mister-ede.de » Schuldenschnitt http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Griechenland-Krise: Das ungelöste Schuldenproblem http://www.mister-ede.de/politik/ungeloestes-schuldenproblem/4245 http://www.mister-ede.de/politik/ungeloestes-schuldenproblem/4245#comments Fri, 14 Aug 2015 13:15:40 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4245 Weiterlesen ]]> Zurzeit wird zwar ein neues Hilfspaket für Griechenland auf den Weg gebracht, allerdings bleibt dabei ein wesentlicher Themenkomplex wieder ausgespart. Erneut wird es kein Konzept für den Umgang mit jenem Schuldenberg geben, den das Land seit Jahren vor sich herschiebt. Obwohl es in allseitigem Interesse wäre, diesen Unsicherheits- und Störfaktor endlich durch eine für alle Beteiligten akzeptable und tragfähige Lösung zu beseitigen, wird dieses Thema ein weiteres Mal vertagt.

Schuldenschnitt vs. Schuldenumstrukturierung:

Würde die Verzinsung der griechischen Staatsschulden auf 0% gesenkt, könnte das Land die Zinsen für jede beliebige Schuldenlast tragen. Mit diesem simplen Beispiel wird deutlich, dass ein nominaler Schuldenschnitt, also z.B. ein Forderungsverzicht von 50% niemals erforderlich ist, solange der Zinssatz politisch festgelegt werden kann, so wie dies bei der Konstruktion über den ESM / die EFSF der Fall ist.
Zielführend ist daher, die Spielräume bei der Zinsgestaltung zu verwenden und die Schulden entsprechend umzustrukturieren. Zu Nutze können sich die Euroländer dabei weiterhin machen, dass sie gemeinsam deutlich günstigere Zinskonditionen erhalten als Griechenland für sich alleine. Die EFSF erhält zurzeit Kredite unter 2%, kurzfristig sogar unter 1%, und wenn sich die Zinsanforderungen an Griechenland in diesem Rahmen bewegen, was sie zum Teil ja auch bereits machen, dann wird die Schuldenlast durch die niedrigeren Zinsen tragbar.
In diesem Fall kann man nun streiten, ob es sich um einen Schuldenschnitt handelt oder nicht. Geht man von den Konditionen aus, die Griechenland am Markt zahlen müsste, dann würde ein solcher vergünstigter Zinssatz für Griechenland tatsächlich eine Art strukturellen Schuldenschnitt darstellen. Legt man hingegen jenen Zinssatz zugrunde, zu dem sich die Geldgeber, also z.B. die EFSF, selbst mit Finanzmittel versorgen können, so verzichten diese mit der Weitergabe der günstigen Konditionen lediglich darauf, bei der Rettung Griechenlands auch noch Gewinn zu machen.

Die Zinslast:

In den vergangen beiden Jahren hatte Griechenland eine Zinslast in Höhe von ca. 4% des BIP, allerdings wurde dieser Wert nur mit Hilfe vergünstigter Zinskonditionen erreicht. In diesem Jahr könnte die Zinslast etwas ansteigen, sofern allerdings das dritte Hilfspaket zustande kommt und die üblicherweise teureren Kassenkredite wieder durch reguläre Kredite abgelöst und die etwas teureren Verbindlichkeiten gegenüber IWF und EZB durch günstigere ESM-Kredite ersetzt werden, könnte 2016 bei einer Schuldenquote von 180% und einer durchschnittlichen Verzinsung der Schulden von knapp unter 2% eine Zinslast in Höhe von 3 – 4% des BIP erreicht werden. Dies wäre ein für Griechenland durchaus akzeptabler Wert, der in etwa der Zinslast entspricht, die das Land ohne vergünstigte Hilfskredite nach einem nominalen Schuldenschnitt von 50 oder 60% zu zahlen hätte.

Eine Faire Vereinbarung für die Schuldenlast:

Um die Frage nach einer fairen Vereinbarung beantworten zu können, kommt man nicht umhin, die Entstehungsgeschichte dieser Kredite kurz zu betrachten.
Griechenland war 2010 aus diversen Gründen pleite und üblicherweise wäre in diesem Fall ein Schuldenschnitt durchgeführt worden. In der damaligen Situation sollte dies jedoch unter allen Umständen vermieden werden, weshalb Griechenland jene Kredite bekam, die heute z.B. bei EZB oder IWF abgelöst werden müssen. Es wäre daher unfair, Griechenland nun mit diesen Verbindlichkeiten alleine zu lassen, allerdings ebenso unfair wäre es, würde die griechische Regierung ganz aus der Pflicht genommen.

Eigentlich wäre es am besten, es würde ein hoher Zinssatz für die Hilfskredite vereinbart und gleichzeitig ein entsprechender Finanztransfer eingerichtet, weil so die griechische Regierung einen großen Anreiz hätte, die Rettungsschirme wieder zu verlassen.
Nachdem eine solche Gestaltung mit Finanztransfers innerhalb der aktuellen Euro- bzw. EU-Konstruktion nicht möglich ist, sollte als Alternative die günstige Refinanzierungsmöglichkeit der Rettungsschirme genutzt werden, um Griechenland eine vertretbare Zinskonditionalität anzubieten. Bei einer angestrebten Inflationsrate von 2% kann so der Realwert der Schulden bei einem etwas darunterliegenden Zinssatz kontinuierlich abgebaut werden. Werden alte Kredite abgelöst oder eine Schuldenrestrukturierung durchgeführt, sollte bei neuen Hilfskrediten ein Zinssatz von 1% – 1,75% für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre angestrebt werden. Hierdurch würde die Zinslast auf ca. 2,5% – 3,5% des BIP sinken, was für Griechenland ein tragbarer Wert ist.
Gelingt es gleichzeitig, in Griechenland einen Primärüberschuss von 0,5% – 1% des BIP zu erreichen, würde das Haushaltsdefizit bei 1,5% – 3% liegen. Aufgrund der hohen Schuldenquote würde damit schon ein nominales Wachstum (reales Wachstum plus Inflation) von 1% – 2% reichen, um die Schuldenquote zumindest konstant zu halten. Wächst die griechische Wirtschaft kräftiger, z.B. die nächsten 10 Jahre nominal um jährlich 3%, würde die Schuldenquote selbst bei jährlichen Haushaltsdefiziten in Höhe von 3% des BIP in diesem Zeitraum von 180% auf rund 160% abnehmen.


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Wer war Nutznießer der Fehlentwicklung in Griechenland? http://www.mister-ede.de/politik/fehlentwicklung-griechenland/4065 http://www.mister-ede.de/politik/fehlentwicklung-griechenland/4065#comments Tue, 21 Jul 2015 14:42:48 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4065 Weiterlesen ]]> Seit Beginn der Schuldenkrise in Griechenland wird hierzulande das Bild des faulen, unfähigen und verschwendungssüchtigen Griechen geprägt. Doch waren wirklich „die Griechen“ die einzigen Verantwortlichen für die Krise und die einzigen Profiteure der Verschuldung? Und ist es überhaupt sinnvoll, die Konfliktlinie auf der Ebene von Ländern und Bevölkerungen zu suchen?

Nachdem der Euro in Griechenland eingeführt wurde und in der Folge die Zinsen zurückgingen, stiegen die Staatsschulden genauso wie die Außenhandelsdefizite. Völlig unbestritten hat Griechenland sich als Staat damals überschuldet und sogar Statistiken gefälscht, um die Verschuldung über die erlaubten Grenzen hinweg ausweiten zu können. Profitiert haben von diesem Fehlverhalten und den dadurch ausgelösten Fehlentwicklungen jedoch alle, so wie dies bei einer Verschuldung bis zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit eben üblich ist.
In Griechenland wurden dank der günstigen Kredite Häuser gebaut, Autos gekauft, das Militär aufgerüstet, die Olympischen Spiele veranstaltet oder auch die Aufblähung des Staatsapparates finanziert. Hierdurch entstanden Arbeitsplätze, die Sozialkassen wurden gefüllt, die Steuereinnahmen stiegen – kurz gesagt, der Wohlstand in Griechenland stieg. Die Griechen haben also durchaus von der Verschuldung zunächst profitiert, auch wenn dabei die Wettbewerbsfähigkeit litt und die Finanzlage des Staates immer schlechter wurde. Daneben gab es aber auch noch zahlreiche weitere Profiteure dieser Verschuldung und der Entwicklung in Griechenland.
Außerhalb Griechenlands wurden Unternehmen wettbewerbsfähiger, weil griechische Produkte oder Dienstleistungen durch den schuldengetriebenen Aufschwung im Vergleich teurer wurden. Dazu kam der durch die Schulden gesteigerte Absatz in Griechenland, der zu wachsenden Importen aus der Eurozone, der EU oder dem Rest der Welt führte. Dabei sicherte jede nach Griechenland verkaufte Ware nicht nur Gewinne bei den exportierenden Unternehmen, sondern natürlich auch wieder Arbeitsplätze und damit Einkommen, Sozialbeiträge und Steuereinnahmen, z.B. in Deutschland. Daneben haben nicht zuletzt natürlich auch die Banken von der Verschuldung in Griechenland profitiert. Solange die griechische Wirtschaft am Laufen war und Griechenland zahlungsfähig, war die Kreditvergabe nach Griechenland für die Geldinstitute ein gutes Geschäft.
Bevor also die Überschuldung festgestellt wurde, haben alle profitiert, „die Deutschen“, „die Franzosen“, „die Amerikaner“, „die Engländer“, „die Chinesen“ und eben nicht nur „die Griechen“, so wie das häufig dargestellt wird. Vielleicht ist auch die Vielzahl der Profiteure ein Grund dafür, dass die Fehlentwicklung Griechenlands bis zum Crash niemanden so recht störte.

Daher sollte aber auch bei der Frage, wie mit den Kosten dieser Blasenbildung umgegangen wird, die Konfliktlinie nicht auf der Ebene „Griechenland gegen Deutschland“ gesucht werden, zumal sich das bis hierhin Geschriebene 1:1 auf die Subprime-Kredite in den USA oder die spanische oder irische Immobilienblase übertragen lässt, mit dem einzigen Unterschied, dass dort die Verschuldung im Privatsektor stattfand. Die Konfliktlinie liegt in diesem Punkt also an einer anderen Stelle und zwar zwischen der Finanzwirtschaft und den übrigen Teilen der Gesellschaft. Die meisten Menschen und auch ich gehen davon aus, dass ein Kreditgeber einen Zins bekommt, für den er dann auch das Risiko eines Zahlungsausfalls trägt. Die Banken, die durch eine Einschränkung der Kreditvergabe die Blasenbildung in Griechenland ganz einfach hätten verhindern können, wären entsprechend in der Pflicht gewesen, die Kosten der geplatzten Kreditblase durch Abschreibung zu tragen. Das große Problem: Sie konnten es damals nicht.
Wenn man also einen Schuldigen sucht, dann ist es nicht der verschwendungssüchtige Grieche, sondern ein Finanzwesen, das zuerst eine Blasenbildung durch eine zügellose Kreditvergabe zuließ (Subprime, Spanien, Griechenland…) und dann so wenig Eigenkapital vorhielt und so schlechte Sicherungsmechanismen hatte, dass es nicht in der Lage war, die Risiken selbst zu tragen. Im Grunde haben die neoliberale De- und die technokratische Fehlregulierung des Finanzwesens in den 90ern und 2000ern weit mehr zum Entstehen der Kreditblase in Griechenland und der anschließenden Notwendigkeit der Rettung beigetragen als jede griechische Regierung.

Aber auch wenn man neben der Entstehung der Schuldenblase in Griechenland und den Folgen der schlechten Risikovorsorge der geldgebenden Banken noch auf andere Faktoren der Krise schaut, liegen die Fehler immer nur zum Teil in Griechenland. Was nützt die beste Steuerverwaltung, wenn die Unternehmen mit Steuerdumping nach Luxemburg gelockt werden, und was hilft eine angemessene Lohnpolitik, wenn andernorts Lohndumping betrieben wird? Zwar ist es auch bei diesen Punkten leicht, auf die griechische Steuer- oder Arbeitsmoral zu schimpfen, es wird aber ebenfalls weder dem Problem noch den Menschen in Griechenland gerecht.


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Das griechische Referendum und die Spieltheorie http://www.mister-ede.de/politik/referendum-und-spieltheorie/3957 http://www.mister-ede.de/politik/referendum-und-spieltheorie/3957#comments Tue, 30 Jun 2015 13:48:21 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3957 Weiterlesen ]]> Wie Spieltheorie funktionieren kann, hat einst Ulrich Wickert in Paris bei der Überquerung der Champs Élysées demonstriert. Einfach draufloslaufen, dann müssen die Autofahrer aufpassen, dass es keinen Unfall gibt [1]. Ähnlich verhält sich wohl auch die griechische Regierung, der klar ist, dass ohne Einigung ein gehöriger Schaden in der Eurozone verursacht wird, der weit größer ist als das, um was es in den Verhandlungen eigentlich geht. Mit seiner Ankündigung eines Referendums im vorletzten Moment ist Tsipras einfach losgelaufen und hat so die Eurogruppe unter Zugzwang gesetzt, weil die Regierungschefs nun damit konfrontiert werden, ihren Wählern den Verlust von vielleicht 300-400 Milliarden Euro zu erklären. Daneben wird die Eurozone auch zur Kenntnis nehmen, dass an den Zinsmärkten erste Konsequenzen spürbar sind.

In der Folge dieser Ankündigung hat die Euro-Gruppe am Samstag mit ihrer schnellen Positionierung gegen Überbrückungshilfen für Griechenland dann allerdings in mehrerlei Hinsicht einen taktischen Fehler begangen.
So wurde das griechische Volk wieder einmal vor den Kopf gestoßen, denn erneut entscheidet damit Brüssel über das Schicksal Griechenlands und nicht die Griechen selbst. Scheitern die Gespräche jetzt endgültig und kommt es zum Staatsbankrott, wird diese Ablehnung der Überbrückung entsprechend auch die Grundlage der griechischen Erzählung von der Schuld der Euro-Finanzminister und der EZB sein.
Aber auch mit Hinblick auf eine angestrebte Einigung war die schnelle Festlegung ein Fehler, weil die Euro-Gruppe damit ihren Handlungsspielraum unnötig eingeschränkt hat. Hätten die Regierungschefs sich den Weg des Referendums offengehalten und würden heute erklären, dass eine Fristverlängerung gewährt wird, sofern das Referendum definitiv bindend ist und die Regierung in Athen bei einer Zustimmung zu den Brüsseler Vorschlägen entsprechend die politische Konsequenz zieht und zurücktritt, wäre den Spieltheoretikern um Tsipras wohl ein gehöriger Strich durch die Rechnung gemacht worden.
Doch, anstatt die Gunst der Stunde zu nutzen und die Syriza-Regierung mit Hilfe ihres eigenen Vorschlags aus dem Spiel zu nehmen, bei einem Referendum sind ja nur noch das Angebot aus Brüssel und das griechische Volk relevant, hat die Euro-Gruppe mit ihrem Beschluss den Ball wieder an die Regierung in Athen zurückgespielt. Dort aber kann man nun auf den Sturmlauf der Regierungschefs warten, die bei den Entwicklungen an den Finanzmärkten mit steigenden Zinsen für Spanien und Italien und den Blick auf den näher kommenden Schaden wohl gerne wieder an den Ball kämen.


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[1] Ulrich Wickert in Paris (Link zum Video auf www.youtube.com)
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Eurokrise: FAQ zur Griechenland-Krise und zur aktuellen Lage http://www.mister-ede.de/politik/faq-zur-griechenland-krise/3732 http://www.mister-ede.de/politik/faq-zur-griechenland-krise/3732#comments Mon, 23 Mar 2015 19:28:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3732 Weiterlesen ]]> Der nachfolgende Katalog dient zur Beantwortung der wesentlichen Fragen rund um die Griechenland-Krise mit Blick sowohl auf die Krisenentwicklung der Vergangenheit als auch auf die aktuelle Situation und mögliche Szenarien.

Übersicht der FAQ zur Griechenland-Krise:

1) Was hat die Situation in Griechenland ausgelöst?

a) Sind die griechischen Regierungen der Vergangenheit schuld an der aktuellen Situation in Griechenland?
b) Ist die Gemeinschaftswährung schuld an der Krise in Griechenland?
c) Ist die Austeritätspolitik schuld an der aktuellen Situation?
d) Ist die fehlende politische Integration innerhalb der EU schuld an der Situation?
e) Ist die Bankenrettung schuld an der Krise in Griechenland?

2) Warum wurden 2010 die griechischen Gläubiger durch Hilfskredite an Griechenland geschützt?

a) War die Griechenland-Hilfe eine verdeckte Bankenrettung?
b) Warum wurden die Banken gerettet?
c) Hat die Bankenrettung Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation in Griechenland oder der Eurozone?

3) Was spricht für einen Schuldenschnitt?

4) Was spricht gegen einen Schuldenschnitt?

5) Was bedeutet ein Schuldenschnitt Griechenlands heute?

a) Was sind die Unterschiede bei einem Schuldenschnitt heute zu einem Ausfall 2010?
b) Haben sich die Hilfskredite an Griechenland bisher für die Eurozone gelohnt?
c) Welche Auswirkungen hätte ein Schuldenschnitt oder ein Ausfall Griechenlands aktuell?

6) Wie könnte eine Alternative zu einem Schuldenschnitt aussehen?

a) Wer zahlt bei einer Verlängerung des Kreditprogramms für wen?
b) Wie könnte eine Schuldenumstrukturierung gelingen?

7) Was spricht für einen Grexit?

8) Was spricht gegen einen Grexit?

9) Welche Auswirkungen hätte ein Grexit heute?

10) Wie ist die griechische Krise innerhalb der Finanzkrise zu verorten?

11) Wie könnten Auswege aus der verfahrenen Situation aussehen?

a) Wie kann das aktuelle Liquiditätsproblem Griechenlands gelöst werden?
b) Wie können die Kosten von Hilfsmaßnahmen bzw. der Schaden möglichst gering gehalten werden?
c) Welche Rolle kann die Geldpolitik der EZB bei der Überwindung der Krise spielen?
d) Welche Anpassungen in der Eurozone könnten Griechenland helfen?
e) Wie kann die Konjunktur in Griechenland belebt werden?

12) Ist die Eurozone gerettet, wenn Griechenland gerettet ist?

FAQ zur Griechenland-Krise:

1) Was hat die Situation in Griechenland ausgelöst?

a) Sind die griechischen Regierungen der Vergangenheit schuld an der aktuellen Situation in Griechenland?

Ja und nein. In Griechenland gab es bereits vor 2010 erhebliche Versäumnisse, die zwar durch die Gemeinschaftswährung begünstigt wurden, allerdings in der Verantwortung der damaligen griechischen Regierungen lagen. Ebenso wurden nach 2010 zahlreiche Fehler begangen, die von den griechischen Regierungen mit zu verantworten sind. Ab diesem Zeitpunkt spielte für die Fehlentwicklung des Landes jedoch auch eine ziemlich erfolglose Rettungspolitik, welche Dynamiken der Währungsunion verkannte und damit zum Teil eine tiefgehende Rezession beförderte, eine nicht unerhebliche Rolle.

b) Ist die Gemeinschaftswährung schuld an der Krise in Griechenland?

Die Gemeinschaftswährung hat die Verschuldung Griechenlands und auch die Auseinanderentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone begünstigt. Dies gilt auch für Fehlentwicklungen in anderen Ländern, z.B. für die Immobilienblase in Spanien. Dennoch hätten die griechischen oder spanischen Regierungen durchaus gegensteuern können, weshalb die Gemeinschaftswährung für sich alleine genommen nicht die Ursache der Eurokrise ist.

c) Ist die Austeritätspolitik schuld an der aktuellen Situation?

Nicht nur in Griechenland, sondern insgesamt hat der einseitige Spar- und Kürzungskurs die Krise in der Eurozone vor allem durch das Fehlen ausgleichender Investitionsimpulse mehr verstärkt als abgemildert. Jedoch handelt es sich bei der Austeritätspolitik eher um eine unglückliche Reaktion auf die durch das Auseinanderlaufen von Wettbewerbsfähigkeit und Bonität vorhandene Eurokrise im Jahr 2010. Die Austeritätspolitik hat damit zwar vor allem in Griechenland die Krise durch ihre Einseitigkeit und Überdosierung verstärkt, sie hat sie aber nicht primär verursacht.

d) Ist die fehlende politische Integration innerhalb der EU schuld an der Situation?

Die mangelnde politische Integration macht sich im europäischen Binnenmarkt deutlich bemerkbar, weil z.B. durch Steuerdumping, Lohndumping oder Umweltschutzdumping Standortvorteile innerhalb der EU geschaffen werden können. Zwar beschränkt sich diese Problematik nicht nur auf den Euro-Raum, dennoch trägt die fehlende politische Integration damit auch zur aktuellen Situation in Griechenland bei. Daneben können sich durch solche Gestaltungen, die z.B. auf Wettbewerbsvorteile im Bereich des Lohns abzielen, jene Größen auseinanderentwickeln, bei denen eigentlich eine Konvergenz für das Funktionieren der Währungsunion notwendig wäre, wie z.B. bei den Lohnstückkosten.

e) Ist die Bankenrettung schuld an der Krise in Griechenland?

Speziell in Griechenland hat die erste Bankenrettung in der Zeit der Bankenkrise von 2008/2009 einen kleineren Anteil an der krisenhaften Situation. Anders als vor allem im Falle Irlands, das erhebliche Summen zur Bankenrettung aufbringen musste, lagen die Ursachen für die enormen griechischen Haushaltsdefizite und Schulden zu einem großen Teil in Griechenland selbst.
Im Verlauf der Griechenlandkrise von 2010 setzte jedoch durch die Hilfsmaßnahmen zum Teil eine erneute Bankenrettung ein. So wurde von den mehreren hundert Milliarden Euro an Griechenlandhilfen nur ein kleinerer Teil zur Überbrückung von Haushaltsdefiziten eingesetzt, während ein weit größerer Teil für die Rückzahlung der griechischen Verbindlichkeiten und damit einer Gläubigerrettung aufgewendet wurde. Allerdings kann für jene Hilfskredite, die in die Bankenrettung flossen, festgestellt werden, dass sie keinerlei Schaden für Griechenland verursacht haben. Ob die an Griechenland vergebenen Kredite durch einen Schuldenschnitt abgeschrieben werden oder ob der Rest der Eurozone die Ablösung der alten Kredite durch neue Hilfskredite übernimmt, macht für Griechenland kaum einen Unterschied und, gesamtwirtschaftlich betrachtet wie unter Punkt 2c), noch nicht mal für die Eurozone.

2) Warum wurden 2010 die griechischen Gläubiger durch Hilfskredite an Griechenland geschützt?

a) War die Griechenland-Hilfe eine verdeckte Bankenrettung?

Zu einem großen Teil war sie das, zu einem kleineren Teil auch nicht, denn tatsächlich wurden auch die Haushaltsdefizite der Jahre 2010 bis heute mitfinanziert. Daneben wurden durch einen teilweisen Schuldenschnitt auch die bisherigen Gläubiger beteiligt, wodurch die Bankenrettung zumindest ein wenig begrenzt wurde.

b) Warum wurden die Banken gerettet?

Nach den Erfahrungen des Zusammenbruchs von Lehman und der Tatsache, dass sich der Finanzsektor in der Eurozone 2010 noch immer in einer erheblichen Schieflage befand, wäre eine Pleite Griechenlands für die Stabilität des Finanzmarkts in der Eurozone gefährlich gewesen. Daneben wäre eine Staatspleite Griechenlands angesichts der Liquiditätskrise einiger Euro-Mitgliedsstaaten mit Gefahren für das gesamte Eurosystem verbunden gewesen. Die verdeckte Bankenrettung war daher mit Hinblick auf die Stabilisierung der Eurozone eine erfolgreiche Maßnahme der durchgeführten Krisenpolitik.

c) Hat die Bankenrettung Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation in Griechenland oder der Eurozone?

Für Griechenland ist es relativ unerheblich, ob es seinen Schuldendienst aufgrund eines Schuldenschnitts oder wegen einer Zwischenfinanzierung z.B. durch den ESM zurzeit nicht leisten muss. Etwas größeren Einfluss hat die Rettung der Banken jedoch für die übrige Eurozone, weil durch die weitgehende Übernahme der Verbindlichkeiten die Gläubiger nicht mehr Banken oder Versicherungen, sondern nunmehr die Steuerzahler sind.
Im Gesamten betrachtet, macht dies aber einen deutlich kleineren Unterschied als man sich das zunächst denkt, weil zum Beispiel Banken ihre Verluste über die Jahre zu Lasten der Steuereinnahmen abschreiben würden. Für den Fiskus macht es insoweit also keinen Unterschied, ob er nun über die nächsten Jahre geringere Steuereinnahmen erzielt oder ob er zusätzliche Verbindlichkeiten trägt. Und auch für die Bürger macht es kaum einen Unterschied, ob sie nun dem Staat über Steuern oder den Banken über die Gebühren die Verluste ersetzen müssen, die bei einem endgültigen Ausfall Griechenlands entstehen.

3) Was spricht für einen Schuldenschnitt?

Für einen Schuldenschnitt spricht die Tatsache, dass für Griechenland die Verbindlichkeiten der Vergangenheit dann nicht mehr im Raum stehen. Griechenland könnte auf diese Weise eine verbesserte Perspektive haben, die sich auf die Konjunktur positiv auswirkt.

4) Was spricht gegen einen Schuldenschnitt?

Gegen einen Schuldenschnitt spricht die Tatsache, dass für Griechenland die Verbindlichkeiten der Vergangenheit dann nicht mehr im Raum stehen. Dies könnte Forderungen anderer Krisenländer aufwerfen und würde eine Ungerechtigkeit gegenüber jenen darstellen, die wie im Falle Irlands den erheblichen Druck durch die angehäuften Verbindlichkeiten zurzeit aushalten, oder jenen, die dann für die Schulden Griechenlands einspringen müssten, wie z.B. Deutschland.

5) Was bedeutet ein Schuldenschnitt Griechenlands heute?

a) Was sind die Unterschiede bei einem Schuldenschnitt heute zu einem Ausfall 2010?

Gegenüber dem Zustand von 2010 hat sich im Wesentlichen nur die Zusammensetzung der Gläubiger geändert und hinzugekommen sind noch ein paar griechische Defizite der letzten fünf Jahre, die in dieser Zeit aber zumindest kräftig zurückgegangen sind. Berücksichtigt man, dass, wie unter Punkt 2c) dargestellt, die Verschiebung bei den Gläubigern für die Mehrheit der Bürger nur eine geringe oder gar keine Auswirkung hat, weil z.B. Bankverluste auch wieder zu weniger Steuereinnahmen führen, dann hat sich für die Eurozone die Lage nur wenig verändert. Eine Pleite Griechenlands kostet die Bürger der an den Hilfspaketen beteiligten Länder Geld, weil dieses abgeschrieben werden muss.
Verändert hat sich allerdings die Situation in der Eurozone selbst. Heute hätte ein Schuldenschnitt zwar noch immer deutliche Konsequenzen, dennoch dürften diese nicht mehr ganz so gravierend sein wie noch 2010, als ein Ausfall Griechenlands zu massiven zusätzlichen Kosten, z.B. durch Bankenstützungsmaßnahmen im Rest der Eurozone, geführt hätte.

b) Haben sich die Hilfskredite an Griechenland bisher für die Eurozone gelohnt?

Ja! Bei einem Ausfall Griechenlands 2010 wären neuen Bankenrettungen notwendig geworden und auch die Krisenkosten für andere Krisenländer, z.B. Spanien oder Portugal, wären noch einmal erheblich angestiegen, weil das Vertrauen in die Eurozone dann gänzlich erschüttert gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund hat das Verschieben des Schuldenschnitts auf einen späteren Zeitpunkt der Eurozone deutlich Kosten erspart, die weit über das Volumen der Staatsverschuldung Griechenlands hinausgegangen wären. Somit haben sich die Hilfskredite, für die nicht viel mehr als Bürgschaften notwendig waren und die dann zu einem großen Teil wieder zurück in den europäischen Finanzsektor flossen, tatsächlich gelohnt.

c) Welche Auswirkungen hätte ein Schuldenschnitt oder ein Ausfall Griechenlands aktuell?

Würde Griechenland heute Ausfallen, hätte dies zunächst Auswirkungen auf die Hilfskredite, die dann uneinholbar verloren sind, was für die Staatsschulden Griechenlands allerdings auch schon 2010 bei einem Staatsbankrott gegolten hätte.
Zusätzlich könnte eine Staatspleite heute aber auch noch insoweit Auswirkungen haben, als dann Spekulation um das nächstschwächere Glied in der Euro-Kette wieder entflammen könnten, zumal gerade bei der Schuldenentwicklung und den Zinsdivergenzen in der Eurozone noch immer stabilisierende Maßnahmen fehlen. Daneben könnte die Währungsunion bei einem gleichzeitigen Euroaustritt Griechenlands einen neuerlichen Vertrauensverlust mit negativen Folgen für alle Euroländer erleiden.

6) Wie könnte eine Alternative zu einem Schuldenschnitt aussehen?

a) Wer zahlt bei einer Verlängerung des Kreditprogramms für wen?

Wenn Griechenland zurzeit z.B. die Kredite gegenüber dem IWF bedient, dann zahlt es diese mit Finanzmitteln aus Hilfsprogrammen zurück. Allgemein gesprochen, zahlt der ESM (bzw. die EFSF) damit an den IWF und auch an andere private Gläubiger Griechenlands. Führt man die Schuldenumstrukturierung über den ESM weiter fort, dann zahlt irgendwann der ESM über den Umweg Griechenland an sich selbst. Bei einer vollständigen Finanzierung durch die Geberländer hätte dann sogar die Höhe der Zinssätze keinerlei Einfluss mehr auf deren Finanzsituation, weil das Geld damit, bildlich gesprochen, nur aus der linken in die rechte Hosentasche wandern würde. Deutschland bürgt für den ESM, der sich das Geld z.B. bei einer deutschen Bank leiht und dieses an Griechenland weiterreicht, welches mit dem Geld dann wieder die Kredite des ESM samt Zinsen bedient und der ESM kann damit wieder seine Gläubiger, z.B. eine deutsche Bank, auszahlen. Ein Nullsummenspiel.

b) Wie könnte eine Schuldenumstrukturierung gelingen?

Auch wenn es sich um einen Art Taschenspielertrick handelt, sollte dieser Weg gegangen werden, solange sich Griechenland in der Restrukturierungsphase befindet. Wird beim ESM vorerst auf eine Tilgung verzichtet und wird ein geringer Zinssatz gewählt, der, wie unter Punkt 6a) dargestellt, auf die Gesamtsituation eigentlich keinen Einfluss hat, dann steigen die Verbindlichkeiten Griechenlands gegenüber dem ESM entsprechend langsam an. Gelingt es gleichzeitig, den Haushalt Griechenlands so zu gestalten, dass der Primärüberschuss ausreicht, um die Zinsforderungen der privaten Gläubiger zu bedienen, könnte damit kurz- bis mittelfristig die teilweise Schuldentragfähigkeit Griechenlands abgesichert werden.
Wie zu einem späteren Zeitpunkt mit den ESM-Verbindlichkeiten umgegangen wird, kann dann zum Beispiel von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig gemacht werden. Gelingt es, über Konvergenzprogramme der EU und über die richtigen Reformen in Griechenland die Konjunktur zu beleben, würde bei einem nominalen Wachstum (reales Wachstum plus Inflation), das über dem durchschnittlichen Zinssatz liegt, die Verschuldung sinken.

7) Was spricht für einen Grexit?

Für einen Grexit spricht die Möglichkeit, durch Währungsanpassungen die Fehlentwicklungen bei der Lohnauseinanderentwicklung leicht auf einen Schlag lösen zu können. Vor allem im Bereich Tourismus könnte dieser Ansatz schnell zu Erfolg führen, weil damit die Preise durch einen günstigeren Wechselkurs für Touristen aus aller Welt attraktiver werden. Daneben ist innerhalb des Euro eine solche Anpassung nur über einen längeren Prozess möglich, der auch Veränderungen in Ländern mit einer niedrigeren Lohnstückkostenentwicklung, z.B. in Deutschland, erfordert.

8) Was spricht gegen einen Grexit?

Gegen einen Grexit spricht zunächst, dass dieser gegen den Willen Griechenlands nur schwierig zu vollziehen ist. Daneben dürfte die schnelle Anpassung der Währung an das für das Land angemessene Niveau verheerende Folgen für Griechenland haben.
Alle Importwaren würden sofort erheblich teurer, während z.B. eine Belebung der heimischen landwirtschaftlichen Produktion erst mit Verzögerung erfolgen würde. Zahlreiche weitere wichtige Importgüter, seien es Autos und Öl, Medizin und Maschinen oder Chemieprodukte, wie z.B. Düngemittel, würden für die Griechen erheblich teurer.
Daneben dürften auch die Unternehmen schneller pleitegehen als sie wettbewerbsfähig werden. Sofern nämlich die Verbindlichkeiten der Unternehmen in Euro beibehalten werden, gleichzeitig aber die Umsätze jener griechischen Anbieter, die stark auf das Inland ausgerichtet sind, mit der Währungsabwertung massiv einbrechen, müssen die Unternehmen reihenweise Insolvenz anmelden. Auch Unternehmen, die einen hohen Aktivbestand z.B. bei Aktien oder Immobilien halten, droht bei der außerordentlichen Abschreibung auf die dann in griechischer Währung bewerteten Vermögenswerte die Insolvenz. Aber nicht nur Unternehmen, sondern auch jene griechischen Privatpersonen, die einen Kredit in Euro aufgenommen haben, z.B. für ein Haus, werden diesen in vielen Fällen bei einem Verfall der in Landeswährung gerechneten Einkommen nicht mehr bedienen können. Damit drohen Privatinsolvenzen, Unternehmenspleiten und Bankenpleiten, weshalb es bei einem Verlassen der Währungsunion vermutlich nicht zu der angestrebten Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit kommt, sondern, vielleicht mit Ausnahme der Tourismusbranche, zu einem weiteren großflächigen Absturz der griechischen Wirtschaft.
Daneben würden bei einem Grexit aber auch alle Unternehmensinvestitionen aus dem Ausland, z.B. Filialen oder Tochterunternehmen, nur noch einen Bruchteil ihres Wertes darstellen oder wären in manchen Fällen sicherlich gar nichts mehr wert, wenn z.B. aufgrund der zurückgehenden Umsätze (in Euro gerechnet) mit den Investitionen künftig keine Gewinne mehr eingespielt werden können.

9) Welche Auswirkungen hätte ein Grexit heute?

Geht man davon aus, dass das unter Punkt 8) dargestellte Szenario, also ein weiterer Absturz, die Folge ist, wäre dies ein verheerendes Zeichen für die EU im Ganzen und die Eurozone im Speziellen. Neben der dann aufkommenden Frage, ob damit insgesamt der Euro oder vielleicht sogar die EU gescheitert sind und den daraus möglicherweise resultierenden Spekulationen, müsste auch ein erheblicher ökonomischer Schaden getragen werden. So müssten im Falle eines Grexits Abschreibungen auf die Staatsschulden, auf die Verbindlichkeiten der griechischen Notenbank sowie auf sonstige ausländische Kredite oder Investitionen vorgenommen werden, womit sich die Gesamtsumme der dann notwendigen Abschreibung im Bereich von mehreren hundert Milliarden Euro bewegt.

Unterstellt man hingegen, dass Griechenland nach einem Grexit , wie unter Punkt 7) dargestellt, wieder auf die Beine kommt, könnten sich dann auch andere Mitglieder für einen solchen Weg interessieren, der am Ende natürlich immer darauf hinausläuft, dass die Kosten eines Austritts von den verbleibenden Euro-Mitgliedern getragen werden müssen.
Es besteht bei einem Austritt also das Dilemma, dass entweder nicht genügend abgeschrieben und geholfen wird und in der Folge Griechenland von seinem jetzigen Niveau noch weiter abstürzt oder in ausreichendem Maß abgeschrieben und geholfen wird und Griechenland ein Neustart gelingt, wodurch ein Nachahmer-Effekt entstehen könnte.

10) Wie ist die Griechische Krise innerhalb der Finanzkrise zu verorten?

Teilt man die Finanzkrise in Banken- und Eurokrise ein, dann ist Griechenland im Wesentlichen von der Eurokrise betroffen und als schwächstes Glied in der Kette der Euro-Staaten ist es das am stärksten betroffene Land. Für die Eurozone liegen allerdings weit größere Risiken in Italien oder bei der Arbeitslosigkeit von über 20% auch in Spanien. Für sich alleine genommen ist Griechenland bezogen auf die Eurokrise wegen seiner Größe also ein kleineres Problem.
Allerdings dürfte die Entwicklung in Griechenland dennoch einen erheblichen Einfluss darauf haben, als wie sicher und stabil die Eurozone künftig empfunden wird. Gerade vor dem Hintergrund anderer großer Gefahren für die Eurozone, könnte ein negativer Ausgang in Griechenland damit durchaus heftige Folgen für die Währungsunion im Gesamten haben.

11) Wie könnten Auswege aus der verfahrenen Situation aussehen?

a) Wie kann das aktuelle Liquiditätsproblem Griechenlands gelöst werden?

Das aktuelle Liquiditätsproblem besteht vor allem darin, dass Griechenland noch immer zahlreiche Gläubiger neben dem ESM bedienen muss. Nachdem die ESM-Kredite lange laufen und auch eine günstige Verzinsung vorgesehen ist, kann hier nicht mehr viel unternommen werden. Allerdings könnte der ESM mit einem Bruchteil seiner bisherigen Hilfsleistungen die Refinanzierung, z.B. bis zum 31.12.2016, sicherstellen. Würde eine solche Kreditleistung an die Rückzahlungszeitpunkte geknüpft, könnte aus Sicht der Geldgeber auch eine Zweckentfremdung ausgeschlossen werden. Zusätzlich könnte mit günstigen Konditionen, z.B. einem Zinssatz von 1% und weitgehender Stundung, die durchschnittliche Zinslast und Liquiditätsbelastung für Griechenland gesenkt werden.
Wäre die Rückzahlung der Kredite bis Ende 2016 abgesichert und würde Griechenland einen Primärüberschuss erwirtschaften, mit dem es die Zinsen der verbleibenden privaten Gläubiger bedienen kann, wäre die Liquidität vorerst auf niedrigem Niveau gesichert. Daneben würden sich durch die Stundungsmodalitäten und die günstigen Konditionen des ESM mit der Zeit Spielräume ergeben, die zur Belebung der Konjunktur genutzt werden können, wodurch das Liquiditätsproblem am nachhaltigsten beseitigt würde.

b) Wie können die Kosten von Hilfsmaßnahmen bzw. der Schaden möglichst gering gehalten werden?

Wie unter Punkt 6a) dargestellt, macht es in der jetzigen Situation wenig Unterschied, ob die Rückzahlung verschoben wird oder ob Griechenland Geld für die Rückzahlungen zur Verfügung gestellt wird. Lediglich ein endgültiger Verzicht auf die Rückzahlung, also ein Schuldenschnitt, würde sofortige Kosten verursachen, die ansonsten durch günstige Zinskonditionen an Griechenland erst über Jahre verteilt entstehen würden. Um Folgekosten möglichst gering zu halten, sollte daher nicht auf einen Schuldenschnitt, sondern auf eine möglichst lange Verteilung und eine Kreislösung mit geringer Verzinsung gesetzt werden. Hierdurch könnte bei einer Konjunkturbelebung in Griechenland zumindest ein Teil der Summe recht einfach wieder in den regulären Schuldendienst integriert werden.
Um die politischen und ökonomischen Kosten möglichst gering zu halten, sollte daneben auf einen Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion verzichtet werden.

c) Welche Rolle kann die Geldpolitik der EZB bei der Überwindung der Krise spielen?

Insgesamt wird durch die Geldpolitik der EZB das Zinsniveau für Staatsanleihen äußerst niedrig gehalten, wodurch Spielräume bei der Überwindung der Verschuldungsproblematik entstehen. Daneben führt die Abwertung des Euro zu Preisvorteilen im Standortwettwebwerb, die zum einen zu einer Belebung der Konjunktur beitragen können und die zum anderen genutzt werden könnten, um Konvergenzmaßnahmen in wettbewerbsstarken Euro-Staaten abzufedern.

d) Welche Anpassungen in der Eurozone könnten Griechenland helfen?

Kernursachen der Eurokrise waren Divergenzen bei der Wettbewerbsfähigkeit und der Bonität. Maßnahmen außerhalb Griechenlands, die zu einer Konvergenz innerhalb der Eurozone führen, helfen Griechenland daher automatisch und Spielräume für solche Maßnahmen gibt es aktuell durch die EZB-Politik. Im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit könnten somit z.B. in Deutschland über die nächsten fünf Jahre Reallohnsteigerungen um die 2,0% und ein Inflationsziel von 2,5 – 3,0% angestrebt werden, ohne an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, weil der Euro von der EZB zurzeit schwach gehalten wird.
Daneben könnten ausgleichende Maßnahmen dort helfen, wo Unterschiede über Konvergenzprogramme nur langsam abgebaut werden oder konjunkturelle Unterschiede bestehen. Ausgleichzahlungen bei hoher Arbeitslosigkeit würden neben anderen Krisenländern besonders auch Griechenland nutzen, während ein Zinsausgleich durch die jetzt schon zum Teil günstigen Konditionen für Hilfskredite, kaum einen Nutzen für Griechenland hätte, dafür allerdings für Italien, Spanien, Irland oder Portugal.

e) Wie kann die Konjunktur in Griechenland belebt werden?

Lässt man einen Zinsausgleich oder einen Arbeitslosenausgleich, also Transferzahlungen, die eine tiefergehende politische Integration erfordern, beiseite, könnte eine Konjunkturbelebung folgende Bestandteile haben. Mit Hilfe eines Refinanzierungsprogramms, wie unter Punkt 6a) angesprochen, könnten die Liquiditätsprobleme bis Ende 2016 beseitigt werden. Gleichzeitig kann auch schon in der aktuellen Struktur der Währungsunion auf eine Anpassung, im Sinne einer Stärkung der Binnennachfrage in den wettbewerbsstarken Staaten, gesetzt werden. Hiermit sollte ein gutes Fundament gelegt sein, so dass dann die Frage ist, wie schnell und wie erfolgreich die neue griechische Regierung bei der Umsetzung der notwendigen Reformen ist.
Gelingt es zügig, die Steuerverwaltung und Kontrolle in einen adäquaten Zustand zu bringen, daneben auch EU-Fördergelder für Investition abzurufen und durch Privatisierungen sowohl Investitionen ins Land als auch Verkaufserlöse in den Staatshaushalt zu bringen, erscheint ein kleiner Primärüberschuss noch für 2015 möglich. Hierfür muss aber in den nächsten ein, zwei Wochen die Zeit der Ungewissheit für Griechenland vorbei sein, so dass die Tourismus-Saison voll ausgeschöpft werden kann. Würde sich auf diese Weise für 2015 zumindest eine schwarze Null vor Zinsen ergeben, würden automatisch für 2016 neue Spielräume entstehen.

12) Ist die Eurozone gerettet, wenn Griechenland gerettet ist?

Die Hauptprobleme in der Eurozone liegen in den drei Ländern Frankreich, Spanien und Italien. Frankreich droht in eine erhebliche Schieflage zu geraten, wenn die Konjunktur in der Eurozone oder die Weltkonjunktur nicht kräftig anzieht und nach beidem sieht es nicht aus. Italien ist bei stagnierender Wirtschaft und wachsendem Schuldenberg schon längst schwer angeschlagen und auch in Spanien geht es nur in Minischritten aus der Talsohle heraus und auch dies noch immer nur zum Preis wachsender Schulden. Selbst wenn Griechenland vorerst gerettet wird, ist die Eurokrise also noch lange nicht gelöst.


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Staatsschulden in Griechenland: Das Ziel ist Refinanzierung nicht Rückzahlung http://www.mister-ede.de/politik/staatsschulden-refinanzierung/3706 http://www.mister-ede.de/politik/staatsschulden-refinanzierung/3706#comments Mon, 09 Mar 2015 18:10:47 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3706 Weiterlesen ]]> Im Rahmen der Eurokrise wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob Griechenland seine Schulden jemals zurückzahlen kann. Die viel entscheidendere Frage ist aber, ob ein Land, in diesem Fall Griechenland, künftig in der Lage sein wird, neue Kredite aufzunehmen. Nicht die Rückzahlung, sondern die Refinanzierung ist der Knackpunkt der Staatsverschuldung, wie eben 2010 bei Griechenland.

Nimmt ein Land einen Kredit über fünf Jahre auf, dann spürt es in diesen fünf Jahren in seinem Haushalt nicht die Schulden, sondern nur fünf Zinszahlungen. Am Ende des fünften Jahres stellt sich jedoch die Frage, ob das Land zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, zu vertretbaren Konditionen einen neuen Kredit aufzunehmen, um damit den alten ablösen zu können. Ist ein Land hierzu in der Lage, dann ist automatisch auch die Rückzahlung der Schulden gesichert, weil das Land den alten Kredit einfach durch einen neuen ersetzen kann und somit in den folgenden fünf Jahren wieder nur die Zinsbelastung im Haushalt spürt. So kann sich dieser Kreislauf dann problemlos fortsetzen, ohne dass ein Abbau der Schuldenlast notwendig ist, wie z.B. bei Deutschland, dessen Schuldenberg mehr oder weniger kontinuierlich ansteigt.

Im Jahr 2010 war das primäre Problem Griechenlands daher nicht, dass es die alten Kredite nicht zurückzuzahlen konnte, sondern dass es keine neuen Kredite mehr bekam. Aufgrund des Auseinanderlaufens der Zinssätze in der Eurozone wären neue Kredite für das Land so teuer gewesen, dass eine Refinanzierung zu Marktkonditionen, sofern überhaupt ausreichend Kreditgeber zur Verfügung gestanden hätten, die kommenden Haushalte dauerhaft gesprengt hätte. Insofern war das primäre Problem Griechenlands die fehlende Refinanzierungsfähigkeit, wodurch in zweiter Instanz dann natürlich auch eine Rückzahlung alter Kredite ohne Hilfe von außen nicht mehr möglich gewesen wäre.

Neben der Durchführung eines Schuldenschnitts reagierte die Eurozone daher mit der Bereitstellung der notwendigen Liquidität durch Hilfskredite. Auf diese Weise wurde für Griechenland, wenn man so will, seit 2010 eine Ersatz-Refinanzierungsmöglichkeit geschaffen.
Daraus folgt für die aktuelle Ausrichtung einer europäischen Griechenlandpolitik, dass das Hauptziel sein muss, Griechenland möglichst schnell wieder in die Lage zu versetzen, selbst neue Kredite am Finanzmarkt aufzunehmen, damit es die Verbindlichkeiten gegenüber den Rettungsschirmen allmählich ablösen kann. Gelingt dies, wäre Griechenland auch bei seinem aktuellen Schuldenstand fähig, seine Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erfüllen.


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Szenario einer Konflikteskalation in Griechenland: Hat der David das bessere Blatt? http://www.mister-ede.de/politik/griechische-konflikteskalation/3648 http://www.mister-ede.de/politik/griechische-konflikteskalation/3648#comments Tue, 10 Feb 2015 13:54:51 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3648 Weiterlesen ]]> Ab Morgen werden griechische Anleihen von der EZB nicht mehr als Sicherheit für an Banken ausgereichte Kredite akzeptiert [1], wodurch gerade griechische Banken weiter unter Druck geraten könnten, weil hier bereits jetzt ein Mittelabfluss [2] stattfindet. Sollte es daneben zu einem tatsächlichen Zahlungsausfall des griechischen Staates kommen, könnte der Bankenmarkt stark in Bedrängnis geraten. Kommt es allerdings zu Bankenpleiten, zum Beispiel in Folge noch weiterer Mittelabflüsse, ist die Frage, inwieweit die europäische Einlagensicherung dann tatsächlich greift, wenn der eigentliche Sicherungsmechanismus „Nationalstaat“ [3] parallel dazu ausfällt.
Lässt die Eurozone die Banken fallen, dürfte berechtigter Weise die Frage aufkommen, wie sowas eigentlich in anderen Euro-Ländern im Fall der Fälle aussehen würde. Wird hingegen die Einlagensicherung von anderen Staaten übernommen, könnte dies eine neuerlich Diskussion über die Haftungsgemeinschaft der Währungsunion auslösen.
Daneben wäre es auch denkbar, dass im Falle von Bankenpleiten verstärkt ausländische Finanzinstitute, z.B. aus Russland oder China, mit griechischen Tochterunternehmen auf dem Banken- und Finanzmarkt ein Substitut bieten. Während sich die herkömmlichen Banken dann selbst abwickeln müssten, könnte Griechenland neue Partner auf der Welt suchen. Aus Sicht von Linksaußen-Politikern dürfte das doch eigentlich ein Traum sein.

Daneben rückt ohne Überbrückungshilfen aber auch Griechenland selbst dem Zahlungsausfall immer näher. Vorstellbar wäre daher, dass Tsipras ein Moratorium für den Schuldendienst verhängt, die Kredite also weiter zum jeweiligen Zinssatz berechnet werden, vorerst allerdings keine Zins- und Tilgungszahlung geleistet wird.
Auf Basis eines hierdurch deutlich entlasteten Haushalts könnten dann Hilfskredite von Ländern in Anspruch genommen werden, die ein Interesse an einem Standbein in der EU, der NATO oder der Eurozone haben. Neben einem direkten Schaden durch das Schuldenmoratorium und einer möglichen Blockade der Institutionen würde für die Eurozone so auch ein erheblicher Vertrauensverlust entstehen, weil eine solche Entwicklung zumindest theoretisch genauso in anderen Euro-Ländern denkbar wäre.

Kommt es zu einer derartigen Eskalation und einem ernsthaften Bruch zwischen Griechenland und dem Rest der Eurozone, z.B. weil sich Tsipras an die Wand gespielt sieht, hätte dies katastrophale Folgen. Auch wenn klar ist, dass hier auf beiden Seiten massiv gepokert wird, sollte doch überlegt werden, was Griechenland zurzeit überhaupt noch zu verlieren hat. Außerdem sollte der Goliath Eurozone meines Erachtens ernsthaft darüber nachdenken, ob im Ernstfall der David Griechenland nicht doch die besseren Karten in der Hand hat, um am Ende glimpflicher davonzukommen als der unbewegliche Riese, der sich zurzeit anscheinend für unverwundbar hält.


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[1] Artikel des Handelsblatts vom 05.02.2015 (Link zum Artikel auf www.handelsblatt.com)

[2] Artikel von FAZ-Online vom 06.02.2015 (Link zum Artikel auf www.faz.net)

[3] „Jedes Land in der EU muss seine eigenen Einlagensicherungsfonds aufbauen.“ (Quelle: Bundesfinanzministerium) (Link zur Quelle auf www.bundesfinanzministerium.de)

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Schuldscheine zu Klopapier! http://www.mister-ede.de/4-fun/schuldscheine-zu-klopapier/3570 http://www.mister-ede.de/4-fun/schuldscheine-zu-klopapier/3570#comments Sun, 01 Feb 2015 07:32:39 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3570 Ich habe lange überlegt, wie man aus den griechischen Schulden doch noch etwas Sinnvolles machen könnte. Zumindest eine Idee habe ich mittlerweile, „Schuldscheine zu Klopapier!“ Aussehen könnte das dann so:

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http://www.mister-ede.de/4-fun/schuldscheine-zu-klopapier/3570/feed 0
Griechenland-GAU für Austeritäts-Merkel http://www.mister-ede.de/politik/gau-fuer-austeritaets-merkel/3565 http://www.mister-ede.de/politik/gau-fuer-austeritaets-merkel/3565#comments Thu, 29 Jan 2015 18:21:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3565 Weiterlesen ]]> Immer wieder wurde von Seiten verschiedener Rettungspolitiker, allen voran Merkel, versichert, dass die Griechenland-Hilfe erfolgreich sei und sich das Land langsam stabilisieren würde. Zumindest die griechischen Wähler empfanden das aber anscheinend nicht so und haben dementsprechend am vergangen Sonntag der verordneten Austeritätspolitik eine Absage erteilt. Obwohl die Folgen der einseitig auf Haushaltskürzungen beruhenden Rettungspolitik absehbar waren und auch schon frühzeitig beschrieben wurden, wollte dies in Brüssel oder Berlin niemand wahrhaben.

„Die Folgen [der Austeritätspolitik] gehen dabei weit über die wirtschaftliche und finanzielle Dimension hinaus, denn auch in der sozialen Dimension werden Arbeitslosigkeit und Armut zu einer riesigen Belastung für die dortigen Gesellschaften. Bei den nächsten Wahlen in diesen Ländern könnte sich die krisenhafte Situation somit auch in den Parlamenten widerspiegeln. Der Zulauf an Wählern zu den Parteien am linken und rechten Rand und die wachsende Europaskepsis belegen das schon heute.“

Eine Bilanz nach fünf Jahren Euro-Rettungspolitik (www.mister-ede .de – 15.10.2013)

Selbst die Tatsache, dass seit der Europawahl 2014 fast ein Drittel der Abgeordneten im Europaparlament von Parteien gestellt werden, die der EU eher skeptisch bis hin zu offen ablehnend gegenüberstehen, hat nicht zu einem Umdenken geführt.

27,8% gegen die europäische Idee (www.mister-ede.de – 19.06.2014)

Zwar kommen in Griechenland zahlreiche Versäumnisse der eigenen Regierung hinzu, dennoch ist das griechische Wahlergebnis damit auch das Resultat einer gescheiterten Rettungspolitik. Der Wahlsieg der Syriza ist der GAU für Merkel und Schäuble, denn er zeigt die gesellschaftliche Spaltkraft dieser Rettungspolitik für die Eurozone und dass die bisherige Austeritätspolitik nie die Erfolgsgeschichte war als die sie uns verkauft wurde. Sollten jetzt in anderen Ländern, die unter den Folgen der Eurokrise und den verfehlten Gegenmaßnahmen leiden, die Zustimmungswerte der Austeritäts-Gegner steigen, droht der letzte Lack dieser Rettungspolitik abzufallen. Ebenso dürfte aber auch Tsipras‘ Drohung eines Schuldenschnitts dazu beitragen, dass in Ländern wie Frankreich oder Deutschland die Euro-Gegner weiter gestärkt werden und damit die Spaltung der Eurozone weiter voranschreitet.


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Die politische Drohung mit dem Schuldenschnitt Griechenlands http://www.mister-ede.de/politik/drohung-mit-schuldenschnitt/3559 http://www.mister-ede.de/politik/drohung-mit-schuldenschnitt/3559#comments Thu, 29 Jan 2015 17:47:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3559 Weiterlesen ]]> Wer sich die Zinsbelastung Griechenlands anschaut, stellt schnell fest, dass ein Schuldenschnitt Griechenland kaum noch entlasten kann. Denn ob ein Land einen Zahlungsstopp verhängt, also von sich aus einen Kredit nicht zurückzahlt, oder ob es von den Kreditgebern Konditionen erhält, die keine Verzinsung und Rückzahlung vorsehen, spielt für den Haushalt eines Landes keine Rolle. In beiden Fällen muss ein Land nämlich schlicht und ergreifend keinen einzigen Cent zahlen. Nachdem Griechenland auf einen großen Teil seiner Staatsschulden sowieso nur minimale Zinsen zahlt und eine Rückzahlung vorerst nicht stattfinden muss, kann Griechenland durch einen Schuldenschnitt entsprechend auch kaum finanzielle Spielräume für seinen Haushalt erreichen. Dennoch droht Tsipras mit einem solchen einseitigen Zahlungsstopp!

Zu verstehen ist diese Drohung aber eben nicht ökonomisch, sondern rein politisch. Tsipras kündigt damit nämlich an, wenn ihr Euch mit uns nicht auf ein für uns tragfähiges Paket, z.B. weitere Finanzhilfen, einigt, dann stürzen wir die Eurozone in ein großes Chaos. Anders als für Griechenland hat ein Schuldenschnitt auf die übrigen Euro-Staaten nämlich sehr wohl eine Auswirkung, denn diese müssten dann einen Großteil der Kosten des Kreditausfalls tragen. Obwohl der Schuldenschnitt ökonomisch für Griechenland absolut nachrangig ist, stellt er damit für Alexis Tsipras, wenn man so will, eine Trumpfkarte dar und man darf nun darüber spekulieren, ob er tatsächlich bereit wäre diese im Falle eines Falles zu ziehen.


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Ein mögliches Szenario nach einem Regierungswechsel in Griechenland http://www.mister-ede.de/politik/griechischer-regierungswechsel/3550 http://www.mister-ede.de/politik/griechischer-regierungswechsel/3550#comments Sat, 24 Jan 2015 14:05:27 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3550 Weiterlesen ]]> Wenn morgen die Wähler in Griechenland zur Urne schreiten, dürfte die Eurozone gespannt auf den Ausgang der Parlamentswahlen schauen. Sollte sich die Linksaußen-Partei Syriza durchsetzen, droht die unter anderem von Merkel inszenierte Idylle in der Eurozone zu zerbrechen. Zwar brodelt es bereits jetzt an allen Ecken und Enden, wenn z.B. in Italien und Spanien die Schuldenschrauben glühen oder die französische Wirtschaft mächtig unter Druck steht, aber bislang ist es auch dank des billigen EZB-Geldes gelungen, dies alles noch unter dem Deckel zu halten.
In Griechenland könnte dies ab morgen aber nicht mehr der Fall sein, weshalb die Stoßwelle eines Regierungswechsels in Griechenland deutlich folgenreicher sein könnte, als es alleine die Größe Griechenlands erwarten lassen würde. Denn muss die von konservativen Kreisen und vor allem auch Merkel favorisierte Austeritätspolitik gegenüber Griechenland aufgegeben werden, dürfte es schwierig werden, die bisherige Rettungspolitik weiterhin z.B. als alternativloses Modell für Spanien zu verkaufen oder französischen Wählern die Sinnhaftigkeit dieser Politik zu vermitteln.

Kommt es zu einem Regierungswechsel ist meines Erachtens daher davon auszugehen, dass insgesamt die aktuelle Rettungspolitik auf den Prüfstand kommt und dies eben nicht nur in Bezug auf Griechenland. Intensive Verhandlungen zwischen allen Euro-Staaten scheinen mir deshalb ein relativ realistisches Szenario. Geht man ferner davon aus, dass der Syriza bei einer Wahl mehr an finanziellen und wirtschaftlichen Hilfen für Griechenland gelegen ist als an einer Veränderung der eher statistischen Größe der Staatsschulden, erscheinen auch Verhandlungen mit Griechenland wahrscheinlicher als z.B. ein einseitiger Zahlungsstopp, mit dem Syriza bei einem Wahlsieg jederzeit drohen kann. Ein möglicher Ausweg aus der verfahren Situation könnte dementsprechend in einer Verhandlungslösung liegen, dem ein Maßnahmenbündel zugrunde liegt, das die Situation der verschiedenen Euro-Mitgliedsstaaten berücksichtigt.

Ein solches Paket könnte z.B. Irland Erleichterungen bei der Schuldenlast verschaffen, indem von der EZB gehaltene höher verzinste Papiere z.B. gegen niedrig verzinste Staatsanleihen Irlands getauscht werden. Spanien, Portugal, Italien und Frankreich könnten durch Investitionshilfen gestärkt werden und Griechenland könnte mit direkten Finanzhilfen in die Lage versetzt werden, Wachstumsimpulse zu setzen und den Haushalt z.B. durch die geplanten Steuererhöhungen für Wohlhabende und den Aufbau einer funktionieren Finanzverwaltung zu stabilisieren. Ein Schuldenschnitt wäre in diesem Fall nicht notwendig, auch wenn man überlegen könnte, Griechenland bei erfolgreichen Ansätzen der Syriza bei den Zinskonditionen weiter entgegenzukommen.
Offen bleibt allerdings, ob jene Politiker der wirtschaftlich starken Euro-Staaten, die bisher die Rettungspolitik als alternativlos verteidigt haben, zu einem solchen Richtungswechsel bereit wären. Immerhin müssten diese sowohl die Kursänderung als auch weitere finanzielle Unterstützung für die Krisenstaaten gegenüber ihren Wählern rechtfertigen. Wenn als Alternative allerdings der angedrohte Zahlungsstopp Griechenlands im Raum steht, könnte dies durchaus dazu beitragen, dass sich auch bei den Austeritätspolitikern die Bereitschaft zu einer Verhandlungslösung erhöht.

Kommt es zu einem solchen Szenario, dürften sich die Verwerfungen an den Finanzmärkten anders als bei einem unkontrollierten Zahlungsstopp in Grenzen halten. Für die Krisenstaaten könnte sich damit sogar wieder eine Perspektive entwickeln und würde ein etwas größerer Investitionspaket geschnürt, bei dem man auch bereit ist, mit staatlichen Investitionen die Wirtschaft anzukurbeln, könnte dies zu einer Verbesserung der konjunkturellen Lage in der gesamten Eurozone beitragen. Daneben ist gerade in Griechenland vorstellbar, dass ein neuer Kurs das Land belebt, vor allem wenn man bedenkt, dass mit den Linksaußen-Politikern Vertreter einer Partei, die zumindest bislang noch nicht durch Korruption, Amtsmissbrauch und Vetternwirtschaft aufgefallen ist, an die Regierung kommen. Insgesamt wäre es also durchaus denkbar, dass sich ein Regierungswechsel in Griechenland sogar positiv auf die Eurozone auswirkt, auch wenn dies bei all dem Gepolter zurzeit nicht unbedingt so erscheint.


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