Die blinde Masse

Die Kampagne im Netz gegen einen Verdächtigen aus Nord-Deutschland ist die Schattenseite der Massenbewegungen, die das Netz ermöglicht [1]. Eine Masse, die von Emotionen geleitet die Freiheitsrechte anderer Bürger mit den Füßen tritt, ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Es stimmt mich bedenklich, dass der private Anbieter Facebook, die Plattform dafür bereitstellt. Ich bin zwar nicht für eine Altersbeschränkung (mindestens 18 Jahre) bei Facebook, aber in Schulen und Jugendorganisationen sollte sowohl unser Grundgesetz, als auch unsere Geschichte wieder stärker ein Thema sein. Eine blinde Masse, die gegen einen Einzelnen, oder eine Minderheit hetzt gab es in Deutschland nämlich schon einmal in beträchtlichem Ausmaß.

Facebook macht mit der Massenbewegung des Internets gute Geschäfte, aber der Schutz der individuellen Freiheitsrechte, wie sie im Grundgesetz stehen, sieht Facebook wohl nicht als seine Aufgabe, genauso wie der Datenschutz nicht zu den Stärken von Facebook zählt. Während ein privater Fernsehsender, in dessen Programm zur Lynchjustiz aufgerufen wird, sehr schnell abgeschaltet werden würde, hat Facebook als Kommunikationsplattform relativ wenig zu fürchten. Ich sehe hier auch den Staat (Polizeibehörden, Politik, Datenschutzbeauftragte) in der Pflicht, geeignete Regelungen zu erlassen und die Einhaltung der Gesetze zu gewährleisten. Twitter sollte z.B. bei solchen Fällen tatsächlich zensieren dürfen oder müssen, genauso wie Facebook aufgerufen sein sollte, möglichst schnell,  Beiträge oder Accounts zu sperren, und die Inhaber der Profile darauf hinzuweisen, dass „rassistische, verachtenden,…“ Kommentare nicht mit deutschem Recht vereinbar sind. Ich glaube Vielen ist, z.B. aufgrund des Alters (Kinder), gar nicht bewusst, was sie machen. Der Unterschied zu einer Meinung im privaten Kreis unter Freunden ist ja bei Facebook, dass diese Meinung veröffentlicht ist.

Jetzt sollen diejenigen ermittelt und evtl. bestraft werden, die zur “Lynchjustiz” aufgerufen haben. Ich schätze zum Teil waren das Kinder und Jugendliche, die in Facebook unterwegs waren. Zum Teil Leute die nicht bekommen haben, dass es ein Unterschied ist eine Meinung im privaten Kreis Kund zu tun, oder diese auf eine öffentliche Plattform zu stellen, bei der viele unbekannte andere Nutzer Zugriff haben (z.B. Twitter).

Ich stelle mir auch die Frage, wie das bei der Bewegung der Piratenpartei aussehen wird. Wird dann auch dort am Ende ein „Opfer“, in Form einer Person oder einer Minderheit (Unternehmer, Ausländer, Straftäter,…) gesucht, auf dessen Kosten man Stimmung machen kann. Wie soll der Schutz von Minderheiten in einem System der blinden Masse funktionieren? Aus meiner Sicht ist die Piratenpartei der politisch verlängerte Arm dieser Masse, die von Emotionen geleitet über die individuellen Freiheitsrechte des Grundgesetzes hinweg stürmt.


[1] Tagesschau-Bericht zum Thema vom 31.03.2012 auf www.tagesschau.de

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