günstig an Kredite kommen, aber auf der anderen Seite birgt dies auch die Gefahr einer Blase, die bei steigenden Zinskosten platzt. Daneben sind auch mit den zusätzlichen Garantien und Bürgschaften im Rahmen der Euro-Rettungspolitik gewisse Risiken verbunden, falls ein Euro-Land ausfällt.

Deutschland ist heute mit rund 80% des BIP verschuldet, Frankreich und Spanien sind mit rund 90% des BIP verschuldet, Portugal und Italien liegen bei ca. 130% und Griechenland bei über 150% Verschuldung im Vergleich zur Wirtschaftskraft. Aber selbst Länder wie Belgien (100%), Österreich (70%) oder die Niederlande (70%) müssen schauen, dass ihnen die Schulden nicht über den Kopf wachsen [3].
Insgesamt stellt sich damit vor allem die Frage, welche Finanzierungslücken sich bei der weiter defizitären Lage der Krisenländer in den nächsten Monaten offenbaren werden.

Auch wenn bislang ein neuerlicher Finanzbedarf noch nicht offiziell bestätigt ist, so machen die Wirtschaftsdaten deutlich, dass Griechenland seine Schuldenlast nicht alleine tragen kann. Ebenso fehlt es in Spanien bei Massenarbeitslosigkeit und einem noch immer kritischen Bankensektor an finanziellen Mitteln.
Auch in den bisher noch verschonten Staaten Italien und Frankreich ist der Ausblick negativ. Selbst das angekündigte Ende der Notkredite für Irland [4], gibt wenig Anlass zur Hoffnung. Zwar kann sich das Land wohl bald wieder vollständig selbst am Kapitalmarkt versorgen, aber die Schuldenlast von 120% des BIP (2008 noch 45%) und die hohe Arbeitslosigkeit werden erst mal bleiben.

Schaut man also auf die bisherigen Ergebnisse der Euro-Rettungspolitik, so blickt man europaweit auf eine Bilanz des Versagens und Scheiterns. Die Krisenländer haben heute noch marodere Staatsfinanzen als vor fünf Jahren, die wesentlichen Probleme der wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone wurden überhaupt nicht angegangen und auch in Deutschland ist die Verschuldungsproblematik nicht unerheblich.
Mit den Finanzhilfen wurden die Probleme in den Krisenländern lediglich in die Zukunft geschoben und so wird die Schuldentragfähigkeit dieser Länder immer wieder in Gefahr geraten. Früher oder später werden wir uns daher erneut mit der Frage nach weiteren Bürgschaften oder Hilfskrediten konfrontiert sehen.
Vor dem Hintergrund des schwindenden Vertrauens in die Rettungspolitik dürfte es aber zunehmend schwierig werden, die Zustimmung für weitere finanziellen Hilfen zu erhalten, die offensichtlich nichts an der grundlegenden Situation ändern.

Aus meiner Sicht ist nun das Wichtigste, endlich anzuerkennen, dass eine Euro-Rettungspolitik, die lediglich auf die Liquiditätsbereitstellung und eisernes Sparen setzt, die Krise nicht beseitigt sondern bestenfalls verzögert. Die Tatsache, dass bereits Unsummen an Bürgschaften, Garantien oder direkten Finanzhilfen geleistet wurden, ohne eine Verbesserung der Lage zu erreichen, muss auf den Tisch. Und genauso muss die Folge dieser Politik klar benannt werden, denn immerhin wird auch in den nächsten Jahren der erhebliche Finanzbedarf in den Krisenländern bestehen bleiben.
Erst wenn die europäische Politik zu diesem Schritt bereit ist, wird sie auch wieder in der Lage sein, alternative Lösungen zu verfolgen, ohne sich dabei ständig selbst zu widersprechen. Solange aber die bescheidene Bilanz nicht zur Kenntnis genommen und die mangelnde Wirksamkeit der bisherigen Rettungspolitik bestritten wird, dürfte auch ein neuer Kurs in der Euro-Rettungspolitik kaum umzusetzen sein.

Dabei gibt es ja durchaus zahlreiche andere Ansätze, wie die Stärkung der Binnennachfrage und ein Abbau der Handelsüberschüsse in Deutschland oder eine Harmonisierung des rechtlichen Rahmens, um Steuer-, Lohn- oder Sozialdumping in den Mitgliedsländern zu verhindern.
Auch die Idee, die Einnahmen einer Finanzmarktsteuer nicht den Nationalstaaten zu Gute kommen zu lassen, sondern als Basis für einen europäischen Investitionsfonds zu nutzen, kann man hierzu zählen genauso wie den Gedanken an einen Zinsausgleich zwischen den Mitgliedsstaaten, um die Zinsvorteile und Zinsnachteile innerhalb des Euro-Raumes auszugleichen.
Bislang sind solche Überlegungen aber immer wieder an der „alternativlosen“ Euro-Rettungspolitik gescheitert. Auch deshalb erscheint mir dieser Blick auf die Bilanz der bisherigen Rettungspolitik sinnvoll.


Ähnliche Artikel:
Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Mögliche Gestaltung eines Bankensicherungsfonds (www.mister-ede.de 02.07.2012)

Das europäische Haus in Flammen (www.mister-ede.de – 13.12.2012)

Zukunft EU: Dachverband der Nationalinteressen oder Gemeinschaftsprojekt? (www.mister-ede.de – 31.01.2013)


[1] Zahlen zu den Staatsdefiziten von Eurostat (Link zur Statistik auf europa.eu)

[2] Artikel der Tagesschau vom 13.10.2013 über den Sieg des rechten Front National bei einer Bezirkswahl in Frankreich (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[3] Zahlen zur Staatsverschuldung von Eurostat (Link zur Statistik auf europa.eu)

[4] Artikel der Tagesschau vom 13.10.2013 zur Ankündigung Irlands den Rettungsschirm zu verlassen (Link zum Artikel auf Tagesschau.de)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/bilanz-euro-rettungspolitik/2192/feed 1
Dem Krisenmanagement ist die Krise entglitten https://www.mister-ede.de/politik/krisenmanagement-erfolglos/1959 https://www.mister-ede.de/politik/krisenmanagement-erfolglos/1959#comments Wed, 20 Mar 2013 19:08:28 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1959 Weiterlesen ]]> Betrachtet man die Finanzkrise und die Situation in der Eurozone, dann hat das Krisenmanagement offenkundig versagt. Die Krise in den Südländern hat die Bevölkerungen voll erwischt, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Konjunktur eingebrochen und die Finanzlage desolat [1]. Statt die Krise für die Bevölkerungen zu entschärfen und für neue Perspektiven und Wachstum zu sorgen, haben sich die Hilfsmaßnahmen einzig mit der Rettung von Banken und Kapitalanlegern beschäftigt. Auch heute bleiben die Hilfsmaßnahmen weiterhin darauf ausgerichtet vor allem die Banken zu finanzieren, wie im aktuellen Fall Zypern.

Insgesamt sollen sogar, sobald eine gemeinsame Bankenaufsicht existiert, Banken bei Bedarf direkt aus dem steuerfinanzierten ESM rekapitalisiert werden. Statt mit den Steuermitteln Bildung und Ausbildung zu fördern oder in Verkehrsinfrastruktur oder regenerative Energien zu investieren, werden wieder nur Bankhäuser gerettet. Wenn Banken hier schon ein doppeltes Netz zur Sicherung der Liquidität benötigen, dann sollte das wenigsten von den Banken selbst finanziert werden und nicht vom Steuerzahler.

Auch wenn es um die Ursachenbeseitigung geht, dann wurde bislang nicht viel erreicht. Es fehlen Bankenaufsicht und Finanzmarktsteuer um die Spekulation einzudämmen und damit erneute Schieflagen bei Banken zu verhindern. Die Schattenbanken sind unreguliert und das Casino weiter ungebremst. Auch bei der Eigenkapitalausstattung der Banken gibt es keine wesentlichen Verbesserungen [2]. Die Umsetzung der Regelungen zu Basel III stockt und die Anfälligkeit der Banken bleibt somit weiterhin hoch.

Neben der Bankenregulierung fehlen auch zielführenden Ansätze um das Problem der wirtschaftlichen Ungleichgewichte zu lösen. Das einheitliche Zinsniveau verstärkt die krisenhafte Situation in den südlichen Ländern, aber weder eine abgestimmte Steuerpolitik noch ein Finanzausgleich wurden zur Milderung eingeführt.

Das einheitliche Zinsniveau (www.mister-ede.de – 11.04.2012)

Vielleicht wird diese Schieflage auch deshalb akzeptiert, weil Deutschland durch Niedrigzinsen zum Krisengewinnler wird und sich die Regierung freut, dass das Kapital hier in Deutschland einen „sicheren Hafen“ sucht. Mit jenen gesparten Milliarden will ja Schäuble weiterhin die Kernprobleme des Bundeshaushalts überdecken [3]. Aber nicht nur beim Staat, sondern auch bei den Unternehmen werden Probleme wie hohe Schuldenberge durch die niedrigen Zinsen überlagert.

Ich befürchte, dass die Finanzkrise auch in nächster Zeit Hiobsbotschaften in den europäischen Nachbarstaaten für uns bereithält. Die Abstufungen von Frankreich, Italien und ESM, die Zurückhaltung des IWF und die Stagnation der Wirtschaft, all dies sind keine guten Aussichten für dieses Jahr. Portugal braucht doch wieder mehr Zeit [4] und nun rückt auch die Entwicklung in Italien, nach der Wahl vor einigen Tagen, wieder stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung. Aber auch in Irland gibt es Probleme, die zurzeit von der Bundesregierung nur nicht offen angesprochen werden. Nach der Bundestagswahl wird es dort sicherlich ebenfalls neue Hilfen brauchen, um der aus der Not geborenen Staatsfinanzierung durch die EZB Einhalt zu gebieten [5].

Genauso steht weiterhin eine Lösung für das Zypernproblem aus [6]. Nach der Ablehnung des Hilfspaketes bzw. der damit verbunden Bedingungen durch das zyprische Parlament heißt es damit auch hier „Ende offen“.


[1] Bericht auf tagesschau.de zur Lage in Spanien vom 15.03.2013 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[2] Artikel vom 06.01.2013 auf spiegel.de zur Bankenregulierung (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

[3] Artikel auf tagesschau.de vom 11.03.2013 zum Haushaltsentwurf 2014 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[4] Artikel auf tagesschau.de über den neuen Zeitplan für Portugal vom 15.03.2013 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[5] Artikel auf tagesschau.de vom 06.03.2013 zur Irischen Schuldenkrise (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[6] Artikel auf sueddeutsche.de zur Entwicklung in Zypern vom 20.03.2013 (Link zum Artikel auf www.sueddeutsche.de)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/krisenmanagement-erfolglos/1959/feed 0
Offene Fragen nach Entscheidung in der Zypernkrise https://www.mister-ede.de/politik/entscheidung-in-zypernkrise/1953 https://www.mister-ede.de/politik/entscheidung-in-zypernkrise/1953#comments Mon, 18 Mar 2013 10:54:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1953 Weiterlesen ]]> Am Samstag haben sich die Finanzminister der Eurozone auf ein an Bedingungen geknüpftes Hilfspaket geeinigt [1]. Neben Steuererhöhungen muss Zypern auch Maßnahmen im Bankensektor akzeptieren. So sollen nach Medienberichten die Gläubiger zyprischer Banken auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten.

Eine gewisse Unklarheit ergibt sich aber durch die pauschale Gleichbehandlung aller Banken. Gibt es in Zypern keine Bank, die ohne Hilfskredite und solche Pakete überleben würde? Werden am Ende Sparer, die zu Gunsten der Sicherheit niedrigere Zinsen akzeptierten, genauso belastet wie diejenigen, die nach Top-Zinsen suchten und dabei gewisse Risiken in Kauf nahmen?

Insgesamt wirkt es auf mich nicht sonderlich ausgewogen, wenn nun auch Kleinsparer in diese Abgabe einbezogen werden.  Es stellt sich die Frage, wieso nicht zuerst die Eigentümer in die Haftung genommen werden. Aus meiner Sicht ist es absolut unverständlich, wenn die Bürger auf der einen Seite bei den Sparguthaben und auf der anderen Seite mit Steuermitteln für die Banken einstehen sollen, gleichzeitig aber die Eigentümer der Bankinstitute keinen Beitrag leisten müssten. Bevor die Gläubiger zur Kasse gebeten werden, muss daher erst eine deutliche Beteiligung der Eigentümer erfolgen. Ansonsten löst man vollständig die Verbindung von Eigentum und Haftung.

Geht es um die Beteiligung der Gläubiger, ergibt sich eine weitere Unklarheit. Wie wird in diesem Fall eigentlich mit den Zentralbankkrediten umgegangen? Wird das Eurosystem als Gläubiger ebenfalls einen Teilerlass in Milliardenhöhe gewähren und auf die Rückzahlung von Krediten verzichten?

Daneben sollte auch betrachtet werden, welche Auswirkungen dieser Weg auf andere Länder haben kann. In wie weit sind griechische Banken von einem Zahlungsausfall im benachbarten Zypern betroffen? Wie werden griechische, spanische oder portugiesische Sparer heute reagieren? Aus meiner Sicht war die Gefahr eines Bankenruns zu keinem Zeitpunkt der Finanzkrise so groß wie heute.

Allerdings ist auch festzuhalten, dass das Hilfspaket bislang noch keine Zustimmung auf nationaler Ebene erhalten hat. Heute wird nun Zypern im Parlament entscheiden, ob es für sich diesen Weg wählen will [2]. Auch der Bundestag muss diesem Paket erst noch zustimmen. Aber meine Hoffnung, dass sich an einem erneut falschen Weg, der die Eigentümer verschont und die Bürger bezahlen lässt, etwas ändert, ist gering.


[1] Artikel auf sueddeutsche.de vom 16.03.2013 zur Gipfelentscheidung (Link zum Artikel auf www.sueddeutsche.de)

[2] Artikel vom 18.03.2013 auf tagesschau.de zur heutigen Parlamentssitzung in Zypern (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

]]>
https://www.mister-ede.de/politik/entscheidung-in-zypernkrise/1953/feed 0