Ein mögliches Szenario nach einem Regierungswechsel in Griechenland

Wenn morgen die Wähler in Griechenland zur Urne schreiten, dürfte die Eurozone gespannt auf den Ausgang der Parlamentswahlen schauen. Sollte sich die Linksaußen-Partei Syriza durchsetzen, droht die unter anderem von Merkel inszenierte Idylle in der Eurozone zu zerbrechen. Zwar brodelt es bereits jetzt an allen Ecken und Enden, wenn z.B. in Italien und Spanien die Schuldenschrauben glühen oder die französische Wirtschaft mächtig unter Druck steht, aber bislang ist es auch dank des billigen EZB-Geldes gelungen, dies alles noch unter dem Deckel zu halten.
In Griechenland könnte dies ab morgen aber nicht mehr der Fall sein, weshalb die Stoßwelle eines Regierungswechsels in Griechenland deutlich folgenreicher sein könnte, als es alleine die Größe Griechenlands erwarten lassen würde. Denn muss die von konservativen Kreisen und vor allem auch Merkel favorisierte Austeritätspolitik gegenüber Griechenland aufgegeben werden, dürfte es schwierig werden, die bisherige Rettungspolitik weiterhin z.B. als alternativloses Modell für Spanien zu verkaufen oder französischen Wählern die Sinnhaftigkeit dieser Politik zu vermitteln.

Kommt es zu einem Regierungswechsel ist meines Erachtens daher davon auszugehen, dass insgesamt die aktuelle Rettungspolitik auf den Prüfstand kommt und dies eben nicht nur in Bezug auf Griechenland. Intensive Verhandlungen zwischen allen Euro-Staaten scheinen mir deshalb ein relativ realistisches Szenario. Geht man ferner davon aus, dass der Syriza bei einer Wahl mehr an finanziellen und wirtschaftlichen Hilfen für Griechenland gelegen ist als an einer Veränderung der eher statistischen Größe der Staatsschulden, erscheinen auch Verhandlungen mit Griechenland wahrscheinlicher als z.B. ein einseitiger Zahlungsstopp, mit dem Syriza bei einem Wahlsieg jederzeit drohen kann. Ein möglicher Ausweg aus der verfahren Situation könnte dementsprechend in einer Verhandlungslösung liegen, dem ein Maßnahmenbündel zugrunde liegt, das die Situation der verschiedenen Euro-Mitgliedsstaaten berücksichtigt.

Ein solches Paket könnte z.B. Irland Erleichterungen bei der Schuldenlast verschaffen, indem von der EZB gehaltene höher verzinste Papiere z.B. gegen niedrig verzinste Staatsanleihen Irlands getauscht werden. Spanien, Portugal, Italien und Frankreich könnten durch Investitionshilfen gestärkt werden und Griechenland könnte mit direkten Finanzhilfen in die Lage versetzt werden, Wachstumsimpulse zu setzen und den Haushalt z.B. durch die geplanten Steuererhöhungen für Wohlhabende und den Aufbau einer funktionieren Finanzverwaltung zu stabilisieren. Ein Schuldenschnitt wäre in diesem Fall nicht notwendig, auch wenn man überlegen könnte, Griechenland bei erfolgreichen Ansätzen der Syriza bei den Zinskonditionen weiter entgegenzukommen.
Offen bleibt allerdings, ob jene Politiker der wirtschaftlich starken Euro-Staaten, die bisher die Rettungspolitik als alternativlos verteidigt haben, zu einem solchen Richtungswechsel bereit wären. Immerhin müssten diese sowohl die Kursänderung als auch weitere finanzielle Unterstützung für die Krisenstaaten gegenüber ihren Wählern rechtfertigen. Wenn als Alternative allerdings der angedrohte Zahlungsstopp Griechenlands im Raum steht, könnte dies durchaus dazu beitragen, dass sich auch bei den Austeritätspolitikern die Bereitschaft zu einer Verhandlungslösung erhöht.

Kommt es zu einem solchen Szenario, dürften sich die Verwerfungen an den Finanzmärkten anders als bei einem unkontrollierten Zahlungsstopp in Grenzen halten. Für die Krisenstaaten könnte sich damit sogar wieder eine Perspektive entwickeln und würde ein etwas größerer Investitionspaket geschnürt, bei dem man auch bereit ist, mit staatlichen Investitionen die Wirtschaft anzukurbeln, könnte dies zu einer Verbesserung der konjunkturellen Lage in der gesamten Eurozone beitragen. Daneben ist gerade in Griechenland vorstellbar, dass ein neuer Kurs das Land belebt, vor allem wenn man bedenkt, dass mit den Linksaußen-Politikern Vertreter einer Partei, die zumindest bislang noch nicht durch Korruption, Amtsmissbrauch und Vetternwirtschaft aufgefallen ist, an die Regierung kommen. Insgesamt wäre es also durchaus denkbar, dass sich ein Regierungswechsel in Griechenland sogar positiv auf die Eurozone auswirkt, auch wenn dies bei all dem Gepolter zurzeit nicht unbedingt so erscheint.


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