Szenario einer Konflikteskalation in Griechenland: Hat der David das bessere Blatt?

Ab Morgen werden griechische Anleihen von der EZB nicht mehr als Sicherheit für an Banken ausgereichte Kredite akzeptiert [1], wodurch gerade griechische Banken weiter unter Druck geraten könnten, weil hier bereits jetzt ein Mittelabfluss [2] stattfindet. Sollte es daneben zu einem tatsächlichen Zahlungsausfall des griechischen Staates kommen, könnte der Bankenmarkt stark in Bedrängnis geraten. Kommt es allerdings zu Bankenpleiten, zum Beispiel in Folge noch weiterer Mittelabflüsse, ist die Frage, inwieweit die europäische Einlagensicherung dann tatsächlich greift, wenn der eigentliche Sicherungsmechanismus „Nationalstaat“ [3] parallel dazu ausfällt.
Lässt die Eurozone die Banken fallen, dürfte berechtigter Weise die Frage aufkommen, wie sowas eigentlich in anderen Euro-Ländern im Fall der Fälle aussehen würde. Wird hingegen die Einlagensicherung von anderen Staaten übernommen, könnte dies eine neuerlich Diskussion über die Haftungsgemeinschaft der Währungsunion auslösen.
Daneben wäre es auch denkbar, dass im Falle von Bankenpleiten verstärkt ausländische Finanzinstitute, z.B. aus Russland oder China, mit griechischen Tochterunternehmen auf dem Banken- und Finanzmarkt ein Substitut bieten. Während sich die herkömmlichen Banken dann selbst abwickeln müssten, könnte Griechenland neue Partner auf der Welt suchen. Aus Sicht von Linksaußen-Politikern dürfte das doch eigentlich ein Traum sein.

Daneben rückt ohne Überbrückungshilfen aber auch Griechenland selbst dem Zahlungsausfall immer näher. Vorstellbar wäre daher, dass Tsipras ein Moratorium für den Schuldendienst verhängt, die Kredite also weiter zum jeweiligen Zinssatz berechnet werden, vorerst allerdings keine Zins- und Tilgungszahlung geleistet wird.
Auf Basis eines hierdurch deutlich entlasteten Haushalts könnten dann Hilfskredite von Ländern in Anspruch genommen werden, die ein Interesse an einem Standbein in der EU, der NATO oder der Eurozone haben. Neben einem direkten Schaden durch das Schuldenmoratorium und einer möglichen Blockade der Institutionen würde für die Eurozone so auch ein erheblicher Vertrauensverlust entstehen, weil eine solche Entwicklung zumindest theoretisch genauso in anderen Euro-Ländern denkbar wäre.

Kommt es zu einer derartigen Eskalation und einem ernsthaften Bruch zwischen Griechenland und dem Rest der Eurozone, z.B. weil sich Tsipras an die Wand gespielt sieht, hätte dies katastrophale Folgen. Auch wenn klar ist, dass hier auf beiden Seiten massiv gepokert wird, sollte doch überlegt werden, was Griechenland zurzeit überhaupt noch zu verlieren hat. Außerdem sollte der Goliath Eurozone meines Erachtens ernsthaft darüber nachdenken, ob im Ernstfall der David Griechenland nicht doch die besseren Karten in der Hand hat, um am Ende glimpflicher davonzukommen als der unbewegliche Riese, der sich zurzeit anscheinend für unverwundbar hält.


Ähnliche Artikel:
Eurokrise: FAQ zur Griechenland-Krise und zur aktuellen Lage (www.mister-ede.de – 23.03.2015)


[1] Artikel des Handelsblatts vom 05.02.2015 (Link zum Artikel auf www.handelsblatt.com)

[2] Artikel von FAZ-Online vom 06.02.2015 (Link zum Artikel auf www.faz.net)

[3] „Jedes Land in der EU muss seine eigenen Einlagensicherungsfonds aufbauen.“ (Quelle: Bundesfinanzministerium) (Link zur Quelle auf www.bundesfinanzministerium.de)

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