mister-ede.de » Balkan https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Eine Bilanz der EU-Flüchtlingspolitik der letzten 12 Monate https://www.mister-ede.de/politik/12-monate-fluechtlingspolitik/5013 https://www.mister-ede.de/politik/12-monate-fluechtlingspolitik/5013#comments Mon, 16 May 2016 19:01:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5013 Weiterlesen ]]> Als im April 2015 bei starker Tendenz nach oben über 10.000 Schutzsuchende in Griechenland ankamen, wurde erkennbar, dass sich neben der bisherigen Fluchtroute von Libyen nach Italien, über die seit dem arabischen Frühling 2011 jährlich rund 100.000 – 200.000 Flüchtlinge irregulär in die EU einreisen, eine weitere etabliert. Bei über 50.000 Einreisen nach Griechenland alleine im Monat Juli und über 100.000 im August wurde jedoch schnell deutlich, dass die Flüchtlingszahlen, auch aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, auf dieser Strecke ganz andere Dimensionen erreichen werden.
Nachdem durch die Verschiebung der Fluchtrouten außerdem zusätzliche Länder von der Migration betroffen waren, wurde ab diesem Zeitpunkt in weiten Teilen der EU jener Handlungsbedarf gesehen, auf den Italien bis dahin vergeblich aufmerksam machte.

In der Folge reagierten die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit verschiedenen Maßnahmen, von einem Ausbau der Grenzsicherung über einen veränderten Umgang mit Asylbewerbern aus den Balkanländern bis hin zu einer verbesserten Ausstattung des Internationalen Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Auch zahlreiche Asylrechtsdebatten waren die Folge, seien das Gesetzesänderungen oder die Auseinandersetzung über eine Obergrenze in Deutschland, die Einführung einer solchen in Österreich, die Aussagen osteuropäischer Regierungen, keine Muslime aufnehmen zu wollen, oder die aktuellen Änderungsvorschläge der EU-Kommission zum Dublin-Verfahren.

Reduktion der Zahl der in die EU kommenden Flüchtlinge:

Durch die Ausweitung der Finanzmittel für die Flüchtlingshilfe konnte in den letzten Monaten die gröbste Not in den Flüchtlingslagern rund um Syrien gelindert werden.
Auf einer Balkan-Konferenz im Herbst wurden Finanzhilfen für und eine bessere Zusammenarbeit mit den Nicht-EU-Ländern des Balkans vereinbart. Ergänzt um Maßnahmen der Mitgliedsstaaten, z.B. in Deutschland die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten auf die Balkan-Region, konnte damit die Zahl der Asylbewerber vom Balkan noch im Herbst 2015 deutlich gesenkt werden.
Zahlreiche EU-Länder reagierten überdies mit Grenzkontrollen an Binnengrenzen, wie z.B. Deutschland gegenüber Österreich, und an Außengrenzen, wie beim ungarischen Zaunbau zu Serbien. Gleichzeitig verstärkten die EU und ihre Mitgliedsstaaten die Zusammenarbeit mit der Türkei zum Schutz der Außengrenzen, was im März dieses Jahres in einem EU-Türkei-Abkommen mündete. Insgesamt führten diese Maßnahmen dazu, dass die Zahl der in die EU kommenden Flüchtlinge von über 200.000 im Oktober 2015 auf unter 20.000 im April 2016 gesunken ist.

Kleine Schritte der Harmonisierung und Koordination der Flüchtlingspolitik:

Daneben wurden die Mitgliedsstaaten durch die EU an die Verwendung des gemeinsamen Registrierungssystems für Flüchtlinge, Eurodac, erinnert, so dass heute der Datenaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten besser funktioniert. Außerdem wurde eine finanzielle und personelle Stärkung von Frontex verabredet und mit der EU-Verordnung Nr. 399/2016, die am 12.4.2016 in Kraft getreten ist, wurden im Rahmen des Schengener Grenzkodex neue Standards zur Grenzsicherung und zum Umgang mit Personen beim Grenzübertritt festgeschrieben.
Entgegen anderer Pläne der EU-Kommission, bleibt allerdings die Überwachung der EU-Außengrenzen, wie von den Mitgliedsstaaten gefordert, weiterhin die Aufgabe des jeweiligen Nationalstaats. Eine grundlegende Änderung der Systematik hin zu einer echten gemeinsamen europäischen Grenzsicherung findet damit nicht statt und bei der Reform des Dublin-Systems droht ähnliches. Auch hier stoßen schon die aktuellen Vorstellungen der EU-Kommission, die nur ansatzweise hin zu einem echten gemeinsamen Asylsystem gehen, auf zum Teil erbitterten Widerstand zahlreicher EU-Länder.

Mangelnde Bereitschaft, der humanitären Verantwortung gerecht zu werden:

Während es bei der Grenzsicherung noch gelungen ist, sich auf einen gemeinsamen Kurs zu verständigen, fehlt die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, gänzlich. So sind die dringend benötigten Umverteilungen aus Griechenland oder Italien bislang kaum vorangekommen und die Situation vieler Schutzsuchender in der EU ist noch immer beschämend. Auch die freiwilligen Kontingente zur Aufnahme von Flüchtlingen, wie sie im EU-Türkei-Abkommen vereinbart wurden, gibt es bislang nur auf dem Papier und auf noch größeren Widerstand der EU-Mitgliedsstaaten stoßen Mechanismen, bei denen die Nationalstaaten die Hoheit über die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Hand geben müssten, z.B. Quotensysteme.
Weiterhin fehlend damit jene regulären Wege nach Europa, mit denen die EU ihre humanitäre Verantwortung wahrnehmen könnte. Daneben ist bislang aber auch die Kontrolle unzureichend, ob der Schutz von abgewiesenen oder rückgeführten Personen in den Herkunfts- oder Drittstaaten tatsächlich gewährleistet ist. Und auch bei der Hilfe vor Ort bleibt die EU vieles schuldig und so fehlt z.B. eine Bündelung der Flüchtlingshilfe in einem gemeinsamen europäischen Flüchtlingshilfswerk, um Geflüchteten eng verknüpft mit einer europäischen Entwicklungszusammenarbeit in der Nähe ihrer Heimatregionen eine Perspektive zu geben.

Die Bilanz:

Fasst man zusammen, dann unternimmt die EU heute zumindest das Nötigste, um die Lage in den Krisengebieten und Flüchtlingslagern zu verbessern – aber eben auch nicht mehr. Die Asylmigration vom Balkan wurde gestoppt und häufig wurde das nationale Asylrecht verschärft. Weiterhin fehlen jedoch reguläre Wege in die EU, während die Zahl der irregulären Einreisen in Kooperation mit Herkunfts- und Drittstaaten reduziert wurde. Kleinere Schritte zur Harmonisierung des Grenzschutzes und zur besseren Koordination des Flüchtlingsmanagements wurden in der EU gegangen.
Insgesamt ist die Bilanz der EU-Flüchtlingspolitik der letzten Monate damit durchwachsen und es bleibt noch viel Luft nach oben.


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EU-Türkei-Gipfel: Verbleib von Flüchtlingen in der Türkei https://www.mister-ede.de/politik/verbleib-fluechtlinge-tuerkei/4828 https://www.mister-ede.de/politik/verbleib-fluechtlinge-tuerkei/4828#comments Mon, 07 Mar 2016 16:25:51 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4828 Weiterlesen ]]> In den vergangen Monaten hat sich die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge zwar etwas reduziert, bislang gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass es sich hierbei um eine echte Trendwende handelt. Die deutliche Mehrheit der Flüchtlinge kommt über die Türkei nach Griechenland und damit in die EU und gerade auf dieser Route sind die Zahlen verglichen mit den Vorjahresmonaten noch weiter angestiegen. So sind trotz des schlechten Wetters alleine im Januar 2016 über 60.000 Flüchtlinge auf diesem Weg nach Griechenland gekommen, was eine Vervierzigfachung gegenüber dem Januar 2015 mit weniger als 2.000 Flüchtlingen auf dieser Route bedeutet [1]. Zwar lässt sich diese Vervierzigfachung nicht einfach auf das Gesamtjahr hochrechnen, allerdings ist bei unveränderten Rahmenbedingungen auch nicht gerade davon auszugehen, dass sich bei besserem Wetter im Sommer weniger Flüchtlinge auf diesen Weg begeben werden als im Januar. Ohne geeignete Maßnahmen könnten die Flüchtlingszahlen in diesem Jahr daher sogar auf ein erneutes Rekordhoch steigen.

Entsprechend liegt auch der Schlüssel für eine wirksame Reduktion der Flüchtlingszahlen vor allem an der Grenze der EU zur Türkei und in der Beantwortung der zentralen Frage, wie mit Flüchtlingen, die über die Türkei einreisen, in der EU umgegangen werden soll. Soll also z.B. ein Syrer, der über die Türkei nach Griechenland einreist, Schutz in der EU bekommen?
Wird dies bejaht, werden weiterhin Hunderttausende wenn nicht gar Millionen Flüchtlinge auf dem Weg über die Türkei in die EU kommen, legal oder illegal. Deshalb wäre es deutlich humaner, weil ungefährlich, und solidarischer, weil auch die Schwachen eine Chance hätten, wenn in diesem Fall dann ein legaler Weg über die offiziellen Grenzübergänge geschaffen würde.
Verneint man hingegen den Schutzanspruch, sollte allerdings auch dies konsequent umgesetzt werden, z.B. indem mit der Türkei ein Rückführungsabkommen für illegal nach Griechenland oder auch nach Bulgarien eingereiste Personen vereinbart wird. Wie in anderen Artikeln beschrieben, wird auf diese Weise die teure und gefährliche Überfahrt von der türkischen Küste zu den griechischen Inseln für Flüchtlinge sinnlos und die Fluchtroute über die Ägäis könnte ohne großen Aufwand ausgetrocknet werden.

Daher wird es bei den heutigen Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei auch genau um diese Punkte gehen, wobei führende Politiker mittlerweile deutlich zu erkennen geben, dass sie die letztere Option bevorzugen. So drängen, z.B. EU-Ratspräsident Donald Tusk oder auch Kanzlerin Angela Merkel immer wieder darauf, ein Rückführungsabkommen mit der Türkei zu vereinbaren, um illegal eingereiste Personen direkt wieder in die Türkei abschieben zu können. Wie Merkel allerdings schon im vergangen Sommer darlegte, ist eine solche Vereinbarung auch von der Zustimmung der internationalen Partner, also eben der Türkei, abhängig.
Deshalb wird es auf dem Gipfeltreffen auch darum gehen, welche Forderungen die Türkei im Gegenzug stellt, z.B. Finanzhilfen, Reiseerleichterungen für türkische Staatsangehörige, die Unterstützung bei der Flüchtlingsversorgung in der Türkei, die Entlastung durch europäische Flüchtlingskontingente oder auch die Einrichtung einer Schutzzone in Syrien.

Bei all den Forderungen, die von der Türkei gestellt werden, sollte heute allerdings genauso auf den Tisch kommen, dass eine mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der türkischen Regierung ein Spiel mit dem Feuer wäre. Wenn nämlich durch eine fehlende Einigung weiterhin denjenigen in die Hand gespielt wird, die Russland hoffieren, von Le Pen über Orbán zur AfD, könnte das die türkische Regierung in eine sehr ungünstige Position bringen. Immerhin wäre es für die im Aufwind befindlichen Nationalisten ein Leichtes, im Kampf um die Regierungsmacht die Türkei zum Schuldigen zu erklären – und das nicht nur hinsichtlich der ungebremsten Flüchtlingsbewegung in der Ägäis, sondern auch in Bezug zum Syrienkonflikt selbst.
Umgekehrt sollte heute allerdings auch die EU daran denken, dass es eben nicht nur darum geht, die Flüchtlingszahlen in der EU zu reduzieren, sondern auch darum, gleichzeitig die (völker-)rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und die europäischen Grundwerte zu wahren. Wenn also über Finanzmittel für eine menschenwürdige Versorgung der Schutzsuchenden in der Türkei oder über die Aufnahme von Kontingenten verhandelt wird, dann sind das eben nicht nur Gegenforderungen der türkischen Regierung, sondern liegt das genauso im ureigenen Interesse der europäischen Wertegemeinschaft.

Sowohl aus europäischer als auch aus türkischer Perspektive gibt es daher zahlreiche gute Gründe, sich bei den heutigen Gesprächen deutlich anzunähern. Und gelingt es, die Flüchtlingsbewegungen wieder in geordnete Bahnen zu bringen und gleichzeitig die Versorgung der Schutzsuchenden zu verbessern, nutzt das nicht nur der EU und der Türkei, sondern wäre auch ein humanitärer Gewinn.


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[1] Aktuelle Flüchtlingszahlen des UNHCR zur Route Türkei-Griechenland (Link zu den Zahlen auf unhcr.org)

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Der künftige Umgang mit Schutzsuchenden aus sicheren Drittstaaten https://www.mister-ede.de/politik/schutz-bei-sicherer-herkunft/4721 https://www.mister-ede.de/politik/schutz-bei-sicherer-herkunft/4721#comments Sat, 23 Jan 2016 17:38:39 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4721 Weiterlesen ]]> Nachdem im vergangen Jahr die Flüchtlingszahlen in Deutschland und der EU deutlich angestiegen sind und es eine Wanderungsdynamik von Flüchtlingen unter anderem aus Syrien bis nach Schweden gab, wird aktuell viel über Obergrenzen, Kontingente, Hotspots oder die Sicherung der EU-Außengrenzen diskutiert. Die zentrale Frage aber, die es 2016 zu beantworten gilt, ist eine andere:

Wie wird künftig mit Schutzsuchenden aus sicheren Drittstaaten umgegangen?

Zu beachten ist dabei, dass der Drittstaat das Land bezeichnet, aus dem eine Person in ein anderes einreist, während das Land, aus dem eine Person ursprünglich kommt, das Herkunftsland ist. So kommt z.B. ein Syrer mit Herkunftsland Syrien bei einem Grenzübertritt von der Türkei nach Griechenland aus dem Drittland Türkei und bei einem Grenzübertritt von Österreich nach Deutschland aus dem Drittland Österreich.
Entsprechend steht die Frage nach dem künftigen Umgang mit Schutzsuchenden aus sicheren Drittstaaten unabhängig davon im Raum, ob man, wie es die CSU macht, auf die Binnengrenzen innerhalb der EU schaut oder, wie es SPD und CDU machen, auf die EU-Außengrenzen.

Sowohl das deutsche GG (Art. 16a II) als auch die Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 33 I) verbieten nicht die Zurückweisung von Flüchtlingen, die aus einem sicheren Drittland einreisen wollen. Bereits jetzt ist diese Form der Zurückweisung in vielen Ländern der Welt und auch in EU-Mitgliedsländern lange geübte Praxis, so z.B. an den mit Zäunen gesicherten Grenzen zwischen Marokko und den spanischen Enklaven Melilla und Ceuta oder auch den Landgrenzen zwischen Bulgarien bzw. Griechenland und der Türkei.
Rechtlich ist es also unproblematisch, den Flüchtlingszustrom auf diese Weise zu reduzieren, sofern die jeweiligen Drittländer als sicher gelten. Die medial nicht so viel beachteten Versuche, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten auf europäischer Ebene z.B. durch die Türkei, Marokko, Algerien oder Tunesien zu ergänzen, zielen entsprechend auch genau darauf ab, dort einen sicheren Status auszuweisen.

Allerdings reicht die rechtliche Betrachtung alleine keinesfalls aus, um die Frage, wie mit Schutzsuchenden aus sicheren Drittländern künftig umgegangen werden soll, vollständig zu beantworten. Denn gerade weil es die Rechtslage zulässt, die legale Einreise z.B. von der Türkei nach Griechenland zu verwehren, steigen ja Hunderttausende in Boote oder schlagen sich nachts durch die Gebüsche, wodurch genau diese Einreiseregeln in der Realität ausgehebelt werden. Solange dann aber die Drittländer nicht zu einer Rücknahme der illegal eingereisten Personen bereit sind, nutzt in diesen Fällen auch deren vorherige Einstufung als sicher wenig.
Bei der Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten gehört daher zur Wahrheit dazu, dass die EU zwar einseitig diesen Status ändern kann, für eine wirksame Umsetzung der daran anknüpfenden Rechtsfolgen aber stets auf die Kooperation der jeweiligen Nachbarländer, z.B. in Form von Rückführungsabkommen, angewiesen bleiben wird. Doch selbst wenn sich die Nachbarländer der EU kooperativ zeigen, bleibt es immer noch schwierig, z.B. auf dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge eindeutig einem Land zuzuordnen. Hinzu kommt, dass mit Libyen zumindest einer der nordafrikanischen Mittelmeeranrainer definitiv als nicht sicher einzustufen ist.

Ähnlich ist die Problemlage an den Binnengrenzen der EU, wodurch die Parallelen auch noch einmal sichtbar werden. So hätte eine Entscheidung Deutschlands, die offiziellen Grenzen zu Österreich für Schutzsuchende zu schließen, mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls ein solches Ausweichverhalten der Flüchtlinge hin zur grünen Grenze zur Folge.
Und obwohl Rückführungen in der EU durch das Dublin-System bereits rechtlich verankert sind, so stellen auch diese immer wieder ein Problem dar, weil z.B. manche Flüchtlinge zuvor in keinem anderen Land registriert wurden oder die Zustände in anderen EU-Mitgliedsstaaten nach deutschem Recht eine Rückführung schlicht ausschließen.

Stellt man sich dennoch für einen Moment vor, dass die Umsetzung des rechtlich Zulässigen auch real möglich ist, bleibt noch immer die entscheidende Frage, ob die Zurückweisung von Schutzsuchenden aus sicheren Drittstaaten auch ethisch vertretbar wäre. So ist in Bezug auf die deutschen EU-Binnengrenzen zwar der Hinweis richtig, dass z.B. auch in Österreich eine anständige Versorgung von Flüchtlingen gewährleistet wird, jedoch lässt dies außer Acht, dass eine solche teilweise Grenzschließung eine Kettenwirkung zur Folge hätte, welche die Lasten der Flüchtlingsversorgung auf den Balkan und nach Italien oder Griechenland verschieben würde. Gerade vor dem Hintergrund, dass immer wieder gefordert wird, Deutschland solle mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, stellt sich deshalb die Frage, ob ein solches Kopf in den Sand stecken wirklich eine angemessene Reaktion für das größte Mitgliedsland der EU wäre.
Noch stärker drängt sich diese Frage allerdings in Bezug auf die EU-Außengrenzen auf. Was hätte es noch mit europäischen Werten zu tun, wenn Europa in dieser Krise einfach die Zugbrücken hochklappt und sich hinter Frontex und Co. verschanzt?
Wenn die EU künftig einen Großteil der EU-Nachbarschafft als sichere Herkunftsländer und damit auch als sichere Drittländer einstufen und Schutzsuchende abweisen oder zurückführen will, wird dies aus meiner Sicht daher nur dann ethisch vertretbar sein, wenn die EU gleichzeitig auf anderem Wege ihrer Verantwortung für die Flüchtlinge gerecht wird. Einige Milliarden Euro an Erdogan und die Türkei werden hierfür aber sicher nicht reichen. Anstatt die Flüchtlingsversorgung alleine den dortigen Behörden zu überlassen, müsste die EU zumindest eine Mitverantwortung für die ordentliche Versorgung der Schutzsuchenden in diesen künftig sicheren Ländern übernehmen. Ein EU-Flüchtlingskommissar mit gut ausgestattetem EU-Flüchtlingshilfswerk wäre hier beispielsweise ein denkbarer Ansatz. Desweiteren müsste es aber auch große Kontingente zur Aufnahme von Flüchtlingen geben, um damit die restriktiven Einreisebestimmungen ein wenig auszugleichen.

Bleibt hingegen die Frage, wie mit Schutzsuchenden aus sicheren Drittstaaten umgegangen wird, weiterhin einfach unbeantwortet im Raum stehen, werden auch künftig Flüchtlinge versuchen, illegal aus der Türkei nach Griechenland und von dort unter anderem nach Deutschland zu reisen, um Asyl oder humanitären Schutz zu suchen. Wenn also die Zahl der nach Europa und Deutschland kommenden Flüchtlinge 2016 reduziert werden soll, wird man nicht umhin kommen, diese zentrale Frage zu beantworten.

Anmerkung: Text überarbeitet am 29.01.2016, um Drittstaaten und Herkunftsstaaten korrekt zu unterscheiden.


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Flüchtlingspolitik: Ein Anfang ist gemacht, doch es bleibt ein weiter Weg https://www.mister-ede.de/politik/es-bleibt-ein-weiter-weg/4602 https://www.mister-ede.de/politik/es-bleibt-ein-weiter-weg/4602#comments Tue, 22 Sep 2015 08:23:08 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4602 Weiterlesen ]]> Fast alles, was ich im August und Anfang September eingefordert habe, ist mittlerweile zum Leitbild deutscher und zum Teil auch europäischer Politik beim Umgang mit Flüchtlingen geworden. An manchen Stellen zeigen sich hierbei auch schon erste Erfolge, allerdings bleibt es noch ein weiter Weg zur Bewältigung dieser Krise.

Hilfe vor Ort, EU-Außengrenze:

Die Forderung, die Flüchtlingshilfe in der Krisenregion des Nahen Ostens deutlich zu stärken, wurde mittlerweile aufgegriffen und parteiübergreifend wird nicht mehr von Milliönchen, sondern Milliarden gesprochen, wenn es um die Unterstützung für die Nachbarländer Syriens oder die Finanzausstattung des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen geht. Zwar forderte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) dies auch schon länger ein [1], doch erst jetzt scheint sein Realismus in der gesamten Bundesregierung zur Grundlage des Handelns zu werden. Sein Vorschlag, insgesamt 10 Milliarden Euro in die Hand zu nehmen und davon 5 Milliarden für die Flüchtlingsversorgung vor Ort in den Anrainerstaaten Syriens bereitzustellen, ist genauso richtig wie seine Mahnung zur Eile vor dem nahenden Winter [2]. Auch die EU-Kommission hat sich in diesem Punkt mittlerweile auf den richtigen Weg begeben und stellt der Türkei für die Versorgung von Flüchtlingen einen Milliardenbetrag in Aussicht [3]. Wichtig ist aber nun, dass diese Hilfe nicht nur angekündigt wird, sondern auch schnell und konsequent erfolgt.

Daneben wurde auch die Forderung nach einer Zusammenarbeit mit der Türkei in Bezug auf die Sicherung der Außengrenzen zwischen der EU und der Türkei aufgegriffen und führt schon jetzt zu ersten Erfolgen. So sind türkische Sicherheitskräfte schon im Vorfeld aktiv, um die Migration über die grünen und blauen Grenzen zu reduzieren und damit die europäischen Grenzregionen zu entlasten [4]. Auch Bulgarien [5] und Griechenland [6] haben ihrerseits die Anstrengungen bei der Grenzsicherung verstärkt, womit ein weiterer Punkt meines Maßnahmenkatalogs realisiert wurde. Daneben wird mit dem Grenzschutz bzw. dem Kampf gegen Schlepper aus den Regionen Nordafrikas ein weiterer Baustein zum Schutz der Außengrenzen hinzugefügt. Auch der Gedanke legaler Migrationsmöglichkeiten direkt aus den Flüchtlingslagern der Krisenregionen wird in einem gewissen Umfang aufgegriffen. So hat sich z.B. Großbritannien bereit erklärt, auf diesem Weg 20.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen [7].

Wird nun tatsächlich die Hilfe für Flüchtlinge vor Ort intensiviert, die Möglichkeit direkter und legaler Migration aus den Krisenregionen geschaffen und gleichzeitig die Grenzsicherung der EU verstärkt, bin ich zuversichtlich, dass die aktuellen Migrationsbewegungen spürbar reduziert werden.

Der Westbalkan:

Auch in diesem Punkt wird nun mit zusätzlicher Entwicklungshilfe das angepackt, was ich beschrieben habe. So einigten sich die Teilnehmer der Westbalkan-Konferenz auf eine stärkere Förderung des Westbalkans, um den dort lebenden Menschen eine wirtschaftliche Perspektive vor Ort zu geben [8]. Zwar bleibt der Umfang der Unterstützung weiterhin deutlich hinter dem zurück, was ich für notwendig erachte, allerdings in Kombination mit entsprechenden Aufklärungskampagnen über die Asylchancen in Deutschland zeigen sich auch hier bereits erste Erfolge, so dass die Migration aus dieser Region zurückgeht.

Der Umgang mit Flüchtlingen in der EU:

Mittlerweile wird auch im Hinblick auf den europäischen Umgang mit der Flüchtlingskrise das anvisiert, was ich in meinen Artikeln forderte. Die Einrichtung zentraler EU-Aufnahmelager wird mit Nachdruck vorangetrieben, gemeinsame Asylverfahren werden angestrebt und die Diskussion um eine Verteilquote ist heute deutlich weiter als noch vor 4 Wochen [9].

Dennoch ist es auch hier notwendig, dass den Worten und Ansätzen nun Taten und Umsetzungen folgen. Vor allem auf dem Balkan, wo sich die Flüchtlinge jetzt erwartungsgemäß stauen, nachdem Ungarn seine Grenze zu Serbien geschlossen hat, muss nun geholfen und für eine Entlastung gesorgt werden.
Noch immer halte ich es dabei für den besten Weg, ein Notlager im Norden Griechenlands einzurichten, von dem aus eine Verteilung im Rahmen von Kontingenten z.B. nach Deutschland, Schweden oder Österreich erfolgt. Somit würde die Notwendigkeit für Flüchtlinge entfallen, sich überhaupt auf den Weg quer über den Balkan zu machen und bei einem weiterhin versperrten Weg nach Ungarn oder Kroatien kann gegebenenfalls sogar der Anreiz für eine Rückwanderung einiger Flüchtlinge entstehen. Auf diese Weise würden Mazedonien und Serbien und in der Folge eben auch Ungarn und Kroatien sowie ggf. Rumänien und Slowenien entlastet.

Der Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland:

Mit der Frage, wie Deutschland die große Menge an Flüchtlingen bewältigen kann, hatte ich mich bislang nicht beschäftigt, weil für mich zunächst die Gesamtsicht auf die Migration im Vordergrund stand. Sofern die Vor-Ort-Hilfe im Nahen Osten gewährleistet ist, die Grenzsicherung der EU funktioniert und die Migration vom Westbalkan zurückgeht, sind es nämlich mehrere hunderttausend Menschen weniger, die unter anderem in das deutsche Asylverfahren drängen. Anders verhält es sich hingegen mit Quotenregelungen in der EU oder gemeinsamen Asylverfahren, die zwar zu einem anderen Verfahrensablauf führen, jedoch nicht zu weniger Migration.

Was Deutschland selbst anbelangt, ist die Antwort auf die Frage nach der Bewältigung des hohen Aufkommens an Flüchtlingen recht simpel: Der Bund muss in die Hufen kommen und auf der einen Seite ausreichend Finanzmittel für untergeordnete Ebenen (Länder und Kommunen) bereitstellen, und zwar umgehend und nicht erst 2016, und gleichzeitig in seinem Zuständigkeitsbereich, z.B. im BAMF, die notwendigen Kapazitäten schaffen. Der Ausbau der von Bund und Ländern vorzuhaltenden Erstaufnahmeeinrichtungen ist hierzu ein richtiger Schritt [10].
Gelingt es dann, die Asylverfahren in Erstaufnahmeeinrichtungen in Deutschland oder auf Basis gemeinsamer Regeln in EU-Aufnahmelagern z.B. in Griechenland zu beschleunigen, so müssen in der Folge diejenigen, die als nicht asylberechtigt eingestuft werden, gar nicht erst auf die Kommunen verteilt werden. Gleichzeitig können Asylberechtigte dann aber auch in den Kommunen von Anfang an ordentlich integriert werden, mit Sprach- und Integrationskursen, mit dezentraler Unterbringung und mit Zugang zum Arbeitsmarkt.

Fazit:

Mein Eindruck ist, dass die Lage heute weitaus realistischer eingeschätzt und die Dringlichkeit des Handelns erkannt wird. Zwar ist es noch ein gutes Stück zur Bewältigung dieser Aufgabe, aber zumindest hat sich die Politik nun auf den Weg gemacht, um genau das zu schaffen, wie es Angela Merkel (CDU) vor einigen Wochen auch ankündigte. Sollte sich der Flüchtlingszustrom im Winter wieder etwas legen, sehe ich zumindest eine Chance, ab 2016 wieder zu einem funktionierenden und geordneten Verfahren zurückzukehren.


Ähnliche Artikel:
Flüchtlinge in der EU: Deutschland ist akut gefordert (www.mister-ede.de – 05.09.2015)

Gedanken zu einer Europäisierung der Asylpolitik in der EU (www.mister-ede.de – 25.08.2015)

Weitere Artikel zum Thema Flüchtlingspolitik auf www.mister-ede.de


[1] Artikel auf Zeit-Online vom 17.08.2015 (Link zum Artikel auf www.zeit.de)

[2] Artikel des Donaukurier vom 15.09.2015 (Link zum Artikel auf www.donaukurier.de)

[3] Artikel auf Zeit-Online vom 17.09.2015(Link zum Artikel auf www.zeit.de)

[4] Artikel auf Spiegel-Online vom 15.09.2015 (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

[5] Artikel auf Zeit-Online vom 17.09.2015 (Link zum Artikel auf www.zeit.de)

[6] Artikel der Frankfurter Neuen Presse vom 16.09.2015 (Link zum Artikel auf www.fnp.de)

[7] Artikel auf Spiegel-Online vom 07.09.2015 (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

[8] Artikel des NDR vom 27.08.2015 (Link zum Artikel auf www.ndr.de)

[9] Tagesschau-Artikel vom 13.09.2015 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[10] Tagesschau-Artikel vom 16.09.2015 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

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https://www.mister-ede.de/politik/es-bleibt-ein-weiter-weg/4602/feed 0
Berechtigte und unberechtigte Kritik an Ungarns Flüchtlingspolitik https://www.mister-ede.de/politik/kritik-an-ungarns-politik/4340 https://www.mister-ede.de/politik/kritik-an-ungarns-politik/4340#comments Tue, 08 Sep 2015 17:34:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4340 Weiterlesen ]]> Die Regierung in Budapest betreibt eine radikale Abschreckungspolitik und kümmert sich nur unzureichend um Flüchtlinge. Dazu kommt, dass Viktor Orbán die Situation in der letzten Woche anscheinend bewusst eskalieren ließ, um auf Kosten von Flüchtlingen bei seiner Wählerschaft zu punkten und künftige Flüchtlinge vom Land fernzuhalten. Auch die EU wurde auf diese Weise unter Druck gesetzt, entweder Ungarn zu helfen oder das Land von einem Teil seiner Last zu befreien, wie es durch die Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland am Wochenende dann auch geschehen ist.

Eine andere Wahrheit ist aber auch, dass Ungarn zu einem großen Teil nur die Folgen jener Probleme ausbadet, welche die EU insgesamt nicht gelöst bekommt. So ist es z.B. das Versagen der Europäischen Union und nicht die Schuld Orbáns, dass der Westbalkan noch immer das Armenhaus Europas ist.
Die Entwicklung dieser Region ist schon seit Jahren suboptimal und die logische Konsequenz daraus ist, dass immer mehr Menschen vom Balkan die Möglichkeiten der Visafreiheit nutzen und ihr Glück in anderen Ländern suchen – und sei es nur mit einem aussichtlosen Asylantrag. Erschwerend kommt für Ungarn in den letzten Jahren hinzu, dass Italien oder Frankreich als Zielregionen nicht mehr so attraktiv sind, weshalb vermehrt der Weg der Menschen nach Ungarn bzw. über Ungarn z.B. nach Österreich oder Deutschland führt. Wenn also Orbán einen deutlichen Anstieg der Migration beklagt, so ist dies vor allem das Ergebnis einer erfolglosen Balkan-Politik der EU, was dann zu manch populistischer Reaktion im Land der Magyaren führte.

Aber auch wenn man den Balkan außen vor lässt und nur auf Flüchtlinge aus anderen Weltregionen, z.B. Syrien, schaut, dann bricht ja nicht zuerst Ungarn die europäischen Regeln, sondern z.B. Griechenland. Theoretisch dürfte nach den Regeln des Dublin-Abkommens in Ungarn überhaupt kein nicht registrierter Flüchtling aus Syrien ankommen. Wenn also Dublin funktionieren würde, hätte Ungarn kaum einen Asylberechtigten, weil die meisten Antragsteller wieder abgeschoben werden könnten, z.B. nach Griechenland. Entsprechend abwegig ist es daher aber auch, jetzt von Ungarn mit seinen 9,9 Mio. Einwohnern zu verlangen, dass es das europäische Chaos alleine ausbadet und, wie das von der Bundesregierung gefordert wird, alle Flüchtlinge registriert, um später ein Asylverfahren durchzuführen und ihnen dann in Ungarn Asyl zu gewähren.

Bedenkt man außerdem, dass im Verhältnis zur Einwohnerzahl in Ungarn trotz der Dublin-Regeln im ersten Halbjahr 2015 doppelt so viele Asylanträge gestellt wurden wie in Deutschland, so wirkt manche Kritik an Orbán ziemlich deplatziert. Und so hat wohl auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nicht geahnt, dass er seine Frage vom 1.9., warum Ungarn die Flüchtlinge plötzlich unkontrolliert weiter ziehen lässt [1], nicht mal eine Woche später selbst beantworten kann, nachdem auch das bayerische Registrierungssystem aufgrund der großen Menge an Flüchtlingen zusammengebrochen ist. Insofern besteht Ungarn aber auch völlig zu Recht darauf, dass die EU entweder Griechenland zur Einhaltung der Regeln bewegt oder Ungarn in dieser Situation zumindest entlastet.


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Zur Kritik am ungarischen Grenzzaun zu Serbien (www.mister-ede.de – 04.09.2015)

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Ungarn, Rumänien, Bulgarien – Am Rande der EU (www.mister-ede.de – 21.02.2013)


[1] Interview im ZDF Morgenmagazin mit Joachim Herrmann (Link zum Beitrag auf www.heute.de)

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Flüchtlinge in Ungarn: Der Populismus des Thomas Oppermann https://www.mister-ede.de/politik/populismus-von-oppermann/4337 https://www.mister-ede.de/politik/populismus-von-oppermann/4337#comments Tue, 08 Sep 2015 17:27:49 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4337 Weiterlesen ]]> Erneut hat Thomas Oppermann (SPD) gefordert, dass sich Ungarn beim Umgang mit Flüchtlingen endlich an die Regeln des Dublin-Abkommens halten muss. Eine Forderung, die zwar in deutschen Ohren gut klingt, tatsächlich aber nicht über billigen Populismus hinausreicht.

Jahrelang wurde schweigend hingenommen, dass sich Italien oder Griechenland nicht an die Dublin-Regeln halten. Monatelang wurde zugesehen, wie sich der Flüchtlingsstrom unkontrolliert von Griechenland über den Balkan auf den Weg macht, wodurch Ungarn überhaupt erst in diese schwierige Lage kam. Wo also war und ist die Kritik von Oppermann an Griechenland? Weiß er überhaupt, dass Ungarn nur das ausbadet, was Griechenland verbockt hat? Oder ist ihm das entgangen?

So sind in Ungarn z.B. im August 50.000 Flüchtlinge eingereist [1], was umgerechnet vom ungarischen BIP auf Deutschland rund 1,4 Mio. Flüchtlingen entsprechen würde – wohlgemerkt in einem Monat. Glaubt Oppermann denn tatsächlich, dass Deutschland in der Lage wäre, innerhalb eines Monats 1,4 Mio. Neuankömmlinge zu registrieren und dann auch noch anständig zu versorgen? Klar, in Ungarn ist extrem viel im Argen, aber diesem kleinen Land vorzuwerfen, dass es das von Griechenland verursachte Chaos nicht bewältigen kann und will, ist wohlfeil und hilft keinem einzigen Flüchtling weiter.


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[1] Artikel bei Zeit-Online vom 08.09.2015 (Link zum Artikel auf www.zeit.de)

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Gedanken zu einer Europäisierung der Asylpolitik in der EU https://www.mister-ede.de/politik/gedanken-eu-asylpolitik/4303 https://www.mister-ede.de/politik/gedanken-eu-asylpolitik/4303#comments Tue, 25 Aug 2015 20:12:24 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4303 Weiterlesen ]]> Nachdem es inhuman, aber auch irrational ist, Syrer erst zu Schleppern zu zwingen, dann raus aufs Mittelmeer, um sie dort zu retten, in Italien zu registrieren, nach Deutschland ziehen zu lassen und sie dort nur zu dulden, weil sie ja eigentlich wieder zurück nach Italien müssten, wo man sie aber zurzeit nicht hin überführen darf – folgen ein paar Gedanken zu einer Neuordnung von Asylverfahren, Asylgewährung, Balkan-Politik und Grenzsicherung in der EU.

Grenzpakt:

Die Schengen-Länder sowie Bulgarien und Rumänien könnten einen Grenzpakt schließen, der vorsieht, dass, außer in Island und Norwegen, die Grenzsicherung eine gemeinsame Aufgabe der nationalen Behörden und der EU-Behörden wird. Die Außengrenzen werden dabei in „echte“ und „unechte“ Außengrenzen eingeteilt. Echte Außengrenzen sind Flughäfen und Häfen bei Verbindungen in und aus diesem Binnenraum, die offenen Seegrenzen sowie die Grenzen zu Russland, Weißrussland, Ukraine, Moldawien, Türkei und Marokko (z.B. Melilla). Unechte Außengrenzen sind die Grenzen zur russischen Exklave Kaliningrad und zu den Nicht-EU-Ländern des Balkans.

Die EU-Behörden legen dann eine Strategie zur Sicherung der echten und unechten Außengrenzen fest, die von den Außengrenzen-Ländern mit eigenem Personal und Material umgesetzt wird. Der hierfür kalkulierte Finanzbedarf wird zu 100% durch die Grenzpakt-Länder gemeinsam getragen genauso wie Investitionen in Grenzsicherungsanlagen bei „echten“ Außengrenzen.
Zusätzlich kann Frontex ausgebaut werden, um die Sicherung der Seegrenzen zu verbessern und langsam bis zu 25% der Sicherung der „echten“ Land-Außengrenzen in Zusammenarbeit mit den nationalen Grenzschutzbehörden zu übernehmen.

Gedanke:

Zum einen könnte so Schengen vorangebracht werden, weil Rumänien und Bulgarien langsam auch hineinkommen. Zum anderen würde sich ein geschlossenes Gebilde ergeben, das Kapazitäten freisetzt. Außerdem führt eine solche gemeinsame Lösung zu einer fairen Lastenverteilung und die Außengrenzen-Länder würden finanziell deutlich entlastet, so dass der Grenzschutz der EU nicht mehr von den Haushalten der einzelnen EU-Länder abhängt.
Hierdurch würde die Sicherheit der Außengrenzen einheitlicher und wahrscheinlich insgesamt auch besser z.B. in Bezug auf Schmuggel (Waren, Waffen, Geld, Kunst, Drogen). Durch den Ausbau eines europäischen Grenzschutzes würden dann auch z.B. deutsche oder französische Polizeibeamte eingebunden, so dass die Verantwortung für die Außengrenzen nicht einfach nur „abgedrückt“ wird. Durch den Aufbau eines europäischen Grenzschutzes würde zudem ein gemeinsames Projekt zum Zusammenwachsen entstehen, das zusätzlich ermöglicht, schnell und flexibel auf veränderte Anforderung an die Sicherheit der Außengrenzen einer bestimmten Region zu reagieren.

Balkan-Plan:

Die „unechten“ Außengrenzen sollten in diesem Fall vor allem durch gute Partnerschaft gesichert werden, was insbesondere für die an die EU grenzenden Balkanländer gilt. Ziel muss es sein, den Ländern eine Perspektive zu geben, so dass die Menschen nicht mehr von dort fliehen. Wenn in Deutschland 100.000 Asylprüfungen mit jeweils 3 Monaten Aufenthalt und einer Abschiebung weniger bezahlt werden müssen, sind das schnell mal ein paar hundert Millionen Euro, die z.B. in Schulen im Kosovo investiert werden können.

Gedanke:

Ziel muss es sein, die Fluchtursachen auf dem Balkan zu beseitigen und diese Länder langfristig zu stärken. Das würde dem Selbstverständnis der EU entsprechen und wäre dann auch tatsächlich nachhaltig.

Zentrale EU-Auffanglager, gemeinsames EU-Asylverfahren:

In EU-Ländern könnten Auffanglager eingerichtet werden, die vollständig von der EU verantwortet und finanziert werden. Wer ohne Aufenthaltsberechtigung aufgegriffen wird, wird in ein solches Auffanglager gebracht, bei Bedarf medizinisch untersucht und erfasst. Personen die kein Asylgesuch stellen, werden abgeschoben. Wird ein Asylgesuch gestellt, so wird zügig ein EU-weit einheitliches Asylverfahren durchgeführt. Bei Ablehnung wird ebenfalls abgeschoben und bei einer Asylgewährung wird der Flüchtling aus dem Auffanglager nach einem zu bestimmenden Modell auf die EU-Länder sowie die Schweiz, Norwegen und Island verteilt.

Gedanke:

Durch die schnelle Abschiebung von Personen ohne Asylgrund, besteht für diese kaum ein Anreiz, überhaupt den Versuch zu unternehmen in die EU einzureisen. Wer jedoch Fluchtgründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen kann, erhält schnell Schutz. Außerdem macht es für Flüchtlinge keinen Unterschied mehr, ob sie in Griechenland oder Deutschland einen Asylantrag stellen, weil sie überall das gleiche Verfahren erhalten. Sie müssen also nicht quer durch Europa ziehen.
Gleichzeitig erlaubt diese Umstrukturierung weg vom Dublin-Abkommen, Modelle zu finden, welche die Lasten fair verteilen, z.B. durch einen finanziellen Ausgleich für jenes Land, das einen Asylberechtigten übernimmt.

Zwischenfazit:

Die aufgeführten Punkte zielen darauf ab, die Flucht aus den Balkan-Ländern zu verringern, nach außen die Grenzen Europas undurchlässiger zu machen und innerhalb der EU eine gerechtere Lastenverteilung bei der Asylgewährung zwischen den Mitgliedsländern zu organisieren.
Überspitzt gesagt, helfen diese Punkte damit zwar Europa, weil die gesamteuropäische Herausforderung gesamteuropäisch angegangen wird, sie helfen jedoch nicht, die Probleme der Flüchtlinge zu lösen, die so auch weiterhin z.B. aus Syrien über das Mittelmeer fliehen müssten.

Dennoch halte ich diese drei Punkte für eine Diskussion wert, weil hiermit jene Kapazitäten frei würden, mit denen dann Flüchtlingen gezielt geholfen werden kann.

Genfer Pakt:

Mit einer solchen Vereinbarung könnte gezielt die Flucht aus europanahen Krisenregionen erleichtert werden. Die Träger der Hauptlast außerhalb der EU und die UN könnten hierzu finanziell unterstützt werden. Aktuell sollte dann z.B. der Türkei, dem Libanon und dem Irak bei der Versorgung von Flüchtlingen bzw. von Binnenflüchtlingen geholfen werden.
Daneben sollten bedarfsorientiert in einzelnen Staaten außerhalb der EU Behörden eingerichtet werden, in denen Personen mit bestimmter Nationalität ein begrenztes Aufenthaltsrecht zum Stellen eines Asylantrags in der EU erhalten. Das Aufenthaltsrecht berechtigt dann zum organisierten Transfer in ein festgelegtes EU-Auffanglager, um dort einen Antrag stellen zu können.
Betrachtet man Syrien als europanahe Krisenregion, so könnten in der Türkei und im Libanon solche Behörden eingerichtet werden, die es Syrern ermöglichen, sicher in die EU zu reisen und dort Asyl zu beantragen.

Gedanke:

In einem Kriegsgebiet können die Fluchtursachen nur sehr schwer beseitigt werden, allerdings kann durch die finanzielle Unterstützung von Nachbarländern zumindest die Flucht aus einer Region obsolet gemacht werden. Außerdem wird durch eine Vor-Ort-Hilfe am ehesten verhindert, dass sich die Krise in einer Region ausweitet. Man stelle sich nur vor, der Libanon versinkt nun auch noch im Chaos oder der türkisch-kurdische Konflikt flammt wieder richtig auf.

Fazit:

Während bei den ersten drei Punkten die Flucht vom Balkan, der Umgang mit Flüchtlingen und der Grenzschutz in der EU im Vordergrund stehen, zielt der vierte Punkt darauf ab, die Ausbreitung humanitärer Krisen zu verhindern und den Flüchtlingsschutz für die Bewohner einer festgelegten Krisenregion zu verbessern. Dies würde helfen, um z.B. Syrer eben nicht erst zu Schleppern zu zwingen, dann raus aufs Mittelmeer, um sie dort zu retten, in Italien zu registrieren, nach Deutschland ziehen zu lassen und sie dort nur zu dulden, weil sie ja eigentlich wieder zurück nach Italien müssten, wo man sie aber zurzeit nicht hin überführen darf.


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